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Das Geheimnis kluger Entscheidungen (Folge 2: Das Herz)

Episode Transcript

Sabina Paechnatz

Wir treffen jeden Tag viele Entscheidungen.

Manche Entscheidungen tun uns gut und andere sind nicht so gut für uns.

Häufig wissen wir erst nach einer getroffenen Entscheidung, ob sie für uns gut war.

Dieser Podcast führt sie in Das Geheimnis kluger Entscheidungen ein.

Sie lernen Entscheidungen so u treffen, dass sie möglichst vorher wissen, ob sie ihnen ein erfolgreicheres und glücklicheres Leben ermöglicht.

Ich freue mich u diesem Thema den erfahrenen Trainer und Coach Peter Paechnatz u interviewen.

Herr Pechnatz ist Diplompsychologe und verbindet Psychologie mit den aktuellen Ergebnissen der Neurowissenschaft.

Peter, ich freue mich auf das Interview mit dir.

Im ersten Podcast haben wir ja über das jüngste Entscheidungssystem den Kopf gesprochen.

Du sagtest, der Kopf steht für den Verstand, das Denken, das Bewusstsein, den Willen und die Sprache.

Dieses Entscheidungssystem übernimmt eine wichtige Rolle, wenn wir kluge Entscheidungen treffen.

Der Verstand nimmt die Gefühle an die Hand.

Um das u verstehen, betrachten wir in diesem Podcast das weitälteste Entscheidungssystem unserer Gefühle und Bedürfnisse.

Was können dann die Zuhörer für weitere Nutzen aus diesem Podcast iehen?

Peter Paechnatz

Ich kann Ihnen eine spannende Reise in unser Gefühl um Bedürfnissystem versprechen.

Gefühle sind Botschafter von Bedürfnissen und unsere Bedürfnisse sind der Motor der Motivation.

Es ist ein nonverbales System, das älter und sehr viel einflussreicher auf unsere Entscheidungen ist, als wir das bisher annahmen.

Wir Menschen sind keine rationalen Wesen, wir sind Emo-Wesen.

Wir treffen Entscheidungen immer auch emotional.

Wir müssen dieses System sehr gut verstehen, um es für kluge Entscheidungen nutzen u können.

Emotionen können uns auch ganz gut in die Irre und u unklugen Entscheidungen führen.

Sabina Paechnatz

Ja, das hat, glaube ich, jeder schon mal an sich selbst erlebt.

Wie können wir denn die Gefühle und Bedürfnisse für kluge Entscheidungen nutzen?

Peter Paechnatz

Das Entscheidungssystem der Gefühle und Bedürfnisse ist sowohl mit dem Stress, als auch unserem Belohnungssystem sowie mit unseren emotionalen Erfahrungen verbunden.

Im Gegensatz um Kopfsystem ist unser emotionales System schnell und weniger differenziert als unsere Gedanken.

Gefühle kennen im Prinzip wei Richtungen.

Es gefällt mir oder es missfällt mir.

Je nachdem, ärgere ich mich oder ich bin ufrieden.

Gefühle sind im Hier und Jetzt.

Sie sind in dem Sinne sehr ökonomisch.

Sabina Paechnatz

Das hört sich im ersten Moment eigentlich widersprüchlich an.

Bisher galt doch das Rationale als ökonomisch und Gefühle wurden als irrational bezeichnet.

Warum sagst du, dass Gefühle ökonomisch sind?

Peter Paechnatz

Das liegt daran, dass Gefühle Botschafter von Bedürfnissen sind.

Und die entrale Eigenschaft von Bedürfnissen ist, dass sie einem steten Wandel unterliegen.

Damit ändern sich auch die Gefühle.

Das können unsere Zuhörerinnen und Zuhörer leicht nachvollziehen.

Wenn ich um Beispiel Hunger habe, habe ich ein Hungergefühl.

Wenn ich gegessen habe und satt bin, habe ich ein Sättigungsgefühl.

Jeder Mensch hat sinnlich vitale Bedürfnisse, die unsere körperliche und geistige Regenerationsfähigkeit durch Essen, Trinken und Schlafen sicherstellen.

Das Bedürfnis nach psychischer und körperlicher Unversehrtheit gehört wie die sexuellen Bedürfnisse ebenfalls u den sinnlich vitalen Bedürfnissen.

Sabina Paechnatz

Im Alltag spielen die sinnlich vitalen Bedürfnisse sicherlich eine große Rolle.

Was sind denn unsere Bedürfnisse im Zusammenleben und vor allem in der Arbeit?

Peter Paechnatz

Im Zusammenleben und in der Arbeit sind die produktiven Bedürfnisse wichtig.

Es gibt hier vier Bedürfnisse, die dabei von Bedeutung sind.

