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012 - Schiffe haben keine personality

Episode Transcript

Benja Hinterholzer

Salvete amici amicaeque und herzlich willkommen zu Errare Romanum est, dem Latein-Podcast.

Ich bin Benja, euer Hospes, und heute sind wie immer Katharina Kilgus bei mir sowie Johanna Prediger.

Es geht diesmal um die Fehlannahme, dass Schiffe keine Personality haben.

Johanna, herzlich willkommen.

Schön, dass du da bist.

Hast du ein Missverständnis oder eine Fehlannahme, die mit Latein zu tun hat für uns, von der du uns erzählen möchtest?

Johanna Prediger

Es ist keine Fehlannahme und es ist auch kein Missverständnis.

Bis auf den Fakt quasi, dass ich in der Schule mich spontan fast dazu entschieden hätte, Spanisch zu wählen und dann doch sehr froh, als ich dann doch Latein belegen konnte, gab es eigentlich keine Missverständnis von mir.

Ich wollte schon immer Latein machen.

Es war mir auch relativ schnell klar, dass ich Latein gerne studieren möchte.

Also es ist quasi eine Liebe, die schon sehr lange anhält.

Dementsprechend gab es auf dem Weg nur nicht so viele Missverständnisse zwischen uns beiden, sondern sehr viele verrückte Erlebnisse eventuell auch.

Ja, und zwar haben wir in der Schule ganz viel für den Bundeswettbewerb Fremdsprache immer so Filme gemacht und dann auch auf Latein selbst geschrieben.

Das war natürlich erfahrende Stilübungen und auch irgendwie ja total spannend, irgendwie da in der Richtung nochmal in die Sprache dann einzusteigen als Schülerin.

Und es hat auch wirklich super geklappt.

Und meine Erfahrung ist, dass oder ein Missverständnis, das man vielleicht aus dem Weg räumen könnte, ist, dass Latein etwas für irgendwelche Nerds ist, vielleicht die allein in ihrem stillen Kellerkämmerchen vor sich hin übersetzen, ganz trockene Literatur lesen und quasi in einer Welt versinken, die mit unserer Welt relativ wenig zu tun hat.

Ich habe das Gegenteil erlebt.

Ich habe sehr viele Kontakte irgendwie auch geknüpft durch dieses Übergreifende, dass man mit verschiedenen Klassen zusammengearbeitet hat und so weiter, dass man irgendwie Leute zusammenbringen konnte.

Und das haben wir dann auch nochmal versucht.

Ich habe vor ein paar Jahren ein Projekt mit Schülern gemacht.

Ich war damals auch selbst noch Schülerin und dann später Studentin mit meiner Lateinlehrerin zusammen.

Und da haben wir sogar ein kleines Casting gemacht für die Leute, weil wir nämlich einen Film zur Demokratieförderung drehen wollten.

Auf Latein und dann eben auch für die Leute.

Und genau, wir hatten quasi drei Ebenen.

Der Umbruch zwischen Guido Párd, Gaius Julius Caesar.

Und dann werden immer mal wieder so Stimmenlaut, die sich beschweren über die Verhältnisse, das Volk hat kein Stimmenrecht und so weiter.

Und das möchte ich lieber gerne mehr beteiligen.

Und das Ganze ist eingebettet in einen humorvollen Götterdialog.

Also jeder Gott vertritt so ein bisschen seine eigene Position.

Der Schlüssel des Ganzen ist dann quasi ein schlafender Apollo, der irgendwann aufwacht und dann über Geschehnisse redet, die in der heutigen Zeit, im 21.

Jahrhundert passieren.

Und die Götter reagieren dann quasi in dem Kontext ja von diesem Unbruch von Republik zu Principat darauf.

Genau.

Und vertreten irgendwie jeder seine eigene Meinung.

Mars findet irgendwie Atombomben ganz toll, weil er natürlich als Scream-Bot dieses Thema richtig schüttelt.

Und findet, Juno ist total empört, dass nicht in allen Ländern die Ehe zwischen homosexuellen Paaren gestartet ist, weil sie natürlich die Ehe super toll findet und dass die Ehe natürlich auch für alle gut ist und so weiter.

Und wenn es stimmt, dem Ganzen dann zu und so geht es dann immer weiter.

Ja, wir waren ein bisschen Corona geprägt, aber diesen Film kann man jetzt eben auf YouTube.

Und das ist mein Gegenbeweis dazu, dass man Latein allein macht, dass man es nicht aktiv benutzt und dass man keinen Spaß damit haben kann.

Und dass es eben auch keinen Bezug zur heutigen Zeit hat.

Ja, wir haben da sehr viel gelernt und haben auch gelernt, dass es eben nicht so ist.

Das war jetzt ziemlich ausschweifend vielleicht, aber...

Benja Hinterholzer

Ist doch gut.

Also man merkt voll, dass du da total begeistert bist.

Johanna Prediger

Ja, ich hoffe, man konnte überhaupt den Zusammenhang ein bisschen verstehen.

Ich müsste wahrscheinlich noch viel ausführlicher darauf eingehen, um das Ganze richtig zu greifen.

Aber vielleicht kann man ja auf YouTube mal vorbeischauen auf dem Film.

Genau, er heißt Kolokvium, die Demokratia in Europa, hadis olympi sacri actum.

Ist ein sehr sperriger Titel, aber wir arbeiten unter dem Hashtag Latein für Europa.

Und ich finde, das ist eigentlich ein Wort.

Benja Hinterholzer

Und der Film ist auf Latein, also wird dann nur Latein gesprochen?

Oder kann man den auch verstehen, wenn man keine Ahnung von Latein hat?

Oder gibt es Untertitel?

Johanna Prediger

Also der Film ist auf Latein und ein bisschen Griechisch ist auch dabei.

Wir haben nämlich einen griechischen Hauslehrer, der trotz seiner hohen Bildung nicht das volle Bürgerrecht bekommt und so weiter.

Aber wir haben auch Untertitel gemacht.

Und der Plan ist eigentlich auch noch, Untertitel nicht nur auf Deutsch zu machen, sondern auch in vielen verschiedenen Sprachen, sodass er möglichst vielen Leuten zugänglich werden kann.

Weil das natürlich auch was Schönes ist, weil Latein sehr viele Sprachen und Kulturräume vernetzt.

Weil er eben auch für Schüler greifbar werden soll.

Also der Film ist auch auf Nibis veröffentlicht, auf dem Landesbildungs-Server in Niedersachsen.

Und da ist das Skript eben auch mit hochgeladen, sodass man eben Deutsch, Latein, das Skript mitlesen kann, während man diesen Film guckt oder sich danach noch damit beschäftigen kann.

Benja Hinterholzer

Ja, klingt mega interessant.

Ich werde mir den auf jeden Fall mal anschauen.

Wir verlinken ihn euch auch.

Ah, in den Show-Notes.

Johanna Prediger

Ja, da freue ich mich.

Vielen Dank für die Werte.

Benja Hinterholzer

Ja, danke, dass du das mit uns geteilt hast.

Möchtest du dazu noch mehr erzählen?

Hast du mitgespielt selber?

Und wenn ja, welche Gottheit hast du dargestellt?

Und was war so deren Take on Demokratie?

Johanna Prediger

Ja, ich habe auch mitgespielt und zwar habe ich Minerva gespielt, die Göttin der Weisheit.

Die Rolle hat mir sehr gut gefallen, weil ich sie eben so ein bisschen, ich wollte sie irgendwie nicht so als jemanden anlegen, der die ganze Zeit den Finger hoch zeigt und dann irgendwie Recht bekommt, sondern sie ist so ein bisschen der Streber in der Gruppe, die möchte immer alle beisammenhalten und dass das Ganze hier nach einer bestimmten Ordnung funktioniert.

Und Jupiter kommt am Anfang auch zu spät zur Götterversammlung und Minerva ist schon fast ein Begriff, die Götterversammlung jetzt alleine zu leiten, weil das ja wohl nicht sein kann, dass der Chef zu spät kommt.

Ja, es ist vielleicht eine eher vermittelnde Rolle und so ein bisschen, ja, weiß häufig auch andere irgendwie diese, ja, zurecht oder stellt kritische Fragen.

So wie man es halt irgendwie, ja, von einem Strebercharakter vielleicht auch erwartet.

Aber sie wird dann eben auch kritisch von anderen Göttern hinterfragt.

Das war mir auch ganz wichtig, dass diese Rolle irgendwie noch mal so ein Podunk bekommt, die sich dann auf die anderen Götter irgendwie verteilt.

Zum Beispiel bekommt sie von Apollo im letzten Drittel des Filmes sehr viele Hints von der Saites zu sagen, weil sie eben doch nicht alles weiß, weil sie eben nicht in die Zukunft gucken kann, wie Apollo.

Benja Hinterholzer

Cool!

Und was mich noch interessieren würde, wenn du das jetzt so spontan beantworten kannst, was heißt Atombombe auf Latein?

Johanna Prediger

Ich glaube, wir haben es übersetzt mit Hombus magnus magna vi expludens oder so.

Genau, also ein bisschen sperrig, aber kann man natürlich gut und pathetisch vortragen.

Benja Hinterholzer

Johanna, du hast eine wirklich spannende Bachelorarbeit über Schiffe geschrieben.

