Episode Transcript
Herzlich willkommen zur Lage der Nation Ausgabe Nr.
447 vom 24.
September 2025.
Und an den Mikrofonen begrüßen euch Ulf Buermeyer, das bin ich, Jurist aus Berlin und:
Philip BansePhilip Banse.
Ganz herzlich willkommen auch von mir und wir schreiben die Zeit 11:01.
Das ist natürlich wichtig, weil die Welt sich schnell dreht, wie wir wissen und wenn ihr das hört kann schon wieder alles ganz anders sein aber 11:01 ist die Zeit, an der wir das hier aufnehmen.
Ulf BuermeyerJa, man weiß ja nie, wann Donald Trump aufsteht.
Also spätestens, wenn er morgens um 6 Washingtonerzeit auf dem Klo sitzt, dann kann sich die Weltgeschichte ändern.
Philip BanseOk, das Bild würde ich gerne wieder loswerden, aber...
Ulf BuermeyerAber die traurige Wahrheit ist, genau so sieht's ja aus.
Der hat, also jedenfalls als es Twitter noch gab, da saß er morgens auf dem Klo und...
Philip BanseSo irgendwie.
Also jedenfalls 11:01 Uhr.
Wir kehren hier, wie ihr das nicht anders gewohnt seid, die Dinge, die uns interessieren, die wir für relevant halten, zusammen, die passieren in der Welt und in Deutschland.
Und wir haben wie so oft ein volles Pad und legen daher los.
Ulf BuermeyerDiese Woche steht ein großer Auftritt für Annalena Baerbock an, die ehemalige deutsche Außenministerin, die natürlich mit dem Ende der Ampel dann auch diesen Job los geworden ist.
Aber sie hat einen spannenden neuen gefunden.
Sie ist nämlich Präsidentin der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
Und in dieser Woche steht nun die erste Sitzung dieser UN-Generalversammlung unter neuer Leitung, unter Leitung von Annalena Baerbock an.
Philip BanseJa, und schon die ganze Woche über gab es informelle Sitzungen in New York.
Unter anderem gab es da überraschende Äußerungen des US-Präsidenten, wie gesagt, nicht auf dem Klo, sondern nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, wo er sich doch interessant über die Perspektive dieses russischen Angriffskriegs und dessen, was die Ukraine dagegen machen kann, geäußert hat.
Ulf BuermeyerJa zum Beispiel verkündete Donald Trump, die Ukraine könne den Krieg gegen Russland durchaus gewinnen.
Sie könne insbesondere ihre vorherigen Grenzen wiederherstellen.
Also ganz differenziert war das jetzt nicht.
Bedeutet das, soll auch die Krim wieder ukrainisch werden zum Beispiel?
Philip BanseAnders als wir das von Trump kennen.
Ulf BuermeyerAlso nicht besonders differenziert, diese wissenschaftliche Präzision, die sonst seine Äußerungen kennzeichnet, die haben wir so ein bisschen vermisst, aber gleichwohl wird deutlich, das ist ein ganz schöner Sinneswandel.
Alle fragen sich, ist das derselbe Trump und, Philip, was denkst denn du woher dieser Kurswechsel kommt?
Philip BanseNaja, ich hab's ja gesagt, er hatte kurz zuvor mit Wolodymyr Selenskyj gesprochen und das ist schon ein Muster, was wir öfter sehen konnten.
Trump trifft sich mit X und wiederholt dessen Phrasen und Ansichten und schaut durch ganz neue Augen auf die Welt.
Das ist bei Putin passiert, das ist bei vielen anderen passiert und so passiert es jetzt auch mal bei Wolodymyr Selenskyj.
Diesmal kann man sich wahrscheinlich ein bisschen drüber freuen.
Die Frage ist natürlich, wie lange hält das?
Wann kommt das nächste Gespräch?
Und die Welt dreht sich wieder um 180 Grad.
Ich würde da jetzt nicht so viel drauf geben.
Ulf BuermeyerJa, ich denke auch, das sollte man noch nicht überbewerten.
Wir beobachten das mal, denn letztlich zählen natürlich die Fakten.
Letztlich zählt, wie sieht die militärische, finanzielle Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Ukraine aus?
Welche Waffen insbesondere werden geliefert?
In welchem Umfang?
Daran wird man ermessen können, ob jetzt tatsächlich die Vereinigten Staaten wieder zu einem Kurs einer halbwegs konsequenten Unterstützung der Ukraine zurückfinden.
Philip BanseDie Woche stand aber eigentlich ganz im Zeichen eines anderen Konflikts, nämlich des Konflikts in Nahost.
Also im Zeichen des Kriegs im Gazastreifen, aber eben nicht nur im Gazastreifen, sondern es ging insgesamt um einen Staat Palästina.
Ulf BuermeyerDer französische Präsident Emmanuel Macron teilte nämlich in New York mit:
Emmanuel MacronJe déclare que la France reconnaît aujourd'hui l'Etat de Palestine.
Ulf BuermeyerFrankreich erkennt den Staat Palästina an.
Und Frankreich ist natürlich wichtig, weil es ein ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist.
Für diese Äußerung von Macron gab es viel Applaus.
Natürlich standing ovations von den Vertretern Palästinas in der Generalversammlung.
Aber auch von vielen anderen.
Denn insgesamt haben nun inzwischen über 150 Staaten Palästina anerkannt von den 193 Staaten, die Mitglied der Vereinen Nationen sind.
Und diese, sagen wir mal, diese Anerkennungsbewegung, diese Anerkennungswelle, die hat in diesen Tagen nochmal eine ganz neue Dynamik bekommen.
Philip BanseJa, denn erstmals haben dieser Tage eben große westliche Wirtschaftsnationen auch einen palästinensischen Staat anerkannt, nämlich Australien, Großbritannien, Kanada, Portugal ist jetzt auch mit dabei.
Weitere Staaten dürften dieser Tage folgen.
