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«Vom Glauben abgefallen?» – Gespräch mit Hannah Bethke über eine Kirche am Wendepunkt

Episode Transcript

Hallo und herzlich willkommen bei "Ausgeglaubt" zu einer Spezialfolge heute mit Gast dazu, aber gleich mehr.

Manu, alles klar bei dir?

Soweit schon, es ist allerdings in dem Aufnahmestudio bereits gefühlte 47 Grad und ich muss jetzt aufgrund der akustischen Beeinträchtigung den Ventilator ausschalten und brüte hier in meinem eigenen Saft vor mich hin, aber sonst alles im grünen Bereich.

Du machst alles für den guten Ton, gell?

Für die, die uns noch nicht kennen, sollten wir uns vielleicht kurz vorstellen.

Ich bin Stefan Jütte, ich lebe in Bern, also dort arbeite ich auch nicht wie du in Zürich.

Ich arbeite für die evangelisch reformierte Kirche Schweiz und bin dort für Theologie, Ethik und Kommunikation zuständig und mit Manu diskutiere ich jede Woche über irgendein gesellschaftliches oder politisches oder kulturelles Thema, das wir dann aus einer theologischen Perspektive in den Blick nehmen.

Ja, genau.

Und ich bin Manuel Schmid, ich bin ebenfalls reformierter Theologer, arbeite in der Bereichsleitung, Kobereichsleitung von RefLab in Zürich und freue mich sehr auf dieses Gespräch.

Wir haben doch eine signifikante Überschneidung von Interessen, das ist auch etwas, was mich immer wieder umtreibt, so gesellschaftliche Entwicklungen, auch Themen der Philosophie, der Theologie, der Ethik und so weiter und darüber auszutauschen.

Möglichst angeregt, möglichst fruchtbar, manchmal auch kontrovers, das macht mir besonders Spaß, deshalb freue ich mich auch auf diese Folge mit dir Stefan.

Aber wir haben ja unsere zum Start immer unsere Kategorien seit Neuerem und die wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten.

Lass uns mit dem Stoßgebet anfangen, sehr gerne.

Ja, Manu, ich leg mal los.

Keine Angst, ich langweile dich jetzt nicht mit Fußballgeschichten, ich weiß, dass du es überhaupt nicht magst, aber ich muss trotzdem was sagen, was mit Fußball irgendwie leider auch zu tun hat, es geht um den ehemaligen Trainer des FC Basels, der hat unsere Mannschaft in den 20 Monaten vom letzten Platz zum Double geführt, also wir sind nicht nur Meister geworden, wir haben auch den Köp gewonnen, es geht um Fabio Celestini, eine Figur, die am Anfang ein bisschen umstritten war, die man am Schluss total lieb gewonnen hat, ein Typ mit Ecken und Kanten und wir waren alle ein bisschen traurig, dass er jetzt geht, aber auch nicht mega überrascht, weil der FC Basel ist ein tolles Sprungbrett, nicht nur für Spieler, auch für Trainer, aber als ich jetzt lesen musste, wo es ihn hinzieht, habe ich wirklich ein kleines Stoßgebet und ein mittellautes Fluchen zum Himmel geschickt, Fabio Celestini wechselt zum ZSK Moskau und ZSK Moskau ist jetzt nicht einfach nur ein russischer Fußballverein, das wäre ja schräg genug, wenn du so ein Leistungsausweis hast, dass du jetzt in Land wechselst, dass europäisch nicht mehr mitspielen kann, dass auf Sanktionslisten drauf ist, you name it, sondern das ist auch noch der Super Putinai Fußballverein, der ihn auch während dem Krieg gegen die Ukraine immer wieder mit Bannern und Statements unterstützt hat und das bis heute tut.

Die Fanszene dieses Clubs gilt als rechtsradikal und das ist wirklich fast nicht mehr nachvollziehbar.

Also ich weiß nicht, wie viel Geld da im Spiel sein muss, dass man so was macht und ich merke, dass ich da so richtig moralistisch werde, obwohl ich das ja sonst gar nicht mag.

Ja Stefan, da leide ich ein wenig mit dir mit, ich kann das so von entfernen nachvollziehen, dass das schon wehtun muss, wenn eine solche auch irgendwie Trainer-Lichtgestalt der letzten anderthalb Jahre dann in so zweifelhaftes drübes Gewässer plötzlich schifft.

Tja, das ist Grund für Stoßgebet, aber Stefan, ich hab auch ein, ach, ach, ach, ich hab ein Stoßgebet eines, das ich die letzten Tage vielfach jeden Himmel geschickt habe.

Mir ist etwas passiert, Stefan.

Ja, und es ist mal wieder irgendwie eine Story, die man einfach nicht gebraucht hätte.

Ich hab letzte Woche, wir haben uns ja auch schon drüber unterhalten, zugesagt einen Theologie-Kurs im schönen Turgau zu halten und am Mittwochabend war es dann wieder so weit.

Ich bin da herausgefahren, sehr tolle Abend gewesen, wirklich inspirierend, aber ein fucking langer Tag.

Also ich hab morgens um sieben angefangen zu arbeiten und eigentlich durch geschafft bis dann nach diesem Kurs um zehn Uhr abends und dann bin ich auf den Zug und hab sogar auf der Rückreise noch den nächsten Kursabend vorbereitet.

Also ich bin so gegen Mittanacht so an die 16 Stunden Arbeit oder so herangekommen und hab mir dann am Zürcher Bahnhof noch ein Bier gegönnt und das habe ich dann geöffnet und freudig so im Sinne des herannahenden Feierabends angefangen zu trinken.

Da setzt sich eine Frau mir gegenüber, fragt ob der Platz noch frei wäre und so und ich bejahe das natürlich und die stellt ihre Tasche auf das Tischchen und kippt mein Bier um.

Ich war am Arbeiten und ich hab das gar nicht gesehen, nur plötzlich war meine ganze Tastatur geflutet mit Bier und das ist so richtig, also kannst du richtig sehen wie das so unter den Tasten so eingesickert ist und ich bin aufgeschossen, hab das Laptop umgekehrt, da ist das Bier aus den Lautsprecherlöchern rausgelaufen.

Es war wirklich und ich war so fertig an dem Tag, ich hab einen so langen Tag gehabt und es war wirklich schön, aber unfassbar anstrengend.

Ich hab fast geheult, ich hab echt, ich wusste nicht was ich machen soll.

Der Zug, das Abteil war voll, erstaunlicherweise um die Uhrzeit und die Leute haben alle geguckt, wie ich damit meinen letzten dreieinhalb Taschentüchern versucht habe diese Bierresten aufzutupfen und so.

Es ist wirklich, also es war eine echte Grenzerfahrung und das war dann mein Stoßgebet an diesem Tag auf der restlichen Heimreise und an den nächsten Tagen, wo ich das Laptop dann zum Apple Store bringen musste.

Da hat man das aufgeschraubt, einen oder zwei Tage später und da ist noch Bier drin rumgelaufen, also quasi da hat es noch Bier, so richtige Tropfen drin gehabt und so.

Ja, meine Fresse, meine Fresse, da merkt man, das tut mir weh, es hat mich wirklich zurückgeworfen, weil ich gedacht habe jetzt, ich bin, ich kann gar nicht arbeiten ohne dieses Laptop, weil alles da drauf ist, auch meine ganzen, auch die Traktanten für alle Sitzungen und so, natürlich kann ich mich dann mit einem anderen Computer überall einlocken, wenn dann die Passwörter noch zur Verfügung stehen und so, aber der Aufwand, der das jetzt generiert hat die letzten Tage, meine Fresse, also ja, das hätte ich nicht gebraucht.

Genau, also das war mein Stoßgebet, wir kommen jetzt aber zu erfreulicherem, wir kommen zum Halleluja.

Stefan, was ist dein Halleluja?

Manu, ich habe dir erzählt von meinem Weekend am Neuen Burger See mit meiner Tochter Emilia und 12 weiteren Freundinnen und Freundinnen von ihr, die da mitkommen und ich bin ganz froh, dass ich das unter Halleluja berichten kann, weil ich war nicht ganz sicher, ob das vielleicht auch ein Stoßgebet wird, aber im Ernst, das war richtig, richtig toll, also es war ein Geschenk, einfach zu sehen, wie diese tollen Menschen unglaublich sozial organisiert und erwachsen miteinander umgehen, wie es mich echt nicht gebraucht hätte dort, weil die das alles einfach so gut untereinander abgesprochen und geregelt haben.

Und ich habe dann zu meinem Freund Thomas, der auch dabei war, habe ich gesagt, weißt du, das gibt mir jetzt so ein richtiges Vertrauen für die nächsten Jahre, wenn du nachts um zwei siehst, oh, die ist noch nicht zu Hause, dann weiß ich, ja, nicht nur meine Tochter ist ein ganz tolles Mädchen, sondern die hat auch ein super Freundeskreis und das war einfach wunderbar.

