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NZZ Akzent

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Warum das Starbucks-Gefühl nicht mehr funktioniert

Episode Transcript

Dieser Podcast wird präsentiert von Sustainable Switzerland, der Plattform für eine nachhaltige Schweiz.

NZZ Akzent Eine typische Szene in der wohl bekanntesten Café-Kette der Welt.

Im Hintergrund läuft chillige Musik und an den Holztischen arbeiten Menschen vor allem an ihren Laptops.

Vor ihnen stehen Getränke mit Namen wie Pumpkin Spice Latte, Matcha Queen Frappuccino oder auch mal ein Iced Brown Sugar Oat Shaken Espresso.

Die Rede ist natürlich von Starbucks.

Ich persönlich war lange in keinem Meer.

Janik, wie sieht's bei dir aus?

Ja, dann geht es mir eigentlich wie bei dir, Sarah.

Ich war bis auf die Recherche wirklich lange Zeit nicht mehr in einem Starbucks.

Und ich glaube, da sind wir auch nicht die einzigen.

Es scheint, dass immer weniger Menschen zu Starbucks gehen.

Kürzlich, da hat eine Filiale an einem bekannten Zürcher Platz geschlossen.

Ich fahre da jeden Tag vorbei.

Es ist wirklich eine sehr gute Lage.

Und über Nacht wurde da einfach das ganze Geschäft geschlossen.

Schriftzug ist weg, das Logo ist weg, die Glasfront ist zugeklebt und es fehlt auch eine Erklärung, wieso das da ein Starbucks an bester Lage einfach so verschwinden kann.

Das ist aber ja jetzt nur eine Filiale.

In Zürich alleine gibt es, glaube ich, noch ungefähr für sechzehn andere.

Also das muss ja noch nichts heißen, oder?

Nein, das stimmt.

Es gibt mehr als einunvierzigtausend Filialen weltweit.

Also das muss man schon mal sagen.

Ein Geschäft mehr oder weniger ist an sich kein Drama.

Es ist aber nicht die einzige.

Gleichzeitig mit der Zürcher Filiale wurde auch eine in Basel geschlossen.

Und vor allem aber spricht einiges dafür, dass da noch mehr kommt.

Ich würde sogar so weit gehen und sagen, die eigentlich revolutionäre Idee von Starbucks, die ist tot.

Starbucks schließt Filialen.

Warum die größte Kaffeehauskette der Welt nicht mehr an ihren Erfolg von früher anknüpfen kann, sagt Wirtschaftsredaktorin Janik Weder.

Ich bin Sarah Ziegler.

Janik, du sagst, die Idee von Starbucks ist tot, aber es gibt noch über vierzigtausend Filialen.

Da finde ich dich jetzt grad schon ein bisschen drastisch in deiner Aussage.

Ja, es ist ein bisschen dramatisch, das stimmt.

Ich habe aber schon eine Erklärung dafür.

Also Starbucks, das Unternehmen, das tut sich seit längerem schwer.

Es kämpft schon mehrere Quartale in Folge mit sinkenden Umsätzen.

Wenn man sich die Aktien anschaut, wenn man sich den Börsenwert des Unternehmens anschaut, dann ist der seit Januar um mehr als zehn Prozent gefallen.

Der alte CEO, der war, ich glaube es.

Sechzehn Monate im Amt, dann musste er gehen.

Der neue musste mit viel Geld geholt werden.

Was heißt viel Geld?

Viel Geld heißt, es ist ein Lohnpaket von mehr als hundert Millionen Dollar.

Also das ist ja schon mal nicht so schlecht.

Und dann gibt es auch noch ein paar sehr gute Benefits, weil zum Beispiel der Hauptsitz von Starbucks ist ein Siertel.

Der CEO Brian Nicole wohnt in Kalifornien und er hat sich offenbar ausbedungen, dass er dreimal die Woche mit dem Privatcheck zu Arbeit fliegen kann.

Gut, dass wir Papier Strohhalme benutzen, wenn er mit dem Privatcheck fliegt.

Du erkennst da auf jeden Fall einen Trend bei den sinkenden Umsätzen.

