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AG128 Biblische Bilder, bröckelnde Beweise: Was hat Sodom und Gomorra zerstört?

Episode Transcript

Karl Urban

Franzi, glaubst du an die Dinge, die in Büchern stehen?

Franziska Konitzer

Tendenziell mehr als die Dinge, die im Internet stehen.

Hallo bei Astrogeo, dem Podcast der Weltraumreporter.

Ich bin Franzi Konitzer.

Karl Urban

Und ich bin Karl Urban.

Franziska Konitzer

Und wir sind zwei Wissenschaftsjournalisten.

Karl ist Geologe, der gerne alle möglichen Bücher liest, aber Sachbücher eine Spur lieber als Fiktionale.

Und ich bin Astrophysikerin, die meistens fünf Bücher gleichzeitig liest.

Auch in dieser Folge erzählen wir uns gegenseitig eine Geschichte, die uns entweder die Steine unseres kosmischen Vorgartens eingeflüstert haben, oder die wir in den Tiefen und Untiefen des Universums aufgestöbert haben.

Und die heutige Folge 128 ist eine besondere Folge.

Karl Urban

Wissenschaftspodcasts.

Genau, Astrogeo ist nämlich eine von 24 Türchen im Adventskalender von wissenschaftspodcasts.de, was mich aber erst recht nicht davon abhält, Franzi, dir eine Geschichte aus der Geologie zu erzählen heute.

Franziska Konitzer

Ich bin gespannt.

Und du hattest ja gesagt, sie darf nur 24 Minuten lang sein.

Ja, die Uhr läuft.

Karl Urban

Die Uhr läuft und ich versuche trotzdem im gleichen Tempo wie sonst auch zu reden.

Und zwar beginnt meine Geschichte, passend zum Advent, mit einer eingebauten, kleineren Geschichte aus einem biblischen Setting.

Allerdings ist es definitiv nicht die Weihnachtsgeschichte, denn sie stammt aus dem Alten Testament.

Und diese Geschichte geht so.

Im Auftrag von Gott besuchten drei Engel Abraham.

Und diese drei Engel teilen Abraham mit, die Bewohner zweier Städte hätten sich ganz furchtbar benommen, weshalb diese Städte nun dem Erdboden gleichgemacht werden sollen.

Abraham fragt daraufhin, ob Gott wirklich Schuldige und Unschuldige ohne Unterschied vernichten wolle.

Und Gott lässt ihm versichern, dass er die zwei Städte verschonen werde, wenn sich nur zehn anständige Menschen darin finden ließen.

Und Franzi, du weißt oder ahnst sicher längst, wie der Name dieser zwei Städte lautet, oder?

Franziska Konitzer

Na klar, weiß ich das.

Achso, soll ich sagen?

Karl Urban

Ja, natürlich.

Franziska Konitzer

Sodom und Gomorra.

Karl Urban

So sieht's aus, genau.

Ich erzähle die Geschichte jetzt hier nicht im Detail weiter.

Da kommen tatsächlich noch einige Verwicklungen und es erstarrt auch ein Mensch zu einer Salzsäule.

Und am Ende dieser Erzählung im Alten Testament kommt es, wie es kommen muss.

Sodom und Gomorra werden von Schwefel und Feuer vernichtet.

Diese Erzählung steht so in der Genesis im Alten Testament und sie ist für das Judentum, das Christentum und den Islam von Bedeutung.

Aber warum erzähle ich dir das als Atheist?

Erstmal stehen diese zwei Städte heute natürlich als Metapher für unhaltbare Zustände und ernsthafte Konsequenzen.

In den genannten Religionen sind die abgeleiteten religiösen Lehren spezifischer.

Etwa wird im fundamentalistischen Islam das göttliche Verbot von Homosexualität aus dieser Erzählung abgeleitet.

Aber die Geschichte von Sodom und Gomorra hat noch eine andere Ebene.

Und zwar ist das eine geologische.

Und wie du dir denken kannst, kann man diese naturwissenschaftliche Seite nicht ganz von der biblisch-religiösen Seite trennen.

Und genau darum soll es heute gehen.

Franziska Konitzer

Ich bin gespannt.

Karl Urban

Und der geologische Teil dieser Geschichte nimmt vor vier Jahren eine interessante Wendung.

Nämlich am 20.

September 2021.

Da erscheint im Journal Scientific Reports im Verlag Springer Nature ein wissenschaftlicher Artikel.

Und dieser Artikel ist umfangreich.

Mit Anhängen und Literaturverzeichnis ist er 64 Seiten lang.

Es haben 21 AutorInnen daran mitgeschrieben.

Hauptautor Ted Bunch arbeitet für das Geologieprogramm der Northern Arizona University, aber es gibt auch Fachleute für Fernerkundung, für Metallurgie und mit Materialwissenschaften, Geophysik und natürlich auch für Archäologie.

Diese Studie ist also das Ergebnis einer interdisziplinären Zusammenarbeit all dieser Fachleute und zwar auf Basis von Forschungsarbeiten, die an einer Ausgrabungsstätte gemacht wurden.

Und diese Ausgrabungsstätte liegt im heutigen Jordanien und ist nur 14 Kilometer von der Stelle entfernt, wo der Fluss Jordan ins Tote Meer fließt.

Und der Name der Ausgrabungsstätte lautet Tel el Hammam.

Dieser Ort ist seit den 1970er Jahren eine wichtige archäologische Ausgrabungsstätte, die Besiedlungsreste aus der Zeit der Römer, der Bronzezeit bis zurück in die Kupfersteinzeit umfasst.

Und kurz gesagt, es gibt keinen Zweifel daran, dass dieser Ort über die letzten 6000 Jahre von Menschen besiedelt war.

Diese Stadt oder dieser Ort war allerdings nicht ununterbrochen besiedelt, sondern es gab immer wieder wechselnde kulturelle Einflüsse, Kriege, Zerstörungen oder Naturkatastrophen.

Und die Gruppe aus 21 Wissenschaftlern hat sich nun vor allen Dingen mit einem Ereignis in der langen Geschichte von Tel el-Hamam beschäftigt, und zwar mit der Zerstörung der Stadt um das Jahr 1650 vor Beginn unserer Zeitrechnung.

Und von ihren Ergebnissen möchte ich dir jetzt etwas genauer erzählen.

Am Anfang der Studie kommt ein wichtiger Satz und der geht so, Zitat, es gibt eine Diskussion darüber, ob es sich bei Tel el-Hamam um das biblische Sodom handelt, aber diese Frage liegt jenseits dieser Arbeit.

Stattdessen untersuchen die Autoren, was genau im Jahr 1650 vor unserer Zeit passiert ist oder genauer, was aus jener Zeit noch übrig ist.

Das sind erstmal abgelagerte Schichten, die aus der mittleren Bronzezeit stammen.

Das bronzezeitliche Tel el-Hamam war eine stolze Stadt.

So viel kann man heute noch sehen.

Franziska Konitzer

Nur damit ich, also 1650 vor Christus wurde es platt gemacht und Bronzezeit war da auch gerade?

Karl Urban

Das war gerade Bronzezeit.

Franziska Konitzer

Okay, also 1650 vor Christus, allerbeste Bronzezeit.

Karl Urban

Allerbeste Bronzezeit, genau.

Und eine stolze Stadt, also die hatte eine vier Meter dicke Stadtmauer, die zum Schutz viele mehrstöckige Lehmziegelgebäude umgibt.

Es gab einen Palastkomplex, der 11 bis 15 Meter hoch war.

Es gab auch ein monumentales Tor und einen Turm, der sogar über 30 Meter hoch gewesen sein soll.

Aber das alles nutzte nichts, denn die Stadt wurde zerstört.

Und hier wichtig ist nicht der Fakt der Zerstörung, sondern die Art und Weise.

Und bevor wir zur Deutung kommen, erzähle ich dir von ein paar Befunden aus dem Paper.

Also die Stadt war zwar aus Lehmziegeln erbaut, aber aus dieser Zeit bleibt kein einziger Ziegel intakt.

Es sieht so aus, dass die meisten Ziegel pulverisiert und nach Nordosten geblasen wurden.

Also im Paper steht was von blown off.

Einige Ziegel scheinen von Feuergeröte zu sein.