Belgien, Malta, Luxemburg, San Marino, das sind jetzt nicht die ganz großen Powerhouses der Weltwirtschaft, aber Australien, Großbritannien, Kanada, Frankreich dann eben schon.
Ulf BuermeyerNaja, Luxemburg ist ein großer Finanzplatz, das ist noch nicht ganz egal.
Auch Japan ließ verlauten, die Anerkennung Palästinas sei keine Frage des Ob, sondern des Wann.
Und damit haben wir jetzt insgesamt so rund 80 Prozent der Staaten der Erde Palästina anerkannt.
Nicht dabei in diesem Club: Deutschland und die Vereinigten Staaten.
Philip BanseRichtig.
Warum machen Frankreich, das Vereinigte Königreich, Kanada und viele andere Länder genau das jetzt?
Warum erkennen Sie diesen Staat Palästina an?
Ulf BuermeyerMutmaßlich deswegen, weil Israel seine Reaktion auf den Hamas-Terroranschlag aus dem Jahr 2023 immer weiter eskaliert hat.
Völlig klar, gegen Angriffe der Hamas, dieser Terrororganisation, die vor allem im Gaza-Streifen sitzt, darf Israel sich natürlich verteidigen.
Aber weltweit hat praktisch niemand mehr Verständnis dafür, wie genau Israel das in den letzten Monaten tut.
Philip BanseJa, die Lage vor Ort ist natürlich verheerend.
Israel hat den Gazastreifen weitgehend in eine Trümmerlandschaft verwandelt.
Nach UN-Angaben sind fast 80 Prozent aller Gebäude dort zerstört.
Ganze Orte wurden dem Erdboden gleichgemacht mit sämtlicher Infrastruktur, landwirtschaftlichen Flächen, Schulen, Krankenhäuser.
Vieles davon ist zerstört.
Ulf BuermeyerUnd das führt natürlich zu einer enormen humanitären Katastrophe.
Also es gibt mindestens 60.000 zivile Tote im Gazastreifen, wahrscheinlich deutlich mehr.
Und die Lebensbedingungen für die Menschen da sind schrecklich.
Die verhungern, die haben nichts zu essen.
Es gibt quasi keine Gesundheitsversorgung mehr.
Also das ist einfach eine absolute Katastrophe, was sich da abspielt unter den Augen der Weltöffentlichkeit.
Und das geht natürlich auch an vielen Menschen auf der ganzen Welt, aber eben auch an den Menschen nicht vorbei, die in den Regierungen weltweit Verantwortung tragen.
Daher wohl diese Anerkennungswelle, das ist ein Stück weit auch einfach symbolischer Support für die Menschen im Gazastreifen.
Philip BanseDa sagen wir gleich noch ein bisschen was dazu.
Inzwischen greift Israel aber auch das Westjordanland an, also den anderen großen Teil, den man zu einem Staat, Palästina, dazuzählen könnte, obwohl eben dort nicht die Hamas am Ruder ist, die ja nun im Oktober 2023 diesen Terroranschlag verübt hat, sondern eben die andere große Palästinenser-Organisation in Form der palästinensischen Autonomiebehörde, kurz PA.
Ulf BuermeyerHervorgegangen aus der PLO.
Das war auch mal eine Terrororganisation.
Die hat sich dann aber in den 90er Jahren quasi weitgehend zu einem friedlichen Vorgehen, zu einer Kooperation mit Israel durchgerungen.
Da gab es diesen Osloer Friedensprozess und die Idee, eben tatsächlich eine Zwei-Staaten-Lösung zu finden.
Deswegen ist es ganz interessant zu sehen.
Die eine große palästinensische Terrororganisation ist quasi weiterhin auf einem Kurs des Hasses geblieben.
Das ist die Hamas, die auch zum Beispiel weiterhin Israel vernichten will.
Also mit denen kann man nicht verhandeln, aber die PLO hat einen bemerkenswerten Kurswechsel hingelegt und ist halt zentrale Kraft hinter dieser palästinensischen Autonomiebehörde, kurz PA.
Philip BanseDie regiert also im Westjordanland und einige Mitglieder der Netanjahu-Regierung wollen diese Palästinensergebiete schlicht weg annektieren.
Israel baut weiter völkerrechtswidrige, illegale Siedlungen auf diesem palästinensischen Gebiet, baut sie immer weiter aus, baut sie auch ganz strategisch und gezielt aus, um das Westjordanland aufzuteilen, um eben zu verhindern, dass sich dort überhaupt noch mal irgendwann ein Staat bilden kann.
Ulf BuermeyerDa hat man den Eindruck, da sollen Fakten geschaffen werden, um einfach zu verhindern, dass das passiert.
Dann kann man sich vorstellen, also wenn da natürlich...
Philip BanseDas sagen die Minister!
Ulf BuermeyerDas sagen die ja!
Das ist ja keine Interpretation.
Dass man sich das mal vorstellen kann.
Also es ist eigentlich ein Staatsgebiet, das mal ein Staat Palästina werden könnte, dieses Westjordanland.
Da gibt es aber jetzt schon einfach an ganz, ganz, vielen Stellen so kleine, ich sag jetzt mal, Dörfer, jüdische Siedlungen eben, die da aber sehr stark geschützt sind.
Da sind teilweise auch Mauern drumherum gebaut worden.
Jedenfalls rennen da überall israelische Soldaten rum.
Und man kann sich ja leicht vorstellen, wenn da einmal Häuser stehen, wenn da mal Siedler sitzen, häufig ja auch, sagen wir mal, politisch sehr radikale jüdische Siedler, dann macht man es extrem schwer, dieses Land wieder an die eigentlichen Eigentümer:innen zurückzugeben, nämlich die Palästinenser, weil man dazu Menschen literally vertreiben müsste.
Philip BanseMan müsste die Siedler aus dem Westjordanland weitgehend wieder umsiedeln, abziehen, vertreiben, wie auch immer.