Warum gehen denn die Leute nicht mehr so viel zu Starbucks wie früher und machen nicht mehr so viel Umsatz für das Unternehmen?

Ja, das ist natürlich eine sehr gute Frage, auf die es auch nicht eine Antwort gibt.

Ich war in vier noch gereffneten Filialen und habe mich da mal umgeschaut.

Und es ist halt schon so, Starbucks, das ist vor allem der Ort geworden, da kommt man rein, bestellt ein Café to go und ist dann schnell wieder weg.

Die Leute bleiben nicht mehr sitzen, man unterhält sich da auch nicht mehr wirklich.

Und das war aber halt lange Zeit das eigentliche Konzept der USP von Starbucks.

Howard Schult, das ist so die Starbucks-Überfigur, der frühere Chef, der hatte diese Idee eigentlich italienische Kaffeekultur nach Amerika zu bringen, aber halt passend gemacht für den amerikanischen Alltag.

Das heißt, es gab da...

Vielleicht die nicht mehr ganz so jungen Hörerinnen und Hörern kennen das.

Es gab da diese riesigen bequemen Sessel.

Man bekam den Kaffee in gigantischen Porzellantassen.

Man konnte sich einen Muffin dazu holen.

Ich glaube auch Starbucks war das Geschäft, das uns die Cinnamon Rolls nach Europa gebracht hat.

Also das sind so...

Genau.

Und es geht vor allem um ein Gefühl, dass man hatte, wenn man Starbucks...

Besuchte und ich glaube, das ist ein bisschen verloren gegangen.

Ja, ich erinnere mich, man, ich gehöre zu den nicht mehr so jüngeren Hörern.

Ich auch.

Man bekam wirklich, als das dann nach Europa rüber schwappte, nur mit viel Glück noch einen Platz, musste sich irgendwie dazwischenquetschen.

Alle wollten dahin.

Ja, das war wirklich so der Ort, wo man sein musste, wenn man ein bisschen auf sich hielt.

Und es gibt so einen Begriff, den nennt sich Third Place, also dritter Ort.

Starbucks wurde zu diesem dritten Ort, neben der Arbeit und neben dem Zuhause.

Ein Ort, wo man sein wollte, auch wenn man da nicht unbedingt sein musste.

Würdest du sagen, jetzt suchen sich die Leute diesen dritten Ort, diesen Third Place, irgendwo anders?

Ich glaube, es braucht immer noch diese dritten Orte, aber es ist ja alles viel.

verschwommen noch heutzutage.

Also es gibt nicht mehr das zu Hause und nicht mehr das Büro.

Wir arbeiten von zu Hause.

E-Mails schreiben wir im Fitnessstudio.

Es ist alles so ein bisschen fließend geworden und deshalb jetzt einfach quasi einen Kaffee auszuwählen als dritter Ort.

Das passt irgendwie nicht mehr in die heutige Welt.

Und ich denke, was auch ganz ein entscheidender Punkt ist, bei Starbucks sind die Leute zusammengekommen.

Da hat man sich getroffen, dass ihm vielleicht Freundschaften entstanden.

Und ich denke, ein großer Teil von diesen Prozessen, die finden heute Digitalstadt, heute hast du digitale Gemeinschaften, sitzt auch ein bisschen jeder in seiner eigenen Blase, wenn man so will.

Da ist einfach so ein generischer Ort wie Starbucks das auch ist, ist ein Weltkonzern, passt irgendwie nicht mehr in diese Zeit rein.

So wie du das Starbucks von früher beschreibst, da wird man ja fast schon ein bisschen nostalgisch.

Du sagst aber eben auch, passt nicht mehr in die Zeit, ist also einfach nicht mehr cool.

Wahrscheinlich kann man das so sagen.

Ich habe das auch nicht gewusst, aber der allererste Starbucks von Kontinentaleuropa, der steht offenbar in Zürich.

Ich habe dann ein bisschen gelesen, wie das so war, als der kam.

Und das war wirklich, das war ein Ereignis.

Und ich glaube, man muss sich das so vorstellen, das war ein Jahrzehnte.