Es gibt auch Schichten aus geschmolzenen Ziegeln.

Es gibt eine schwarze Schicht, die die gesamte Sedimenschicht dieses Alters bedeckt und die einige Zentimeter dick ist.

Es gibt zerbrochene Keramik, aber auch komplett geschmolzene Keramik, was bei sehr hohen Temperaturen passiert sein muss.

Und zwar bei Temperaturen, die man laut dem Paper mit bronzezeitlichen Öfen gar nicht erreichen konnte.

Bezeichnend ist auch, was man nicht findet.

Es gibt kein eindeutiges Zeichen für einen Kampf.

Zum Beispiel findet man keine Speer- oder Pfeilspitzen oder Schleudersteine.

Es gab viele Jahrhunderte später, nachdem die Stadt wieder aufgebaut worden war, Zerstörungen durch Erdbeben und Feuer in der Region, die sich aber deutlich von dieser Ausgrabungsschicht unterscheiden.

Und das Team findet zum Schluss auch noch geschockten Quarz.

Oh, das sind so Sand, sehr kleine Sandkörnchen, auf denen sich lamellenartige Strukturen gebildet haben.

Und solche Strukturen entstehen bei Ereignissen mit extremem Druck, der die Kristallstruktur dieses sehr verbreiteten Minerals verändern kann.

Und diese Strukturen kann man mit einem Mikroskop anhand von bestimmten Linien und bestimmten geometrischen Winkeln nachweisen.

Und es gibt noch viele andere Beobachtungen, auf die ich nicht im Detail eingehe, aber es deutet wohl alles auf große Zerstörung hin, auf hohe Temperaturen und hohen Druck.

Und auf eine gewisse Richtung, in die das Material der zerstörten Stadt geschleudert wurde.

Und all das führt die Forscher zu folgender Schlussfolgerung, Zitat, die Überreste dieser Stadt scheinen im Vergleich zu denen anderer Epochen einzigartig zu sein, was auf das Auftreten eines höchst ungewöhnlichen, katastrophalen Ereignisses hindeutet.

Du ahnst schon, Franzi, was das für ein katastrophales Ereignis sein könnte?

Franziska Konitzer

Angesichts der Tatsache.

Ja, also ich schließe den Zorn Gottes jetzt mal aus.

Karl Urban

Genau.

Franziska Konitzer

Und ich weiß, dass es keine Vulkane in der Region gibt.

Also zumindest heutzutage nicht mehr.

Und deshalb denke ich mir...

Ein Asteroid ist runtergefallen?

Karl Urban

Genau, also das Forscherteam macht jetzt hier zwei Sachen an dieser Stelle.

In diesem langen Paper vergleicht diese Befunde, die man in der Grabung gemacht hat, mit zwei Szenarien.

Einerseits mit einem der bekanntesten Airbursts, also einem in der Luft detonierten großen Meteoriten, nämlich mit dem Tunguska-Ereignis von 1908 über Sibirien.

Das war ein ganz grob 50 Meter großer Meteorit, der in großer Höhe explodiert ist.

Das glaubt man heute.

Und die Druckwelle erzeugte wegen der großen Höhe halt in Sibirien keinen Krater, aber ließ auf einer Fläche von 2000 Quadratkilometern Bäume umknicken.

Und weil die Daten vom Tunguska-Ereignis ziemlich begrenzt sind, vergleichen sie dieses Ereignis in Tel El-Hamam auch noch mit der Wirkung von überirdischen Atombombentests.

Franziska Konitzer

Okay.

Ja.

Karl Urban

Und all diese Daten führen schließlich zu folgender Hypothese.

1650 Jahre vor unserer Zeit trat ein 50 Meter großer Meteorit, also ähnlich groß wie der Tunguska-Meteorit, flach in die Atmosphäre ein.

Dieser Meteorit detonierte in der Atmosphäre über dem Toten Meer mit der tausendfachen Energie der Hiroshima-Bombe.

Die Druckwelle dieser Detonation zerstörte die bronzezeitliche Stadt mit einer Temperatur von über 2000 Grad.

Das erhitzte Gass, schmolz Dachziegel und Teile der Mauern, schleuderte die vier Meter dicken Ziegel über weite Distanzen und damit sei Tel El-Halmam, Zitat, möglicherweise die älteste Stätte, die durch eine kosmische Detonation zerstört und die eine mündliche Tradition besaß, die später in der Genesis niedergeschrieben wurde.

So das Paper von 2021.

Und Franzi, eigentlich wollte ich jetzt dir diese Geschichte bis hierhin erzählen.

Denn ich hatte von diesem Paper gehört vor ein paar Monaten oder vor ein paar Jahren wahrscheinlich schon, hatte irgendwo einen Nachrichtenartikel gelesen, habe es auf meine Astrogeo-To-Do-Liste geschrieben, habe gedacht, das ist jetzt keine echte herzerwärmende Weihnachtsgeschichte, aber immerhin Geologie und mit Bezug zur biblischen Mythologie.

Aber dann habe ich angefangen, jetzt vor ein paar Wochen mich hier reinzulesen und habe bemerkt, dass mich mein Gefühl oder der Artikel, den ich dazu gelesen hatte, komplett betrogen hat.

Franziska Konitzer

Okay.

Karl Urban

Denn im April 2025, gut dreieinhalb Jahre nach der ursprünglichen Publikation, ist dieser Fachartikel von der Redaktion der Scientific Reports zurückgezogen worden.

Franziska Konitzer

Uh, aber was war der Grund?

Karl Urban

Aber was war der Grund, genau.

Ich würde diese Geschichte vom Anfang an erzählen und zwar jetzt nicht mit der Retraction selbst, das ist ja schon in der Wissenschaft oder in einer wissenschaftlichen Publikation, was sehr ernst ist, so ein Zurückziehen.

Ich fange mal an mit dem Zeitpunkt der ursprünglichen Publikation im September 2021 und mit Dingen, die offensichtlich für Leute sind, die solche Paper sich genauer anschauen.

Einer dieser Menschen ist Elisabeth, Die hat schon einige Jahre vorher hat sich spezialisiert auf das Aufdecken wissenschaftlichen Fehlverhaltens.

Und bei ihr fing es damit an, dass sie aufgedeckt hat, wie Forscher die Daten ihrer eigenen Doktorarbeit abgekupfert hatten.

Frau Beck hat also ein gewisses Standing in der Community.

Sie ist eigentlich Mikrobiologin aus den Niederlanden, nämlich aus der Stadt Gauda.

Und vor sich Karlauer, vielleicht kann man sagen, sie sieht Käse, wenn sie einen vor sich hat.

Entschuldigung.

Und sie ist nämlich Expertin eigentlich nicht für Käse, sondern speziell für digitale Manipulationen und im Oktober 2021, also wirklich sehr wenige Wochen nach der ursprünglichen Publikation, weist sie in einem Blogbeitrag auf die sehr große Zahl von Fotos in der Studie hin.

Es sind 53 Bilder.

Viele davon zeigen Details der archäologischen Grabung, zum Beispiel die geschmolzende Keramik, menschliche Knochen oder diese geschockten Quarzkörner.

Und Elisabeth Bick weist nun darauf hin, mehrere Fotos der Ausgrabungsstätte enthalten geklonte Teile.

Das heißt, es gibt so kleine Bildausschnitte, die offensichtlich von einem anderen Teil desselben Bildes kopiert worden sind, um etwas zu verdecken, das sich dort in dem Bild ursprünglich befunden hat.

Franziska Konitzer

Oh, du, das ist, äh, ja.

Karl Urban

Ja, die Frage ist, was sollte da verdeckt werden?

Und Elisabeth Big konfrontiert die Autoren mit den geklonten Bildteilen und ihren Fragen, von denen zumindest einer ziemlich angefasst reagiert von den ursprünglichen Autoren.

Ich mag das nicht alles vorlesen, aber in einem Screenshot von Twitter von damals schreibt dieser Co-Autor des Papers »You sick and pitiful anti-science, anti-Christian bigots«.

Und ich übersetze das jetzt nicht, aber es ist definitiv nicht freundlich.

Einige der Bilder werden aber später von eben diesem Forscher, der diesen Tweet abgesetzt hat, nachgereicht.