Und je mehr jüdische Siedler im Westjordanland leben, desto schwerer wird es, dort einen palästinensischen Staat zu errichten.
Und diese Art der israelischen Kriegsführung, die wollen nun immer weniger Staaten akzeptieren, immer mehr sagen, so geht es nicht.
Und das drückt sich halt auf zwei Wegen aus.
Einerseits die Forderung nach Sanktionen.
Und dann der zweite Weg, vor allem eben die Anerkennung eines palästinensischen Staates.
So, jetzt ist natürlich die Frage, was bedeutet das, Ulf, aus völkerrechtlicher Perspektive?
Ulf BuermeyerJa, da muss man ein bisschen in die Geschichte schauen und kleiner Disclaimer vorweg: wir können natürlich jetzt nicht jedes Detail nennen, sondern es geht jetzt um einen großen Überblick, wie sind wir da hingekommen, wo wir heute sind.
Also, Palästina, das heutige Gebiet Israels, aber auch das Westjordanland, der Gazastreifen, dieses ganze Gebiet war seit 1922, nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reichs zunächst britisches Mandatsgebiet, hatte der Völkerbund quasi den Briten gegeben, verwaltet das mal und sorgt dafür, dass das irgendwie funktioniert da.
Ursprünglich war dieses Land fast nur von Palästinensern bewohnt.
Jahrzehntelang dann wanderten aber viele jüdische Menschen ein.
Also gerade die zionistische Bewegung setzte sich schon lange, seit dem späten 19.
Jahrhundert, für eine Migration nach Palästina ein.
Und nach dem Holocaust, kann man sich vorstellen, hat das natürlich noch mal sehr an Bedeutung gewonnen.
Also wissen wir alle, Juden wurden unter der Herrschaft des Nationalsozialismus brutal verfolgt und millionenfach ermordet, ein schreckliches Menschheitsverbrechen und dementsprechend gab es ein großes Interesse da dran von jüdischen Menschen, aber auch natürlich von vielen anderen Menschen zu sagen, die brauchen jetzt auch mal ihren Staat, die brauchen so eine Art Zuhause.
Also sind ganz viele jüdische Menschen nach Palästina eingewandert.
Philip BanseUnd daher kommt natürlich auch das, was die deutsche Politik heute oft formuliert als historische Verantwortung für den Staat Israel, weil er eben ganz maßgeblich auch ein Ergebnis ist dieses Menschheitsverbrechen, der Shoah, des Holocaust, den die Deutschen zu verantworten haben.
Ulf BuermeyerAber diese jüdische Einwanderung, so sinnvoll die ist, so verständlich die ist, so sehr führte sie auch zu Konflikten zwischen Palästinensern.
Denn das Land war ja nicht frei.
Da lebten ja schon Menschen seit Jahrhunderten.
Und es gab dann einfach immer mehr Reibereien zwischen den zugewanderten Jüdinnen und Juden und den alteingesessenen Palästinenserinnen und Palästinensern.
1947 hat sich dann die UN, die gerade frisch gegründeten Vereinten Nationen, dieses, sagen wir mal, Problems, dieses Konflikts angenommen.
Philip BanseDie haben eine wichtige Entscheidung getroffen.
Die haben in der UN-Vollversammlung 1947 einen Plan zur Teilung Palästinas angenommen.
Ein Teil sollte jüdischer Staat werden, rund 56 Prozent des Landes.
Ein anderer Teil sollte ein palästinensischer Staat, werden plus minus 44 Prozent der Landfläche.
Also schon damals gab es sehr konkrete Beschlüsse eigentlich für eine Zwei-Staaten-Lösung.
Muss man sich überlegen.
Zwei Staaten auf diesem Gebiet.
Ulf BuermeyerVor fast 80 Jahren.
Die jüdischen Siedler zunächst mal kämpften ursprünglich für diesen Teilungsplan.
Die arabische Seite dagegen.
Das muss man sich immer überlegen.
Die arabischen Seite hat das damals abgelehnt, vor allem die arabischen Nachbarstaaten, denn jüdische Siedler hatten zuvor nur knapp 5, 6 Prozent des Landes besessen.
Der jüdische Staat sollte jetzt nach diesem UN-Plan aber 56 Prozent bekommen.
Fand die arabische Seite doof.
Darauf hin haben dann 1948 jüdische Siedler, vor allem unter der Führung von David Ben-Gurion, einseitig den Staat Israel ausgerufen und zugleich damit begonnen, viele Palästinenserinnen und Palästinenser aus ihren angestammten Gebieten zu vertreiben.
Hunderttausende.
Philip BanseDas was Nakba eingegangen ist, als Nakba in diese palästinische Geschichte.
Und Israel besetzte dann eben nicht nur jene 56 Prozent Palästinas, die nach diesem UN-Plan für den jüdischen Staat bestimmt waren, sondern knapp 80 Prozent, würde ich mal sagen.
Und eine weitere Besetzung gab es dann eben nach dem Sechs-Tage-Krieg, 20 Jahre später ungefähr 1967.
Ulf BuermeyerWobei man auch da wiederum sagen muss, der Sechs-Tage-Krieg war jetzt ursprünglich keine israelische Aktion, sondern die arabischen Nachbarstaaten hatten die Idee, Israel von der Landkarte zu tilgen.
Also das muss man, das muss, glaube ich...
It's complicated, und man muss halt diese Psychologie, glaube ich, immer im Hinterkopf haben.
Ich habe da auch viel mit jüdischen Menschen darüber gesprochen in letzter Zeit.
Also nach dem Holocaust, also diesem Massenmord, ist natürlich diese Vorstellung, es muss doch auf dieser Welt wenigstens einen Ort geben, wo wir wirklich safe sind und wo wir mal ausnahmsweise keine Minderheit sind, sondern in der Mehrheit, wo wir was zu melden haben.
Diese Psychologie, die ist natürlich ganz stark.
Und ich muss sagen, ich kann das total verstehen.
