Episode Transcript
Herzlich willkommen u einer neuen Folge meines Podcasts Klartext mit geistiger Feinkost.
Heute geht es um die Frage, warum wir uns selbst und andere nur schwer verändern können.
Es ist eigentlich eine widersprüchliche Frage, weil ja das Leben ständige Veränderung ist.
Allein unser Körper ändert sich täglich durch das Altern.
Unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben ändert sich urzeit rasant.
Wenn ich also davon spreche, dass wir uns und andere nur schwer verändern können, dann meine ich damit unsere persönlichen Verhaltensweisen, Gewohnheiten, Alltagsroutinen und Vorlieben.
Unsere Persönlichkeit ist erstaunlich konstant.
Das ist eine Binse.
Doch woran liegt das?
Die aktuelle Neurowissenschaft und Psychologie liefern uns für die Beantwortung dieser Frage einige wissenschaftliche Hinweise, die ich Ihnen gerne vorstellen möchte.
Wer sich über diesen Podcast hinaus informieren möchte, dem empfehle ich das Buch von Gerhard Roth, Wie das Gehirn die Seele macht.
Es setzt allerdings fundierte Grundkenntnisse über die Neurowissenschaft, Medizin und Genetik voraus.
Wir entwickeln in den ersten 24 Jahren unseres Lebens sieben psychoneuronale Systeme menschlicher Subjektivität, die unsere individuellen Verhaltensweisen ausmachen.
Im Mutterleib entwickeln wir das Stresssystem.
In den ersten vier Jahren wird über unsere soziale Beziehung u den Eltern und unserer sozio-kulturellen Umgebung das Bindungssystem, unser Belohnungssystem und unser Selbstberuhigungssystem im Gehirn konfiguriert und durch komplexe neuronale Netzwerke entwickelt.
Angeboren ist ein Teil unseres Empathiesystems mit der Perspektivenverschränkung und persönlichen Betroffenheit.
Ebenfalls angeboren sind grundlegende Gefühle der Angst, des Ekels, der Freude, des Schmerzes und der Trauer.
Der Umfang und die Anzahl der Basis Emotionen ist allerdings umschritten.
Wir können aber an dieser Stelle festhalten, dass fünf der sieben psychoneuronalen Systemen menschlicher Subjektivität im Mutterleib und in den ersten drei bis vier Jahren ohne Bewusstsein erworben sind.
Sie sind tief in unserem Gehirn verankert, sie wirken wie angeboren, sind jedoch erworben.
Die wei anderen psycho-neuronalen Systeme der Subjektivität und der Ausbau des Empathiesystems werden wischen dem vierten und vierundzwanzigsten Lebensjahr erworben und stehen uns somit bewusst ur Verfügung.
Im Empathiesystem entsteht ungefähr ab dem vierten Lebensjahr das bewusste Einfühlen in mich und anderen.
Durch die Weiterentwicklung des Verstandes wird das soziale Gewissen und die Werte verankert.
Im Laufe der weiteren Entwicklung vom Kind über Jugendliche um jungen Erwachsenen wird die Fähigkeit ur Risikoeinschätzung dem Realitätssinn mit der Impulskontrolle erworben.
Wobei das letzte psychoneuronale System der Risikoeinschätzung und des Realitätssinn erst nach der Pubertät weiterentwickelt wird.
Die Pubertät ist der letzte große Umbau unseres Gehirns.
Hier werden die bisher nicht genutzten assoziativen Bereiche der weißen Gehirnmasse abgebaut.
Das Gehirn wird also vorübergehend wegen Umbaus geschlossen.
Damit einher geht ein Mangel an Impulskontrolle und eine hohe Risikobereitschaft.
Die Pubertät war ein emotionaler Booster im Laufe der Menschheitsentwicklung, weil junge Vormenschen und dazu befähigt wurden, die Horde u verlassen und unter existenzieller Gefahr für ihr eigenes Leben eine andere Horde u finden.