Und zwar in unbearbeiteter Form.

Also es wird eingestanden, dass diese Manipulation stattgefunden hat.

Und daran sieht man, was da überdeckt wurde.

Nämlich haben die Autoren mit dem Cloning-Tool in einem Bildbearbeitungsprogramm unter anderem Pfeile verdeckt, die Himmelsrichtungen dieser ursprünglichen Fotos angezeigt haben.

Kommen wir gleich zu, was das bedeutet.

Einem anderen Forscher, nämlich dem Physiker Mark Boslow vom Los Alamos National Laboratory, fallen wenig später, also wenige Tage später, auch noch andere Dinge an den Bildern auf.

Da ist erstmal die Frage, die kurz vorher schon Elisabeth Bick interessiert hatte.

Warum wurde da gephotoshoppt an den Fotos?

Und eines der Kernargumente des Papers ist ja gerade die Himmelsrichtung.

Also wo über dem Toten Meer dieser vermeintliche Airburst stattgefunden haben soll.

Und wie dadurch die Steine in der nahen Stadt, aber auch zertrümmerte Tontöpfe oder Knochen in eine bestimmte Richtung geschleudert worden sein sollen.

Und da macht es ja schon einen Unterschied, dass bei den ursprünglichen Bildern von der Grabung gerade diese Himmelsrichtung entfernt worden sind.

Und Mark Boslow weist darauf hin, dass man Bilder ohne Nordpfeile ja ziemlich leicht einfach sich so zurechtdrehen kann, damit sie zur eigenen Hypothese passen.

Franziska Konitzer

Also, damit ich das kurz nachvollziehen kann.

Das waren Bilder von der Ausgrabung, wo ich sage mal, man sieht dreizeiterte Tontöpfe, nur so als Beispiel.

Und dann war auch digital eigentlich ursprünglich eingefügt oder auch auf dem Foto ein Pfeil eingefügt.

Der die Richtung angezeigt hat.

Und dann wurde dieser künstlich eingefügte Pfeil, das war ja jetzt nicht Teil der archäologischen Ausgrabungsstattung, sondern einfach nur, das wurde überdeckt.

Also so, wenn ich auf einer Landkarte den kleinen Kompass in der Ecke einfach übermale.

Okay, gut.

Karl Urban

Und ja, das ist jetzt Marc Boslows Interpretation hier.

Boslow ist interessant.

Er ist unbeteiligter Dritter, aber eine sehr wichtige Instanz aus einigen Gründen in diesem Themenfeld.

Der Physiker hat sich nämlich seit den 80er Jahren, 1980er Jahren damit beschäftigt, was bei einem Meteoriteneinschlag auf der festen Erde passiert.

Er hat sich mit den Quellen, also den wissenschaftlichen Quellen des Tunguska-Ereignisses von 1908 beschäftigt und hat auch viele Daten anderer bekannter Meteoriteneinschläge analysiert.

Und all diese Daten hat Boslow über seine Karriere verwendet, um Meteoriteneinschläge zu simulieren.

Und dabei auch errechnet, dass bei passenden Bedingungen durchaus ein nach unten gerichteter Massestrom aus verdichteter heißer Luft entstehen kann, der in Einzelfällen schon verheerender wirken kann als eine Atombomben-Explosion der gleichen Sprengkraft.

Und deswegen gehört Boslow auch zu den Leuten, der seit vielen Jahren warnt, dass wir Meteoriten, auch wenn sie gar nicht so groß sind, dass sie jetzt irgendwie die Zivilisation beenden, durchaus ernster nehmen sollten.

Also Boslow ist niemand, der jetzt Meteoriteneinschläge verharmlosen würde, aber er ist ein Mann, den man fragen möchte, was er dann von dem Paper eines detonierten Meteoriten in einer bronzezeitlichen Stadt im heutigen Neu-Irdanien halten möchte.

Und Boslow hat da eine Meinung, und zwar eine glasklare.

Und ich zitiere ihn jetzt hier.

Die Autoren machen mehrere falsche Aussagen über das Tungussik-Ereignis und über Luftdetonationen im Allgemeinen.

Zusammengenommen haben diese Fehler zu Behauptungen geführt, die durch Daten nicht gestützt zu sein scheinen und zu Schlussfolgerungen, die nicht durch Fakten untermauert sind.

Franziska Konitzer

Oh, das ist ein ziemlicher Bitchlap für einen Wissenschaftler.

Karl Urban

Ja, und das ist, was ich jetzt vorgelesen habe, das ist der erste Satz, mit dem Marc Boslow im April 2025 gemeinsam mit einem Kollegen die Retraction, also diese Zurückziehung des ursprünglichen Papers, kommentiert.

Boslow ist quasi auch Hauptwortführer, der über drei Jahre lang versucht hat, die wissenschaftlichen Redakteure von Scientific Reports davon zu überzeugen, dass das Paper zurückzuziehen ist.

Und Boslow hat dafür mehrere Argumente.

Also einmal sind es die erwähnten Belege des Tunguska-Ereignisses in Sibirien.

Die werden schlicht total übertrieben von den Autoren in diesem Paper über diese Stadt in Jordanien.

Das betrifft nicht nur die Druckwelle und damit den Wind, der bei dem Airbus burst über das Land, fegt, sondern auch die Temperaturen.

Dazu steht im Sodom-Paper von 2021 im Kern, es ist also eine Detonation 300.000 Grad Celsius heiß und zitiert dafür eine ältere Studie als Beleg mit dem Schönheitsfehler, dass diese Zahl dort gar nicht drin steht.

Tatsächlich ist so ein detonierter oder detonierender Meteorit, wenn er sehr schnell ist und sehr flach anfliegt, vielleicht wenige 10.000 Grad heiß, aber auch nur an der Schockfront und nur für sehr kurze Zeit irgendwo hoch oben in der Luft.

Die Temperatur lässt sehr schnell nach und bis die Druckwelle den Boden erreicht, ist die Luft schon viel kühler.

Und schon fast lustig ist, die Autoren des Sodom Papers zitieren, auch Mark Boslow's Arbeiten zu Atombomben-Explosionen.

Und Boslow sagt nun, sie werfen dabei Dinge in einen Topf, die nicht zusammengehören.

Es gibt zwar ein paar Parallelen zwischen detonierenden Meteoriten und atmosphärischen Atombomben-Explosionen, aber im Grund unterscheiden sich Druck, Temperatur und Ausbreitung schon durchaus stark.

Und die Autorengruppe von 2021 wollte mit diesem Modell von Marc Buslow zeigen, dass eine Schockwelle eines zerplatzten Meteoriten eine ganze Stadt sprichwörtlich backen kann, bei über 1000 Grad am Boden.

Und da sagt nun Marc Buslow, Zitat, es gibt keine Beweise, dass so etwas in Tunguska passiert ist und kein physikalisches Modell, das auch nur andeutet, dass ein Meteorit wie Tunguska so etwas tun kann.

Franziska Konitzer

Badumms.

Karl Urban

Badumms.

Und damit kommen wir zu einem weiteren Punkt, der das Paper von 2021 fishy macht.

Ich bringe es hier jetzt als letztes und habe auch etwas mit mir gerungen, ob ich es überhaupt erwähnen will, denn es ist ein Ad hominem Argument.

Franziska Konitzer

Was ist denn ein Ad hominem Argument?

Karl Urban

Das ist, glaube ich, so ein juristischer Begriff.

Es ist ein Argument, das die Personen angreift anstelle ihrer Hypothesen und Argumente.

Nachdem ich jetzt aber viel zu Hypothesen und Argumenten gesagt habe, müssen wir uns die Personen auch nochmal kurz angucken.

Wie am Anfang erwähnt, ist das ein interdisziplinäres Forschungsteam.

Das Paper hat einen Erstautoren, das ist ein emeritierter Geologe.

Aber es gibt auch einen Corresponding Author, also einen Autor, der da mit seiner Mailadresse steht und der alle Anfragen koordiniert und vermutlich auch die ganzen Arbeiten, die an dem Paper vorher passiert sind.

Und dieser Mann heißt Alan West und kommt nicht von einer Universität oder einem anderen Forschungsinstitut, sondern von einer steuerbegünstigten Organisation namens Comet Research Group, wie übrigens auch sechs andere der Co-Autoren.