Wir hatten meistens auch gutes Wetter, einmal noch so ein richtiges Gewitter, da hätte ich auch fast ein Stoßgebet zum Himmel geschickt, weil so in einem Zelt finde ich das nicht so angenehm, wenn es blitzt und donnert, aber das war ein Weekend zum Auftanken und hat mir wirklich gut getan.

Ach, das freut mich sehr zu hören, dass das kein Fiasco wurde oder keine Erfahrungen.

Wir haben alles selbst vorbereitet, die haben zusammengekocht, die hatten Aufgaben untereinander aufgeteilt und so, also es war wirklich crazy.

Ich habe mir wirklich gedacht, also mit 15 war ich niemals soweit, wie die jetzt sind.

Ich glaube, das sind so die abgedateten Versionen von uns.

Krass, krass, ach, schön, ach, schön.

Mein Halleluja, um gerade beim Thema Laptop zu bleiben, bezieht sich auch auf diesen Vorfall.

Das Ganze hat insofern nämlich eine positive Wende genommen, als ich mit dieser Frau, der eben dieses Missgeschick passiert ist, nachher noch sehr angeregt diskutiert und geredet habe und wir haben uns da ausgetauscht und alles und das ist dann ganz erstaunlich auch freundlich und irgendwo vertraut geworden und sie hat sich auch sofort bereit erklärt, den Fall ihrer Haftpflichtversicherung zu melden und so und wir haben dann Adressen ausgetauscht und das läuft jetzt alles, also es scheint zumindest finanziell scheint das jetzt geregelt zu sein und wenn ich Glück habe, dann habe ich auch keine Daten verloren dank regelmäßiger Backups, also es ist dann, der Supergau wurde abgewendet und das hat mich dann doch auch in allem Pech drin noch mal versöhnlich gestimmt.

Mit einem blauen Auge davon gekommen.

Genau, genau.

Und jetzt, was passiert jetzt?

Ja, jetzt kommt das, was unsere Folge zu einer richtigen Spezialfolge macht.

Wir haben ziemlich am Anfang unser neuen Staffel, das Buch von Hanna Betke vom Glauben abgefallen diskutiert und haben da schon mal so beiläufig gesagt, das wäre mal interessant mit ihr drüber zu sprechen und mal, oh, Hanna Betke hat sich gemeldet.

Genau, genau, sie hat zuerst einmal, das haben wir ja schon gesagt in einer vergangenen Folge, uns auf einige Korrekturen aufmerksam gemacht, was ihren Lebenslauf betrifft und dann sind wir aber so auch ins Gespräch gekommen per E-Mail und haben dann gesagt, ja, es wäre eigentlich toll mit ihr zusammen eine Folge zu machen und da hat sie sich sofort zubereit erklärt und darauf freuen wir uns jetzt.

Jetzt habe ich einfach eine Bitte machen.

Könntest du, wenn wir dann Hanna Betke gleich dazuschalten, könntest du sie vielleicht dieses Mal vorstellen, weil das ist mir ja das letzte Mal nicht so gut genug.

Ja, genau, mag ich gerne, das übernehme ich.

Okay, aber dann holen wir sie jetzt dazu.

Ja, holen wir sie dazu genau und als Übergang dürft ihr noch mal unseren Festival Reflap Festival Schingle hören, verbunden mit einer ganz, ganz herzlichen Einladung.

Das ist ein absolut erstklassiges Line-Up, was wir da in Zürich haben.

Das ist mehr als Grund genug für einen Ausflug nach Zürich, auch wenn du nicht im Kanton selber wohnst oder sogar nicht im Lande wohnst.

Das ist eine Supergelegenheit, sich mal wieder nach Zürich zu begeben und dieses Festival mit zu besuchen.

Also Reflap Festival, sehr schön, wenn wir uns dort sehen.

Genau, wer toll euch dazu treffen und dann bis später.

Alles wird gut, das Reflap Podcast Festival.

Erlebe an zwei Tagen Live-Aufnahmen von Podcasts wie Unterfarrers-Töchtern, Kaffeefreitag, Hossa Talk, die sogenannte Gegenwart und vielen anderen.

Mit dabei sind auch Olivia Röllin, Niklaus Branschen, Thorsten Dietz und natürlich das Reflap.

Am 6.

und 7.

September kauf jetzt dein Ticket auf ReflapFestival.ch.

Alles wird gut.

Das war unser Festival-Teaser und jetzt geht's zum Thema der Woche oder eben eher noch zum Kopf der Woche.

Wir haben nämlich einen Gast hier.

Das kommt selten vor, deshalb ist schon, allein deshalb ist es eine Spezialfolge.

Wir dürfen hier niemand Geringeren begrüßen als Hannah Betke.

Herzlich willkommen Frau Betke.

Vielen Dank.

Ja, wir haben über Sie gesprochen, Frau Betke, eine ganze Stunde lang und Sie konnten sich nicht wehren, weil Sie gar nicht dabei waren.

In einer der letzten Folgen haben wir über Ihr Buch gesprochen und ich sage zuerst ein paar Takte zu Ihnen und zu dem Buch und dann kommen wir ins Gespräch, weil wir eben aufgrund dieser Folge mit Ihnen auch so korrespondiert haben und dann ist die Ideen standen ja eigentlich, wäre es ja noch spannender, wenn wir nicht nur über Sie und Ihr Buch sprechen, sondern mit Ihnen über Ihr Buch sprechen und genau dazu kommt es jetzt.

Also ich freue mich sehr, Hannah Betke.

Übrigens, wir haben ja ein paar Daten durcheinander gebracht, deshalb habe ich gedacht, ich könnte Sie auch vorstellen, mit Geburtstag 1990 in Berlin geboren, Sportwissenschaften studiert.

Nee, ich habe gedacht, ich könnte noch mal alles durcheinander bringen.

Das war nicht ernst gemeint.

Also die korrekten Angaben, 1980 in Hamburg geboren, Sie sind Journalistin und Politikwissenschaftlerin haben, für die FAZ, die NCZ, Zeit online geschrieben, derzeit sind Sie Politikredakteurin in der Welt und Welt am Sonntag und sind eben mehrfache Autorin und das Google Autorinnenprofil weist Sie auch explizit als gläubige Protestantin aus.

Wir haben über Ihr Buch gesprochen unter dem Titel "Vom Glauben abgefallen, Mut zur Christlichkeit statt Angst vor dem Zeitgeist".

Das Buch ist eine ziemlich zugespitzte Kritik an der gegenwärtigen Verfassung der evangelischen Kirche.

Ihrer Analyse zufolge hat sich die Kirche in den letzten Jahren immer stärker dem gesellschaftlichen Mainstream angepasst und ihre theologische Tiefe und spirituelle Substanz weitgehend verloren.

An die Stelle eines Transcendenten Gottesglaubens ist Ihrer Einschätzung nach ein kirchlicher Aktivismus getreten, der sich vor allem durch politische Stellungnahmen profiliert, etwa zu Klimafragen oder Migrationsfragen, aber kaum noch spirituelle Orientierung bietet.

Sie beklagen, dass die Kirche ihre ureigene Sprache des Glaubens verlernt hat und sich stattdessen in wohlmeinenden, aber imhaltsleeren Alltagsbotschaften verliert.

Und die Folge ist nicht nur ein dramatischer Bedeutungsverlust innerhalb der Gesellschaft, sondern auch eine gefährliche Entlehrung des öffentlichen Diskurses, der ohne religiöse Werteorientierung zunehmend instabil wird.

Das Buch ist aber nicht nur eine kulturkritische Klage, sondern es entwirft auch eine Vision für die Zukunft der Kirche, die sich nicht an den Erwartungen des Zeitgeistes abarbeitet, sondern aus der Kraft ihrer eigenen Tradition herauslebt.

Die Kirche, so fordern sie, müsste den Mut aufbringen, wieder klar und selbstbewusst von Gott zu reden, nicht als moralisch instanz oder als Mitspieler im politischen Tages geschehen, sondern als geistliche Gemeinschaft, die Transcendenz, Gnade und Orientierung vermittelt.

Eine solche Kirche wäre nicht rückwärts gewandt, sondern zukunftsfähig, weil sie den Bedürfnis vieler Menschen nach tiefe Wahrheit und geistiger Vergewisserung gerecht wird.

Und sie wäre auch eine Chance für die Demokratie.

Denn nur, wo gemeinsame Werte und verbindende Sinnangebote vorhanden sind, kann eine freie pluralistische Gesellschaft Bestand haben.