Ganz grob, worum geht es da und wie bist du auf dieses Thema gekommen?

Johanna Prediger

Ja, ich wollte mich sehr gerne mit Lucan auseinandersetzen.

Lucan ist ein römischer Dichter, ein Epiker, der ein historisches Epos geschrieben hat.

Das heißt ein Werk in Hexametan, das den Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompejus thematisiert.

Und ich wollte eigentlich was anderes machen.

Also die Episode, die ich behandeln wollte, ist die gleiche geblieben, nämlich die Seeschlacht von Mastilia.

Aber ich hatte eigentlich ein anderes Augenmerk, bin darauf aufmerksam geworden.

Und zwar ist diese Seeschlacht zumindest, was ich gerade noch so gelesen habe, ist die grausamste Schlacht, die überhaupt irgendwie mal beschrieben wurde.

Und ich hatte Lust, mich mit der Ästhetik des Grauens zu beschäftigen.

Ich hatte Faszination, das auszuüben und hatte da überlegt, einen filmtheoretischen Ansatz vielleicht zu machen.

Und das ja in der heutigen Kultur mit Splinter-Filmen und so.

Also, die Faszination scheint ja noch da zu sein, auf jeden Fall.

Genau, dazu wurde aber schon relativ viel gearbeitet und wurde auch im theoretischen Ansatz.

Und in dem Zuge bin ich dann auf andere Akteure in dieser Schlacht aufmerksam geworden, und zwar auf die Schiffe, die ja in einer Seeschlacht auch beteiligt sind und eben vielleicht auch die wichtigsten Akteure sind, weil sie eben die Seeschlacht zu einer Seeschlacht machen.

Ja, also sonst geht es halt um die Personifikation von Schiffen.

Also, inwiefern werden die Schiffe wirklich?

Jetzt kommen wir schon so in diesen Definitionsbereich hinein.

Inwiefern werden Schiffe personifiziert, vermenschlicht?

Regieren sie so wie Menschen?

Fühlen sie Emotionen?

Haben sie irgendwie einen bestimmten Ehrgeiz in der Schlacht, sich zu beweisen?

Und welche Rolle spielt der Mensch vielleicht auch dabei?

Und welche Persönlichkeiten von Schiffen gibt es vielleicht im griechischen und lateinischen Epos?

Wobei ich da auch nur einen Abriss machen konnte.

Und es wahrscheinlich auch sehr spannend gewesen wäre, in andere Literaturgattungen hineinzuschauen.

Wenn man sich zum Beispiel Katholiz...

Ich weiß gar nicht, welches Kram.

Das ist aber eins seiner Kaminer, Phaselus ille, Quem videtis hospetis.

A infuisse, navium pellerimus.

Genau, und dann prahlt, dass er ja das schnellste Schiff von allen sei.

Und dann geht es ja noch weiter, dass er ja aus Pontischer Fichte gebaut sei.

Und das, interessanterweise, wird dann auch von Horazens Staatsschiff angemerkt, dass er auch ganz stolz ist, dass es eben aus dieser Fichte gebaut ist.

Und welche Meere besegelt hat und so weiter.

Und vielleicht war mir dieses Gedicht auch noch im Hinterkopf geblieben.

Und ja, hat dann auch eine Nebenrolle in den Fußnoten gespielt, immer mal wieder.

Also diese Idee ist sicherlich keine epische, denke ich mal.

Dass diese Idee keine epische ist, ist, glaube ich, nicht ganz richtig.

Atul kam ja nach den großen Erikan und Diago war ja eben auch schon als Persönlichkeit des Schiffes.

Benja Hinterholzer

Keine Ahnung, was ein Epos ausmacht, ehrlich gesagt.

Johanna Prediger

Das ist bei Lukarn eben ein Problem.

Eigentlich beschreibt ein Epos Handlungen zwischen Helden und Göttern und dann im Hexameter.

Das ist das Versmaß und das sind eigentlich die ganz, ganz groben Richtlinien eines antiken Epos.

Und Lukarn lässt die Götter aus in seinem Epos.

Das wird auch noch für die Schiffe relevant am Ende.

Benja Hinterholzer

Und warum zählt es dann trotzdem als Epos?

Oder ist es eben kein Epos?

Johanna Prediger

Es zählt trotzdem als Epos.

Aber eben nicht auf mythischer Grundlage, sondern es behandelt einen historischen Stoff.

Benja Hinterholzer

Ich hänge noch dabei, dass scheinbar diese Definition einfach aufgeweicht werden kann.

Gattungsdefinitionen sind ein sehr, sehr streitbarer Punkt.

Du musst ja bedenken, das sind Trends, die gehen über Jahrhunderte hinweg.

Und es ist, glaube ich, total schwierig, da Definitionen festzulegen, die auf jede Zeit quasi immer passend sind.

Also das ist einfach zwangsläufig etwas, was im Werden begriffen ist.

Oder wie siehst du das, Johanna?

Johanna Prediger

Ja, ich würde dir zustimmen.

Also vor allem steht diese Gattung ja auch in einer langen Tradition.

Am Anfang steht Homer.

Vielleicht kann man das homerische Epos auch mal als das Epos schlechthin oder so abstempeln oder viele würden das vielleicht gerne tun.

Aber die epische Tradition geht ja dann eben noch weiter.

Also auch Vergil schreibt nicht so wie Homer.

Es ist natürlich auch ein lateinischer Autor.

Deswegen müssen müssen sich auch Dinge vielleicht auch ändern.

Allein wenn man die Buchanzahl dann anguckt, Vergil schreibt zwölf Bücher, Homer dann 24.

Also das hat mit der Gattung relativ wenig zu tun.

Aber ja, es gibt schon Variationen und Unterschiede.

Und die lateinische Literatur besteht ja auch im Prinzip irgendwie imolatio und imitatio.

Also manche Dinge werden übernommen, manche werden dann bewusst anders gemacht.

Benja Hinterholzer

Okay.

Und dann habe ich noch eine zweite Frage.

Inwieweit ist es normal bei Epen oder auch bei anderen Schriftstücken, Literatur, Lyrik, wie auch immer, dass Gegenstände eine Persönlichkeit haben?

Johanna Prediger

Da muss ich mal kurz drüber nachdenken.

Ich bin nämlich auch wieder so in dieses Definitionschaos irgendwie rein.

Ab wann gilt eine Sache als personifiziert?

Ab wann hat sie eine Persönlichkeit?

Und ich glaube, das ist auch sehr schwammelig, irgendwie zu beantworten.

Also linguistisch gesehen sind, glaube ich, sozusagen auch schon so Körpermetaphern wie Tischbein oder so als Personifikation zu betrachten.

Das gibt es bei Schiffen auch.

Dann werden die Hude vielleicht mal als Arme oder so benutzt.

Und damit kriegt man vielleicht schon mal einen ersten Fuß in die Tür.

Ansonsten hat man, glaube ich, bei Romero in der Ilias auch mal eine Bogensehne oder so, die pernosenifiziert wird.

Benja Hinterholzer

Du musst es jetzt auch nicht so super genau beantworten.

Ich versuche mir gerade einzuschätzen, ob das sowas super spezielles ist, dass jetzt Schiffe eine gewisse Persönlichkeit in der Literatur haben, oder ob das häufiger vorkommt, ob das damals vielleicht auch ein geläufiges Stilmittel war.

Johanna Prediger

Ja, ich denke schon, es ist schon geläufig, aber es ist immer die Frage, wie stark man es dann herausstellt und wie stark man vielleicht auch darauf eingeht.

Wenn man dann so ein bisschen näher guckt oder dann auch mal die Dinge wörtlich nimmt, wie sie im Lateinischen stehen, dann findet man das auch.

Also, mein Seitenast waren irgendwie bei mir immer Türme, die auch personifiziert dargestellt sind, die irgendwie herankriechen, wie so hinterlistige Belagungstürme, die irgendwie aus der Ferne kommen und dann immer näher heranrücken, als ob kein Mensch daran beteiligt wäre und damit ja natürlich auch so eine gewisse Bedrohlichkeit deboziert wird.

Genau, also ich glaube, das ist sehr weitreichend irgendwie.

Also vom Ruderarm bis zu einem in der Schlacht agierenden Schiff oder zu einem herankriechenden Turm.

Und dann gibt es natürlich auch noch so Dinge, wie tatsächliche Roboter, Thalos zum Beispiel.

Das ist der Wächter, der um Minos Palast auf Kreta patrouilliert.

Und ja, es ist natürlich spannend, dass die Antike irgendwie auch so ein Konzept quasi schon kennt.

Aber das ist natürlich auch so angelegt worden, dass es eine Person quasi wird.

Und es ist kein Gegenstand per se.

Ich habe gerade überlegt, was wäre das Pendant zum Roboter, eine Stahlschuhe zum Beispiel.

Und da wiederum findet man doch relativ viel.

Also wenn man jetzt so an Kalim auch ausdenkt oder so sprechende Starttouren oder so oder auch sprechende Bücher sind eigentlich relativ weit verbreitet.

Horat spricht ja regelmäßig mit seinem Buch irgendwie mal.

Ja, es antwortet natürlich nicht.

Aber in dem Moment wird es ja auch personifiziert, indem es als Person vielleicht angeredet wird.