Und für die Expedition nach Jordanien und diese Grabung hatte die Gruppe auf einer Crowdfunding-Seite Geld gesammelt und zwar gemeinsam mit zwei anderen Institutionen.

Und die sind interessant.

Das ist nämlich die Trinity Southwest University in Albuquerque in New Mexico und die Veritas International University in Santa Ana, Kalifornien.

Und die erste ist laut Wikipedia eine nicht akkreditierte evangelikale christliche Hochschule, die folgende Doktrin verfolgt.

Dass die biblischen Schriften die einzige schriftliche, von Gott inspirierte Darstellung der Realität sind, die Gott der Menschheit gegeben hat und die in allen Angelegenheiten, die sie berührt, mit absoluter Autorität spricht.

Ja, bei der zweiten, bei der Veritas International University, steht auch was drin von Unfehlbarkeit und biblischer Irrtumslosigkeit in deren Statuten.

Ja, und der schon erwähnte Leiter der Comet Research Group, Alan West, ist auch interessant.

Der ist dafür bekannt, dass er schon verschiedene Hypothesen aufgestellt hat, die alle nicht so richtig haltbar sind, obwohl er selbst keinen geologischen Background hat.

Es sieht so aus, dass ein Teil der Autoren eine straffe christliche Agenda verfolgt.

Ich sage das ein bisschen vorsichtig, weil es gibt auch seriöse Wissenschaftler, von dem, wie es aussieht in dieser Autorengruppe.

Zum Beispiel ein Metaloge, der Fachbücher geschrieben hat und jetzt noch nicht aufgefallen ist, dass er irgendwie da auch eine religiöse Agenda verfolgt.

Aber es sieht schon so aus, dass zumindest ein Teil des Teams einer Strömung nahesteht, die als Old Ascreationism, also Kreationismus der alten Erde, bezeichnet wird.

Und diese Menschen glauben nicht, wie viele Kreationisten, dass die Erde buchstäblich 6000 Jahre alt ist.

Das sagen sie nicht.

Sie sagen, sie erkennen an, dass es naturwissenschaftliche Erkenntnisse gibt.

Zum Beispiel, dass die Erde viereinhalb Milliarden Jahre alt ist.

Das akzeptieren sie.

Aber sie glauben, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse dennoch kompatibel mit den Erzählungen in der Bibel sind und offenbar forschen manche auch in diesem Sinne, um bei den bibelkompatiblen Erkenntnissen noch etwas nachzuhelfen.

Und zum Schluss muss ich noch was einordnen, was das Ganze jetzt bedeutet.

WissenschaftlerInnen sind Menschen, sie glauben an Dinge, manche sind religiös und das ist per se kein Problem.

Der wissenschaftliche Prozess ist ja dazu da, dass alle Fakten, die zu einer Erkenntnis führen, nachvollziehbar, reproduzierbar und unverfälscht sind.

Die Forschergruppe hat aber zumindest teilweise Daten und Schlussfolgerungen geliefert, die falsch, verfälscht oder nicht nachvollziehbar sind, warum ihr Paper jetzt zu Recht retractet worden ist.

Den Forschern wie Mark Boslow, die diese Arbeit untersucht haben, denen ergab sich der Eindruck, den ich mal so zusammenfassen würde, die Autoren hatten von Anfang an eine Hypothese und sie haben sich dann die eigenen Belege so zurechtgelegt, dass die Hypothese belegt wird.

Das ist aber nicht das einzige Problem.

Ein anderes Problem war hier sicher auch das wissenschaftliche Journal, Scientific Reports, denn das wird zwar vom prestigeträchtigen Nature Verlag herausgegeben und ist auch peer-reviewed, aber es handelt sich um ein sogenanntes Mega-Journal.

Dass sehr viele Papers aus einer sehr breiten wissenschaftlichen Palette aufnimmt.

Und viele kritische Forscher sagen, da geht es weniger um die Qualität der Forschung, sondern dass es lukrativ für den Verlag ist.

Und für eine Retraction beanständigter Paper lässt sich die Redaktion, wie in diesem Fall, aber schon mal dreieinhalb Jahre lang Zeit.

Das ist kein Einzelfall.

Interessant ist, was die Autoren der ursprünglichen Studie nach der Retraction durch Scientific Reports getan haben.

Noch am Tag der Retractions, also jetzt im April 25, hat das Team um Ellen West eine, wie sie sagen, überarbeitete Fassung ihrer Studie bei einem anderen Journal eingereicht und auch publiziert bekommen.

Und zwar nicht bei einem prestigeträchtigen Journal mit Hart & Peer Review, wie man es erwarten würde, wenn man seine Argumente, Daten und Hypothesen nochmal aufs Neue prüfen lassen möchte, sondern bei einem Journal namens Airbursts and Cratering Impacts und dort sind bisher nur 19 Studien erschienen und fast alle dieser 19 Studien stammen aus dem Umfeld von Ellen West.

Franziska Konitzer

Ah ja, schön.

Na gut, man macht einfach sein eigenes Journal.

Karl Urban

Und es gibt bei diesem ganzen Thema meiner Geschichte aber noch ein anderes Problem und das liegt bei uns, Franzi.

Also bei Menschen, die in den Medien arbeiten und die entscheiden, welche Themen relevant sind für Berichterstattung.

Über die ursprüngliche Studie von 21 wurde in hunderten Artikeln berichtet, in Tageszeitungen, auf Newsseiten, zum Beispiel bei der Deutschen Welle, im Fokus oder in The Times.

So nach dem Tenor, Sodom und Gomorra, das gab es wirklich, das war ein Asteroid.

Und Franzi, schätze mal, wie viele Nachrichtenartikel findet man nach der Retraction des Papers?

Franziska Konitzer

Zwei.

Karl Urban

Ich habe drei gefunden.

Franziska Konitzer

Ah, Mensch.

Karl Urban

Scientific American, El Pais aus Spanien und The Jerusalem Post.

Und alles andere waren eher so kleine Blogs, also keine großen Publikumsmedien.

Also man kann schon sagen, bei den meisten Menschen dürfte diese Geschichte eine urbane Legende hinterlassen haben im Kopf.

Viele Leute glauben das jetzt.

Ging mir ja auch ein bisschen so.

Ich hatte irgendwie so am Rande davon gehört.

Vielleicht abgesehen von den Astro-Geo-Hörern, immerhin.

Was ist jetzt mit Sodom und Gomorra?

Ganz zum Schluss.

Wir wissen bis heute nicht, ob diese Städte überhaupt existiert haben.

Wir wissen, nicht weit vom Nordostufer des Toten Meeres gab es während der Bronzezeit eine einstolze Stadt, die 1650 Jahre vor unserer Zeit untergegangen ist.

Dass dieser eine Untergang mit einem Meteoriten zusammenhängt, das wird in keiner der beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen akzeptiert.

Das Einzige, was wir wirklich wissen, ist das Folgende.

Im Alten Testament ist vom Untergang zweier Städte die Rede und ich sage, vielleicht hat diese Geschichte einen wahren Kern, vielleicht ist sie aber auch schon immer das, was sie auch noch heute ist.

Eine Metapher, um eine religiöse Deutung zu verbreiten.

Franziska Konitzer

Ich habe so viele Fragen oder Gedanken dazu durch den Kopf schießen, dass ich überhaupt nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Also ...

Karl Urban

Ich bin auch ein bisschen durchgaloppiert heute, weil ich halt will, dass es irgendwie in der Zeit reinhaut, genau.

Franziska Konitzer

Nee, das ist ja auch vollkommen okay.

Der Geschichte tut es sicherlich ganz gut.

Was mich vielleicht neben dem ganzen offensichtlichen wissenschaftlichen Fehlverhalten und etc.

Pp.

am meisten trotzdem brennend interessiert, gibt es überhaupt, sag ich mal, in Fachkreisen einen Konsens darüber, dass diese Stadt 1650 v.

Chr.

Aus ungewöhnlicher Art und Weise zerstört worden ist?