Ansonsten wären die Vormenschen und damit die Menschheit an Inzucht ugrunde gegangen.
Um die Frage u beantworten, warum wir uns und andere so schwer verändern können, sind noch folgende grundlegende Erkenntnisse um menschlichen Gehirn und der Entwicklungssychologie wichtig.
Wir werden mit 100 Milliarden Gehirnzellen geboren.
Ein Großteil der Neuronen ist unvernetzt und wird durch die Umwelterfahrung und die sozialen Beziehungen unehmend vernetzt.
Jedes menschliche Gehirn ist einzigartig.
Diese Fähigkeit des Gehirns nennt man Neuroplastizität.
Sie ist in den ersten 24 Lebensjahren am stärksten und nimmt dann ugunsten aufbauender Lernprozesse unehmend ab.
Durch die Vernetzung entstehen psychoneuronale Systeme als komplexe neuronale Netzwerke.
Wir können uns das Gehirn am Anfang unseres Lebens nach der Geburt wie eine unberührte grüne Wiese vorstellen, in der im Laufe des Lebens Trampelfade entstehen.
Vier der sieben psychoneuronalen Systeme werden tief in unserem Gehirn konfiguriert und stehen uns damit bewusst nicht ur Verfügung.
Sie sind ja in Zeiten des unbewussten Lebens entstanden.
Es sind das Stresssystem, das Bindungssystem, das Belohnungssystem und Teile des Empathiensystems.
Diese tiefsitzenden neuronalen Systeme können wir nicht ändern.
Wir können uns u den emotionalen Impulsen, die aus diesem System kommen, durch unser Bewusstsein ins Verhältnis setzen und unser Verhalten darauf anpassen.
Dazu muss der Verständ lernen, die Gefühle an die Hand u nehmen.
Es kann um Beispiel sein, dass ich durch die Konfiguration meiner Stressachse im Mutterleib temperamentvoll und stressempfindsam geworden bin.
Mein Temperament und meine Stressempfindsamkeit kann ich nicht mehr ändern.
Ich kann aber mein Leben so gestalten, dass ich mit den Auswirkungen meines Stresssystems lerne umzugehen, indem ich auf regelmäßige Erholung und Regenerationen achte.
Diese Form des emotionalen und klugen Selbstmanagements muss ich aufwendig lernen, je früher umso besser.
Ein kluges Selbstmanagement erfordert viel Disziplin und Ausdauer, bis sich die positiven Aspekte und Effekte einstellen.
Wir können also nur die im unbewusst liegenden Psychoneurose nahen Systeme überlernen, aber nicht verlernen.
Erschwerden kommt hinzu, dass wir in unserer Kultur den Umgang mit Gefühlen nicht lernen.
Unsere Schul- und Ausbildungssysteme sind kognitive Mast-Weiden.
Es eher dem Zufall überlassen, wenn wir als Kind oder Jugendliche emotional intelligentes Selbstmanagement und Selbstwirksamkeit lernen.
Wir neigen in Deutschland u wei Tendenzen, die es Menschen schwer machen, mit Veränderungen umzugehen.
Die eine etwas ältere Tendenz ist das Erziehungsmodell der Anpassung.
Die Erfüllung der Bedürfnisse anderer ist wichtiger als auf die eigenen Bedürfnisse u achten.
Damit lerne ich nicht für meine Bedürfnisse u sorgen.
Es fehlt die grundlegende Voraussetzung für selbstbestimmtes Lernen und positiver Selbstwirksamkeit.
Diese Lernfähigkeit ist bei Veränderungen allerdings entscheidend, weil Veränderungen immer das Sicherheitsbedürfnis in Frage stellen und verunsichern können.
Außerdem ist diese Art der Erziehung nicht besonders wertschätzend.
Es können damit grundlegende Erfahrungen positiver Selbstwirksamkeit fehlen.