Dass man einfach irgendwo wirklich mal im engsten Sinne zu Hause sein will.
Und wie gesagt, dass die arabischen Staaten und natürlich auch die Palästinenser mit PLO früher und heute noch Hamas haben immer wieder Israel als Staat quasi auch nach dem Leben getrachtet.
Vielen jüdischen Menschen nach dem Leben getrachtet.
Also das muss man, ich glaube, diesen Hintergrund, diese wahnsinnige Angst davor, auch den Staat Israel wieder zu verlieren, da nicht sicher zu sein, das muss man, glaube ich, einfach ernst nehmen und ich kann das auch einfach verstehen.
Philip BanseDeswegen ist es so kompliziert.
Aber trotzdem wurde halt mit diesen Kriegen 1948 und 1967 die Grundlage gelegt für einen Konflikt, der bis heute eben immer wieder eskaliert.
Die jüdische Seite bekam ihren Staat, besetzte viel mehr Land als das, was von der UN eigentlich vorgesehen war und hat seither eben weitere Gebiete besetzt, unter anderem eben im Westjordanland.
Und die palästinensische Seite hat bis heute keinen funktionierenden Staat und vor allem kaum noch Staatsgebiet, weil so viel eben von Israel annektiert und faktisch kontrolliert wird.
Warum denn jetzt vor diesem historischen Hintergrund nun, ich sag mal nicht plötzlich, gab ja schon immer wieder Anerkennung eines palästinensischen Staates, aber trotzdem gibt es gerade eine Welle.
Ist denn aus dieser Perspektive, aus dieser historischen Perspektive, ein palästinensischer Staat überhaupt realistisch?
Ulf BuermeyerNaja, also wenn man mal so die Lage vor Ort betrachtet, dann werden zwei Staaten einfach immer unrealistischer.
Also Gaza, haben wir eben schon gesagt, wurde von Israel in den letzten zwei Jahren in einen großen Trümmerhaufen verwandelt.
Da schreibt die Süddeutsche Zeitung ganz trocken, an einen funktionierenden Staat ist im Küstenstreifen kaum zu denken.
Und das ist vermutlich auch eine realistische Beschreibung.
Da werden also viele, viele Milliarden Aufbauhilfe erforderlich, um das wieder aufzubauen.
Und natürlich bräuchte man auch wirklich ein sehr starkes, im Grunde, militärisches Mandat.
Denn die Hamas sitzt da ja, na klar.
Die Hamas hat ja diese Zwitterrolle, die sind zum einen die zivile Regierung, stellen da alle möglichen Behörden.
Auf der anderen Seite ist es aber eine mörderische Terrororganisation.
Das heißt, irgendjemand muss das nicht nur aufbauen, sondern muss vor allem die Hamas in Schach halten.
Philip BanseUnd der zweite große Teil eines möglichen Palästinenserstaats ist eben das Westjordanland, also dieser Landstreifen östlich von Jerusalem hin zu Jordanien.
Den haben die Vereinten Nationen 1947 eben den Palästinensern zugesprochen.
Mittlerweile haben wir gesagt, sind dort aber viele, viele israelische Siedlungen entstanden.
Das Ding ist komplett ein Flickenteppich.
Das Gebiet steht nach Jahrzehnten gewaltvoller Auseinandersetzung und vergeblicher Vermittlungsversuche zwischen den beiden Parteien, Völkern heute de facto unter israelischer Besatzung.
Israel hat auch eine Mauer gebaut, ist völlig zersplittert.
Israel überweist seit neuesten übrigens auch entgegen den zahlreichen Vereinbarungen keine Steuereinnahmen mehr an die Palästinensische Autonomiebehörde.
Ulf BuermeyerDeswegen ist die quasi pleite.
Philip BanseSo deswegen ist die quasi pleite, deswegen werden Lehrergehälter, lehrerinnengehälter nicht mehr gezahlt und so weiter und so fort.
Also da ist von einem funktionierenden Staat auch nicht so richtig viel zu sehen.
Ulf BuermeyerUnd warum ist das so?
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat mehrfach verkündet, die Zwei-Staaten-Lösung sei tot entgegen dem Beschluss der UN-Vollversammlung, entgegen den Verträgen von Oslo aus den 90er Jahren, sagt er, das sei einfach nicht mehr der Weg in die Zukunft.
Was nicht so ganz deutlich wird, ist, was er sich stattdessen vorstellt.
Aber man erkennt das aus den Planungen.
De facto bedeutet das, Israel will sich Palästina komplett einverleiben.
Deswegen soll die Zahl der Siedlungen im Westjordanland nochmals verdoppelt werden.
Einer der ganz radikalen Minister in Benjamin Netanjahus Kabinett, Herr Smotrich, plant offene Annexion des Palästinensergebiets.
Auch Gaza soll israelisch besiedelt werden und ein Staat Palästina, so jedenfalls Netanjahu, wäre, Zitat, ein Terrorstaat im Herzen unseres Landes.
Philip BanseVölerrechtlich, das haben wir gesagt, gibt es dafür eigentlich keine Grundlage ebenso illegal wie Russlands Besetzung der Krim oder der Ostukraine ist eben diese Besetzung oder wäre eine komplette Besetzung des Gazastreifens und des Westjordanlands.
Eigentlich müsste Israel die illegalen besetzten Gebiete räumen und an die palästinensische Autonomiebehörde übergeben.
Ulf BuermeyerDas ist die Rechtslage.
Die psychologische Seite haben wir eben erläutert, also natürlich gibt es einfach, finde ich, ein realistisches, ein anerkennungsbedürftiges israelisches Sicherheitsinteresse und was auch zur Wahrheit gehört, in den 90er Jahren, als diese zwei-Staaten-Lösung so halbwegs vor der Tür stand, als auch die Palästinenserbehörde geschaffen wurde, da gab es natürlich von radikalen Palästinensern reihenweise Selbstmordanschläge auf Busse in Israel.