Weil ich meine, das ist ja nun wirklich lange her und offensichtlich, wenn die so lange besiedelt ist dann sind ja auch wirklich viele Schichten, übereinander, das ist ja jetzt nicht immer so klar, dass du wie bei Pompeji einmal ausbuddelst und sagst, wow cool, sondern gibt es darüber überhaupt einen Konsens dass das jetzt ungewöhnlich war, weil ich meine das ist ja, das ist so die Milchmädchenrechnung weil weißt du, okay, sie finden zum Beispiel, zerbrochene Tonteile ja, Sabalot, ich meine, was lassen die Leute liegen, wenn sie gehen?

Wahrscheinlich dass was kaputt ist und nicht den neuen tollen Topf, den Oma gestern irgendwie aus dem Ofen geholt hat.

Von daher, ja, also gibt es da überhaupt einen Konsens, dass das außergewöhnlich war, was da vor 1650 Jahren vor Christus passiert ist?

Karl Urban

Also das, was ich von Archäologen gelesen habe, nein.

Franziska Konitzer

Ja, und damit ist.

Karl Urban

Ja.

Also es gab, so Städte wurden laufend zerstört, also aus heutiger Sicht, wenn du auf die Jahrtausende blickst, wurde diese Stadt laufend zerstört.

Da gibt es einige Ereignisse, wenn du so Schicht für Schicht dich vorarbeitest.

Dass da Ton zerbricht, ist sowieso nicht ungewöhnlich, aber auch zum Beispiel, dass diese großen Lehmziegel zerbrechen und pulverisiert sind, das ist jetzt auch, kommt häufig vor.

Franziska Konitzer

Ja Mensch, da haben alle Leute Lehmziegel, ne?

Karl Urban

Es ist eine Region, natürlich, wenn da eine reiche Stadt ist, die wurde mal angegriffen.

Ich weiß jetzt nicht, wie da der aktuelle Stand ist, ob da jetzt wirklich keine Speerspitzen und andere gewalttätige Sachen gefunden wurden oder ob man nicht richtig gesucht hat oder ob man sie raussortiert hat, um die zu ignorieren zu können.

Aber das ist der Jordangraben, ist auch ein tektonisches Gebiet.

Es kann da auch im Umfeld von Jahrhunderten sehr starke Erdbeben geben.

Das kann auch eine Stadt zerstören.

Und ja, dann ein Problem ist auch diese geschmolzenen Keramikteile.

Auch das findet man auch in anderen Schichten.

Also das ist nichts Außergewöhnliches.

Und in so einer Stadt gab es viele Öfen.

Und was die Interpretation angeht, dass die Öffentlich heiß genug sind, das wurde auch angezweifelt.

Also das ist wohl nicht so einfach, das wirklich nachzuweisen.

Also man findet eigentlich an allen Punkten, die sie anführen, findet man Kritiker, die sagen, das ist alles so nicht haltbar.

Franziska Konitzer

Ja, dann darf ich meinen Entsetzen bitte darüber ausdrücken, weil, wie gesagt, es ist Scientific Reports.

Ja, du hast gesagt, es ist ein Multi-Mega-Journal, ne, groß, aber wie gesagt, es ist auch peer-reviewed, wo ich mich frage, na gut, vielleicht bin ich da auch zu sehr Physikerin oder vorbelastet, wenn ich irgendwas lese von wegen 300.000 Grad Celsius, heiß in der Atmosphäre, I smell bullshit, I'm sorry.

Also, ich bin entsetzt darüber, dass die Peer-Review offensichtlich als System so ...

Versagt, hat in diesem Fall, dass keiner, dass niemand, der das gelesen hat, von den Peer-Reviewern, das offensichtlich wirklich gelesen hat, mit gesunden Menschenverstand.

Also, sicherlich, wenn das vor allen Dingen so interdisziplinär ist, dann kannst du jetzt nicht von allen Disziplinen, aber gerade wenn es um Airbursts geht oder Meteoriten, würde ich ja annehmen, dass es dann auch an jemanden geht, der auch an jemanden geht, der sich auch mit diesem Aspekt auskennt und der sofort sagen würde, Moment mal.

Also, dass sowas überhaupt durch die Peer Review durchgeht, genau dafür ist das ja da, weil ich meine, das ist so, wenn du auch von diesen Zahlen gesprochen hast, das klingt ja haarsträubend von Anfang bis Ende einfach nur, da musst du doch auch auffallen.

Also, hä?

Karl Urban

Ich habe mir den Spaß gemacht, ganz am Anfang von meiner Recherche, ich hatte schon die Retraction gelesen, aber ich lese mal das ursprüngliche Paper erstmal für sich.

Und ich bin jetzt ja nur einfacher Wissenschaftsjournalist mit ein bisschen Geologie-Background, aber ich fand das jetzt auf den ersten Blick schon alles, sah alles sauber aus.

Also diese Details, die unstimmig sind, die haben sich schon ganz gut vergraben und man muss ja auch sagen, dieser Mark Boslow, der das jetzt irgendwie ins Rollen gebracht hat, dass es diese Retraction gegeben hat, das ist halt wahrscheinlich weltweit einer von zwei Leuten, die sich derart gut mit Airbursts auskennen.

Also so jemanden hast du in der Regel nicht für so ein Peer-Review.

Also wenn du ein guter Editor von so einem Journal bist, weißt du vielleicht, dass man den anspricht, aber der muss dann ja auch Lust und Zeit dafür haben.

Insofern, ja, also ich glaube tatsächlich, die Strategie, die die hier gefahren haben, ist halt diese sehr interdisziplinäre Gruppe zusammenzustellen und dadurch ist es schwerer, sowas anzugreifen.

Also das ist so ein bisschen mein Eindruck.

Franziska Konitzer

Na, da hast du natürlich recht, aber wie gesagt, wenn du auch sagst, weil das denke ich mir nämlich, dass es auch, ich meine, wenn man ja zumindest hätte fragen müssen, wäre irgendjemanden, der sich irgendwie mit Archäologie auskennt und wenn ich Dömpel, also auch als einfache Wissenschaftsjournalistin, von den vielleicht drei populärwissenschaftlichen Büchern über Archäologie, die ich mir jemals in meinem Leben zu Gemüte geführt habe, mir denke, wahrscheinlich gibt es noch nicht mal einen Konsens darüber, dass das Ding irgendwie auf ungewöhnliche Art und Weise zerstört worden ist, Weil so funktioniert, also verstehst du?

Also irgendein Archäologe oder Archäologin muss es gelesen haben und dass die nicht sagen, äh, hä?

Du kannst mir doch nicht sagen, dass das die einzige Gruppe war, die in Tel El Hamam jemals irgendwelche Grabungen gemacht hat.

Das ist einfach nur hart.

Also ich meine, das ist alleine schon, alleine die Tatsache, also wie sie dann auch ausgegraben hätten, ich glaube auch nicht, dass die jordanische Regierung ihnen erlaubt hätte, also das kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass sie da Mutterseelen alleine in dieser Stadt rumgraben durften und dann ja eventuell noch Dinge manipulieren in echt.

Also nicht nur Fotos, sondern, wie du selber sagst, vielleicht sogar irgendwelche Waffen, Pfeilspitzen entfernt.

Jesus, also, okay, Jesus ist ja echt unpassend, aber das wäre, also, das wäre, das wäre krass, also allein vom archäologischen Standpunkt blows my mind, also wie das, was da eigentlich dahinter steckt, weil das ist einfach nur hart.

Karl Urban

Ja, ich muss auch ehrlich sagen, ich habe mit mir gerungen.

Also gerade dieser Fakt, dass es eine Form von Kreationismus gibt, der jetzt nicht so völlig hanebüchen sagt, die Erde ist 6000 Jahre alt, sondern dass es so eine Zwischenform gibt, das war mir nicht so bewusst, als ich angefangen habe, das hier zu lesen.

Das habe ich tatsächlich gestern Abend noch gefunden.

Also wir haben jetzt auch unsere Aufnahme irgendwie über ein paar Tage noch verschoben aus verschiedenen Gründen und ich habe in dieser ganzen Zeit immer noch weiter irgendwie mir das Hirn zermatert, was diese Leute wollen.

Ich meine, es ist jetzt einigermaßen zu verstehen, aber auch nicht bei allen.

Also ich habe irgendwie auch jetzt nochmal geguckt, es gibt dieses geupdatete, übrigens jetzt irgendwie über 80 Seiten lang, ist auch nochmal deutlich länger.