Mit diesem Mindset kann jede Veränderung als Bedrohung erlebt und abgelehnt werden.
Eine andere Form der Unfähigkeit, mit Veränderungen umzugehen, entsteht durch die Helikoptereltern.
Sie nehmen ihrem Kind jede positive Selbsterfahrung, mit Krisen und Konflikten umzugehen.
Durch die Full-Service-Mentalität werden ihre Kinder u Terrornudeln, die davon ausgehen, dass die Welt sich nur um sie selbst dreht.
Jede Veränderung stößt bei diesen Menschen auf eine Frustration und mangelnde Impulskontrolle.
Veränderungen sind in der Regel aber mit Verhaltensänderungen verbunden, die diese in Watte eingewickelten Menschen so nie gelernt haben.
Wer von genau ugehört hat, dem ist nicht entgangen, dass der Ausbau des Empathiesystems, die Entwicklung der sozialen Normen und Werte, sowie die Risikoeinschätzungen mit dem Realität sind und der Impulskontrolle sich entwickeln können, aber nicht müssen.
Auch hier überlässt unsere Kultur die positive Entwicklung eher dem Zufall.
Also, dass Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene ein kluges, emotionales Selbstmanagement entwickeln, bleibt ihnen selbst überlassen.
Die Pubertät weist nächstes Jahr erstmal in eine andere Richtung.
Risikobereitschaft kann hier mit weniger Realitätssinn anhergehen und die Impulskontrolle mindern.
In unserer Kultur müssen junge Menschen während ihrer Pubertät in den Schulen eine für sie überwiegend lustfeindliche Lernkultur aushalten.
Dabei ist es eine Binse, dass Jungen und Mädchen in der Pubertät für derartige Lernformen ungeeignet sind.
Sie streben nach körperlichen und emotionalen Grenzerfahrungen, die sie um Beispiel bei einer Algenüberquerung sammeln könnten, anstatt die unerträglichen fremdbestimmten Lernformen auszuhalten.
Auch damit erlernen junge Menschen kein emotionales Selbstmanagement und keine positive Selbstwirksamkeit.
Hinzu kommt, es fehlt an Vorbildern, die ihnen vorleben, wie ein kluges emotionales Selbstmanagement geht.
Stattdessen warten populistische Rattenfänger in den sozialen Medien auf sie.
Mit 24 Jahren nimmt die Neuroplastizität ab.
Der Aufwand des Neuumlerns wird immer aufwendiger und langwieriger.
Was Gretchen und Händchen nicht lernen, lernen Gretel und Hans nur noch schwer.
Fassen wir also usammen.
Vier der sieben psychoneuronalen Systeme können wir nicht ändern.
Wir können nur den Umgang damit ändern, wenn wir es gelernt haben.
Drei der sieben psychoneuronalen Systeme können wir bewusst lernen, wenn wir ufälligerweise in einer sozial kompetenten Kultur aufwachsen.
Haben wir das Glück nicht, dann kann es sein, dass wir das Einfühlen in mich und andere, den Realitätssinn, die Risikoeinschätzung sowie die Impulskontrolle nicht besonders gut entwickelt haben.
Alles das sind jedoch soziale Voraussetzungen oder emotionale Intelligenzen ur Veränderung.
Wir können uns selbst und andere dann nur noch schwer ändern.
Das ist allerdings kein Naturgesetz, sondern die sozialen und emotionalen Nernbehinderungen sind allein von Menschen gemacht.
Im Gegensatz u Naturwiesen hat der Mensch immer die Möglichkeit, sich durch seinen Verstand, die Sprache und das Bewusstsein u sich selbst und u anderen ins Verhältnis u setzen.
Dies war ein Podcast von Peter Pächnatz.
Text und Aufnahme ebenfalls von Peter Pächnatz.
Die gämafreie Musik ist von René Schulz auf Pixar B geteilt.
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Vielen Dank, dass Sie mehr ugehört haben.