Also das muss man schon sehen.
Dieses Sicherheitsbedürfnis kommt nicht von irgendwo her.
Auf der anderen Seite negiert es natürlich völlig das Selbstbestimmungsrecht der palästinensischen Seite.
Und dass die auch ein Sicherheitsbedürfnis haben.
Die haben natürlich null Sicherheit.
Da regiert die Besatzung der israelischen Armee.
Philip BanseSo und frei leben im Westjordanland für Palästinenser ist de facto nicht möglich.
Die können nicht frei reisen, die können sich nicht frei bewegen, die dürfen nicht einfach arbeiten, sie brauchen tausend Genehmigungen, um Sachen zu bauen, die sie dann nicht bekommen.
Also das ist wirklich auch nicht das, was man sich unter einem freien Leben vorstellt.
Aber das macht diesen Konflikt eben so kompliziert.
Und nun ist es also so, dass sich in mehreren Wellen jetzt inzwischen über 150 Länder dazu bekannt haben die Staatlichkeit Palästinas anzuerkennen.
Viele von ihnen bereits eben 1988 als die Palästinenser einen eigenen Staat ausriefen.
So und die Art des israelischen Kriegsführung hat, Ulf hat es gesagt, nun eben bei sehr vielen westlichen Industriestaaten auch zu einem Umdenken geführt.
Wir haben es gesagt, Frankreich, Kanada, UK, Japan denkt zumindest ernsthaft drüber nach.
Australien auch.
Genau so, Macron, der hat jetzt halt in New York bei der UN eben die Anerkennung durch Frankreich verkündet und das begründet, dass diese Anerkennung Frieden und Sicherheit für alle in der Region erreichen solle.
Das könne nur durch eine, wie er sagt, politische Perspektive für alle erreicht werden, also auch für die Palästinenser, die halt die Hoffnung, die Aussicht auf einen eigenen Staat bekommen, behalten sollen.
Je nach dem, wie man das sieht.
Ulf BuermeyerTja, da kann man sich natürlich die Frage stellen, macht das überhaupt noch Sinn?
Die völkerrechtliche Perspektive haben wir im Prinzip erläutert, also da gibt es quasi einen palästinensischen Anspruch darauf, auf dieses Land, so schwierig das konkret ist.
Aber wie sieht es denn mit anderen Anforderungen an einen Staat aus, Philip?
Also ich glaube, über das palästinensische Staatsvolk gibt es keinen Dissens.
Dass es ein palästinensisches Volk gibt, das ist unstrittig.
Schwieriger ist es schon beim einheitlichen Staatsgebiet.
Philip BanseDas liegt natürlich nicht vor.
Man muss einfach ehrlicherweise sagen.
Das ist mindestens Gazastreifen, Westjordanland, Westjordanland total zersplittert.
Aber das alleine spricht jetzt noch nicht dagegen, dass die Palästinenser auch in so einem zerssplitterten Staatsgebiet einen eigenen Staat errichten können, weil es auch andere Staaten gibt, die offensichtlich Staaten sind, aber eben auch nicht zusammenhängende Staatsgrenzen haben.
Also nicht zuletzt USA haben halt ihre Exklave Alaska, ja?
Auch nicht mit den USA direkt verbunden mit dem Kerngebiet.
Russland auch, hat auch Königsberg als Exklave, ist auch nicht über eine gemeinsame Grenze mit dem Staatsgebiet, mit dem Kerngebiet verbunden.
Ulf BuermeyerAuch Deutschland hatte das schon mal.
Also zwischen den beiden Weltkriegen zum Beispiel gab es ja auch einen Teil Deutschlands, nämlich Ostpreußen, das eben nicht direkt am deutschen Reich dran hing.
Da gab es nämlich den sogenannten Korridor.
Das war polnisches Gebiet, damit Polen einen Zugang zur Ostsee bekam damals und das war jetzt nicht alles ganz einfach aber das hat natürlich funktioniert und so ähnlich könnte man sich das auch zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen vorstellen.
Da müsste es halt einen Korridor geben.
Ich meine, das ist eh Wüste.
Ich weiß nicht, wer schon mal in Israel war.
Das wäre jetzt wirklich auch für die Israelis nicht so ein Riesendrama, wenn es da einfach eine Landbrücke gäbe zwischen diesen beiden Teilen des palästinensischen Staats, da baut man dann halt notfalls wieder einen Zaun drum.
Aber da eine Landbrücke zu schaffen, wäre realistisch überhaupt kein Problem.
Philip BanseSo, dann ist die Frage, gibt es denn eine anerkannte Staatsgrenze, wenn es denn schon zersplittert ist, gibt's denn wenigstens eine anerkannte Grenzziehung?
Jein, aber es ist eben auch nicht zwingend.
Es gibt einfach viele existierende anerkannte Staaten mit veritablen Grenzkonflikten und mit sehr umstrittenen Grenzen.
Ulf BuermeyerIndien-China ist ein Beispiel.
Aber nicht zuletzt ja auch Israel.
Das ist ja der Scherz.
Denn die unklare Grenze Palästinas ist ja zugleich eine unklare Grenze Israels und niemand stellt die Staatlichkeit Israels infrage.
Also insofern ist auch eine klar anerkannte Grenze keine zwingende Voraussetzung, um sagen zu können, wir erkennen jetzt einen palästinensischen Staat an.
Philip, ich denke das heikelste ist eigentlich diese Frage Staatsgewalt.
Gibt es überhaupt eine palästinensische Autorität, die wirklich Souveränität ausübt über das palästinensische Gebiet?
Philip BanseAlso haben wir gesagt.
Klar, Staatsgewalt, Herrschaft über ein Staatsgebiet ist natürlich ein wesentliches Merkmal für einen Staat.
Die palästinensische Autonomiebehörde ist das formell, aber eben auch nur für's Westjordanland und auch da ist sie nicht wirklich am Ruder, weil ihnen das Geld fehlt und weil eben Israel dort maßgebliche Besatzungsmacht ist und sagt, wie es einfach läuft.