Ich habe mir nicht die Arbeit gemacht zu gucken, was sie wirklich geändert haben.

Das ist aber auch egal.

Aber interessant fand ich, dass es nicht ganz identisch die identische Autorengruppe gibt.

Also es gibt irgendwie so eine Handvoll von Autoren, die bei diesem Update nicht dabei sind.

Einer davon ist dieser erwähnte Metallurge, der irgendwie Fachbücher geschrieben hat und so und auch an einer bekannteren Institution arbeitet.

Und den habe ich angemeldet und gefragt, warum er nicht dabei ist und ob er irgendwie dieses Ding vielleicht auch kritisch sieht heute.

Und der hat nur einen Satz zurückgeschrieben, das war ein Airburst.

Punkt.

Ich war bloß jetzt nicht mehr bei den Autoren.

Also, keine Ahnung, was so ein Menschen dann antreibt oder ob er einfach in seinem kleinen Feld vielleicht die Ergebnisse für sauber hält und den Rest eh nicht beurteilen möchte, wenn man es ihm wohlwollend darlegen möchte.

Aber ja, keine Ahnung.

Franziska Konitzer

Zu guter Letzt, oder vielleicht auch nicht zu guter Letzt, aber ein kleiner Punkt, was du angemerkt hattest, das ist auch sicherlich richtig die Nachricht, ich habe das nicht mitgekriegt, damals im Jahr 2021, da hatte ich glaube ich andere Sorgen, von wegen, dass natürlich sämtliche Medien das dann erstmal durchtreten und auch darüber berichten werden, hingegen über die Retraction nicht berichtet wird.

Da kann ich zumindest, also für mich persönlich kann ich sagen, ich bin bei sowas persönlich in meiner Arbeit, gebe mir sehr viel Mühe, um solchen Dingen nicht anheimzufallen.

Bei Studien oder Forschungsergebnissen, wo ich, sage ich mal, mir denke, I smell bullshit.

Ohne dir jetzt vielleicht genau sagen zu können, warum, dann ich mache es dann nicht.

Also entweder mache ich es dann, indem ich es gleich auch richtig einordne und halt weiter selber recherchiere.

Ich meine, da bei der Meldung, das kann ich mir schon vorstellen, wie es gelaufen ist, da kommt eine Pressemitteilung raus, die tippen alle ab und dann war es das.

Aber deshalb sage ich ja, wenn du auch nur zum Telefonhörer greifst und eine einzige Archäologin anrufst, Hättet ihr dir gesagt, hä, nein, weißt du?

Und dann ist nämlich die Story tot und das war's dann.

Und dann kannst du entweder eine Geschichte darüber machen, warum es nicht war.

Karl Urban

Da bin ich mir nicht so sicher, weil wenn du in dieser Redaktion sitzt und da sitzt dieses Paper, vielleicht auch noch unter Embargo, das hat die Welt noch gar nicht gesehen.

Und du rufst diese Archäologin an und sagst, hier, dieses 64-seitige Paper, ist da was dran?

Dann zeigt er dir doch einen Vogel und sagt, ich setze mich doch jetzt nicht hier drei Tage hin und versuche da die Flors zu finden.

Franziska Konitzer

Nee, darum geht es ja nicht.

So mache ich das ja auch nicht.

Karl Urban

Aber ich glaube, dass die Realität, also gerade wenn du in diesem Nachrichtenzyklus drin bist und das möglichst schnell dann raushaben willst, das ist in dieser Situation die Herausforderung so ein bisschen.

Da kann das passieren.

Franziska Konitzer

Das ist der Grund, warum ich persönlich relativ wenig Dinge oder Inhalte produziere und warum ich pleite bin.

Naja, pleite bin ich nicht, aber viel Geld verdienen tue ich jetzt auch nicht.

Karl Urban

Wir versuchen ja beide so zu arbeiten, dass wir uns zurücklehnen.

Franziska Konitzer

Das ist jetzt, greift vielleicht auch ein bisschen vor zu einer Geschichte, die ich sicherlich in der Zukunft selber mal erzählen werde oder die wir jetzt in einem Astro Geplänkel aufgreifen werden.

Du erzählst mir die Geschichte zu einem Zeitpunkt, wo wir gerade sehr viele Mails oder Nachrichten von Hörerinnen und Hörern bekommen haben, die sich erkundigt haben, was eigentlich ist mit dieser dunklen Energiegeschichte, dass die dunkle Energie schwächer wird.

Weil da gab es ja vor ein paar Wochen diese eine Studie von, ich denke, japanischen oder koreanischen Forschern.

Diese Studie würde besagen, dass das alles gar nicht so ist.

Also es geht um die dunkle Energie und die wird schwächer.

Und das hätten sie anhand von 300 Supernovae nochmal überprüft und so rausgefunden.

Und da hatten wir eben sehr viele Nachrichten und ihr könnt auch mal was darüber machen oder ich könnte eine Geschichte darüber erzählen.

Und es gibt derzeit eine spannende Geschichte, dass die dunkle Energie tatsächlich vielleicht schwächer wird.

Aber ich habe dieses Paper nur angeguckt und gesagt, darüber berichte ich nicht.

Und tatsächlich hatte ich mit einer Redakteurin ein langes Gespräch darüber, warum es nicht gut wäre, über dieses Paper zu berichten.

Aus genau dem Grund, ich vermute da überhaupt kein wissenschaftliches Fehlverhalten, verstehe mich nicht falsch, aber ich bewerte es nicht als berichtenswert.

Es wird durch die Medien getreten, weil es spektakulär klingt und ja, weil eben auch Redaktionsalltag und raus und dann zur nächsten Nachricht und ich habe gesagt, ich mache es nicht aus den und den und den Gründen.

Und deshalb werde ich auch über dieses Paper garantiert keine Geschichte in Astrogeo machen, weil ich es damit auch nur weiter propagiere.

Aber das ist ein abgebildertes Beispiel.

Wir haben keine, ich vermute, überhaupt kein wissenschaftliches Fehlverhalten bei dieser Gruppe.

Aber ich bewerte es als noch nicht mal ein Sturm im Wasserglas, aber es erregt halt Aufmerksamkeit.

Und dann sprichst du darüber und dann….

Also ich, deshalb sage ich ja, in der Hinsicht ist meine Weste wirklich vielleicht zu meinem eigenen finanziellen Schaden auf jeden Fall rein, weil ich mir wirklich sehr Mühe gebe, mag auch nicht immer funktionieren, aber ich gebe mir immer sehr Mühe, nicht unreflektiert irgendeinen Kram weiter zu erzählen.

Karl Urban

Ich meine, ich glaube mir und sicher auch dir geht es so der journalistische Wert ist eigentlich, wenn man so eine Podcast Folge darüber machen kann in so einer Geschichte weil ich finde, also das ist ja auch sehr wichtig irgendwie für den Hinterkopf, wenn man irgendwo was liest, es gibt halt Leute, die benutzen wissenschaftliche Methoden oder Dinge, die so aussehen wie wissenschaftliche Methoden, um eine eigene Agenda zu verfolgen und das kann unschuldig sein, aber das kann auch weniger unschuldig sein, und da muss man einfach mit rechnen.

Also ich denke auch als Journalist ist das durchaus wichtig und auch selbst als Wissenschaftsjournalist.

Franziska Konitzer

Und das ist halt auch in der Hinsicht, also angenommen ich sehe diese Studie, also reiß es meiner Zeit zurück und angenommen ich sehe diese Studie, das liegt bei mir irgendwie auf dem Tisch und so und dann, ich weiß nichts über Archäologie, ich kenne mich nicht mit Airbursts aus, null.

Was ich trotzdem, also ich persönlich, ich mache das bei allen Studien, ich schaue natürlich nach, wer die Hauptautoren sind.

Und in dem Moment, ganz ehrlich, wo ich sehen würde, dass die Hauptautoren zu einem ja letztendlich privaten Research-Institut in Anführungszeichen und zu zwei evangelikalen Universitäten gehören, da gehen bei mir alle Alarmglocken los.

Vielleicht ist das auch zu harsch geurteilt, aber da bin ich, und dann erwähnen sie noch in der Einleitung eine biblische, also nee, also Entschuldigung, da würden bei mir die Alarmglocken losgehen, sage ich jetzt einfach mal, weil ich mir denke so, mhm.