Und die Schweizerinnen und Schweizer trinken eine Schale.

oder vielleicht ein Kaffeecreme, so.

Und jetzt kommt da diese amerikanische Kette mit, du hast ja all diese Namen vorhin schon erwähnt.

Die komplizierten, ja.

Ja, ich bin froh, dass du die erwähnt hast und nicht dich, aber jetzt kommen da irgendwie Caramel, Macchiato und keine Ahnung.

Und ich glaube, das hatte schon irgendwie so ein Reiz.

Also als ich Teenager war, wenn man irgendwie auf den Städtetrip irgendwo in London oder so war, da wollte man zu Starbucks.

Und man wollte auch so ein Becher haben.

Die haben dann ja auch jeweils den eigenen Namen auf dem Becher geschrieben.

Und dann freute man sich, wenn er falsch geschrieben war.

Also das gehört einfach alles so in diese Starbucks-Welt.

Das war der Zeitgeist damals.

Wir sind gleich zurück.

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Und du hast es auch noch mal erwähnt, die Getränke, die waren ja wirklich ein riesiges Alleinstellungsmerkmal und sind es wahrscheinlich auch immer noch.

Also mein Favorit bleibt der Iced Brown Sugar Shaken Oat Espresso, weil er so viel Namen hat.

Das war das, was die Leute dahin geholt hat.

Warum zieht denn das nicht mehr?

Weil sie lassen sich erständlich neue Sachen einfallen.

Ich glaube schon, dass das grundsätzlich zieht.

Jetzt ist vielleicht die Frage, was du willst.

Wenn du einen Kaffee willst, dann, ich glaube, einen Kaffee zu bestellen in Starbucks, das ist gar nicht so einfach.

Aber sie haben ja all diese verschiedenen Getränke.

Du kannst irgendwie, ich weiß auch nicht, Schlagrahmen.

Veganer Schlagrahmen, also das ist Schlag-Sahne.

Es gibt Syrup, es gibt Zuckerfreie Syrup.

Es ist unglaublich kompliziert, bei Starbucks einen Getränk zu bestellen.

Und man kann jedes Getränk auch noch auf seine eigenen Bedürfnisse anpassen.

Und Starbucks selber hat einmal damit geworben, dass es Hundertseptigtausend Möglichkeiten geben soll, einen Getränk zu bestellen bei denen.

Und ich glaube nicht, dass das nicht zieht, aber es macht einfach alles sehr viel komplizierter.

Ich glaube aber nicht, dass das unbedingt das größte Problem...

Sondern?

Ja, ich hab vorhin ja erzählt, es ging irgendwie um ein Gefühl bei Starbucks.

Und das hat auch immer etwas mit Exklusivität zu tun, dieses, ich sag mal, dieses Coolsein.

Und wenn man heute schaut, was es von Starbucks überall gibt und wo es das überall gibt, dann ist das einfach nicht spezielles mehr.

Also du kannst irgendwie Starbucks-Kaffee-Kapseln kaufen, Kaltgetränke.

Du kannst Kaffeebohnen von denen im Supermarkt kaufen.

Ich fuhr vor ein paar Tagen an einem Kiosk vorbei und da war so eine Werbetafel mit Starbucks-Kaffee vorne raus und ich war so, was soll das?

Und da habe ich gemerkt, die haben Starbucks-Kaffeeautomaten im Kiosk.

Also ich habe das Gefühl, die haben auch ihre eigene Marke ein bisschen kaputt gemacht vielleicht.

Also nicht nur mit den Hundertsebzigtausend Möglichkeiten, sich vor Ort ein Getränk machen zu lassen, sondern auch damit, dass es Starbucks jetzt überall gibt, haben sie es einfach übertrieben?

Vielleicht, ja.

Also es gibt in der Wirtschaftswissenschaft ein Begriff, der nennt sich Komoditisierung.

Sie haben ein bisschen Schwierig, den nachzusprechen.

Aber der meint eigentlich...

Wenn halt etwas so gewöhnlich wird, wenn eine Marke ihre Besonderheit verliert und auch zur austauschbaren Ware wird, dann verliert sie einen gewissen Reiz.