Deswegen kann überhaupt nicht davon geredet sein, dass die palästinensische Autonomiebehörde da wirklich staatliche Macht im Westjordanland ausübt und im Gazastreifen schon mal gar nicht.
Da ist die Hamas.
Insofern nein.
Also von Staatsgewalt oder die Palästinenser üben Staatsgewalt über ihr Staatsgebiet aus, kann wirklich nicht die Rede sein.
Ulf BuermeyerAlso jedenfalls keine wirkliche Souveränität.
Es ist ja auch nicht so, dass die gar nichts machen.
Es gibt ja schon eine palästinische Polizei und so.
Aber das ist sicherlich keine volle Souveräntität.
Aber der Göttinger Völkerrechtler Kai Ambos wies im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung darauf hin, dass die Effektivität der Staatsgewalt zwar ein wichtiges Kriterium sei für völkerrechtliche Anerkennung, aber eben auch nicht alles.
Zitat Ambos:
Philip Banse"Der Mangel an Effektivität könnte durch ein Mehr an Legitimität aufgewogen werden, da Palästina von vielen Staaten anerkannt wird." Also selbst wenn sie nicht in der Lage sind effektiv, also wirksam, über ihr Staatsgebiet zu regieren, könnte das aufgewogen werden, dadurch dass eben über 150 Staaten mittlerweile sagen, wir erkennen aber diesen Staat trotzdem an.
Ulf BuermeyerJa, oder nehmen wir jetzt mal etwas zugespitzt den Vatikanstaat, also kleines Fleckchen Land mitten in Rom.
Also die haben jetzt auch keine Armee und, glaube ich, nur eine minimale Polizeitruppe, diese sogenannte Schweizer Garde.
De facto sorgt da Italien für Sicherheit und trotzdem wird der Vatikanstaat allgemein anerkannt.
Außerdem finde ich dieses Argument mit der Souveränität, das leidet halt auch unter einem Zirkelschluss.
Denn die Staatsgewalt der PA, die leidet ja vor allem unter der israelischen Besatzung.
Ich finde das ein bisschen schwierig.
Die Staatlichkeit Palästinas abzulehnen mit dieser illegalen Besatzungslage, die gerade der Kriegsgegner Israel geschaffen hat.
Philip BanseJa, genau.
Ihr seid in einem Konflikt und der Kriegsgegner vermindert die effektive Herrschaft über euer Besatzungsgebiet.
Deswegen können wir euch nicht anerkennen.
Also es dreht sich so ein bisschen im Kreis.
Außerdem könnte man natürlich souveräne Staatsgewalt im Westjordanland, vielleicht auch im Gazastreifen, schaffen.
Also das ist ja kein Naturgesetz, dass sie das nicht haben.
Ulf BuermeyerAlso ich meine, der Pfad dahin wäre relativ klar.
Ein Abzug der israelischen Armee und eine internationale Schutztruppe für das Westjordanland und vor allem auch für den Gazastreifen, denn dort müsste man natürlich zunächst mal auch die Hamas besiegen.
Das muss man sehen.
Also wenn da jetzt die PA unterstützt von zum Beispiel einer Blauhelm-Truppe tatsächlich die Staatsgewalt ausübt, kann man sich schon vorstellen, dass es eine Weile dauert, bis die Hamas das schluckt.
Denn das ist ja bislang ihr letzter großer Rückzugsraum.
Also das wird natürlich auch ohne Konflikte innerhalb der palästinensischen Seite kaum abgehen.
Philip BanseUnd dann stellt sich natürlich jetzt die Frage vor diesem Hintergrund: ja was bewirken denn jetzt diese Anerkennungen durch Frankreich und andere und da muss man ehrlicherweise sagen, zunächst faktisch erst mal sehr wenig.
Es gibt weder mehr Geld für die Palästinenser.
Es gibt auch nicht mehr Rechte wesentlich für die Palästinenser.
Die sind ohnehin schon mindestens als Beobachter in wesentlichen Institutionen dabei, vom Strafgerichtshof weiß ich nicht, ob sie als Staat anerkannt werden.
Ulf BuermeyerDas ist ganz interessant, der Internationale Gerichtshof hat sich um die Frage so ein bisschen gedrückt, aber sie haben gesagt, naja, für die Zwecke ihrer Verfahren behandeln sie Palästina als Staat.
Philip BanseAber um sozusagen ein Staat im Sinne der UNO zu sein, müsste halt der Sicherheitsrat zustimmen.
Da sitzen die USA, die legen ihr Veto ein, das wird also nicht passieren.
Insofern, die reine Anerkennung durch über 150 Staaten ändert erstmal de facto nicht wahnsinnig viel.
Was natürlich passieren kann oder was passiert ist, die zwischenstaatlichen Beziehungen ändern sich.
Also wenn der Chef der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas nun nach Frankreich fährt, dann wird er eben nicht begrüßen wie der Vertreter einer Bevölkerung, sage ich mal, im Westjordanland, sondern er ist eben Staatschef oder Regierungschef zumindest und verleiht ihm da protokollarisch ein ganz anderes Gewicht und genießt auch diplomatische Immunität.
So, das ist vielleicht eine konkrete Auswirkung.
Ulf BuermeyerJa, aber ich glaube, Philip, man muss schon ehrlich sagen, es bleibt bislang vor allem bei symbolischen Effekten.
Also zunächst Mal ist es eine symbolische Anerkennung.
Und ich finde deswegen die spannendste Frage, welche konkreten Schritte folgen einer solchen Anerkennung, damit auch tatsächlich ein palästinensischer Staat Realität werden kann?
Und wir haben das oben schon in Stichworten angedeutet.
Damit das was werden kann, braucht es vor allem ganz massiven Druck auf Israel.