Da ist um einen das Bedürfnis nach Sinn und Nutzen.

Wir brauchen eine gewisse Sicherheit, dass alles klappt und um Erfolg führt.

Wir bevorzugen ein angenehmes Zusammenleben und eine angenehme Zusammenarbeit.

Wir Menschen sind durch und durch soziale Wesen.

Daher ist für uns von entraler Bedeutung das Bedürfnis nach Wertschätzung.

Sabina Paechnatz

Du hast also als produktive Bedürfnisse das Bedürfnis nach Nutzen, nach Sicherheit, Annehmlichkeit und vor allem nach Wertschätzung genannt.

Wie kommst du gerade auf diese vier produktiven Bedürfnisse und warum spielen sie für uns Menschen eine entrale Rolle?

Peter Paechnatz

Die vier produktiven Bedürfnisse sind eng mit der menschlichen Natur verbunden.

Wir sind ein Doppelwesen.

Wir sind gleichzeitig ein biologisches und ein gesellschaftliches soziales Wesen.

Die sinnlich vitalen Bedürfnisse sichern unsere biologische Existenz ab.

Die produktiven Bedürfnisse entstehen aus der gesellschaftlichen Natur des Menschen.

Die gesellschaftliche Natur des Menschen bedeutet, dass ich je meine individuelle Existenz nur durch die Teilhabe an der gesamtgesellschaftlichen Lebensgewinnung sicherstelle.

Ein weiterer Aspekt ist, dass wir Menschen Lern- und Entwicklungswesen sind.

Daraus ergibt sich das Bedürfnis nach Sinn und Nutzen.

Und wenn wir etwas tun, dann wollen wir damit Erfolg haben, Erfolge motivieren und um weitermachen.

Das ist gemeint mit dem Bedürfnis nach Sicherheit.

Damit eng usammenhängt das Bedürfnis nach Annehmlichkeit.

Es vermittelt uns, dass Aufwand und Ertrag in einem guten Verhältnis stehen.

Wir haben ca.

viereinhalb Millionen Jahre benötigt, um uns vom Affen um Menschen u entwickeln.

Wir haben dies durch die Optimierung des Sozialverbandes erreicht.

Wir sind durch und durch soziale Wesen mit einem sozialen Gehirn.

Das heißt, wir benötigen immer die Unterstützung durch andere Menschen.

Darin eingepreist ist, dass es für uns wichtig ist, für andere in positiven Sinne von sozialer Bedeutung u sein.

Daher haben wir das Bedürfnis nach Wertschätzung.

Sabina Paechnatz

Eine Äußerung von dir haben wir noch nicht ganz geklärt.

Du sagtest, Gefühle sind wirtschaftlich und strikt funktional.

Sie verändern sich mit dem Erfüllungsgrad der Bedürfnisse.

Wie ist denn der genaue Zusammenhang wischen Gefühlen und Bedürfnissen?

Und wie kann ich meine Gefühle für kluge Entscheidungen nutzen?

Peter Paechnatz

Gefühle sind wirtschaftlich und strikt funktional.

Sie verändern sich sofort, wenn wir sie nicht mehr brauchen oder wenn sie nicht mehr notwendig sind.

Wie wir es beim Hunger- und Sättigungsgefühl gesehen haben.

Gefühle haben wei wichtige Funktionen.

Eine Hinweis- und eine Appellfunktion.

Der Hinweis des Gefühls Hunger hat einen klaren Verweisungszusammenhang ur Nahrungsaufnahme und je nach Ausprägungsgrad unseres Hungergefühls den klaren Appell, jetzt Nahrung aufzunehmen.

Missachte ich dieses Gefühl, verstärkt der Körper in aller Regel eine Zeit lang dieses Hungergefühl, bevor er dann auf den Prozess des Fastens umschaltet.

Die produktiven Bedürfnisse nach Nutzen, Sicherheit, Annehmlichkeit und Wertschätzung sind in ihrem Erfüllungsgrad dehnbarer und untereinander wirksam.

Das eine Bedürfnis kann das andere Bedürfnis übertrumpfen oder austauschen.

So kann ich um Beispiel aus Wertschätzung jemand anderen gegenüber mal sinnlose Arbeit verrichten.

Wichtig ist dann dabei, dass der andere, für den ich das tue, diesen Gefallen auch über Wertschätzung anerkennt.

Wir können vorübergehend durch Willen und Disziplin auch unangenehme Situationen aushalten, wenn wir darin einen Sinn sehen und hinterher der gewünschte Erfolg sicher eintritt.

Sabina Paechnatz

Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann sind Gefühle nicht allein Botschafter von Bedürfnissen, sondern eine Art Buchhaltungssystem, das unsere gesamte Befindlichkeit abbildet.

