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Das menschliche Empathiesystem

Episode Transcript

Mansi Paechnatz

Jeden Tag haben wir mit Menschen u tun, die uns begegnen, die uns u schaffen machen oder uns Freude bringen.

Dieser Podcast führt sie in das menschliche Empathiesystem ein.

Die Neurowissenschaft spricht vom empathischen Gehirn.

Was damit gemeint ist und welche Bedeutung die menschliche Empathie für das Lernen, das Zusammenleben und die Zusammenarbeit hat, wird in diesem Podcast erklärt.

Ich freue mich u diesem Thema den erfahrenen Trainer, Berater und Coach Peter Pechnuts u interviewen.

Herr Paechnatz ist Diplom Psychologe.

Er verbindet Psychologie mit dem aktuellen Ergebnissen der Neurowissenschaft.

Peter, ich freue mich auf das Interview mit dir.

Ich arbeite in einem Kindergarten und ich habe täglich mit Vorschulkindern und Kleinkindern u tun.

Daher interessiere mich deine Erkenntnisse, welche Bedeutung das Empathiesystem für das Lernen hat.

Aber unächst einmal meine Frage.

Was ist das menschliche Empathiesystem?

Peter Paechnatz

Das menschliche Empathiesystem ist eine Weiterentwicklung des Spiegelneuronsystems der Primaten.

Unsere verwandten Vorfahren entwickelten ein inneres Simulationsprinzip ur Koordinierung sozial anspruchsvoller Aktivitäten im Sozialverband, wie die Jugendaufzucht, das Ausgreifen in große und immer neue Reviere, wie Schimpansen das um Beispiel tun bei der gemeinsamen Jagd.

Bei den Spiegelneuronen werden die Aktivitäten und die Stimmungen der Artgenossen nachempfunden.

Die eigene Ausführung der Aktivität wird aber gehemmt.

Deswegen nennt man Spiegelneuronen auch prämotorische Neuronen.

Spiegelneuronen sind die Basis für das komplexe Netzwerk unseres Empathiesystems.

Das Spiegelneuronen oder Empathiesystem spielt beim Lernen in den ersten vier Jahren eines Kleinkindes oder eines Kindes eine besondere Rolle.

Mansi Paechnatz

Das ist interessant.

Welche Rolle spielen die Spiegelneuronen beim Lernen kleiner Kinder?

Peter Paechnatz

Kleine Kinder werden unächst ohne Bewusstsein und ohne Sparfähigkeit geboren.

Sie lernen über den engen Kontakt u ihren Eltern, indem sie deren Mimik und Gestik erkunden und sie immer besser verstehen.

Zum Beispiel, ob eine Situation gefährlich ist oder nicht.

Primaten und Menschen haben die Fähigkeit um sozial-intentionalen Lernen.

Wenn also ein Kleinkind eine Aktivität eines anderen Menschen beobachtet, um Beispiel ein Glas Wasser u trinken, dann nährt es nicht die einzelnen Schritte der Hinführungsaktivität des Wasserglases um Mund, sondern es achtet auf die Absicht der Aktivität, also die Ausführungsaktivität des Wassertrinkens aus einem Glas.

Das ist in weierlei Hinsicht eine sehr intelligente Form des Lernens.

Erstens lerne ich nur von Menschen, denen ich vertraue, weil nur dann die biochemischen Prozesse von Dopamin, Oxytocin und Serotonin ausgeschüttet werden, die für die Vernetzung der Neuronen entscheidend sind.

Für diese Erkenntnis hat Eric Kandel im Jahr 2000 den Medizin-Nobelpreis erhalten.

Zweitens kann ich die Hinführungsaktivitäten freigestalten, wenn ich die Absicht, also die Ausführungsaktivität, verstanden habe, damit es eine individuelle Weiterentwicklung der Aktivität durch den einzelnen Menschen möglich.

Diese Weiterentwicklung wird dann wieder über die vielfältigen Möglichkeiten des menschlichen Lernens in die soziale Gemeinschaft urückgekoppelt.

Mansi Paechnatz

Das ist ja raffiniert.

Generell heißt das doch, dass selbst kleine Menschen wahre und sinnvolle Absichten erkennen können.

Peter Paechnatz

Ja, das ist genau richtig.

Also wenn du um Beispiel einem kleinen Kind irgendein Quatsch mit dem Glas vorspielst, was die Absicht, Wasser aus dem Glas u trinken, komisch macht, dann kann es iemlich schnell verstehen und fängt darüber an u lachen.

Deswegen lieben Kinder einen humorvollen Umgang mit den Dingen, weil sie sofort verstehen, was richtig und falsch ist.

Humor ist ein Ausdruck von tiefer emotionaler Erkenntnis.

Mansi Paechnatz

Ich hatte in der Einführung davon gesprochen, dass die Neurowissenschaft heute vom empathischen Gehirn spricht.

Kannst du dazu ein paar Gedanken ausführen?

Peter Paechnatz

Unser empathisches Gehirn ist ein sehr lesenswerter Buchtitel vom Neurowissenschaftler Christian Kaisers.

Danach ist unser menschliches Empathiesystem ein sozialer Intelligenzverstärker, weil es unsere Gehirne miteinander vernetzt.