Also, ihre zentrale Botschaft des Buches lautet, die Kirche darf sich nicht in der Angst vor gesellschaftlicher Irrelevanz ihre Identität aufgeben, sondern muss gerade in dieser Krise zu sich selbst zurückfinden.

Geistlich, mutig und sprachfähig.

Gibt das ungefähr wieder, Frau Betke, was ihr anliegen war?

Ja, ich bin ganz begeistert.

Das war wirklich eine sehr pointierte Zusammenfassung.

Ich fühle mich verstanden.

Ach, schön.

Das ist wunderbar.

Das sind wir erleichtert.

Dann hat man nur die Hausaufgaben gemacht.

Danke.

Ja, Frau Betke, wir haben ja gespürt, dass ein großes Thema, was uns beschäftigt hat mit ihrem Buch und ich glaube, was auch immer wieder Anfragen an Sie waren, die gekommen sind, war so diese Wahrnehmung, dass bei Ihnen etwas auseinandertritt, was doch aber eigentlich zusammengehört.

Auf der einen Seite diese Glaubensüberzeugung, die Orientierung, die Christlicher Glaube geben kann und auf der anderen Seite das politische Handeln.

Ich besonders habe das im letzten Gespräch so dargestellt, dass ich das so wahrnehme, dass es bei Ihnen eigentlich zu einem Dualismus wird, zu einem Entwederoder.

Mögen Sie vielleicht damit gerade einsteigen und vielleicht das Bild korrigieren oder erklären?

Ja, sehr gern.

Also es geht mir nicht so sehr um ein Entwederoder, sondern es ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit.

Wenn wir uns die Evangelische Kirche in Deutschland angucken, so tritt sie zurzeit vor allem als politischer Akteur in Erscheinung bzw.

wird sie immer dann stark wahrgenommen.

Jetzt kann man natürlich sagen, die Kirche ist ja auch eine politische Institution, insofern sie Produkt der Gesellschaft ist und sie ist ja nicht sozusagen in einem apolitischen Raum und ist losgelöst von allem, was draußen geschieht.

So meine ich das natürlich nicht, sie ist ja auch ein Spiegel der Gesellschaft.

Die Gesellschaft kann oder finde ich sogar sollte von der Kirche etwas lernen, davon zu unterscheiden ist aber, ob sie als ein politisierender Akteur auftreten sollte und das kritisiere ich.

Und es ist, also ich werde das oft gefragt, es kommt dann aber, das Evangelium ist doch politisch und die Kirche ist politisch, die Bergtredicht ist politisch, alles ist eigentlich politisch.

Das stimmt und es stimmt nicht.

Ich will damit nicht sagen, die Kirche solle sich ausschweigen zu allem, was draußen in der Welt passiert.

Natürlich nicht, das kann sie ja gar nicht.

Sondern mein Problem ist, die Kirche findet, wie sie es ja auch eingangs schon zitiert haben, keine Antwort oder keine sichtbare, höhbare Antwort darauf, was denn eigentlich der christliche Glaube in dieser stark sekularisierten Zeit noch bedeutet.

Und solange das nicht erst mal geklärt ist, solange da nicht eine klare Identität auch vermittelt werden kann, ist das ein Problem, wenn sie dafür im Gegenzug so dezidierte politische Stellungnahmen verfasst.

Jetzt will ich da ein bisschen dagegenhalten, Frau Wettke, weil man könnte ja auch sagen, na ja, also so arg steht es ja gar nicht, um die geistlichen, die spirituellen, die theologischen Inhalte immerhin wird ja Sonntag für Sonntag Gottesdienst gefeiert, da wird das Evangelium gelesen, da wird Bibel gelesen, da werden diese Texte ausgelegt, in der Predigt da geschehen für bitten etc.

Nur scheint das nicht mehr den Anklang zu finden bei einer breiten Bevölkerung, den man sich vielleicht wünschen würde.

Also ist es vielleicht eher ein Wahrnehmungsproblem, das dann diese theologische Lehre bewirkt und gar nicht etwas, was die Kirche wirklich im Großen und Ganzen so tut.

Das wäre eine typische Reaktion, wie ich sie im kirchlichen Umfeld oft erlebe, da kommt dann so was, wir können doch gar nichts dafür und wir machen das doch und das ist aber nach meiner Wahrnehmung in vielen Fällen eben nicht so.

Ich zeige ja auch verschiedene Szenen aus Gottesdiensten in dem Buch auf, das hat natürlich nur anektotische Evidenz, aber ich glaube, dass sich da schon eine allgemeine Tendenz ableiten lässt und es ist ganz oft so, dass das vermischt wird.

Erstens mit so belanglosen Alltagserzählungen und zweitens mit politischen Aussagen.

Während ich schon, ich habe ganz oft die Frage auch gestellt an Kirchenvertreter.

Was heißt für sie der christliche Glaube?

Und da kommt ganz oft ganz wenig.

Ich weiß, es ist eine komplexe Frage, aber es ist ja nicht mein Job, das zu definieren.

Ich will das von meiner Kirche hören und wenn ich da wüsste, sie steht klar und fest im Glauben und das ist immer die erste Aufgabe.

Sie ist ein Haus Gottes.

Sie ist die Institution, die sich über Religion vermittelt.

Wenn es diese Klarheit geben würde, dann glaube ich würde automatisch sich auch in der Wahrnehmung der Gewichtung etwas verändern.

Also nochmal, es ist nicht eine, ich glaube sie hatten das gesagt, keine politikfreie Zone.

Also das geht nicht.

Kirche hat zum Beispiel auch natürlich die Aufgabe, das Kirchenasyl aufrecht zu erhalten.

Wir könnten später noch über die Frage der Migration vielleicht diskutieren.

Aber es ist, sie muss gucken, dass sie nicht zurücktritt hinter ihrer eigentlichen Aufgabe.

Ja, es ist interessant, als ich ihr Buch gelesen habe und auch jetzt, wo ich sie reden höre, es erinnert mich ein bisschen an die langjährige Kritik, die auch am Kirchentag immer geübt wurde.

Und ich habe ja, wir haben da eine eigene Folge zugemacht.

Ich habe ja in diesem Jahr zum ersten Mal in meinem Leben den Deutschen Evangelischen Kirchentag besucht, nachdem ich quasi 20 Jahre lang konfrontiert war als verschiedenen Richtungen mit der Kritik eben, dass der Kirchentag beispielhaft demonstriert, dass die Kirche eigentlich eine linkspolitische Propagandaveranstaltung geworden ist.

Und ich habe das jetzt an diesem Kirchentag so eigentlich nicht erlebt.

Ich fand das dann doch ganz erstaunlich fromm.

Ich habe auch gesagt, es war auf weiten Strecken auch ganz erstaunlich harmlos, was mir dafür gegnet ist eigentlich.

Aber es war sehr fromm.

Es wurde wirklich gesungen und gebetet und es war ständig von Gott die Rede.

Und ich habe schon den Eindruck gewonnen, natürlich waren politische Themen ständig präsent.

Es waren ja auch alle, das ist für einen Schweizer dann doch sehr erstaunlich, alle ranghohen Politiker innen vertreten an dem Kirchentag nicht nur mit irgendwelchen ominösen Grußworten, sondern mit einstündigen Bibelarbeiten.

Und so da reibt sich der Schweizer die Augen, wenn er das sieht.

Das natürlich war Politik ein Thema.

Aber da wo sie mir jetzt begegnet ist in Ansprachen und so weiter, hatte ich oder im Predigten, hatte ich den Eindruck, es ist schon deutlich geworden, dass der Grund hinter den politischen Statements eigentlich der christliche Glaube war oder dieses Anliegen zum Beispiel diese Menschenliebe Gottes wirklich ernst zu nehmen im Blick auf die drängenden gesellschaftspolitischen Fragen unserer Zeit.

Also ich habe da diesen Connex, habe ich schon gespürt.

Ich hätte, vielleicht würde ich Ihnen an dem Punkt recht geben, das habe ich mir auch dick angestrichen, dass sie ein bisschen angreiden, dass es eine eigenartige Unwucht gibt zwischen einer völligen Klarheit und Eindeutigkeit im Blick auf politische Fragen, dass quasi evangelischer seits klar zu sein scheint, wie man in Migrationsfragen und wie man in diesen und diesen Fragen ökologischen und so weiter, wie man da stehen zu stehen hat als Christian, dass dann viele, sag ich es mal klassisch, theologische Grundthemen erstauntlich ambivalent oder unterbestimmt bleiben.

Also wenn es dann um die Auferstehung geht und um den Kreuzestod und so weiter, da ist eigentlich quasi, vielleicht könnte man den Eindruck kriegen, da kann jeder so ein bisschen glauben, was er will oder sich das zurechtlegen, wie er will, aber bei politischen Fragen gibt es eine erstaunliche Klarheit.

So dieses Ungleichgewicht.