Was bedeutet das für uns, die wir kluge Entscheidungen treffen wollen?

Peter Paechnatz

Da spricht so einen wichtigen Punkt an, den wir unserer Ansicht nach über die Gefühle dringend korrigieren müssen.

Gefühle sind nämlich nicht allein durch das Hier und Jetzt bestimmt.

Gefühle haben einen Zukunftsaspekt, den wir Motivation nennen, und einen Vergangenheitsaspekt, der durch unsere Vergangenheit, also durch unsere emotionalen Erfahrungen gebildet wird.

Was uns motiviert, ist unsere Erwartung, dass mit einer Handlung oder Aktivität die damit verbundenen Bedürfnisse erfüllt werden.

Wenn dies eintritt, sind wir ufrieden und manchmal auch glücklich.

Wenn diese Erwartung nicht eintritt, sind wir enttäuscht, frustriert und ärgerlich.

Wir merken uns das und vermeiden eine Wiederholung.

Beide Erlebnisse, das Positive wie das Negative, werden im emotionalen Erfahrungsgedächtnis abgespeichert und können unsere gegenwärtigen, aber auch ukünftigen Entscheidungen beeinflussen.

Sabina Paechnatz

Was unterscheidet unser Belohnungssystem vom Stresssystem?

Und welchen Einfluss haben diese beiden Systeme auf unsere Entscheidungen?

Peter Paechnatz

Wir haben wei Systeme, die unsere Entscheidungen beeinflussen, das Belohnungssystem und das Stresssystem.

Das Belohnungssystem wird aktiviert, wenn wir die Erwartung haben, dass unsere Bedürfnisse erfüllt werden.

Das Stresssystem will uns schützen.

Es kann u einer Skepsis, Rückhaltung oder sogar u einer Vermeidung von einer Aktivität führen.

Das Stresssystem ist wegen seiner Schutzfunktion konservativ ausgelegt.

Also lieber einmal mehr abhauen als einmal u wenig.

Wenn unsere Vorfahren einen Säbelzahntiger in ihrer Nähe vermuteten, dann suchten sie sofort Schutz auf Bäumen.

Wenn sich hinterher herausstellte, dass der Säbelzahntiger sich in diesem Fall gar nicht für die Menschen interessierte, war ja nicht viel passiert.

Unsere Vorfahren haben also einen guten Fehler gemacht.

Ein schlechter Fehler wäre es gewesen, wenn sie sich nicht bei eins schnell genug auf die Bäume gemacht hätten.

Unser Stresssystem ist also auf gute Fehler ausgelegt.

Gute Fehler neigen allerdings u einer Art Übergeneralisierung.

Wir vermeiden dann bestimmte Situationen, um schlechte Erfahrungen u vermeiden.

Je nach Ausprägungsgrad kann dann die Angst vor dieser Situation auch u einer Erfahrungsbehinderung führen.

Unter normalen Umständen können wir sagen nur wer Angst hat kann vernünftig sein.

Sabina Paechnatz

Das Bild, das du für den guten und für den schlechten Fehler genannt hast, das fand ich sehr gut u verstehen.

Aber welche Konsequenz hat das für unsere Absicht, kluge Entscheidungen u treffen?

Peter Paechnatz

Daraus ergeben sich nun elementare Voraussetzungen für das emotionale Entscheidungssystem von klugen Entscheidungen.

Wenn wir in Stress kommen, rufen wir in aller Regel Routinen ab, weil wir schnell und erfolgreich ohne nachzudenken reagieren müssen.

Denk- und Aktivitätsroutinen sind in aller Regel ein Rückgriff auf gelernte und automatisierte Prozesse.

Unter Stress lernen wir normalerweise nicht.

Wir lernen unter Bedingungen der sozialen Abgesichertheit.

Wenn eine kluge Entscheidung darin besteht, etwas Neues und bisher Unbekanntes motiviert u erreichen, dann erwarten wir, dass die für uns wichtigen Bedürfnisse damit erfüllt werden.

Wenn wir das nicht erwarten, werden wir diese Entscheidung nicht treffen und wir sind nicht motiviert, diese Entscheidung umzusetzen.

Bei den ersten Schwierigkeiten, die Entscheidung um Beispiel gegen Widerstand durchzusetzen oder auch nur Stand u halten, fehlt uns möglicherweise die notwendige Motivation.

Wir müssen also die begründete Erwartung haben, dass wir mit unseren Handlungen und Aktivitäten im Sinne eines Erfolges belohnt werden.

Ansonsten wird eher das Stresssystem aktiviert und wir müssen viel Willensenergie aufbringen, um diese Entscheidung durchzuhalten.

Sabina Paechnatz

Du unterscheidest in diesem Zusammenhang also wischen Willen und Motivation.