Karl Urban

Ich habe dir auch gar nicht alles erzählt, Franz.

Franziska Konitzer

Ja, ist wahrscheinlich auch besser so, weil ich meine, besinnliche Adventszeit und so, es geht, es geht.

Karl Urban

Es geht, es geht Puls.

Ja, ja, ja.

Franziska Konitzer

Aber.

Karl Urban

Also nur angerissen, das ist nicht, also gerade bei diesem Ellen West ist es nicht die erste Hypothese, die er aufstellt.

Franziska Konitzer

Ja, also ich meine, das ist doch, aber das ist doch eigentlich eine Journalistenkrankheit, dass du hemmungslos alles totgoogelst, was dir, was nicht bei drei auf dem Baum ist.

Schau mal doch die Autoren nach.

Also.

Also, ja, also, ja, ich find's, ja.

Mein Gott, im wahrsten Sinne des Wortes, oder eben nicht mein Gott.

Ich find das sowieso ein bisschen absurd, worauf ich die ganze Zeit, alles woran ich bei Sodom und Gomorra denke, das ist auch ganz, ganz, ganz schlimm, weil ich hab als Kind sehr viel Zeit damit verbracht, die Bibel zu lesen.

Weil mir langweilig war, die Kinderbibel.

In der Kinderbibel stand das nicht, aber was mir nicht aus dem Kopf geht, sämtliche moralischen oder ethischen, religiösen Handlungsanweisungen, die man aus dieser Geschichte ableitet oder gerne abgeleitet wurden oder noch werden, werden für mich dadurch negiert, dass die Story ja so zu Ende geht, dass ja Loths Frau, die fliehen ja alle aus Solomon oder Gomorra, weiß ich jetzt nicht mehr, Loths Frau erstarrt ja zur Salzsäure, weil sie sich umdreht und zurückschaut, was mich irgendwie sehr an die Story mit Orpheus und Eurydice im Hades erinnert.

Aber damit die Linie ja weitergelegt wird und Lot und seine Töchter hocken danach in dieser Höhle und dann legen sich Lots Töchter zu ihrem Vater und lassen sich von ihrem Vater schwängern, um die Linie fortzuführen.

Und dadurch denke ich mir, also Inzest ist A-okay, Aber deshalb Vorsicht bei Handlungsanweisungen aus sehr alten Texten, deren Kontext man unzureichend kennt.

Da würden, denke ich, auch Bibelforscherinnen und Bibelforscher übereinstimmen.

Karl Urban

Genau, das ist auch ein Thema, was ich jetzt hier überhaupt gar nicht anreißen wollte, weil das ist überhaupt nicht mein Töv und ja, also über das Alte Testament brauchen wir, glaube ich, kein weiteres Wort verlieren, das ist halt, ja.

Franziska Konitzer

Ich habe mich in der Zeit lang auch mal, ich finde das, ich finde das, ja, ich finde das nämlich auch wahnsinnig, ich finde das super spannend, diese Erforschung dieser alten Texte mit dem Hintergrund und so, aber das ist halt wie bei allen alten Texten, dir fehlt natürlich auch der allermeiste kulturelle und zeitgeschichtliche Kontext, in dem diese Texte entstanden sind.

Und deshalb liest du es ja immer mit deiner eigenen zeitgenössischen und Kulturgeschichte, also in deinem eigenen Kontext.

Mit dieser Brille liest du alles.

Und deshalb sagen dir diese Geschichten höchstwahrscheinlich nicht das, was du aufs Erste und Zweite und Dritte meinst, dass sie dir sagen.

Ich meine mich zumindest zu erinnern, dass es bei Sodom und Gomorra ging es noch nicht mal so sehr um die Homosexualität.

Es ging darum, dass diese Städte das Gastrecht verletzt haben.

Also das war der eigentliche Knackpunkt.

Also von daher, ja, wenn jetzt US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner im Jahr 2021 meinen, dass sie da irgendwas reininterpretieren müssen, der Text, ja, die Menschen, die das verschriftlicht haben, ja, ist für immer vorbei und sehr weit weg und sehr schwer, da noch was reinzuinterpretieren.

Auch wenn es spannend ist, sich damit zu beschäftigen.

Karl Urban

Ja, ich meine, es gibt Leute, die das lesen können, aber… Definitiv, nein.

Genau, das muss ein anderer Podcast machen, das dann einzuordnen, genau.

Franziska Konitzer

Aber ich danke dir trotzdem für die Geschichte, Karl, ist irre.

Also ja, Adventsgeschichte, ich bin nur dankbar, dass du nicht mit dem Stern von Blätli um die Ecke gekommen bist.

Karl Urban

Das hat er Mundgemorra, tut mir leid.

Franziska Konitzer

Aber eine sehr, sehr.

Karl Urban

Sehr, sehr andere Geschichte.

Danke dir.

Gerne.

Soll ich dich noch abfragen eine Runde?

Ich habe mir Notizen gemacht tatsächlich.

Sehr gut.

Dann machen wir doch ein kleines Quiz.

Und meine erste Frage ist natürlich, was erzählt denn die alttestamentarische Geschichte von Sodom und Gomorra?

In wenigen Sätzen.

Franziska Konitzer

Die alttestamentarische Geschichte von Sodom und Gomorra erzählt, dass der Gott des Alten Testamentes diese Städte zerstören möchte, weil sich die Bewohnerinnen und Bewohner aufführen wie Gartenschläuche.

Das sage ich jetzt mal so.

Karl Urban

So ähnlich hätte ich es auch formuliert.

Frage 2.

Mit welchen Argumenten wird begründet, dass 1650 Jahre vor, ich sage immer vor unserer Zeit, gemeint ist vor Christus.

Ich wollte bloß Christus nicht sagen.

Also das ist schon über 3000 Jahre her auf jeden Fall.

Mit welchen Argumenten wird begründet, dass da ein Meteorit über dem Toten Meer detoniert sein soll und eine Stadt zerstört?

Franziska Konitzer

Es gab Anzeichen der Zerstörung, die darauf hingedeutet haben, dass es nicht von Menschen verursacht sein konnte oder von sonstigen natürlichen Ursachen.

Ganz allgemein gesagt.

Also hohe Temperaturen, hoher Druck, Zerstörung, eine angebliche Zerstörungsrichtung, geschockter Quarz.

Karl Urban

Genau.

Eigentlich musst du die widerlegten Argumente auch gar nicht im Detail noch mal wiederholen.

Sehr gut.

Frage 3.

Was war das Problem des Physikers Marc Bollot beim Vergleich zum Tunguska-Ereignis von 1908, der in diesem Paper gemacht wurde?

Franziska Konitzer

Dass die Autoren keine Ahnung vom Tugus-Ereignis oder von Irves allgemein hatten.

Karl Urban

Ich würde sagen, sie hatten schon versucht, sich zu verknüpfen mit der Literatur, aber naja, nicht ganz akkurat.

Frage vier, letzte Frage.

Was ist der alte Erdekreationismus und wie passt er zu dieser Geschichte?

Franziska Konitzer

Ach, der alte Erdekreationismus ist der etwas, ist der, ist der, ist, äh, sagt nicht wie der neue Erdekreationismus, das die Welt vor 6000 Jahren erst erschaffen wurde, sondern der sagt schon, ja okay, dann ist sie halt viereinhalb Milliarden Jahre alt, aber alles, was in der Bibel steht, stimmt trotzdem 1A.

Karl Urban

Genau.

Ja, jetzt ist uns weihnachtlich, ne?

Franziska Konitzer

Ich finde das immer so, ach, ich weiß nicht, ich habe dazu offensichtlich viele Gedanken.

Ich finde das so schade, weiß ich nicht, ich finde das so schade auch für alle Beteiligten, dass sie so viel Lebenszeit da rein investieren, um einen Glauben wissenschaftlich beweisen zu wollen.

Aber es heißt halt Glauben, ne?

Also, das ist so.

Karl Urban

Also, als hundertprozentiger Atheist, mein Problem mit diesem alte Erde-Kreationismus, wie ich ihn jetzt kennenlernen musste, ist, dass ich nicht so ganz verstehe, also Religion versucht ja eine Deutung, also irgendwie den Menschen einen Sinn geben im großen kalten Universum.