Ja, ich würde gerne, also bei dem Kirchentag, den würde ich, das muss man nochmal unterscheiden von Kirchenleitungen, das wird oft in eins gesetzt, das ist ja von Laien organisiert und ich finde, der Kirchentag ist auch an sich nochmal etwas ganz eigenes und besonderes.

Es gibt auch viele Kirchenvertreter, die mögen das nicht.

Da finden die, das hat so sehr Eventcharakter, das ist ja auch eine Geschmackssache und mich hat ein bisschen am diesjährigen Kirchentag in der Debatte, hat mich ein bisschen gestört.

Es war dann irgendwann so ungefähr die zehnte Auflage einer Kommentierung, es ist alles links, alles politisch, alles rot-grün, links versifft oder sowas.

Das ist mir dann auch natürlich viel zu pauschalisierend und sehr oft erfolgt das dann auch von Autoren, die ansonsten mit Kirche gar nicht zu tun haben.

Da verstehe ich, dass die Repräsentanten des Kirchentages sich darüber ärgern.

Aber trotzdem ist gerade was sie genannt haben, natürlich finden da auch Glaubensfragen statt, aber zum Beispiel ganz groß überschrieben waren auch viele Veranstaltungen mit queerpolitischen Fragen.

Ich habe überhaupt nichts gegen die Queerbewegung.

Es ist dann nur die Frage, woher kommt denn dieses Image der Kirche und da kommt dann ganz oft, wir sind super pluralistisch und ich weiß gar nicht, woher diese Kritik und höre ich dann aus der Kirche.

Und das sind dann doch, deutet für mich doch auf ziemlich große blinde Fläcke in der Selbstvernehmung.

Und das ist dann auch die Frage, kann man denn nicht mal über den Glauben sprechen, ohne sofort irgendeine gesellschaftspolitische Ableitung daraus zu ziehen.

Das hätte ich gerne mal, weil das ja auch Religion ist doch in erster Linie, also nach meinem Verständnis, erst mal dafür da, die großen Lebensfragen zu erörtern.

Wenn man so will, ist Religion entstanden aus der Angst des Menschen vor dem Tod.

Das hat jetzt erst mal mit politischen Fragen engeren Sinne nichts zu tun und dort erst mal zu verharren und stehen zu bleiben, stehen zu bleiben gerade heute in einer Gesellschaft, die immer stärkere Probleme damit hat, mit dem Alter umzugehen, mit unserer Endlichkeit, diese Dinge zu reflektieren.

Und das ist aber dann eben ganz schnell meinetwegen.

Nächstenliebe, also müssen wir allen Flüchtlingen helfen.

Oder Bewahrung der Schöpfung, also sind wir mit dabei, wenn Fridays for Future früher auf die Straße gegangen ist.

Anna-Nikol Heinrich, die Präzis der EKD, hat sogar ihre Unterstützung ausgesprochen für die Aktivisten der letzten Generation.

Das hat dann sofort geht das dann wieder so über in so ein politisiertes Feld.

Ja.

Okay, ich versuch mal von zwei Seiten aufzugreifen.

Ich glaube, ein Teil, und darüber können wir vielleicht nachher noch sprechen, weil das finde ich den weniger spannenden Teil jetzt für unser Gespräch ist ja auch die Frage, wie kommen denn theologische Aussagen in einer ausdifferenzierten Gesellschaft überhaupt an?

Also, wenn sich jemand in der Kirchenleitung dafür ausspricht, dass Menschen eine unverfügbare Würde haben, zum Beispiel, dann wird das ja relativ rasch übersetzt auf die Frage, was bedeutet das für die Seenotrettung?

Oder wenn man sich für Frieden und Gegenwaffenlieferungen ausspricht, dann ist man ein Putinversteher, eine Putinversteherin schon beinahe.

Also, diese Polarisierung passiert ja nicht einfach nur in der Kirche, sondern da werden ja auch Stellungnahmen der Kirche oder von Kirchenleitenden Figuren relativ rasch dann in die Sprache des politischen und des polarisierenden Übersetztes.

Ich finde, dass die Kirche da eine große Mitverantwortung trägt.

Wenn wir jetzt zum Beispiel vom Gleichnis des Barmherzigen Samaritas sprechen, habe ich mal mit einem Kirchenrechtler gesprochen und jetzt so ein Satz gesagt, der mir sehr hängen geblieben ist, man kann doch nicht aus diesem Gleichnis, das ist sozusagen, wenn man so will, ein individuelles Bekenntnis, die großen Lösungsansätze ableiten für Probleme der globalen Migrationspolitik.

Das sind dann immer so Fehlschlüsse.

Und ich finde auch nicht, also jetzt die Frage von Krieg und Frieden, das ist natürlich für die Kirche zentral, aber darüber kann man dann von mir aus auch mal sprechen, also auch in einem Gottesdienst von mir aus.

Aber erst mal möchte ich doch diese religionsbezogenen Fragen sehen.

Ich möchte wissen, wie ich die Bibel heute verstehen kann.

Das wissen doch ganz viele Menschen gar nicht mehr.

Und wenn sie jetzt fragen, kann man überhaupt mit theologischen Inhalten noch verfangen?

Das finde ich eine total wichtige Frage.

Da würde ich sagen, ja, ich habe dieses Zutrauen in die Menschen.

Man muss nur, je nach Gemeinde, natürlich seine Sprache anpassen.

Also man kann jetzt nicht hoch voraussetzungsvoll und theoretisch theologische Exegesen abhalten von der Kanzel herunter.

Dann erreicht man zu wenig Leute.

Aber das jetzt aufzugeben, weil man denkt, die Leute erreichen die eh nicht mehr.

Das wäre eine Kapitulation, die man allerdings sehr oft antrifft.

Also ich gebe Ihnen gerne zu, dass inkirchtliche Stellungnahmen vielleicht sehr oft solche Kurzschlüssigkeiten drin sind und das dazu rasch quasi eben nicht mehr als Analogie, sondern als direkte Ableitung dann draus geschlossen wird.

Weil der barmherzige Samaritan das gute Vorbild ist, sollten wir auch.

Also da bin ich ganz bei Ihnen.

Was ich aber glaube, was ich noch nicht wirklich verstanden habe bei Ihnen oder wo ich es vielleicht ganz anders deute, ist der theologische Kern, über den Sie sprechen.

Mir scheint, wenn ich Ihnen jetzt vorhin zugehört habe, wenn Sie sagen, die großen Fragen, dann scheinen mir, dass existenzielle Lebensfragen von Individuen zu sein.

Und da bin ich eben gar nicht sicher, ob das eigentlich wirklich das ist, was der theologische Kern, ich sage jetzt mal so ganz platt der Bibel oder das Evangeliums ist, weil so wie ich das lese und kenne, würde ich sagen, da geht es ja eigentlich immer um die ganz große Idee des Reichs Gottes.

Und deswegen geht es ja nicht nur darum, wie gehe ich mit einem Schicksal erlebter Ungerechtigkeit um, wie gehe ich mit meiner Endlichkeit und Sterblichkeit um, sondern im Horizont ist ja eigentlich immer das Voll Gottes, das Reich Gottes, die Idee der Gottesgemeinschaft aller Menschen.

die da dazugehört.

Und dort, also nicht an der Stelle, wo ich sagen würde, Hoffnung macht immer politisch, das wäre noch mal was anderes, wäre immer noch auf dieser individuellen Ebene, aber wirklich auf der Ebene der Verheißung und der Vision für mein Leben, das eingebettet ist in das Leben vieler anderen Menschen, würde ich sagen, da ist sie doch wirklich als Evangelium gerade eminent politisch.

Ja, aber das ist zum Beispiel über solche Fragen, würde ich gerne viel mehr sprechen.

Da ist nämlich in meiner Wahrnehmung, vielleicht ist das in der Schweiz ja auch noch mal ein bisschen anders, aber es ist in der Evangelischen Kirche in Deutschland so, dass es mir nicht mehr klar definiert scheint.

Was ist das eigentlich?

Was ist der theologische Kern?

Vielleicht wäre es mal an der Zeit, darüber viel mehr zu sprechen und das auch zu erörtern, wissen wir das noch?

Stehen wir da noch fest im Glauben, wie können wir das heute übersetzen?

Es ist ja tatsächlich eine total schwere Aufgabe für die Kirche, weil die Gesellschaft ja nicht nur emersikularer wird, sondern auch immer weniger weiß von Religion.

Das ist ja, das schreibe ich in meinem Buch ja auch in der Glaubenskrise, offenbart sich eine Bildungskrise, das heißt, da gibt es also mehrere Aufgaben eigentlich, die liegen in der Gesellschaft und auch die Kirche müsste dem nachkommen und man kann das ganz gut sehen in der Kirchenmitgliedschafts und der Besuchung von 2023, das ist die Sechste, wie die Fragen gestellt werden, die da die Mitglieder ausführen sollen.