Die israelische Armee muss den Gazastreifen räumen, sie muss das Westjordanland räumen und sie muss vor allem Siedlungen räumen.
Und wenn man sich das so überlegt, dann ist auch schon klar, das ist innenpolitisch in Israel kaum durchsetzbar.
Das funktioniert also wirklich nur über ganz massiven Druck und jedenfalls mit der gegenwärtigen israelischen Regierung ist das wahrscheinlich nicht realistisch, oder?
Philip BanseDas ist nicht machbar, das haben wir ja gesagt, weder die Minister noch Netanjahu haben sich irgendwie dazu geäußert, da kooperativ zu sein.
Im Gegenteil, sie sagen, wollen wir nicht, wir besetzen das, das ist unser Territorium und so weiter.
Also da gibt es überhaupt keine Aussicht, dass das passiert.
Die Weltgemeinschaft, ja, sind bisher auch nicht entschlossen, diesen Druck auszuüben, damit es da einen Wandel gibt und liegt nicht zuletzt vielleicht möglicherweise auch zum Teil eben an Deutschland.
Ulf BuermeyerJa, was macht denn eigentlich Deutschland?
Wir haben es gesagt, bislang weigert sich die Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz einen palästinischen Staat anzuerkennen.
Merz hat zwar die israelische Regierung viel deutlicher kritisiert als zum Beispiel noch sein Vorgänger Olaf Scholz, aber eine Anerkennung Palästinas ist bislangs keine Option.
Wozu man aber sagen muss, Philip, ich glaube, das sehen die beiden Koalitionspartner Union und SPD auch nicht ganz gleich.
Philip BanseNein, das sehen die nicht ganz gleich.
Was man Merz noch zugutehalten muss oder beziehungsweise ihm anrechnen muss.
Er hat dafür gesorgt, dass keine Waffen aus Deutschland nach Israel geliefert werden, die in Gaza eingesetzt werden können.
Das ist momentan Stand der Dinge, aber eine Anerkennung lehnt er ab und in der Union lassen sich die Gegenargumente wie folgt auflisten: A) Eine Anerkennung müsse am Ende eines Prozesses stehen, erst mal müssten Wahlen zum Beispiel in den Palästinenser-Gebieten vorbereitet werden, die hat es seit, ich glaube seit vielen, vielen Jahren dort nicht mehr gegeben, aus verschiedenen Gründen.
Außerdem ist das Argument, gäbe es kein klares Staatsgebiet, mit Gaza und Westbank, Westjorderland, zwei völlig unterschiedliche Regionen, haben wir oben was zu gesagt.
Es gäbe keine klaren staatlichen Strukturen, haben wir oben auch erläutert.
Eine Anerkennung Palästinas würde halt Terrororganisationen wie die Hamas aufwerten.
Die Hamas lehne eine Zwei-Staaten-Lösung ab.
Wie soll eine Zwei-Staaten-Lösung funktionieren, wenn die Hamas doch das Ziel verfolgt, Israel zu vernichten?
Erstmal müsste die Hamas entwaffnet werden.
Ulf BuermeyerJa, und außerdem werde die Anerkennung zu einer Verhärtung im Verhältnis mit Israel führen und das wiederum sei gefährlich, weil Deutschland ja auch von Israel im Rüstungsbereich partiell abhängig sei, zum Beispiel beim Raketenschutzschirm Arrow 3.
Ja, die SPD sieht das tendenziell anders, da gibt es auch viele Stimmen, die sich in der Tendenz eher pro Anerkennung Palästinas aussprechen.
Da wird argumentiert, eine Anerkennung müsse nicht zwingend am Ende eines Prozesses stehen, im Gegenteil könne die Aussicht auf eine Zwei-Staaten-Lösung der Hamas eben auch den ideologischen Nährboden entziehen.
Also die Idee ist so ein bisschen, wenn die Leute sehen, hier gibt es jetzt wieder erst mal seit 30 Jahren quasi einen Weg zum Frieden, vielleicht ist man dann weniger empfänglich für diese ganzen Hassprediger von der Hamas, das könne auch die weitere Radikalisierung stoppen.
Tja, also ich muss ganz ehrlich sagen, Philip, die Unionsargumente scheinen uns nicht so besonders wasserdicht in der Summe.
Zu den völkerrechtlichen Fragen Staatsgebiet, Staatsgewalt, haben wir oben schon was gesagt.
Aber ich finde vor allem auch dieses Argument, das stärke die Hamas, das hört man ja auch von Benjamin Netanjahu, aus den Vereinigten Staaten.
Dieses Argument, eine Zwei-Staaten-Lösung oder eine Anerkennung Palästinas, das stärke die Hamas, mich überzeugt das ehrlich gesagt überhaupt nicht.
Philip BanseNEin, natürlich müsste die Hamas entwaffnet und entmachtet werden und stattdessen käme in so einem palästinensischen Staat natürlich oder natürlich aber das müsste zumindest das Ziel sein, dass die Palästinensische Autonomiebehörde die Regierung übernimmt und das ist ja auch die Einheit, die man anerkennt, wenn man den Staat Palästina anerkennt.
Man erkennt ja nicht die Hamas an, sondern die Leute erkennen ja die palästinesische Autonomiebehörde mit dem Chef Mahmud Abbas an.
Also die Hamas wäre aus diesem legalen Prozess sowieso erstmal raus.
Ob sie dann de facto wirklich entwaffnet und entmachtet werden kann, ist unklar aber das muss natürlich das Ziel sein.
Ulf BuermeyerJa, vor allem glaube ich muss man das mal so zuspitzen.
Die Hamas hasst die Palästinenserbehörde.
Die haben sich im Gazastreifen de facto, also sie haben einmal eine Wahl gewonnen und haben dann ein klassisches autoritäres Playbook gespielt.
Philip BanseDie haben sich von den Häusern geworfen gegenseitig im Gazastreifen.