Aber man kann natürlich sagen, es gibt irgendwie einen lieben Gott und der leitet mein Leben jeden Tag.

Also ich will das gar nicht so schlimm werten.

Ich kenne Menschen, die denken so und ich kann das akzeptieren.

Aber in dem Moment, wo man sagt, naja, wir akzeptieren eigentlich das Universum schon so, wie es ist, das große kalte Universum und ab und zu kommt halt so ein Meteorit vorbei und lässt dann irgendwie die Menschen lernen, dass da irgendwie so eine Stadt zerstört werden kann.

Was folgt denn daraus?

Also sagt man dann, dieser Meteorit wurde von Gott geschickt?

Also das würde mich interessieren.

Also was genau lenkt Gott?

Franziska Konitzer

Na gut, das ist in dem Kontext eine andere Frage, würde ich sagen.

Was lenkt Gott ist eine, ja auch, das ist eine andere Frage, sondern ich würde mal vermuten, dass natürlich, wenn diese Menschen diesem alte Erdekreationismus anhängen, aber trotzdem …, Glauben, überzeugt sind, dass was in der Bibel steht oder im Alten Testament, in den Büchern des Alten Testaments so auch passiert ist, dann suchst du natürlich nach Hinweisen, nach Belegen, dass das auch so war.

Die Frage, was die Motivation des Gottes des Alten Testaments war, ist eine andere Frage.

Ja, stell dir vor, du liest, du hast mich am Anfang gefragt, so glaube ich, was in Büchern steht.

Wenn ich lese, der Himmel ist blau, naja gut, dann gehe ich mal raus und gucke mal, ne?

Und das ist das sehr große Äquivalent dazu.

Warum, weshalb, wieso eine Gottheit so handelt, wie sie handelt, das ist eine andere Debatte, sag ich, würde ich sagen.

Karl Urban

Ja, und vielleicht ist es auch gar nicht so entscheidend.

Also vielleicht ist es nur so, das ist halt das große heilige Buch und das muss irgendwie stimmen.

Und wahrscheinlich interpretiere ich da schon wieder zu viel hinterher rein.

Aber ich weiß es nicht.

Franziska Konitzer

Ach, na ja, ich würde auf der Meta-Ebene ist es noch nicht mal für mich so sehr eine Diskussion mit, Ja, das hier hat einen offensichtlich evangelikalisch, einen evangelikal-christlichen Hintergrund, aber letztendlich hättest du das austauschen können und die Story über die zurückgezogene Studie von Impfstoffe und Autismus erzählen können.

Und verstehst du, dass es letztendlich ist das Irrglaube.

Also diese absoluten Überzeugungen, die sich auch in keinster Art und Weise durch die Wirklichkeit bestätigen.

So, das ist eine Geschichte letztendlich darüber.

Die hat einen evangelikatisch-christlichen Anstrich.

Der Impfstoff-Fritze, weiß ich nicht, was ihn geritten hat.

Ist mir auch egal.

Ich finde es allgemein halt schade, dass Menschen sehr viel ihrer Lebenszeit damit verbringen.

A ...

Blödsinn in die Welt zu pusten und B, die dann auch noch zu glauben, andere Menschen und dann noch weiter zu propagieren.

Das ist so, weiß ich nicht.

Wir hatten die ganze schöne Aufklärung, Mensch.

Und jetzt auf einmal so.

Karl Urban

Also ich glaube, wo ich so ein bisschen scheitere an der Nachvollziehbarkeit, also irgendwie fällt es mir leichter, dass sich jemand hinstellt und irgendwas behauptet und sagt, das steht so in der Bibel.

Was mir irgendwie in dem Fall schwerer fällt, ist, dass sich da 21 Menschen, von denen einige schon nah an der Wissenschaft dran sind oder in der Wissenschaft arbeiten, über Monate an so ein Paper setzen und nach Jordanien fliegen und dafür Geld sammeln und dieses Paper aufschreiben, um etwas zu beweisen, an das sie glauben, aber dabei eigentlich die Realität sehr stark verbiegen oder die realen Erkenntnisse, die es gibt.

Vielleicht ist ja bewusst bei manchen von denen auch gar nicht so, dieser Prozess gar nicht so bewusst.

Also vielleicht ist das ein Stück weit, dass man Wunschdenken unbewusst Ja natürlich.

Franziska Konitzer

Du siehst die, du nimmst die Welt so wahr, wie du möchtest, dass sie ist.

Und damit färbt sich das auch halt alles und dann wird halt, das ist so dieses berühmte, für mich berühmte Zitat, dass das nicht sein kann, was nicht sein darf.

Und damit mit dieser Christian Morgenstern, glaube ich.

Das google ich jetzt.

Karl Urban

Okay, ja, das googeln wir jetzt.

Jetzt müssen wir aufpassen.

Franziska Konitzer

Die unmögliche Tatsache von Christian Morgenstöhr.

Karl Urban

Sehr gut.

Franziska Konitzer

Da wäre ich ja entsetzt, weil es ist eines meiner Lieblingszitate und das hatte ich mir schon mal nachgeschaut, weil Goethe selber ist so, bis auf den Faust 1, von daher würde ich ungerne.

Karl Urban

Ja, aber das ist was, was in uns drin liegt.

Und wahrscheinlich sind wir alle ein bisschen so, wir haben halt unsere Weltsicht.

In uns drin, so.

Und wir haben die Reize, die von außen auf uns einstürzen und wir versuchen jeden Tag, das irgendwie in Einklang zu bringen.

Und je nachdem, wie wir kulturell geprägt sind, irgendwie frühkindlich und keine Ahnung, was da eine Rolle spielt, auch bei religiöser Prägung, je nachdem, sind wir bereit, sehr großen Aufwand zu treiben, diese Weltsicht auch zu bestätigen.

Franziska Konitzer

Ja, ich denke auch.

Aber bei mir ist es grundlegend eine Sache, die ich mit all diesen, ob das jetzt das Forschungsergebnis ist oder jenes Forschungsergebnis oder die ganzen weltpolitischen Entwicklungen und alles, was ich im Grunde nicht ausstehen kann, sind Menschen, die absolut glauben, dass sie Recht haben.

Das finde ich widerlich.

In irgendeiner Hinsicht.

So dieses absolute, ich habe recht und das bricht für mich darauf letztendlich hinunter, weil wenn du dieser Überzeugung bist, dann kann auch nichts anderes gelten.

Dann ist auch jegliche Debatte tot, Diskussion, Nachforschung und das finde ich eine schwierige Einstellung.

Also natürlich habe ich auch meine Meinungen und Überzeugungen etc.

pp.

Aber ja, genauso wie ich mir als Kind überlegt habe, dass das irgendwie jede Religion der Meinung sei, dass sie Recht hat.

Und ich mir gedacht habe, ja, aber es ist ja unmöglich, dass alle gleichzeitig Recht haben.

Karl Urban

Also Franzi, was mir gerade kommt, wir haben ja vor, zumindest aktuell noch eine Geplänkel-Folge aufzunehmen, eine Feedback-Folge, die wird kurz vor Weihnachten erscheinen und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir zu dem Thema noch ein bisschen höherer Feedback besprechen werden, insofern können wir das dann fortsetzen.

Franziska Konitzer

Ja, vielleicht habe ich bis dann auch Lebkuchen gebacken und...

Karl Urban

Ja, genau, dann sind wir ganz entspannt.

Franziska Konitzer

Beziehungsweise ich werde garantiert keine Lebkuchen backen, aber ich kann es mir mal vornehmen.

Back sehr gute Lebkuchen.

Genau.

Karl Urban

Aber dann würde ich sagen, machen wir Schluss und gehen Lebkuchen backen, oder?

Franziska Konitzer

Ich gehe jetzt weiterarbeiten, bevor ich...

Aber erst mal Kaffee trinken.

Dann war sie das, die 128.

Adventsausgabe von Astrogeo.

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Karl Urban

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Franziska Konitzer

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Franziska Konitzer

Und zuletzt danken wir euch fürs Zuhören.

Wir sagen Tschüss.

Glück auf und Ad Astra.

Bis zum nächsten Mal.

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