Darin drückt sich aus eine völlige Unschärfe im theologischen Verständnis.

Das, was Sie jetzt gerade gesagt haben, finde ich total interessant und da kommt dann plötzlich so ein Begriff des Heiligen und man weiß gar nicht genau, was die Autoren wohl darunter verstehen.

Ich wüsste als Mitglied gar nicht, was ich damit anfangen soll oder dann von der Begriff des Religiösen, es ist genauso schwammig, plötzlich geht es um Spiritualität und darin drückt sich doch eine Krise des theologischen Denkens aus nach meiner Interpretation.

Ja, ich finde das jetzt sehr spannend und mir wird auch jetzt einiges klarer, was auch hinter Ihrem Buch oder Ihren Anliegen steht und ich merke hier, ich neige eigentlich dazu, Ihnen beizuflichten.

Jetzt im Blick auf die theologische Reflexion der eigenen Glaubensgrundlagen, wenn ich jetzt, wir waren ja beim Kirchentag vorher, wir haben gesagt, das ist nicht einfach Copy-Paste anwendbar auf Kirchenverantwortung, Kirchenleitung, aber die 1500 Veranstaltungen des Kirchentags, ich habe die jetzt nicht alle durchgeguckt, aber das, was ich gesehen habe, das war tatsächlich, da waren die Themen sehr, sehr stark entweder an gesellschaftlichen, politischen oder individual, spirituellen Fragen aufgehängt und die theologische Grundlagen.

Naja, ich weiß nicht, also der Thorsten Dietz, der ja bei uns hier in Zürich mitarbeitet, der hat einen Referat gehabt, aber das war, glaube ich, eines der einzigen theologischen Impulsreferate am Kirchentag, über eine Stunde hat er gesprochen, über christlicher Glaube in einer säkularen Welt und da haben die ihm dann, glaube ich, zögerlich, haben die ihm da diese, wie hieß es, Marktkirche in Hannover, glaube ich, zugewiesen und die waren proppevoll und draußen haben nochmal Tausende von Leuten an, angestanden und dann die Lautsprecherübertragung gehört, also da war ein riesiges Interesse, was alle völlig erstaunt hat, irgendwie, weil man dachte, ja, das ist so, also christlicher Glaube in einer säkularen Welt zu so ein theologisches Thema, da ist ein riesiges Interesse da und das könnte man jetzt auch ablesen, natürlich an zum Beispiel Worthaus, da ist ja der Thorsten Dietz auch beteiligt, das sind theologische YouTube-Vorträge, die hunderttausende von Klicks, von Views generieren und die durchaus anspruchsvoll sind und einstündig und so weiter oder der Podcast, den wir bei uns, bei RAVLAB auch hosten, Geistzeit mit Thorsten Dietz und Andy Los, die Folge, die am meisten abgehört wurde, bis jetzt, den Podcast gibt es schon ein Jahr, das war eine Folge, die einfach fragt nach der Bedeutung des Kreuzes und das finde ich jetzt, also mir ist das einfach in Sinke gekommen, als sie gesprochen haben und ich habe gedacht, ja, ich glaube, da ist, man unterschätzt das Interesse an diesen Fragen zumindest, wenn die Bemühungen unternommen wird, auch eine Übersetzungsleistung zu erbringen und das irgendwie, ja, ich finde das ganz interessant, dass sie das sagen, weil ich bin auch nicht bereit, mein Glauben daran aufzugeben, dass es noch ein religiöses Bedürfnis in dieser Gesellschaft gibt, ja, es ist komplexer geworden, es ist viel heterogener, wir haben auch viel mehr verschiedene Religionen in dieser Gesellschaft, das war jetzt nicht das Thema meines Buches, aber es ist natürlich gut mit zur Herausforderung, der sich auch die christliche Kirche stellen muss und was ich somit bekomme, ich bekomme jetzt ziemlich viele Zuschriften zu meinem Buch immer wieder aus der Kirche heraus, auch was mich besonders freut, weil ich dort ja in diesen Dialog treten wollte und es gibt viele Menschen, die noch in der Kirche sind oder vielleicht gerade ausgetreten sind, die sagen, ja, ich würde ja gerne, aber ich fühle mich dort nicht ernst genommen, es kommt dann, es kommt die Wahrnehmung, das ist wie im Kindergarten, da wird irgendwas erzählt aus dem privaten Garten eines Pastos, also diese Prädigten, diese Analisierung der Theologie, das habe ich ja viel aufgezählt und das führt dazu, dass es ein zusätzliches Imageproblem in der evangelischen Kirche gibt, dass man irgendwie denkt, ja, die diakonische Arbeit, die ist schon irgendwie noch wichtig, aber mir gibt das jetzt nichts mehr und ich glaube, das ist vergeudetes Potenzial.

Also mein Buch zielt ja nicht auf eine Abschaffung der Kirche, ich schreibe ja nicht gegen die Institution, sondern für eine Stärkung der Institution, gerade in dieser Zeit, wo Institutionen so stark angefeindet werden von allen möglichen Seiten, scheint mir die Kirche wichtiger denn je und das, was sie gerade beschrieben haben, das wäre genau so ein Beispiel dafür, genau das, was ich meine.

Man braucht eine Übersetzung dafür, man kann das heute nicht mehr gut voraussetzen, also auch die religiöse Sprache, aber gleichzeitig wünschte ich mir von der Kirche, dass sie die Menschen ernst nimmt als bündige Bürger und ihnen etwas zutraut, ihnen auch etwas zumutet, denn das Christentum ist auch voll von Zumutung.

Da gibt das krasse Geschichten, das muss man auch erst mal wirken lassen können und nicht gleich alles wieder übertünnchen, aber meine Schäfchen, das wird alles wieder gut, das ist doch gar nicht, also ich meine, da nimmt man den ganzen Zauber auch aus dieser Religion raus, es ist doch gut, sich zu reiben, finde ich.

Ja, also das kann ich super gut verstehen, aber ich glaube, es beschreibt halt eine Seite dieser Gradwanderung, auf der wir unterwegs sind, nämlich die Seite, wo man sagen könnte, alles wird trivial, alles klingt wie Ratgeber-Literatur in Wochenhäftchen, die verkauft werden.

Stuhlkreis.

Das verstehe ich und da muss ich auch oft mitgrinsen, wenn ich ehrlich bin, als ich ihre Beispiele auch gelesen habe im Buch.

Die andere Seite, und da glaube ich, zeigt sich schon nochmal ein Problem, wenn Sie schreiben, na ja, die Kirche sollte doch uns Orientierung geben, sie sollte für klare Werte stehen, dann glaube ich, dass wir dort aber auch das Problem haben mit Autorität.

Also dass man sagt, ja, also gerade dort, wo Kirche in den letzten paar hundert Jahren als autoritäre Instanz aufgetreten ist, sind das nicht unsere Lieblingskapitel der Kirchengeschichte und nicht das, was das Gemeindeleben groß gemacht hat und was uns heute große Credibility gibt.

Und ich will das jetzt gar nicht gegeneinander ausspielen, sondern ich glaube nur, dass sich das wechselseitig verstärken kann.

Also dass eine Pfarrerin gerade selbst reflektiert und wissend, in welcher Gesellschaft sie sich bewegt, vielleicht in diese Fallen nicht mehr tappen möchte und dann vielleicht zu trivial wird.

Oder dass das Triviale heimgesucht wird von der Sehnsucht, ich muss klare Orientierung geben, es braucht klare Werte und dann komme ich am Schluss bei Parolen raus, die dann über die Kirche verkündigt werden.

Aber da finde ich, hat die Kirche, haben die Kirchenvertreter Grund zum Selbstbewusstsein.

Das ist, es gibt keine Institutionen, die die Kirche ersetzen kann.

Und sie, ich bin ja auch überzeugt davon, dass Religion unentbehrlich ist für die Menschen.

Damit stößt man ja auch schon heutzutage oft auf Widerspruch oder auf Unverständnis einfach.

Aber ich glaube, dass das sehr kurz gedacht ist, wenn man denkt, die Gesellschaft würde auch ohne Kirche auskommen.

Aber es ist ja nicht so, dass sie nur die Wahl hätte, autoritär zu sein und zurück zu fallen in repressive Strukturen, was ich natürlich nicht will.

Die evangelische Kirche darf nicht zurückfallen hinter allen gesellschaftlichen Fortschritt, denen sie sich erkämpft hat.

Ich bin froh, dass wir nicht mehr in dieser einengenden repressiven Fräumigkeit leben, die der Protestanzismus auch mal verkörpert hat.

Das darf man ja nicht vergessen.