Benja Hinterholzer

Ja, und ich meine, ich kenne mich da jetzt überhaupt nicht aus mit auch der Grenze, was jetzt ein Gegenstand ist und was nicht.

Aber die, also viele Götter werden ja personifiziert für ihren Zuständigkeitsbereich, zum Beispiel Aurora fürs Morgenrot oder so.

Läuft das auch unter personifizierter Gegenstand, meinst du?

Oder ist es schon eine andere Kategorie?

Johanna Prediger

Man spricht ja immer von der personifizierten Mähen oder so.

Also die Göttin des Verstandes oder so.

Also ja, ich denke schon, dass das als Personifikation gilt.

Das ist ein super Beispiel.

Benja Hinterholzer

Okay, also du hast schon gesagt, Schiffe in den unterschiedlichen Eben, die wir so kennen.

In welchen Eben kommen Schiffe überhaupt vor?

Kannst du uns da mal ein paar Beispiele nennen und vielleicht auch die davor kommenden Schiffe so grob charakterisieren, falls sie sich irgendwie voneinander unterscheiden?

Johanna Prediger

Also das früheste Beispiel, da kann man gleich mit Homer's Ilias eigentlich einsteigen, mit dem Schiffskatalog.

Wenn man Homer's Ilias liest, ist das vielleicht eine Stelle, die man gerne überblättert, weil es wirklich seitenlange Aufzählungen von Schiffen gibt.

Und die sind da auch nicht personifizierend dargestellt.

Das einzig Interessante ist eigentlich, dass sie zusammen mit ihren Anführern quasi dargestellt werden.

Und dann ja, diese klassischen schwarzen, romerischen Schiffe sind es eigentlich, die ziemlich schnell sind, die aber auch sowas haben wie rote Wangen oder so.

Also rote wangig werden sie auch öfter bezeichnet.

Ich glaube, die Kommentare scheuen sich ein bisschen davor, dass als Augen direkt zu interpretieren, aber vielleicht als eine rote Bukwand oder so oder eine Seitenfront des Schiffes oder so, die irgendwie bemalt worden ist oder so.

Dass das Ganze als rote wangig bezeichnet wird, ist aber auf jeden Fall schon mal interessant, weil das schon mal so einen gewissen Gedanken anlegt.

Dann ist natürlich die Frage, wie gehen die Schiffe über ihre Schnelligkeit hinaus?

Und das nächste Beispiel, was ich jetzt anführe, ist wahrscheinlich noch älter als Homer oder in derselben Region anzuordnen, nämlich die Argo.

Und zwar haben wir ja von Apollonius von Rhodos einen Airpost überliefert, die Argonautika, drittes Jahrhundert vor Christus, also deutlich jünger.

Genau, aber dieser Mythos ist eigentlich sehr viel älter, da ist man sich in der Forschung relativ sicher, dass das noch so angelegt ist.

Und man ist sich auch relativ sicher, dass die Argo wahrscheinlich in den vor-Homerischen Argonautika eine sehr viel größere Rolle irgendwie gespielt hat als Person tatsächlich.

Benja Hinterholzer

Ich meine, die Argo war das Schiff bei den Argonauten?

Johanna Prediger

Ja.

Richtig, genau, das ist das Schiff, das große, berühmte Schiff.

Manche sagen auch das erste Schiff, das ist glaube ich vielfach widerlegt, dass es nicht das erste Schiff ist, aber es ist natürlich gut.

Argo, das erste Schiff.

Genau, und diese Argo, ich glaube, da kann man schon von Personifikation sprechen.

Da haben wir auch diesen Fall, können Schiffe sprechen oder nicht.

Ich glaube, das ist der Fall, der am weitesten ins Jahr tendiert.

Ich sage bewusst tendiert, man kann das nicht ganz sagen, weil die Argo nämlich sehr göttlich beeinflusst ist, indem ihr Wuchstamm ein Stamm aus dem heiligen Hain bei Dodona entnommen wurde, der dem Zeus geweidet ist.

Und dieser Stamm streit laut, als sie den Hafen verlässt mit den Argonauten.

Und später spricht sie durch den Stamm, oder Zeus spricht durch den Stamm durch sie, sozusagen, eine Warnung an die Argonauten aus.

Es wird von Apollonius aber nicht wirklich gesagt, ob es jetzt Zeus ist oder ob es Argo selbst ist.

Vielleicht wird es auch bewusst offen gelassen.

Vielleicht ist es auch dem antiken Leser nicht richtig klar gewesen.

Aber somit wird sie auch tatsächlich so ein bisschen zu einem epischen Akteur, indem sie auch in die Handlung so ein bisschen eingreift und diese Warnung erhört.

Sie enden daraufhin auch ihren Kurs.

Von daher hat die Argo sozusagen auch ein bisschen mit eingegriffen in das Geschehen.

Was natürlich auch noch signifikant ist, dass sie als die Mutter der Argonauten bezeichnet wird.

Benja Hinterholzer

Die wurde aus einem Stamm gebaut?

Johanna Prediger

Nein, der Bugstamm, also der Stamm, der quasi vorne durch das Schiff geht, als der Hauptstamm sozusagen.

Also wenn man so ein Schiff gewusst sieht, ist das quasi wie ein Skimit aufgebaut.

In der Mitte ist so ein gebogener Stamm und darum werden dann die Planken so ein bisschen angeordnet.

Genau.

Und dieser Bugstamm ist eben aus einem Stamm gefertigt und dieser Stamm ist eben dem Zeus geweid.

Und Tene hat auch noch mitgeholfen bei der Bau des Schiffes.

Die Argo kann von Argos abgeleitet sein.

Das ist der mythische Bauer der Argo und hat dabei sehr viel Unterstützung von Athene bekommen.

Der hat irgendwie die Richtscheite aneinander gelegt und dann auch selbst angelegt und gezimmert und so weiter.

Und hat der Argo dann ihr Pneuma eingehaucht, also ihren Lebensatem sozusagen.

Und das ist sehr interessant, weil das auch bei der Erschaffung der Menschen gesagt wird, dass Athene ja den Menschen, nachdem Prometheus die aus Leben, vielleicht je nach Überlieferung, also aus anderem geformt hat, und Athene ihn daraufhin das Leben eingehaucht hat und die Menschen danach zum Leben erwacht sind.

Und das ist eigentlich eine sehr interessante Parallele zur Argo.

Ob die Argo vielleicht auch durch diesen Hauch der Athene ihr Leben irgendwie bekommen hat.

Und zur Mutterstelle noch, also sie leidet unter beschwerlichen Mühen, indem sie die Argonauten über die Meere trägt.

Und das Wort, das im Griechischen dafür benutzt wird, ist Kamatoi.

Und damit werden auch die Geburtswehen einer Mutter bezeichnet.

Vielleicht noch als Fun Fact dazu.

Also das kompliziert natürlich das Bild ganz schön.

Und somit kann man natürlich auch sagen, einerseits Personifikation, andererseits vielleicht auch Vergöttlichung, indem man diese göttliche Komponente in diesem Schiff hat, dass ihr klar auch das Leben einhaucht.

Und in der Rezeption bei Valerius Flaccus, der hat auch eine Argonautica geschrieben.

Und in seinem Proömium, das heißt in seinem Vorwort, wird dann auch gesagt, dass die Argo vergöttlicht ist und in den Himmel aufgestiegen sei.

Also dann hat sie in der Rezeption zumindest endgültig den Weg zur Göttin abgeschlossen.

Benja Hinterholzer

Ich habe noch eine dumme Frage zum Pneuma.

Du hast jetzt gesagt, das ist der Lebenshauch, also das lebensgebende Element.

Aber ist ein Pneuma auch einfach der Wind?

Also kann man auch sagen, die Göttin hat der Argo oder dem Schiff oder wem auch immer den Wind in den Segeln quasi gestiftet.

Johanna Prediger

Ja, ganz genau.

Das ist auch eine nette Parallele, die natürlich damit aufgeht.

Einerseits vielleicht Lebenshauch, andererseits vielleicht auch die Kraft, diese ganzen beschwerlichen Mühen zu bestehen.

Deswegen ist das Ganze vielleicht so ein bisschen vernebelt, aber vielleicht auch eben bewusst.

Und es gibt eben auch Theorien, dass dadurch, dass das immer nur so angerissen wird, dass die Argo von Argos gebaut wurde mit Unterstützung der Athene.

Also es wird immer mal wieder so gestreift, aber nie im Detail ausgeführt, dass das vielleicht im vorhumerischen Erbos oder im vorhumerischen Stoff einfach so mitverarbeitet wurde.

Und vielleicht ist da auch die Personifikation der Argo noch ein bisschen mehr angelegt, sodass der antike Leser beim Lesen des Erbos und der Nautica des Polyondius von Roddos diesen Stoff schon mitdenkt und dabei vielleicht daran erinnert wird, ach ja, das war ja die Person, Anführungszeichen, Argo.

Benja Hinterholzer

Ist das Wort Argo weiblich?

Also sind Schiffe auch im homerischen Erbos und auch im vorhumerischen Erbos und auch wie bei uns heute quasi auch, sind die weiblich oder ist das nur Zufall?

Johanna Prediger

Ja, die sind tatsächlich alle weiblich.