Das Empathiesystem umfasst vier Dimensionen.

Die erste Dimension ist die Perspektivenverschränkung.

Sie dient dazu, die Aktivitäten und die Absichten anderer Menschen u kennen und uns ohne Worte unsere Aktivitäten u koordinieren.

Die weite Dimension ist die Betroffenheit.

Wir können also vom Schicksal und der Situation anderer Menschen und Tiere betroffen sein, ohne diese persönlich u kennen.

Es reicht, wenn wir darüber einen Film im Fernsehen oder ein Video auf YouTube sehen.

Die dritte Dimension umfasst das Einfüllungsvermögen.

Wir können uns in uns selbst und anderen einfühlen.

Wir können daher nachempfinden, wie es anderen Menschen geht und sie sich fühlen.

Das ist für uns Menschen um Beispiel in emotional heiklen und anspruchsvollen Situationen sehr wichtig, weil es uns das Gefühl gibt, nicht alleine u sein.

Die vierte und letzte Dimension ist die Identifikation.

Wir können uns in Sachen, Ideen und ganze Weltanschauungen verlieben und würden sogar unser Leben für diese Ideen riskieren.

Wie wir sehen, spielt das Empathiesystem für das Lernen und für die soziale Gemeinschaft eine herausragende Rolle.

Mansi Paechnatz

Wenn du davon sprichst, dass Klimate auch über Spiegelneuronen verfügen und die Stimmungen ihrer Artgenossen erkennen, ist uns die Empathie angeboren?

Peter Paechnatz

Unser Potenzial ur sozialen Vernetzung ist angeboren.

Das können wir daran erkennen, dass wir Menschen eine angeborene Fähigkeit haben, jede menschliche Sprache u erlernen, in deren Kultur wir hineingeboren werden und längere Zeit leben.

Unser Empathiesystem ist wie viele menschlichen Fähigkeiten erworben.

Der Erwerb dieser Fähigkeiten, wie das Erlernen der Muttersprache und der Empathie in den frühen Jahren der Kindheit, führt u einer tiefen Neuronalvernetzung in unserem Gehirn.

Diese Vernetzung ist eindeutig erworben, sie wirkt aber wie angeboren.

Wir werden mit 100 Milliarden Gehirnzellen geboren.

Diese müssen wir in den ersten 24 Lebensjahren in eine Vernetzung bringen.

Vernetzt wird aber nur das, was von unserem Gehirn intensiv genutzt wird.

Unser Gehirn funktioniert nach den Prinzipien use it or lose it und danach, wo viel drin ist, passt viel rein.

Wo wenig drin ist, passt wenig rein.

Mansi Paechnatz

Was bedeutet das für die Empathie?

Peter Paechnatz

Wachse ich in einer empathischen Umgebung auf, wird mein Empathiesystem gefördert, was sich in einer höheren Vernetzungsbreite und Dichte des neuronalen Empathiesystems auswirkt.

Wachse ich in einer unempathischen Umgebung auf, findet keine oder nur eine geringe Vernetzung der neuronalen Strukturen des Empathiesystems statt.

Das kann so weit gehen, dass Psychopathen entstehen, wie der Psychiater Robert Hare dieses nachgewiesen hat, bei notorischen Gewaltverbrechern.

Psychopathen haben ein geringes oder kein Mitgefühl für andere Menschen.

Sie können aber sehr genau die Schwächen ihrer Opfer erkennen und ausnutzen.

Mansi Paechnatz

Was lernen wir aus deiner Sicht daraus?

Peter Paechnatz

Für die Entwicklung eines empathischen und sozial kompetenten Menschen bedarf es einer humanen und ivilen Gesellschaft.

Ein Psychopathen kann jeder Idiot durch Unterlassung und durch Gewalt erziehen.

Das Empathiesystem ist der entrale Erfolgsfaktor des menschlichen Lernens.

Eine Erkenntnis, die in das Erziehungs- und Bildungssystem noch keinen flächendeckenden Eingang gefunden hat.

Erfolgreiche und produktive Führung ist eine empathische Führung, weil darüber das Gehirn des Menschen um Blühen gebracht wird.

Vertrauen und eine gute Beziehung entsteht.

Vertrauen ist der größte wirtschaftliche Transaktionshebel.

Vertrauen ist die Währung für höchste Leistung.

Mansi Paechnatz

Peter, vielen Dank für deine Gedanken um menschlichen Empathiesystem.

Welches Thema wirst du im nächsten Podcast behandeln?

Peter Paechnatz

Mein nächster Podcast wird sich um die Entwicklung der sechs psychoneuronalen Systeme drehen, die für die Entwicklung unserer Subjektivität eine entrale Rolle spielen.

Schauen sie am besten regelmäßig auf meiner Webseite vorbei, da finden sie in der Mediathek die jeweils aktuellen Podcasts.

Mansi Paechnatz

Liebe Zuhörer, danke, dass Sie uns ugehört haben.

Wenn Ihnen der Podcast gefallen hat, empfehlen Sie ihn gerne weiter.

Peter Paechnatz

Das war eine Produktion von BEP 2022.

Sprecher Manzi und Peter Pechnatz.

Text und Aufnahmetechnik Peter Pechnatz.

Gemafreie Musik von musicfox.com.