Aber da fand ich jetzt, dass die Alternativen, die sie aufgemacht haben, nicht so ganz die Möglichkeiten widerspiegeln, die die Kirche hat.

Wenn ich sage, die Kirche ist dafür da, als Institution auch Orientierung zu stiften, dann geht das für mich in keinem Widerspruch zum Beispiel zu dem Missbrauchskandal.

Also das ist anzuklagen und sekretisieren, das habe ich auch sehr ausführlich getan.

Aber die eine Frage ist, was ist sozusagen die Aufgabe und Funktion der Institution und die andere Frage, wie sieht es mit deren Umsetzung aus?

Und nur weil die Umsetzung an dieser Stelle gescheitert ist und es zu Verbrechen gekommen ist, bedeutet das nicht, Religion verfüge nicht trotzdem über eine Quelle der Moral.

Also das bin ich nicht bereit aufzugeben, deswegen.

Ja, es ist gut, dass Sie den Punkt auch nochmal aufgreifen, weil das ist ja in unserem Gespräch über Ihr Buch damals auch zur Sprache gekommen.

Das war ein Punkt, der mich auch irritiert hat, dass Sie einerseits wirklich ganz tacheles ins Gericht gehen, auch mit einer Kirche, die solche Missbrauchsfälle überhaupt produziert und sie dann auch noch sehr dürftig oder mangelhaft teilweise aufarbeitet.

Da schonen Sie die Ihre eigene Kirche, darf man sagen ja nicht.

Und gleichzeitig kommt nur wenige Seiten später dann doch irgendwie wieder dieser Anspruch, eine prophetische Stimme in unserer Gesellschaft zu sein oder eben Orientierung zu stiften.

Und für mich ist das schon eine Spannung, ich finde, ich war von der deutschen Untersuchung im Blick auf diese Missbrauchsfälle von der Forumstudie wirklich auch selber nachhaltig erschüttert und das hat mir schon gerade ein bisschen den Zahn gezogen, im Blick auf zu steile Orientierungsansprüche und so.

Also ich nehme Ihre Ermutigung zur Selbstgewissheit oder so, nehme ich dankbar entgegen.

Aber für mich bleibt da schon eine Spannung, weil es halt wirklich bis auch in die Kirchenleitungen hinein auch zur Vernachlässigung von Sorgfaltspflicht und Meldepflicht und so weitergekommen ist.

Ja, das ist für mich schon keine Kleinigkeit.

Ja, man könnte jetzt diese Kritik noch viel weiter drehen und fragen, mein Frau Betke eigentlich gar nicht einen Aufruf zu mehr Autorität und mehr Orientierung, sondern vielleicht und ich bin gespannt, wie Sie das jetzt aufnehmen, vielleicht zu einer Kirche, die selbstkritischer auch mit sich umgehen kann.

Weil Sie beschreiben das einmal bei den Missbrauchsfällen, wo diese Betreuungen zu spät kommen, weitere Zweifel wecken an der Ernsthaftigkeit.

Das ist das eine Feld, wo Sie es ganz konkret aufmachen, aber es gibt ja auch gegen Ende dieses Kapitel, wo Sie beschreiben, Ignoranz ist keine christliche Tugend, ist überschrieben, wo Sie sagen, wo immer Kritik an der Kirche ansetzt, prallt sie ab.

Ihre fehlende Offenheit für abweichende Stimmen konterkariert Ihren Anspruch für Toleranz und Vielfalt einzustehen.

Wenn die Kirche glaubwürdig bleiben will, muss sie die kritischen Stimmen, auch wenn sie ihr nicht gefallen, ernst nehmen, Ihnen zuhören und endlich die Bereitschaft zeigen, an Ihren Fehlern zu arbeiten.

Also vielleicht könnte man ja Ihr Buch auch so lesen, dass Sie gar nicht mehr Autorität und mehr Orientierung wollen, sondern vielleicht auch mehr Selbstkritik und mehr Offenheit für das, was Menschen, ob das jetzt Betroffene von Missbrauch sind oder ob das Besucherinnen eines Gottesdienstes sind, der Ihnen nicht gefällt oder weiter hilft, aufnimmt.

Also ich würde gar nicht von mehr Orientierung sprechen, sondern davon, dass die Kirche überhaupt klare Orientierung gibt, jenseits klimapolitischer Fragen und jenseits migrationspolitischer Fragen.

Ich finde, dass da eine Lehrstelle ist.

Es ist natürlich richtig, Herr Schmidt, was Sie gesagt haben, dass es diese unglaublichen Spannungen jetzt gibt.

Und ich verstehe auch, dass Sie das als Widerspruch lesen können oder oder gelesen haben.

Aber ich meine, diese Spannungen mit diesen Spannungen kann man arbeiten.

Damit kann man umgehen.

Man kann das auf der einen Seite oder ich finde, muss man auch sehr scharf kritisieren.

Man muss das weiterhin sehr genau beobachten, wie jetzt dieser ganze Aufarbeitungsprozess mit den Missbrauchskandalen weitergehen, die mich auch persönlich sehr tief erschüttert haben.

Aber meine Ableitung ist dann nicht, die Kirche hat sich schwer schuldig gemacht.

Also müssen wir sie abschaffen und sie ist nicht mehr glaubtbeweglich und sie darf zu Fragen der Orientierung und Moral überhaupt nichts mehr sagen.

Nein, ich möchte jetzt und daher Jüte würde ich Ihnen zustimmen.

Ich möchte jetzt sehen von meiner Kirche, dass in einem Prozess der kritischen, der selbstkritischen Aufarbeitung geht und trotzdem vertraue ich ihr weiterhin.

Man kann das vielleicht nicht von allen Mitgliedern verlangen, aber in dieser selbstreflexiven Art könnte sie ja weiterhin auftreten und mit der Stiftung von Orientierung müsste sie, glaube ich, erst mal für sich selber klar bekommen, wo stehen wir als Kirche heute?

Was können wir der Gesellschaft vermitteln und nicht, wie es in der Kirchen Mitgliedschaftsuntersuchung dann heißt.

Wir können das eigentlich gar nicht mehr.

Wir können uns über den Markenkehren des religiösen nicht mehr vermitteln.

Das hat mich fast genauso erschüttert wie die Ergebnisse dieser Forumstudie zum Missbrauchskandal, weil ich wirklich finde, das ist eine Kapitulation.

Dann können sie den Laden auch dicht machen.

Und das ist ja nicht die Absicht der Autoren.

Sie wollen die Kirche ja irgendwie auch erhalten.

Ja, und das ist ja auch das absolute Gegenteil von dem, was uns kluge Soziologen empfohlen haben.

Also wenn man jetzt zum Beispiel auch an Hermann Lübe war, das glaube ich, in diesem Band Modernisierungsgewinner, da meinte er ja gerade, gerade weil ihr jetzt nicht mehr für Recht und Moral jetzt in einem gesellschaftlichen Sinne zuständig seid, ist das Feld ja eigentlich frei.

Und es ist jetzt nicht seine Sprache, das wäre jetzt eher so Lumansch gewendet.

Im Sinne einer systemischen Ausdifferenzierung könnt ihr jetzt erst recht Religion machen und damit auf dem Markt auftreten.

Und was Attraktives tun, oder?

Das stimmt.

Man könnte es sogar noch soziologisch unterfüttern.

Also Hermann Lübe ist ja Philosoph, aber der hat ja auch interessante Sachen über die Unentbehrlichkeit von Religion geschrieben.

Und das wäre, also was ich auch viel erlebe im kirchlichen Umfeld, ist eigentlich eine, also wenn es nicht sofort auf Abwehr stößt, was ich sage, eine tiefe Verunsicherung.

Man weiß gar nicht so genau, wo steht man dann eigentlich und wie weit darf man sich hinaus wagen.

Ich habe auch die Rückmeldung bekommen von einer Pastorin, sie habe mein Buch gelesen und jetzt, seitdem findet sie Predigen schwerer, da würde ich sagen, ja, das ist ein Gewinn.

Also auch ich, ich möchte ja lernen, ich möchte ja lernen im Dialog.

Ich möchte auch, deshalb habe ich mich gefreut über ihre Kritik.

Es ist ja das Mangel der Gesellschaft ja insgesamt leider daran an einer Dialogfähigkeit, dass man in die Diskussion angeht, in der Annahme der andere könnte vielleicht Recht haben.

Und vielleicht kann ich mich überzeugen lassen, vielleicht auch nicht.

Aber dass wir auch da, also das wünsche ich mir von der Kirche, geht doch mal rein in die Diskussion.

Hört euch zu, was andere zu sagen haben.

Und da, also immerhin, das erlebe ich jetzt zwar ein bisschen mit zeitlicher Verzögerung, aber da kommt jetzt so nach und nach was.