Und ich glaube, Starbucks wollte irgendwie alles für alle sein und steht jetzt am Ende für eigentlich nichts mehr.

Jetzt haben Sie aber ja für hundert Millionen und drei Privatjetflüge pro Woche einen neuen CEO eingekauft, hast du erzählt, Brian Nickel.

Hat der ein Plan, wie man dieses Starbucks-Gefühl wieder kreiert oder neue Wege geht?

Ja, du sagst neue Wege.

Nichols' neuer Weg heißt Back to Starbucks.

Das ist so der Leitsatz, den er herausgebracht hat.

Es geht eigentlich viel mehr darum, dass man die alten Werte Das, was ich vorhin beschrieben habe, dass man das wieder ein bisschen hochleben lässt.

Nicole selber sagt, dass ein Besuch bei Starbucks heute eigentlich nicht mehr so viel Spaß macht.

Das ist irgendwie zu schnell, so unpersönlich.

Kaffeequalität stimmt auch nicht.

Natürlich beginnt das in den USA, aber ich denke, es wird weltweit Auswirkungen haben.

Er möchte wieder zu diesem Third Place werden, zu diesem Treffpunkt.

wo man die Zeit verbringen will, wo die Barista sollen freundlicher werden, das hat er gesagt, wieder Augenkontakt herstellen.

Es gibt diese Geschichte, die kann ich natürlich nicht überprüfen, aber offenbar soll er zweihunderttausend Filzstifte bestellt haben, damit die Baristas die Namen der Kunden wieder von Hand auf die Becher schreiben.

Das machen sie im Moment nicht.

Momentan wird's gedruckt.

Ah ja, okay, das ist unpersönlich.

Ja, genau.

Hinter dem Ganzen steht einfach die Idee, Starbucks soll wieder ein bisschen zu diesem Erlebnis werden, soll persönlicher werden.

Back to Starbucks hat in den USA angefangen, hast du bei deinen Recherchen in den Züricher Filialen davon schon irgendwas mitbekommen, dass da auch wieder es ein bisschen gemütlicher, persönlicher werden soll?

Es geht so.

Ich war in der ältesten Filiale, ich war in der modernsten Filiale, also mir ist vor allem aufgefallen, dass es ziemlich uneinheitlich ist.

Am Zürcher Bellevue, das kennt man vielleicht gleich beim See, da steht die modernste Filiale von Starbucks und das sieht es eigentlich aus wie in jedem Hipster Café, also so.

Keramik fließen, ja, ich weiß nicht, ob das Back to Starbucks ist.

Und wenn man aber jetzt diese Strategie wirklich durchzieht, so wie der CEO Brian Nickel das will, was würdest du sagen, hat Starbucks nochmal eine Chance, wieder so ein Hype, so ein Phänomen zu werden, wie es mal war?

Ja, das ist eine sehr gute Frage.

Also, zuerst mal muss man sagen, Starbucks ist nicht tot.

Also, wie gesagt, einumvierzigtausend Filialen, das geht nicht.

Ist eine Menge.

Genau.

Aber ich glaube, du stellst schon die richtige Frage, weil ich war in diesen Geschäften und die wenigen Gäste, die da sitzen, die sitzen am Laptop oder am Handy, die sind wirklich in sich gekehrt, die sind in ihrer eigenen Welt, niemand unterhält sich da.

Und deshalb glaube ich einfach so diese alte Idee.

Jetzt einfach wieder beleben zu wollen, das ist ein schöner Gedanke, das ist ein romantischer Gedanke.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es wirklich klappen will.

Manche Ideen funktionieren vielleicht nur ein einziges Mal.

Vielen Dank, Janik.

Danke, Sarah.

Ich hole mir mit meiner Stimme jetzt erstmal einen Tee und empfehle euch noch das Probe-Abo für die NZZ.

Da findet ihr die Wirtschaftsanalyse von Janik und dem ganzen Ressort.

Das war NZZ-Aktzent, ich bin Sarah Ziegler, macht's gut!

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