Benja Hinterholzer

Siehst du da eine Parallele zu den Bäumen oder weißt du, warum Schiffe weiblich sind?

Johanna Prediger

Ja, genau.

Also Schiffe sind ja aus Holz gemacht, haben wir ja auch gerade festgestellt.

Und sowohl haben wir ja bei Kathuls Phaselus gesehen, also bei Gourads und bei der Argo, dass es eben sehr wichtig ist, aus welchem Holz die Schiffe geschnitzt sind und dass es eben auch heiliges Holz sein kann und dass das dann eben auch zu bestimmten Fähigkeiten von den Schiffen führt.

Und das ist eine weitere Spur quasi zur Personifikation der Schiffe.

Wenn man sich überlegt, dass Bäume ja in der antiken Kultur durchgängig auch personifiziert werden, indem man ja sich vorgestellt hat, dass da Nymphen drin wohnen.

Und da gibt es auch interessante Stellen, zum Beispiel in Uwits Metamorphosen, um diese Transition Nymphenbaum, die Nymphen slash Baum zum Schiff irgendwie nachvollziehen zu können.

Dass eben dort in den Metamorphosen bei Uwit die Pinus, das heißt die Fichte vom Baum, herunter marschiert sei und dann zum Schiff geworden ist.

Benja Hinterholzer

Die Nymph ist zu dem Schiff geworden.

Johanna Prediger

Genau.

Also indem das Holz verarbeitet wird, arbeitet sich vielleicht auch die Nymphen so ein bisschen mit mit dem Holz hinein.

Ja, was dann manche zum Anlass nehmen, um dann jedes Ächtzen, was das Material macht, auch als Personifikation wahrzunehmen, indem das die Nymph ist, die noch in dem Schiff wohnt.

Benja Hinterholzer

Ich dachte immer, dass die Nymphen sterben, wenn man den Baum fällt.

Johanna Prediger

Nee, das stimmt schon, dass Nymphen eigentlich sterben.

Da gibt es ja auch bei Ovid ja Episoden drüber, wo da Nymphen im Baum verbluten, wenn sie dann gefällt werden und so weiter.

Aber vielleicht wird dieser Charakter trotzdem irgendwie mitgedacht.

Vielleicht erlebt die Nymph auch ein Revival im Schiff.

Wer weiß, es gibt auf jeden Fall Erklärungen, die das so belegen.

Aber das wäre natürlich ein Gegenargument, was man dagegen anführen könnte.

Andererseits vielleicht ist es dann auch eine kleine Metamorphose, wo die Seele evtl.

doch mit inkorporiert wird.

Benja Hinterholzer

Und sind dann Bäume im Griechischen auch weiblich?

Bei uns ist ja, also im Deutschen ist ja der Baum.

Aber die Amiche und die Lärche und die Linde.

Johanna Prediger

Ja, im Griechischen Pardendron, also Leutrum.

Das ist natürlich auch interessant.

Aber man hat natürlich die Athäne als Bauherrin, also eventuell inkorporiert sie sich auch so ein bisschen mit.

Die Nymphen sind immer weiblich.

Deswegen sind auch alle Baumvokabeln im Lateinischen durchgängig feminin, weil immer die Nymph mitgedacht wird, die in dem Baum wohnt.

Benja Hinterholzer

Vielleicht haben sich nur irgendwelche Schiffsbauer ihr Gewissen erleichtern wollen, indem sie gesagt haben, dass die Nymph dann in dem Schiff weiter wohnt.

Jetzt wissen wir ja quasi, wo das Schiff herkommt, also aus dem Wald.

Aber es geht ja ins Wasser und im Epochs ja vor allem aufs Meer.

Und jetzt frage ich mich heute, verbinden wir ja mit Meer in erster Linie Urlaub und Strand und alles ist schön und so.

An was denkt ein römischer oder ein griechischer Leser, eine Leserin beim Stichwort Meer?

Johanna Prediger

Die Römer waren ja eigentlich lange Zeit gar kein Freund vom Meer.

Müssen sie dann irgendwann ja im Zuge ihrer Expandierung, ihres Reiches.

Ich habe auch mal gehört, dass die Römer eigentlich immer so in Küstennähe segeln, um halt nicht zu weit aus dem Meer hinaus zu geraten.

Also es wurde schon als Bedrohlichkeit irgendwie empfunden.

Und die Seefahrt ist dementsprechend auch ein bisschen unglücksbehaftet konnotiert, weil eben zur See sehr viele Unglücke passieren können.

Andererseits gibt es natürlich Seeschlachten, die das Ganze vielleicht so ein bisschen höhen wiederum.

Für die Griechen vielleicht besonders die Schlacht von Salamis.

Benja Hinterholzer

Schlacht von Salamis sind die Griechen.

Weißt du noch mehr über die Griechen?

Also wenn wir jetzt zum Beispiel an die Odyssee denken, Odysseus fährt ja ziemlich weit übers Meer auch.

Und eben nicht nur in Küstennähe, oder?

Johanna Prediger

Genau.

Also gerade in Romanen zum Beispiel oder halt auch im Airpost oder speziell in der Odyssee, ist die Seefahrt eigentlich ziemlich abenteuerlich dargestellt.

Und auch in der lateinischen Literatur bei Petronen gibt es Schiffbrüche und Abenteuer, die auf See erlebte werden.

Die Argonautika sind natürlich auch eigentlich ein Abenteuer, das irgendwie zu See erlebt wird.

Genau.

Also während die Schifffahrt im Roman ja so sinnbildlich fürs Abenteuer und so weiter steht, ist es im Airpost natürlich auch nicht nur Abenteuer.

Also klar, die Odyssee liest sich gut als Abenteuer Roman vielleicht auch und ist deswegen auch abwechslungsreich und interessant.

Aber bringt irgendwie auch jede Menge Unglück.

Also es ist ja auch schon in der Ilias irgendwie so, dass ja die Schiffe ja erst das ganze Unglück vor Trojas Küste sozusagen abladen in Formen der griechischen Soldaten, die dann wiederum zehn Jahre Krieg bringen und so weiter.

Und sozusagen die Unglücksschiffe von Troja.

Und auch Odysseus hat ja nicht so viel Glück, manchmal mit der Schifffahrt, in dem ja Poseidon seinen Floß zerschmettert, sodass der arme Odysseus dann wieder Schiffbruch erleiden muss.

Oder auch das tolle Fearkenschiff, das ihn nach Hause transportieren sollte, wird dann kurz vor der Küste von Itakar versteinert.

Auch wiederum von Poseidon, der nicht möchte, dass Odysseus nach Hause kommt.

Deswegen kann man dann fragen, sind die Götter hier vielleicht nicht eher diejenigen, die das Unglück bringen und nicht die Schiffe?

Und die Schiffe, mitsamt denjenigen, die sie ratratieren, die unglücksgeplagten sozusagen.

Aber genau sie verursachen Leid.

Aber auch auf abenteuerliche Art und Weise.

Auch in der Aeneas zum Beispiel, bringt Juno einen echtigen Seesturm, um sie nach Katago zu verschlagen.

Also da kann man dann auch wiederum sehen, dass die Schifffahrt stark von der Gunst der Götter eigentlich geprägt ist.

Und ein verlässliches Schiff nicht nur die Voraussetzung ist, wie es gut ankommt, sondern eben auch ein nähdiger Gott, der einen dahin lässt, wo man hin will.

Benja Hinterholzer

Inwieweit reift diese Notwendigkeit für den Handlungsstrang damit ein und auch so ein bisschen damit verknüpft, inwieweit spielt da auch die Realität mit rein und wie weit kann man die von der Erzählung trennen?

Also es hat ja einen Grund gehabt, dass zum Beispiel die Römer gesagt haben, wir wollen nicht so weit aufs Meer rausfahren, weil es einfach gefährlich ist, weil Schiffsunglücke passiert sind.

Das hat schätzungsweise auch wiederum eben beeinflusst.

Johanna Prediger

Ich kann ja vielleicht damit anfangen, inwiefern die Schifffahrt mit der Handlung verknüpft ist, weil es nämlich auch eine poetologische Deutung des ganzen Odysseus gibt.

Die Odyssee thematisiert ja eigentlich die Strapazen einer langen Heimkehr, die eben so wie der Trojanische Krieg.

Also Odysseus fährt ja nach Hause, nachdem er schon zehn Jahre Troja gekämpft hat und muss dann noch mal zehn Jahre auf dem Mittelmeer rumfahren.

Beziehungsweise macht er ja dann auch mal sieben Jahre halt und so weiter.

Aber ohne die Schifffahrt kommt er eben nicht nach Hause.

Die Schifffahrt ist notwendige Bedingung für seine Heimkehr und ist somit ja auch irgendwie metonymisch für den Fortgang des Gedichts irgendwie verantwortlich.

Und Netzwerk natürlich in der Odyssee auch viel.

Man lernt sehr viele neue Orte kennen.

Man lernt zum Beispiel die Fearken kennen, die ihm dann das Fearkenschiff zur Verfügung stellen, um ihn dann endgültig oder nicht ganz endgültig nach Hause zu bringen.

Genau, also es ist der Ding, dass die Handlung eben voranschreit.

Benja Hinterholzer

Und ja, ich glaube, der zweite Teil von meiner Frage hat doch nicht so viel zu tun mit der ersten.