Also ich glaube, es gibt schon, also wie kann es anders sein, die Mitglieder treten scharenweise weiterhin aus.

Die Kirche weiß, dass sie in einer tiefen Krise sich befindet.

Ja, also vielleicht ist das ein guter Punkt, um überzugehen zur Frage, zur Explizit auch positiv konstruktiven Frage von welcher Kirche sie den träumen.

Weil damit habe ich beim Lesen des Buches ziemlich gerungen.

Ich habe in der Kritik immer wieder gedacht, ja, hat sie glaube ich im Punkt, manchmal muss sie das Szene knirschen.

Eingestehen manchmal habe ich auch mitgelacht, mit gewissen Pisonen aus Gottesdiensten, wo dann die Predigt allzu infantil daherkommt und so.

Ich habe aber selber 16 Jahre oder so als Pasto gearbeitet, jeden Sonntag gepredigt.

Und für mich war fast jede Predigt eine Zangengeburt.

Also leicht ist mir das nie gefallen.

Ich habe mit jeder Predigt Tage gerungen, wirklich.

Und bin auch so ein bisschen zwischen ganz verschiedenen Polen irgendwie so hin und her gegangen.

Und beim Lesen des Buches habe ich immer gedacht, ah, okay, also sie will auf jeden Fall nicht so eine linksliberal politisierende Kirche haben.

Sie will aber dann auch keine evangelikal moralisierende Kirche haben.

Und dann habe ich gedacht, ja, so wahrscheinlich ist es so dieses Zeugnishafte, dieses aus dem eigenen Leben.

Nee, wie sie auch nicht, so dieses persönlich Individualisierte.

Ganz viel.

Weil das ist so etwas.

Da habe ich auch andere Intuitionen.

Ich weiß natürlich jetzt nicht, welche verschiedenen Beispiele sie da vor Augen gehabt haben konkret.

Aber ich finde das eigentlich immer sympathisch oder nicht immer, aber oft sympathisch, wenn Fahrpersonen, Predigende auch zeigen, dass sie mit ihrem Leben irgendwie hinter dieser Botschaft stehen oder dass sie selber mit bestimmten Dingen ringen, wenn irgendwie deutlich wird, ja, die haben nicht nur eine Funktion als Fahrpersonen, die sie eine Stunde am Sonntagmorgen dann ausfüllen, sondern die haben ein Leben mit Familie und mit Kämpfen und mit Zweifeln und so weiter.

Und die sind auch da mittendrin so quasi.

Das fand ich eigentlich immer sympathisch.

Aber ich habe so den Eindruck gehabt, das wollen sie eigentlich auch gar nicht.

Und dann ist mir immer so, ich habe gedacht, beim Lesen sind immer wieder so gewisse Fronten weggebrochen und die Wiese wurde immer kleiner, auf der ich mich jetzt eine Kirchenvision nach Hanabeth hätte vorstellen können.

Deshalb wollte ich sie unbedingt fragen, ja, wovon träumen sie nach all diesen auch Abgrenzungen auf verschiedene Seiten hin?

Also nochmal, ich glaube, ich finde das gut.

Also es gilt nicht nur für die Kirche, es gilt für uns alle, wenn wir uns die Dinge schwer machen.

Da bin ich ganz protestant und es ist tief verinnerlicht, dass irgendwie man muss seine Arbeit gut machen und weil das das ist auch müh und plague manchmal.

Aber das ist eigentlich auch besser für ihn selber, wenn man an seine Grenzen kommt und über seine Grenzen hinauswächst.

Aber ich wollte natürlich jetzt nicht sie mit meinem Buch unter Druck setzen, Herr Schmid für ihre Predigten.

Nein, nein.

Ich glaube auch da ist es eine Frage der Verhältnismäßigkeit.

Ich verstehe natürlich, dass das Pfarrer das Pastorin zu mir sagen, weil ich muss es doch irgendwie ein bisschen konkret machen.

Sonst, sonst erreiche ich die Gemeinde nicht.

Ja, dann macht es konkret.

Aber in einem Rahmen, ich glaube, da würde manchmal viel weniger ausreichen, als manche denken, ich brauche nicht die ganze Familienanäckdote oder die ganze Frühstücksanäckdote, um eine bestimmte Bibelstelle für mich selber anschaulich machen zu können.

Und auch hier würde ich viel stärker auf die Mündigkeit der Bürger vertrauen.

Die sind doch nicht doof und man braucht nicht sonst was für ein Studium dafür, um bestimmte Dinge zu erfassen.

Also ich glaube, diese Frage der Veranschaulichung, das geht mir sehr oft zu weit.

Ich will damit nicht sagen, man dürfe es überhaupt nicht konkret machen, dann würde ja alles im hoch theoretischen Rahmen bleiben.

Das würde mich ansprechen, weil ich aus der politischen Theorie komme, aber natürlich nicht die Gemeinde.

Insofern ist es nicht Aufgabe der Pastorin.

Also auch hier ist es nicht so eine Frage von entweder oder, sondern eine Frage der Verhältnismäßigkeit.

Und natürlich auch macht man das gut.

Hat man das in der tiefe Verstanden.

Und das kriegt man ja auch schnell mit.

Ist das jemand, der seine Arbeit gut macht oder eher nicht?

Und es gibt, ich habe einfach sehr viele, ja, also man muss wirklich von Ausfällen sprechen, immer wieder erlebt.

Und das gibt es ja auch in Predigtilfen.

Also das heißt, also jedenfalls im deutschen Raum, es wird den Theologiestudenten offenbar auch so beigebracht, es sei wichtig, diese Alltagsorientierung da reinzubringen.

Da müsste man dann vielleicht auch viel früher ansetzen und zu sagen, ja, aber nicht zu viel.

Also erzählt irgendwie nicht eine Viertelstunde, was euch alles so an Belanglosigkeiten durch den Kopf geht.

Und dann kommen noch drei Minuten zum eigentlichen Text in der Bibel.

Ja, also beim Eindlbelegungen, oder?

Dass das im Homilätik Predigtunterricht an den Universitäten jahrzehntelang hat man quasi, dass ich Verbot auf der Kanzel gehabt habe.

Da durfte die Pfarrperson der Pfarrer auf keinen Fall ich sagen, da konnte man einen Pfarrer 30 Jahre lang hören und hat nicht erfahren, ob der überhaupt verheiratet ist und Kinder hat, weil er gar nie vorgekommen ist in seinem Predigten.

Und das finde ich halt dann auch einfach, da würde ich mich jetzt auch nicht zu Hause fühlen und dann schwenkt das Pendel um und dann hat man plötzlich irgendwie das Gefühl, man sitzt am Stammtisch oder in irgendeiner Austauschrunde, in der jetzt persönliche Befindlichkeiten der Pfarrperson ausgebreitet werden.

Genau, es ist nicht gut ausbalanciert.

Ja, ich glaube so, in einem Teil erinnert mich das, was Sie sagen, aber auch das, was Sie geschrieben haben, Frau Betke, sehr stark an Karl Barth, der in seiner letzten Vorlesung, die er gehalten hat und die gedruckt worden ist, eigentlich, also es waren nicht seine Worte, aber wenn man so insgesamt nimmt, so für eine Performance der Selbstverständlichkeit gesprochen hat.

Also wir müssen nicht immer zerreden, warum wir was tun, sondern wir müssen halt hinstellen und das tun, also quasi einen Dienst auch verrichten, in einem Vertrauen drauf, dass Gott darin wirkt.

Das kann ich ziemlich gut nachvollziehen und dann könnte man auch sagen, naja, es geht vielleicht auch um eine innere Haltung, die wieder stattfinden muss selbst mal dran zu glauben, dass das interessant und relevant ist, was man dazu sagen hat.

Auf der anderen Seite habe ich aber bei Ihnen auch gelesen, dass es darum gehen soll, eine Transzendenzerfahrung zu ermöglichen.

Also das Kirche ein Ort ist, wo Transzendenzerfahrung möglich sein soll und da, glaube ich, machen wir es uns vielleicht ein bisschen so einfach, wenn wir jetzt, wie das ja immer passiert, einfach über den Sonntagmorgen Gottesdienst mit dem Zentrum der Predigt sprechen, weil, und mit Verlaub, ich habe schon ganz tolle Predigten gehört, aber ich habe mir noch nie eine Transzendenzerfahrung in einer Predigt gemacht.

Und ich glaube aber auch, ich glaube aber auch, dass einfach für viele lebensweltliche Milieus, die Predigt vielleicht gar nicht mehr so stark im Zentrum steht, wie das jetzt, ich unterstelle Ihnen jetzt das, für sie als eine sehr gebildete Bürgerin, als ein sehr kritischer Zeitgeist ist, gibt es vielleicht auch Menschen, die sagen, naja, ich will mal wieder Kirche erleben, wo was los ist, wo ich etwas mit Gott zu tun habe, wo ich eine Erfahrung mache mit dem Transcendenten.