Warum ist diese Unterscheidung für das Treffen von klugen Entscheidungen wichtig?

Peter Paechnatz

Der menschliche Wille ist ein Teil einer bewussten Entscheidung und damit ein wichtiger Aspekt unseres kognitiven Entscheidungssystems.

Er kann einer Übergeneralisierung oder der Eigenart von emotionalen Systemen entgegenwirken.

Sich also rein auf die emotionale Befindlichkeit u verlassen, reicht für kluge Entscheidungen auch nicht aus, weil es u mehr Behaarungs- und Vermeidungsverhalten führen kann.

Schon an dieser Stelle eigt sich, dass Erfolge im Leben häufig aufgrund des Zusammenwirkens mindestens weier Entscheidungssysteme erreicht werden.

Der Wille kann mit einem starken Durchhaltevermögen und einer Disziplin verbunden sein.

Auf Dauer kann der Wille eine emotional nicht angenehme Entscheidung nur dann vorübergehend ersetzen, wenn eitnah ein spürbarer Erfolg einsetzt.

Es gibt viele Geschichten und Beispiele, wo Menschen aufgrund ihrer Willensanstrengung außerordentliche Erfolge erreicht haben.

Der Volksmund sagt, auf Dauer schlägt der Fleißige den Begabten.

Also, ohne den Willen um Erfolg erreichen wir häufig nicht unsere Ziele.

Wenn wir damit positive Erfahrungen machen, sind wir allerdings motiviert, über unseren Willen schwierige Ziele u erreichen.

Sabina Paechnatz

Und was passiert mit unseren Entscheidungen, wenn der Wille nicht um Erfolg führt?

Peter Paechnatz

Es kann genauso Situationen geben, wo der Wille allein nicht ausreicht, um Ziele u erreichen.

Wir können nicht alle Widerstände oder Widrigkeit mit Willenskraft überwinden.

Insbesondere dann, wenn es eine Reihe von Bedingungen gibt, die wir nicht beeinflussen können.

Unser Wille kann uns auch dort schaden, wo wir die emotionale Seite von uns vernachlässigen.

Das sind dann Situationen, wo wir gegen unsere Interessen oder Bedürfnisse verstoßen.

Hier kann der Wille in Zwang umschlagen.

Sabina Paechnatz

Dann würde ich gerne an dieser Stelle usammenfassen, welchen Beitrag das emotionale Entscheidungssystem für kluge Entscheidungen leisten kann.

Kluge Entscheidungen müssen auf die Erfüllung der für uns wichtigen Bedürfnisse ausgerichtet sein.

Das sind neben den sinnlich vitalen Bedürfnissen, insbesondere die Bedürfnisse nach Nutzen, Sicherheit, Annimmlichkeit und Wertschätzung.

Wir kommen also einer klugen Entscheidung ein erhebliches Stück näher, wenn wir Kopf und Herz in ein Zusammenspiel bringen.

Wenn wir die Erwartung haben, dass mit unserer Entscheidung die für uns wichtigen Bedürfnisse erfüllt werden, dann sind wir motiviert, die Entscheidung umzusetzen.

Wenn wir annehmen, dass uns diese Entscheidung unsere Bedürfnisse nicht erfüllt, dann vermeiden wir diese.

Nun bleibt noch eine Frage offen.

Ist es überhaupt möglich, den Erfolg einer Entscheidung sicherzustellen?

Peter Paechnatz

Nein, weil ich mein Leben nie vollständig plan, absichern und kontrollieren kann.

Auch bei klugen Entscheidungen muss ich immer mit Widerstand und schwierigen Situationen rechnen.

Was ich aber machen kann, ist meine Entscheidung, die nötige Standhaftigkeit u geben, die mir hilft, diese auch in schwierigen Situationen durchzuhalten.

Um dieses u erreichen, benötigen wir noch unser drittes Entscheidungssystem, unseren Körper.

Es ist das älteste und das entscheidende System, wenn es darum geht, kluge Entscheidungen auch gegen Widerstände und schwierigen Phasen durchzuhalten.

So, wie Martin Luther es vorlebte, hier stehe ich und ich kann nicht anders.

Sabina Paechnatz

Damit endet dieser Podcast.

Vielen Dank Peter, dass du dein Wissen und deine Erfahrungen als Trainer und Coach mit uns geteilt hast.

Ich freue mich auf den dritten und letzten Podcast u diesem Thema, in dem wir dann über das Entscheidungssystem des Körpers und des emotionalen Erfahrungsgedächtnisses sprechen.

Am Ende des dritten Teils wirst du uns auch beschreiben, wie wir die drei Entscheidungssystemen ein Zusammenspiel für kluge Entscheidungen bringen.