Das war mehr so, woher ist bekannt?

War es, nenn ich was, Legende ist und was das wirklich passiert?

Aber eigentlich doch so ein bisschen.

Nur weil die Griechen super viele Eben geschrieben haben.

Oder weiß man, wie viele Schiffe die gefahren sind und wie weit die rausgekommen sind?

Johanna Prediger

Es gab ja auf jeden Fall eine große Kolonisationswelle nach Süditalien.

Also da sind sie auf jeden Fall ins Schiff gestiegen.

Inwieweit sie jetzt weitergefahren sind.

Also ich glaube, es gibt auch noch griechische Kolonien im heutigen Südfrankreich.

Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher.

Also sie sind auf jeden Fall Schiff gefahren.

Und wie gesagt, die Seelschacht von Salamis wirkte natürlich auch noch sehr weit nach.

Dementsprechend, und auch der Schiffskatalog in der Ilias zeigt natürlich, dass es da eine Faszination für die Schifffahrt einfach gibt.

Und vielleicht hat man diese Faszination einfach ein bisschen weiter gesponnen und hat da so ein bisschen fantasiert, was noch auf dem Meer passieren kann.

Benja Hinterholzer

Eine Faszination an sich heißt ja nicht unbedingt, dass es um Dinge geht, wo man mal war.

Es gibt viele Menschen, die haben eine Faszination für den Weltall, aber ich verstehe schon den Gedanken dahinter.

Johanna Prediger

Genau, und dann werden natürlich lange Zeit Kriege auf See ausgetragen, was dann vielleicht so in den Bereich, ich weiß nicht, Geschichtsschreibung oder so vielleicht fallen würde.

Und dann, als die Kriege irgendwie weniger wurden, sieht man dann eben in Nero's Zeit, zu der ja Lukarn auch schreibt, dass das Meer zunehmend zur Show irgendwie degradiert wird.

Also, dass man die Seeschlacht nicht mehr aktiv im Krieg sozusagen austrägt, sondern sich ins Theater holt, oder ins Amphitheater später dann ins Kolosseum holt, in dem man eben Naumachiai veranstaltet.

Das sind große Seeschlachten, die man eben nachstellt im Amphitheater.

Und das Kolosseum oder auch andere Plätze hatten die Möglichkeit, die Arena zu fluten und dann Schiffskämpfe zu veranstalten.

Und zu Nero's Zeit gab es anscheinend auch ein paar Super-Schiffe, die dann sehr groß waren, die darauf einen Showkampf geliefert haben.

Wo ich mich auch frage, eigentlich hätte man da kleinere Schiffe nehmen müssen, weil wir müssen ja auch relativ wendig und flexibel sein.

Aber vielleicht war es dann auch teilweise der Reiz.

Man hat ja auch bei Gladiatorenkämpfen nicht immer dieselben oder gut ausgestattete Leute genommen, sondern es gab ja auch Leichtbewaffnete oder Schwerbewaffnete, die ein bisschen schwerer sich bewegen konnten.

Und vielleicht gab es dann so auch Schiffe, die ein bisschen eher manövrierfähig waren und dafür ein paar kleinere Schiffe.

Ich bin mir auch gar nicht sicher, inwieweit man da was dazu sagen kann überhaupt in der Forschung.

Benja Hinterholzer

Ja, vor allem wie groß kann denn das Schiff gewesen sein, wenn es im Kolosseum gefahren ist?

Johanna Prediger

Ja, eigentlich nicht so groß, man meint.

Benja Hinterholzer

Und Nero hat sich jetzt darüber beschwert, dass es zu wenig richtige Seeschlachten gibt.

Habe ich das richtig verstanden?

Johanna Prediger

Ja, es verliert sozusagen auch historisch bedingt vielleicht so ein bisschen seinen Reis.

Es kommt ja dann das Principat und die Kaiserzeit.

Und da gab es vielleicht auch Zeiten, in denen man weniger Kriege nach außen geführt hat, die dann dementsprechend auch weniger auf See geführt wurden.

Benja Hinterholzer

Genau, aber wir müssen, glaube ich, noch mal genauer auf Nero eingehen.

Was ist das für ein Typ?

Das ist ja ein Kaiser.

Und wie zeichnet sich seine Herrschaft so aus?

Johanna Prediger

Also, wenn man römischen Schriftstellern glauben möchte, war das kein netter Typ.

Also es gibt ja zahlreiche Geschichten irgendwie.

Es wird als schlechter Kaiser oft so abgetan und ziemlich dunkel gezeichnet von griechischen Geschichtsschreibern wiederum nicht so.

Die fanden den eigentlich ziemlich fähig.

Das liegt allerdings daran, dass er ziemlich griechenfreundlich unterwegs war und dann da auch die Steuern gesenkt hat und so weiter.

Aber aus ökologischer Perspektive war es dann eher negativ behaftet.

Man kennt ja auch die Geschichte, dass er Rom niedergebrannt haben soll und dann währenddessen mit einer Itara den Untergang Trojas besungen habe und so weiter.

Inwieweit das jetzt stimmt, ist natürlich die andere Frage.

Aber es ist eben so das Bild, das in der Literatur von ihn tradiert wird und man versucht eben bewusst so ein bisschen zu degradieren, ihn dunkel zu zeichnen, um dann die folgende Kaiserperiode umso besser darstellen zu können, die Flavia nämlich.

Benja Hinterholzer

Und da nicht alle Kaiser verleitet, ihren Vorgänger schlecht zu reden?

Johanna Prediger

Ich glaube, das ist schon Gang und Gebe irgendwo.

Aber bei Nero und den Flavians sieht man das eben schon ziemlich deutlich.

Benja Hinterholzer

Ja, wir haben über Nero gesprochen und es ist auch schon so ein bisschen Lukarn angeklungen.

Johanna, wer ist Lukarn und was hat der gegebenenfalls mit Nero zu tun und vor allem was hat er mit Schiffen zu tun?

Johanna Prediger

Lukarn ist ein römischer Richter, von dem wir die Fasalia oder das Bellum Kivile überliefert haben.

Wie gesagt, es ist ein historisches Epos, grenzt sich in vielerlei Hinsichten von anderen eben ab, in dem eben auch keine Götter agieren.

Vomal gesehen, ja, was hat Lukarn mit Schiffen zu tun?

Eigentlich nicht so viel.

Mit Nero dafür umso mehr.

Der ist nämlich ziemlich früh dazu gezwungen worden, Selbstmord zu begehen, im Rahmen der personischen Verschwörung, so wie viele andere Autoren auch.

Zum Beispiel Petronen war auch davon betroffen oder Seneca.

Genau, es gab eine Verschwörung, Nero zu stürzen.

Die ist allerdings gescheitert.

Ich kann Details jetzt auch nicht so genau sagen.

Es lief zumindest sehr ungünstig für die Opposition.

Und viele waren eben dazu gezwungen, sich das Leben zu nehmen.

Und eben auch Lukarn im Alter von 26 Jahren, glaube ich.

Genau.

Deswegen gibt es auch Theorien, dass er seinen Epos nicht ganz zu Ende geschrieben habe und so weiter, weil er eben nicht mehr dazu kam.

Benja Hinterholzer

Okay, aber in diesem Epos kommen Schiffe vor?

Johanna Prediger

Ja, aber ich denke mal, da orientiert er sich vor allem an terrarischen Vorbildern.

Und vielleicht, es wird da eher weniger, was biografisches verarbeitet, denke ich.

Er arbeitet an Bergil so ein bisschen ab bei der Schildbeschreibung.

Die wird immer mal wieder so als Vorbild für seine Beschreibung, für die Seeschlacht bei La Marsilia benutzt.

Weil nämlich im Epos ist Dato, eigentlich keine Seeschlachten wirklich geschildert wurden.

Also ist das doch schon eine Einzigartigkeit, was sich Lukas vielleicht so ein bisschen für sich entdeckt hat.

Und in Bergils Schildbeschreibung gibt es aber so eine Art Schlachtbeschreibung.

Bei der Schlacht von Actium, die ja auch eine Seeschlacht war, wo Octavian, der spätere Augustus, gegen Cleopatra und Magamton gekämpft hat.

Und da gibt es eben auch so eine Episode, wie die Schiffe aufeinander zufahren und so weiter.

Die wird häufig angeführt.

Ich hatte ursprünglich auch noch mal geplant, mir die Leichenspiele von Achilles im fünften Buch der Aeneas noch ein bisschen genauer anzuschauen, weil es dann mich da auch einen sehr großen Schiffswettkampf gibt.

Zwischen vier gegnerischen Schiffen, wo ja die Steuermänner dann im Vordergrund stehen mit ihren guten oder schlechten Arten, den diesen Kampf jetzt zu gewinnen, also diesen Städtenkampf, den spielerischen Kampf, dieses Schiffswettrennen zu gewinnen.

Und ich dachte, vielleicht kann man da auch noch ein bisschen mehr herausziehen und da vielleicht auch was über die Persönlichkeit der Schiffe oder ihren Ehrgeiz oder so herausfinden.

Dazu bin ich leider nicht mehr gekommen, aber das wäre noch ein Feld, das noch offen wäre, ob Lukan nicht vielleicht auch das mit verarbeitet hat.

Benja Hinterholzer

Voll spannend.