Ja gut, aber ich meine, wir sind in der Evangelischen Kirche und nicht in der katholischen Kirche, da zählt nun mal das Wort viel stärker.

Ja, und das ist, also für mich jetzt an der, an der Relevanz der Predigt zu zweifeln, das wäre für mich wieder eine Form von Kapitulation, mit der ich nicht einverstanden wäre.

Und auch mal, ich finde nicht, ich meine damit nicht, das soll nur für einen Bildungsbürgertum gesprochen sein, sondern man muss dann je nach Gemeinde, je nach Stadtviertel eine Sprache finden, mit der man die Gemeinde erreichen kann.

Jetzt ist natürlich die Realität oft eine ganz andere, weil die Menschen gar nicht mehr in den Gottesdienst gehen.

Genau.

Und dann, dann kann man noch so gute Predigten halten, wenn man die nicht erreicht.

Die Menschen, ich stelle mir das auch als eine unglaublich frustrierende Aufgabe vor, ist damit das Problem nicht gelöst.

Aber das ist halt leider diese tiefe Umbruchphase, in der sich ja nicht nur die Kirche befindet.

Und wenn Sie bei Sie mich gefragt haben nach einer positiven Vision von Kirche, ich glaube nicht und so wollte ich auch mein Buch nicht verstanden wissen, das ist ja sowieso auch jetzt nicht eine Handlungseinleitung, wie kommt ihr raus und dann werdet ihr wieder in eine Volkskirche, das wird nicht passieren.

Und damit muss ich leider, wie ich finde, die Kirche heute wohl abfinden.

Sie kann nicht zurückfinden zur Alterstärke, aber sie könnte schon und darüber auch Selbstbewusstsein schöpfen, eine Art von Gegenort werden, eine kleinere Kirche, wo wir alle miteinander auch darüber reden, was bedeutet der Glaube heute, um ihn wieder lebendiger zu machen, wo das ja auch, wie Sie das beschrieben haben, Schmid, da gibt es, es gibt ein Interesse in dieser Gesellschaft, es gibt ein Bedürfnis, da müsste natürlich die Gemeinarbeit müsste anders aussehen.

Das ist alles sehr, sehr schwierig, aber es hilft ja nichts.

Also man muss dann diese Aufgaben annehmen.

Journalisten haben gerade auch ein schweres Leben, wir haben irgendwie alle gerade ein schweres Leben, weil wir mitten in so einer riesigen Transformationsphase uns befinden und ich meine, es führt kein Weg daran vorbei, als sich diesen komplexen Aufgaben zu stellen und auch auszuprobieren.

Also keine Angst davor zu haben, zu scheitern, dann gut, dann das funktioniert nicht, machen wir was anderes.

Aber Sie bringen mich jetzt eben gerade mit dem Journalismusbeispiel nochmal zu einer Frage, die ich ständig hatte, als ich Ihr Buch gelesen habe.

Sprechen wir von einer Kirche, um wie sie sich verändern kann, oder wenn wir eh schon am Punkt sind, wo wir sagen, okay, das mit der Volkskirche ist vorbei, vielleicht von ganz unterschiedlichen Kirchen, die dann auch unterschiedliche Bedürfnisse abdecken.

Also Sie haben jetzt gesagt, na ja, Sie können die Predigt nicht einfach aufgeben, das wäre schon wieder so ein Zurückkrebsen.

Wo ich einfach sagen würde, ich kann mir gar nicht vorstellen, dass die Generation meiner Tochter zum Beispiel je wieder auf so etwas ansprechen wird wie ein 30-minütigen oder 20-minütigen Monolog.

Also bei uns sind die Predigten, die dauern mittlerweile eher so eine Viertelstunde, also es ist schon kürzer geworden im Laufe der sinkenden Aufmerksamkeitsspanne.

Aber auch da, ich bin nicht bereit diesen Anspruch aufzugeben, das ist so ähnlich wie in der Bildungsdebatte.

Also das habe ich schon verstanden.

Das habe ich schon verstanden, aber meine Frage wäre eher, wenn wir sagen, wir haben verschiedene Milieus und die haben vielleicht alle ein Bedürfnis nach Orientierung, nach Erfahrung von Transpendenz, nach einem Sprechen überglauben.

Dann könnte man ja jetzt, wenn man das vergleichen will mit Journalismus sagen, na ja, es muss ja nicht jeder die Bildzeitung lesen, es gibt ja auch noch die FHZ zum Beispiel oder es gibt jedenfalls Alternativen, die auch zum Stil und der Lebenswelt dieser Menschen passen.

Jetzt, wenn wir eher am Punkt sind, wo wir sagen, wir müssen gar nicht mehr Volkskirche sein und quasi alles für alle abdecken, dann könnte das ja auch ein Mut zur Lücke sein und man könnte sagen, es kann ganz unterschiedliche Kirche und Gemeinden leben.

Ja, aber das passiert ja sowieso.

Also die Gemeinderarbeit ist ja sowieso schon sehr unterschiedlich und muss ja auch sein, weil das jeweils, weil die Klientel sehr unterschiedlich ist.

Und man eben eine jeweils unterschiedliche Sprache dann auch finden muss, das ist das, was ich vorhin gesagt habe.

Insofern würde ich Ihnen zustimmen.

Aber die andere Frage ist dann, wenn es um das offizielle Verlautbarungsorgan der Evangelischen Kirche geht, also die EKD, da finde ich nicht, dass sie hinter einem bestimmten Anspruch zurückfallen kann, weil das als Institution, die sie ist, finde ich ein seltsam Eindruck machen würde.

Aber auch da, wie gesagt, da würde ich mir weniger Interventionen in tagesaktuelle politische Fragen wünschen und dafür Orientierung in anderen zusammenhängen.

Wunderbar.

Also ich danke Ihnen ganz herzlich für die Bereitschaft zu diesem Gespräch.

Ich finde, das war jetzt, ich sage das jetzt als reformierter Protestant, eigentlich so reformierte Kirche at its best.

Wir haben gefragt, wir haben nicht einfach nachgegeben und ich glaube, Fragen und Standpunkte sind dadurch eher nochmal klarer geworden jetzt.

Und ich glaube, das ist eine Kultur, die uns insgesamt jetzt nicht nur in der Kirche gut tut.

Und ich danke Ihnen ganz herzlich für Ihre Bereitschaft, damit zu machen und auch für die Großzügigkeit, dass Sie mitgewacht haben, obwohl wir vielleicht manches, besonders auch zu Ihrer Person im ersten Gespräch, falsch dargestellt haben.

Also mich hat das eher amüsiert, aber ich wollte es sich doch darauf hinweisen.

Sehr gut, sehr gut.

Ja, Frau Weitzke, wir haben ja diese Kategorie "Armen", das ist dann das Vorrecht, dass jeweils einer der Gesprächspartner kriegt, so einen Schlusssatz, das letzte Wort zu haben, quasi einen Schlusssatz zu äußern und wir möchten Ihnen selbstverständlich diesen Schlusssatz zugestehen.

Von daher wäre jetzt ein guter Zeitpunkt für Ihr "Armen".

Mein "Armen" wäre, lasst uns im Gespräch bleiben, lasst uns als auch über die Kirche hinaus als Gesellschaft wieder lernen, einander zuzuhören und vorurteilsfrei uns auf den anderen einzulassen und immer wieder die Bereitschaft zu aktivieren und sich bewusst zu machen, vom anderen lernen zu können und selber auch mal sich irren zu können.

Das wäre, glaube ich, für unsere Debattenkultur sehr, sehr wichtig und ich finde, das war es für mich auch ein sehr positives Beispiel, wie Auseinandersetzungen in einem konstruktiven, guten Sinne funktionieren können.

Deshalb herzlichen Dank nochmal an Sie beide.

"Armen" sage ich dazu, ganz herzlich.

Vielen Dank und schön, wenn du bis jetzt dran geblieben bist, das heißt, dich hat diese Diskussion auch interessiert, das ist wunderbar und wenn du magst, dann hinterlasst uns doch eine gute Bewertung auf Spotify oder auf Apple Podcast oder wo immer du das auch hören magst.

Wir hören uns wieder in einer Woche.

Manu und ich haben beschlossen, dass wir auch den ganzen Sommer durchziehen werden, also ihr kriegt ständig Podcasts von aus geglaubt auf die Ohren, auch wenn die anderen Pause machen und wenn du da nicht verpassen willst, dann kannst du das abonnieren.

Wenn wir uns mal face-to-face sehen sollen, dann komm ans RefLab Festival und für alles, was bis da passiert und was danach kommen mag, seid gesegnet.

Gute Zeit.

Tschüss!

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