Wollen wir uns die Schiffe bei Lukan mal anhand von Beispielen ein bisschen näher anschauen?

Johanna Prediger

Also wir befinden uns im Bürgerkrieg zwischen Cäsar und Pompejus.

Also Römer kämpfen gegen Römer.

Das ist auch natürlich irgendwie spannend, wenn man bedenkt, dass die was da sonst irgendwie Helden kämpfen und plötzlich sind es die eigenen Landsleute.

Inwiefern kann man da Kämpfe überhaupt reroisch darstellen und so weiter.

Aber das ist dann noch mal eine andere Schublade.

Die Seeschlag von Massilia ist eine Episode vor der entscheidenden Schlacht in Phasalos, wo dann Cäsar Pompejus besiegt und das Ganze endet dann mit Cäsars Aufenthalt in Ägypten bei Leopatra.

Und da gibt es dann auch wieder Schwierigkeiten mit dem Palast und so weiter.

Genau, also wir befinden uns relativ am Anfang vom Epos im dritten Buch.

Es gibt insgesamt zehn Bücher, die überliefert sind.

Benja Hinterholzer

Also du hast uns ja drei Beispiele mitgebracht.

Johanna Prediger

Ja, genau.

Beispiele, die drei Schiffskaraktere bei Lukarn ein bisschen illustrieren sollen.

Wir haben einmal das Superschiff, das große Admiraltschiff des Decimus Brutus, der auf Cäsars Seite kämpft und den Kampf dann am Ende gegen die griechischen Schiffe gewinnt.

Das ist ganz interessant.

Lukarn macht hier die Opposition Römer bis das Griechen auf, wo sie eigentlich nicht da ist.

Als Griechen werden die Marsilioten bezeichnet, beziehungsweise die Marsilia, sagt man, glaube ich.

Also die Einwohner der Stadt Marsilia, dem heutigen Marseil.

Deswegen kam ich auch darauf, dass die Griechen ja eigentlich bis Marsilia gefahren sein müssen.

Die Einwohner von Marsilia sind eben mit Pompejus verbündet.

Und da das Ganze vor Marsilia stattfindet, genau, und um das Ganze vielleicht so ein bisschen aus dem Bürgerkriegsthema heraus, zu abstrahieren bzw.

diesen Gegensatz besser darzustellen, oder darzustellen, dass Caesar eben auf der genuin-römischen Seite steht, wird da eben dieser Kontrast auch gemacht.

Benja Hinterholzer

Der voll das Schönreden.

Johanna Prediger

Ja, genau.

So, zumindest, also das Superschiff ist auf der Seite Caesars, und sein Admiral ist die Chemos Brutus, der allerdings ziemlich in den Hintergrund gedrängt wird.

Also wenn man sich allein die Grammatik anguckt, das Schiff ist eigentlich immer das Subjekt und tut und fährt und rudert.

Und Brutus wird dann am Ende eigentlich mehr so zum Sprachrohr degradiert, der dann den entscheidenden Befehl gibt.

Und das Superschiff fährt dann das entscheidende Manöver und opfert sich quasi dabei auch noch selbst.

Und da habe ich eben auch untersucht, inwiefern das Superschiff vielleicht da eine Arrestie erlebt.

Weil das eben auch so ein Ethereum ist neben vielen anderen, dass zum Beispiel Homerische Helden oder auch Gemeinhelden am Ende eines ruhmreichen Kampfes, wo sehr viele Gegner in einem Mastengemetzel niedergemetzelt haben, den Opfertod quasi sterben.

Und das gleiche hat man beim Superschiff quasi auch.

Es fährt das Manöver.

Das Manöver sieht so aus, dass es sich quasi den gegnerischen Schiffen entgegen dreht und durch seine unermessliche Größe mehrere Schiffe sozusagen aufspießt.

Das heißt, die Schiffe rammen das große Superschiff und dadurch wird das Superschiff manövrierumfähig.

Es stirbt quasi einen Schiffstod, verschafft aber Decymus Brutus und seinen Leuten den entscheidenden Vorteil in der Schlacht.

Und ja, auch wie es so eingeleitet wird, da finden sich doch auch Parallelen zu den Helden, weil es eben immer wieder auftaucht und sozusagen Strukturelement dieser Episode wird.

Katharina Kilgus

Herr Habener als alle anderen bewegte sich Brutus Admiralsschiff durch je sechs Ruderschläge vorwärts und wuchtete seine Masse durch die Tiefe und langte mit den obersten Rudern weit hinab ins Wasser.

Johanna Prediger

Genau.

Das Superschiff habe ich mitgebracht und noch zwei weitere Schiffe bzw.

Schiffsgruppen.

Die nächste ist eine Gruppe.

Das sind die, ich habe sie getauft, die schnellen Rennen und frechen Geisterschiffe.

Das sind die griechischen Schiffe, die eben sehr schnell sind und wo eben in besonderer Weise vielleicht der Steuermann ausradiert wird, sodass sie sich scheinbar selbst bewegen.

Und da gibt es noch ein ganz besonderes Schiff, das eigentlich kein Schiff ist, sondern vielmehr ein Floß, das dann im vierten Buch, das heißt, wir sind dann nicht mehr in der Seeschlacht, sondern in einer Mission auf Ilerda, wo es eben darum geht, dass Soldaten übersetzen.

Und dafür bauen sie ein Floß.

Und das bekommt dann am Ende einen besonderen Twist, in dem noch Türme auf das Floß draufgebaut werden.

Und so entsteht dann noch mal ein anderer Schiffscharakter, weil eben Türme, ich hatte es ja schon mal angeteasert, auch eine gewisse Personifikation erfahren.

Und in dem so zwei literarische Bilder quasi überlappen, gibt das Ganze dann noch mal eine neue Art Schiff sozusagen.

Ich habe es Oppos in Opperö getauft, also quasi ein Bauwerk auf einem Bauwerk drauf.

Also Kombination der beiden Konzepte sozusagen, die eben hier zusammenwirken.

Katharina Kilgus

Als sie ihre Kameraden und ihren Anführer Basilos am gegenüberliegenden Küstenstreifen entdeckten, dachte man sich eine neuartige geheime List für eine Flucht über den Seeweg aus.

Denn sie ließen keine Schiffe mit langen Kielen entstehen oder bauten Hecks in die Höhe, sondern zimmerten nach ungewöhnlicher Bauart Baumstämme zusammen, die stabil genug waren, um große Aufbauten zu tragen.

Es stützten nämlich von allen Seiten hohle Fässer das Floß.

Eine Reihe von ihnen wurde in doppelter Anordnung durch lange Ketten festgezurrt und nahm darauf quergelegte Stämme aus Erlenholz in Empfang.

Das Floß hatte auch kein Ruderwerk, das an der offenen Frontseite den Geschossen ausgesetzt war, sondern es traf das Meer dort, wo es mit Balken umschlossen war und bot das Wunder einer geheimnisvollen Fortbewegung, weil es weder ein Segel trug, noch sichtbar die Wellen peitschte.

Das Floß wurde zu Wasser gelassen und glitt nach vorne ins Meer, auch seine beiden baugleichen Komplizen.

Auf allen ragte ein Turm steil in die Höhe und auf ihm schwankten bedrohlich die Stockwerke mit zitternden Zinnen.

Benja Hinterholzer

Oh, ich finde das super.

Der Name mit dem Superschiff, der kommt auch von dir?

Johanna Prediger

Ja, genau.

Also ich habe so ein bisschen versucht, so ein bisschen die Charakterelemente in einen Namen zu bündeln, damit man das eben in der Arbeit auch leichter wiederfindet.

Superschiff ist glaube ich relativ klar, einfach durch diese gigantische Größe dieses Schiffs, genau.

Benja Hinterholzer

Was mich noch interessieren würde, ist die Eigenständigkeit von diesen Schiffen, weil du ja vorhin gesagt hattest, dass in den Phasalia eigentlich keine Götter vorkommen.

Also, woraus ergibt sich dann diese eigenmächtige Handlungsfähigkeit der Schiffe?

Johanna Prediger

Da habe ich die Spur auch wieder dahin zurückgeverfolgt, wo ich sie eben bei anderen Autoren gefunden habe, und zwar wieder zum Baum zurück.

Und häufig wird in den Appen eben beschrieben, wie eben zuerst die Bäume gefällt werden und danach daraus Schiffe gebaut werden, zum Beispiel auch in der Aeneis.

Und das passiert bei Lukarn auch, nämlich ist der Marsilie-Episode eine große Baumfellaktion quasi vorgeschaltet, die vornehmlich dazu dient, einen großen Belagerungsweih zu bauen.

Und dann werden aus diesem Holz aber auch noch Schiffe gebaut.

Und dieser Hain bei Marsilie, unter Hain versteht man ja eigentlich immer so was Heiliges, was so ein Locus am Moinus, ein wunderschöner Ort, in dem Götter wohnen und so weiter.

Und da wird es bei Lukarn dann schon schwierig, weil es nämlich keine Götter gibt, sondern das ist ein ziemlich, es ist ein Locus Horribilis, ein ziemlich schauderhafter Ort, wo die Bäume voller Moos sind und sich Schlangen statt Göttern auf den Ästen bewegen und sich da tummeln.

Und keine Vögel, es wagen, sich auf die Äste zu setzen, aus Angst und Ehrfurcht vor diesem Ort.

Und ja, Caesar, der begeht diesen Frevel und verletzt trotzdem diesen Hain, dem ein unbekannter Dominus, also irgendein Herr, vorsteht.

Aber man weiß nicht so genau, wer dieser ominöse Dominus jetzt sein soll.

Ist es ein Gott oder ist es irgendein Priester oder so?

Man weiß es nicht.

Es bleibt irgendwie so ein bisschen im Dunkeln verschattet und wirkt einfach so ein bisschen gruselig.

Und dieses ganze Bild, was da was konstruiert wird, wenn man wieder Diagonautica daneben liegt und sieht, was für eine immense Auswirkung das Material auf die Fähigkeiten, auf den Charakter des Schiffes haben kann.

Wegen Diago spricht durch den Bug, durch diesen heiligen Stamm des Zeus und mutiert allgemein schon fast zur Göttin, weil sie ja auch durch Athene gebaut wurde und so weiter.

Und dagegen hat man jetzt diesen Horrorhain von Lukarn.

Und das wirkt auch auf die Schiffe und auch auf den Belagerungs.

Weil da lässt sich nämlich eine nette Analogie herstellen, weil diese Bäume nämlich zwar nicht vernünftig bewohnt sind, aber sich trotzdem selbstständig bewegen.

Also die rauschen trotzdem, obwohl kein Wind weht.

Das ist natürlich auch schon mal super brudios und verstärkt den Grusel bei Caesar Soldaten natürlich auch noch.

Und die Angst, da irgendwie Hand und Axt an diesem Wald zu legen.

Und zwar bewegen die Bäume sich nicht nur so ein bisschen, sondern sie fallen auch von selbst um und richten sich danach wieder auf.

Also es ist quasi so ein bisschen eine Transformation, eine Wiederbelehrung.

Man könnte sagen Metamorphose.

Also nicht von Tod nach lebendig.

Auf jeden Fall ist es so ein bisschen ein gruseliger Charakter, der dann rüberkommt.

Und dieser Hain fällt durch Cäsar, Cäsar holt ihn ab, baut daraus erst einen Belagerungswall.

Dieser fällt anschließend auch wieder durch Feuer und wird natürlich nicht demassen wiederverwertet.

Aber der Wald erlebt quasi noch ein neues Revival, in dem noch Schiffe aus ihm gebaut werden.

Und sie werden quasi auch immer aktiver.

Also der Wall steht ja eigentlich drum rum.

Das ist irgendwie so ein robustes Kriegswerkzeug, das irgendwie zur Verteidigung dient.

Und auch die Schiffe, die daraus gebaut werden, sind ziemlich massive Kriegsschiffe.

Also Lukarns Superschiff ist tatsächlich, das kommt von außerhalb, das ist nicht aus diesem Hainholz gebaut.

Aber auch die anderen Schiffe werden als ziemlich massiv bezeichnet.

Von daher schwingt das Ganze wild nochmal so ein bisschen mit.

Und auch diese Eigenbewegung transferiert sich auch in die Eigenbewegung der Schiffe.

Die in der Seeschlacht ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen, als man es vielleicht erwartet oder als man es bei WG oder so lesen kann.

Demmaße, wie ich das sagen kann.

Genau.

Und es findet ein ganzer Transformationsprozess statt, der eben bei den Schiffen endet.

Und ja, eventuell kann man dann sagen, in Analogie zu den Nymphen, die in den Bäumen wohnen und sie den Bäumen irgendwie Leben einhauchen.

Und so eventuell auch den Schiffen.

Dass eben so diese Eigenbewegung, diese Eigendynamik, die der Wald mitbringt, auch auf die Schiffe transferiert wird.

Über den kleinen Umweg über den Belagerungswald.

Benja Hinterholzer

Warum ist dann der Gruselwald nicht gegen Caesar?

Johanna Prediger

Ja, gute Frage.

Na ja, also Caesar ist ja letztendlich auch die siegreiche Partei.

Dieser Sieg wird aber nicht so glorios dargestellt.

Und eigentlich wird auch die ganze Zeit die Überlegenheit der sogenannten Griechen auch so ein bisschen höher gestellt.

Und man erwartet vielleicht gar nicht, dass die Römer in der Stadt siegen.

Aber sie tun es eben doch.

Aber Lukan, na ja, klopft dort so ein bisschen noch drauf.

Man macht diesen Sieg ein bisschen kleiner.

Da eben auch sehr viele, es ist sehr, sehr blutig.

Von tugendhaften, kriegsgerechten Handeln ist irgendwie gar keine Spur zu sehen.

Also es ist sehr grausam.

Ja, ein grausames Gemetzel, mit dem man sich eigentlich nicht brüsten darf als Utterimperator.

Von daher wirft es vielleicht gar nicht so ein gutes Licht auf ihn, auch wenn die Gusel-Schiffe auf seiner Seite kämpfen.

Oder eben deswegen kämpfen vielleicht auch die Gusel-Schiffe auf seiner Seite.

Benja Hinterholzer

Mich würde interessieren, inwiefern die Schiffe bei Lukarn jetzt tatsächlich menschliche Züge haben.

Also haben die Emotionen oder was macht die Schiffe bei Lukarn menschlich?

Katharina Kilgus

Doch die Griechen hatten flexible Schiffe aus Fichtenholz.

Die mal ein Scharmützel provozierten, mal die Flucht versuchten.

Weder in einem weiten Bogen ihre Fahrt hemmten, noch langsam auf die Lenkung des Steuerruders reagierten.

Johanna Prediger

Was natürlich stark herausgestellt wird, ist diese Schnelligkeit, die man ja auch bei den Homerischen Schiffen schon stark irgendwie fokussiert hat.

Diese schnellen, schwarzen Homerischen Schiffe.

Andererseits hat man natürlich gerade dieses Lackessere provozieren, also eine Schlacht provozieren und sich dann schnell wieder zurückziehen.

Also die Flucht versuchten, Temptare fugam.

Also auch so ein bisschen auf die Probe stellen, so ein bisschen austesten, den Gegner testen vielleicht auch, was so ein bisschen da rauskommt, finde ich ganz interessant.

Und was dann eben noch dazu beiträgt, sie vielleicht als eigenständige Schiffe wahrzunehmen, ist dieses Nektar de Flecktenti-Kedere-Clavo.

Also sie reagieren nicht langsam, das heißt sehr schnell sind, also sehr filigran, sehr sensibel vielleicht auch in der Lenkung.

Das kann einerseits eine technische Sache sein, andererseits gehorchen sie vielleicht auch schnell.

Dieses Gehorchen, Parere, das kommt auch noch mal vor im Kontext von Schiffen irgendwie.

Und wie flexibel das ist, also Clavus ist eigentlich nur der Nagel am Steuerruder.

Und da kann man sich natürlich fragen, warum sagt Lukarnia nicht dem Steuermann vielleicht?

Man kann natürlich immer argumentieren, ja, es passt irgendwie nicht ins Metrum.

Aber schließlich ist es irgendwie immer so ausgeht in Nummer eins.

Aber warum gerade der Nagel am Steuerruder?

Also es ist irgendwie so, als wollte er den Menschen, soweit es geht, aus dieser Episode raus radieren vielleicht, indem er den Gegenstand, das heißt das Schiff, sehr in den Vordergrund stellt und den Menschen stark in den Hintergrund stellt, ihn verschwimmen lässt hinter der Aktion der Schiffe.

Und gerade sie provozieren die gegnerischen Schiffe und so weiter.

Das kann man sicherlich auch bei menschlichen Soldaten irgendwie so finden oder auch bei, weiß nicht, bei Duellen vielleicht so den Gegner provozieren.

Benja Hinterholzer

Pugnam l'Aquesere ist ja auch eine Wendung, die man lernt, wenn man Caesar liest.

Und da geht es ja in erster Linie um Schlachten zu Land.

Johanna Prediger

Genau.

Das ist nämlich auch bei Lukarn, weil nämlich die Schiffsflotte mit einem, ja, sprachlich auf die Ebene eines Landheeres irgendwie gehoben wird, so als ob die See plötzlich zum Land würde und somit die Schiffe sozusagen auch zu Soldaten mutieren, weil man dieses Bild so weiterschwindet.

Und zwar gibt es eine Häufung von so Vokabeln, die eigentlich einem Landherer zugeordnet sind.

Benja Hinterholzer

Du hast doch gesagt, dass man diese eine Stelle kennt von, ne, ist doch gar nicht Caesar.

Doch, was ist?

Die Formulierung Pugnam lacessere ist eine Junktur, die man im Lateinstudium lernt, wenn man Caesar liest.

Also nicht in den Fasalia, sondern quasi ganz anderer Autor, ganz anderer Text.

Johanna Prediger

Ach so.

Benja Hinterholzer

Das Bellum gallicum.

Okay, aber das ist schon der Caesar, an den ich jetzt denke.

Ja.

Okay, okay.

Nur halt der Autor und nicht die Figur.

Ja, ja, okay, gut.

Also Caesar hat den Ausdruck auch benutzt.

Und was bedeutet das übersetzt?

Ja, also einen Kampf provozieren.

Jemanden zum Kampfreizen.

Johanna Prediger

Ich wollte einfach nur mal ein paar Beispiele bringen für diese Ähnlichkeit zu einem Land, das im Feld steht, gemünzt auf die Schiffe, die eigentlich auf dem Meer sein sollten.

Und zwar hat man was auch wiederum Interessantes.

Hinsichtlich dieser Massivität und der Größe der Schiffe ist so eine Häufung von stabilis, stare, statio, also den im Feld stehen, dann stabilis, stabil, massiv und statio eben eigentlich der Posten, der Wachposten, der irgendwo aufgeschlagen wird.

Aber auch gibt es viele Wendungen aus dem Belagerungs- oder aus dem Wurfkampf-Vokabular, also die Schiffe öffnen in einem strategischen Manöver die Heeresflanken, also die Cornua, die man auch eigentlich mehr auch von Caesar vielleicht kennt.

Also die Heeresflanken, die irgendwie in den Seiten dann Manöver ausführen und die Schiffe scheinen in einer ähnlichen Formation irgendwie zu fahren.

Ja, oder auch das Einkesseln ist auch irgendwie dem dem Landkrieg Vokabular entnommen, was vielleicht auch wiederum so eine Reminiszenz vom Belagerungswall ist, der ja vor den Schiffen kam und irgendwie auch mit dem Hain verknüpft ist.

Also vielleicht schwingt dieses Bild dann gleichzeitig mit dieser Eigenbewegung, also die Eigenbewegung vom Hain quasi genommen und vom Belagerungswall diese defensive, was zum Landkrieg gehörende Vokabular und die Aktion.

Benja Hinterholzer

Wenn ich da mal ganz dreist zwischenfragen darf, oder provokativ, das war das Wort, inwieweit gäbe es denn anderes Vokabular für eine Meeresschlag, das man stattdessen verwenden könnte, oder liegt das Vokabular nicht einfach nur da dran, dass es halt eine kriegerische Auseinandersetzung ist?

Johanna Prediger

Dadurch, dass es ja auch wenig Vorbilder gerade im Airpods gibt, was Seeschlachten anbelangt, hat man sich da vielleicht auch dem Landkriegs Vokabular dient.

Aber so was wie der Wege wird ja auch häufig so hohlare, die Schiffe fliegen irgendwie über das Meer oder so was benutzt.

Aber das passt hier einfach irgendwie nicht, weil das ja um die Konfrontation geht.

Ja, also vielleicht muss man die Schiffe irgendwie auch als Akteur inslementarisieren in seiner Erzählung.

Was so interessant ist, genauso hätte man ja statt das Schiff irgendwie den Steuermann oder den Admiral in den Vordergrund stellen können.

Aber stattdessen sind die Schiffe eben die ganze Zeit Subjekt.

Also da hätte man schon Entscheidungsfreiheit gehabt.

Und die wird ja auch, bei Regie zum Beispiel, wird der Steuermann auch sehr viel mehr in Aktion irgendwie gesetzt.

Also wenn man jetzt auch bei den Leichenspielen irgendwie mal guckt.

Also die Schiffe haben zwar auch alle einen Namen, aber es geht vor allem auch um ihre Anführer und um deren Ehrgeiz und Siegesgelüste.

Benja Hinterholzer

Ja, das ist auf jeden Fall.

Johanna Prediger

Und hier sind es halt mehr so ein bisschen die Schiffe.

Benja Hinterholzer

Nee, das sehe ich total.

Ich habe ja keine Ahnung.

Aber glaubst du wirklich, dass es da ein Mangel im Vokabular liegt?

Weil es ist ja nicht so, dass es keine Seeschlachten gab.

Und wir wissen ja von verschiedenen Seeschlachten aus der Antike.

Das heißt, irgendjemand hat mal davon berichtet und dann wahrscheinlich in lateinischer und oder griechischer Sprache.

Wie wurde dann zum Beispiel genannt, dass die Schiffe andere Schiffe eingekreist haben oder?

Johanna Prediger

Ja, aber das ist glaube ich das Ding, dass dann oft gesagt wird, die Römer kreisen irgendwie die Griechen ein oder so was.

Also jetzt so als plakatives Beispiel.

Und es werden nicht unbedingt die einzelnen Schiffe gesagt.

Ja, wir feiern leider keine Gegenbeispiele ein, die jetzt wirklich griffig sind.

Aber ich denke mal, dass es da Vokabular gegeben hätte.

Also Beispiel Volaro oder so habe ich bei Lukarn nicht gelesen.

Benja Hinterholzer

Ja, aber warum sollte ein Schiff fliegen?

Johanna Prediger

Weil das ist der, der oft benutzt wird.

Benja Hinterholzer

Also ist es einfach Konvention in einer bestimmten Textgattung, zum Beispiel dieses Wort Volare bezogen auf Schiffe zu verwenden und dann stellst du dich quasi in eine Gattungstradition, indem du es wieder aufgreifst.

Beziehungsweise, ja, du machst halt einen Kontrast auf, wenn du es nicht tust.

Ah, okay.

Gut, das, ja, das sehe ich.

Meine nächste Frage bezieht sich auf die menschlichen Akteure in der ganzen Geschichte.

Und zwar, wenn Schiffe vermenschlicht werden, werden dann auch Menschen vergegenständlicht oder entmenschlicht oder so?

Johanna Prediger

Ja, das ist ein schönes Pendant, was man bei Lukarn ganz gut aufmachen kann.

Beziehungsweise kann man dann eben fragen, wenn der Mensch so weit in den Hintergrund gestellt wird, wird dann im Gegenzug vielleicht der Gegenstand vermenschlicht.

Das ist irgendwie so eine nette Analogie, die man aufmachen kann und die man ja auch belegen kann mit den Schiffen.

Und ja, das ist bei Lukarn tatsächlich so ein Phänomen.

Dadurch, dass er ja einen Bürgerkrieg beschreibt, kann er das Ganze nicht so heldenhaft darstellen, wie zum Beispiel Homer.

Es ist nicht so richtig klar, inwiefern es überhaupt Arrestin geben kann.

Das heißt so rumreiche Momente, wo jemand stark über jemanden triumphiert im Kampf, weil es ja gleichzeitig immer der Mitbürger ist.

Und wenn man das als Römer liest und die ganze Bürgerkriegsepisode hat natürlich auch Narben, Hinterlasten, auch über Generationen hinweg.

Es hat Familien gespalten und so weiter.

Genau, deswegen musste da Lukarn sozusagen ein bisschen vorsichtiger sein.

Und das spiegelt sich das Ganze auch im Kampfgeschehen wieder, in dem ja Menschen quasi auch zu Maschinen werden.

Und das kann man auch in der Seestadt von Massidia ganz gut nachvollziehen, in dem da zum Beispiel ein Leichnam als Schild benutzt wird.

Also nachdem der quasi vom Geschoss getroffen wird, greift sein Nebenmann seinen Körper und hält ihn schützend vor sich, um noch ein paar Schwere abzuwehren und wird dann quasi nochmal aufgespießt.

Oder auch als Atapult, wenn dann jemand einen Halbtoten irgendwie nimmt, um dem Arm seine letzte Kraft zu entlocken, um noch den Speer zu werfen auf den Gegner.

Genau, also da gibt es schon so eine Tendenz zur Entmenschlichung des Mitschlichen, auf jeden Fall.

Benja Hinterholzer

War die Schiffe irgendwie nur noch sympathischer?

Und die Menschen sehr unsympathisch.

Ich würde sagen, das ist ein schönes Schlusswort.

Gibt es noch wichtige Informationen oder Anmerkungen von deiner Seite, Johanna?

Irgendetwas, was du gerne loswerden möchtest?

Johanna Prediger

Das habe ich dann so ein bisschen als Abschluss irgendwie so genommen mit einem Augen zwinkern.

Wenn man nochmal in Neos Biografie guckt, der hat sich ja auch als Schauspieler versucht auf der Bühne.

Und dadurch, dass Schiffe auch in der Arena sich zu profilieren versuchen und da sozusagen Show machen, dass man das ganz gut auch in den ironischen Kontext einordnen kann.

Ja, indem irgendwie die Schiffe gar nicht mehr so richtig in einer Seeschlacht agieren, sondern eigentlich mehr wie in einer Naumachia.

Vielleicht den Zuschauern, das heißt den Lesern, das bieten, was sie erwarten.

Und ja, da wird irgendwie Leserwartung vielleicht mit dem Zeitgeist ein bisschen verknüpft.

Also man liest von vermeintlichen Arrestin von Schiffen und wie sie sich da im Kampf weisen und denkt an das Bild der Naumachia.

Also Schiffe als neuronische Showmaker, als neuronische Ktyre auf der Bühne irgendwie.

Benja Hinterholzer

Ja, vielen Dank, dass ihr beide wieder dabei wart und vor allem du, Johanna.

Es hat großen Spaß gemacht.

Es war sehr informativ und sehr spannend.

Johanna Prediger

Super, das freut mich.

Vielen Dank, dass ich hier sein durfte.

Hat mir auch sehr viel Spaß gemacht.

Benja Hinterholzer

Freut mich oder freut uns.

Ja, darfst mich gerne mit einschließen.

Vielen Dank, dass ihr wieder zugehört habt.

Ich hoffe, wir hören uns bald wieder.

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