Ulf BuermeyerAlso die Hamas hasst die Palästinensische Autonomiebehörde, das heißt also, die anzuerkennen und tatsächlich die PA als Staat Palästina auch tatsächlich zu installieren.
Das wäre ein Schlag gegen die Hamas.
Also man kann wirklich nicht sagen, dass die Anerkennung Palästinas die Sache der Hamas in irgendeiner Art und Weise befördert und ich finde auch dieses Argument nicht so wahnsinnig überzeugend zu sagen, dass ein palästinsischer Staat nur am Ende eines Prozesses stehen könne, denn das überlässt letztlich ja Israel und damit de facto dem Gegner der palästinensischen Seite letztlich die Regie.
Ja.
Und warum sollte Israel mitspielen, wo sie derzeit fast ganz Palästina kontrolliert?
Philip BanseGenau.
Also wenn du sagst, wir warten auf einen Prozess, der wird mit dieser Regierung nicht kommen.
Ulf BuermeyerUnd auch mit keiner anderen.
Philip BanseJa, das ist ein bisschen die Frage.
Also ich meine, Umfragen in Israel waren jetzt, wollt ihr Zwei-Staaten-Lösung?
Ja, nein?
Da war es jetzt nicht so, dass die alle dagegen sind, sondern in der Bevölkerung gibt es schon unter bestimmten Voraussetzungen, in bestimmten Rahmenbedingungen durchaus eine große Gruppe von Leuten, die sagt, zwei Staaten sind okay.
Ulf BuermeyerDas stimmt natürlich.
Die Zivilgesellschaft in Israel ist ziemlich gespalten.
Das große Problem ist das demografische Problem, dass sehr konservative Kreise, einfach weil sie in der Tendenz viel mehr Kinder bekommen als Liberale, immer mehr an Einfluss gewinnen in der israelischen Innenpolitik.
Da läuft da auch so ein bisschen die Zeit davon.
Philip BanseRichtig.
Und wenn du aber sagst, wir warten darauf, dass dieser Prozess beendet wird oder einem Ende entgegengeht, dann sagst du, dass Israel am längeren Hebel sitzt, das Israel am Führerhaus sitzt und bestimmt, wie dieser Prozess läuft, ob er anfängt.
Ulf BuermeyerAm Führershaus weiß ich nicht, ob das ein sehr geiler Begriff ist.
Philip BanseAber am Lenkrad sitzt und entscheidet, wann dieser Prozess los geht, wie der Prozess läuft, wann er endet.
Und ich finde, das kann vor dem Hintergrund dieser ganzen völkerrechtlichen Situation nicht eine befriedigende Antwort sein.
Ulf BuermeyerNein, das denke ich auch nicht.
Und ich meine mal ganz ehrlich, selbst in den 90er Jahren hat das nur geklappt dank enormen Drucks der Vereinigten Staaten.
Und das muss man sehen.
Die USA sind letztlich das eine Land auf der Welt, das die israelische Politik maßgeblich mitbestimmt.
Das heißt nicht, dass Netanjahu alles macht, was im Weißen Haus gewünscht wird.
Aber weil die Vereinigten Staaten eben ganz maßgeglich für die Rüstung Israels verantwortlich sind, geht es jedenfalls auch nicht auf Dauer gegen Washington.
Und in den 90ern hat man das gesehen.
Damals hat Bill Clinton richtig Druck ausgeübt und Jitzchak Rabin, der damalige israelische Ministerpräsident, war eben selber auch überzeugt von dem Weg der Aussöhnung mit der palästinensischen Seite.
Und da hat das mal funktioniert, da hat sich so ein Window of Opportunity geöffnet.
Philip BanseBis er dann erschossen wurde.
Ulf BuermeyerBis er von rechtsextremen Israelis erschossen wurde.
Und das darf man auch nicht vergessen.
Das waren die Zeiten, als Benjamin Netanjahu Massendemos angeführt hat gegen Rabin, auf denen Särge mit Rabins Namen durch die Straßen getragen wurden.
Damit will ich nicht sagen, Netanjahu hat diese Särge höchst selbst beschriftet oder in Auftrag gegeben.
Aber die Bewegung von Netanjahu hat offen zum politischen Mord an Rabin aufgerufen und der ist dann ein paar Monate später auch eingetreten.
Also das muss man sich überlegen.
Das ist die innenpolitische Lage in den 90ern gewesen in Israel.
Schon damals hat quasi die Bewegung, der heute Netanjahu vorsteht, massiv Stimmung gemacht gegen eine Zwei-Staaten-Lösung.
Das ist eben das Problem.
Eine Hälfte der israelischen Bevölkerung, eine Hälte der israelschen Politik will diese Aussöhnung einfach nicht.
Und die Folge jedenfalls für Deutschland ist, wir machen erstmal gar nichts.
Philip BanseWir machen erst mal gar nichts.
Es ist jetzt aber nicht so, dass der Westen überhaupt nichts macht, also jenseits dieser jetzt erst mal symbolischen Anerkennung.
Die EU diskutiert natürlich ausführlich und intensiv über Sanktionen gegen Israel.
Also vorneweg Ursula von der Leyen hat für viele Staaten überraschend verkündet, dass sie Sanktionen vorbereitet.
Konkret trug sie vor, dass die EU bestimmte Handelsprivilegien aussetzen wolle, die momentan noch für israelische Unternehmen gelten.
Zudem wollte die Union Sanktionen gegen, wie sie sagte, extremistische israelische Minister und Siedleranführer verhängen.
Namen hat sie nicht genannt, aber gemeint waren ziemlich offensichtlich Israels Finanzminister Bezalel Smotrich und der Polizeiminister Itamar Ben-Gvir.
Zwei ultrarechte Hardliner.
Natürlich wusste Ursula von der Leyen, als sie das vorgetragen hat, und das räumte sie zum Teil auch ein, dass es für die von ihr vorgeschlagene Strafmaßnahmen unter diesen 27 EU-Regierungen keine ausreichenden Mehrheiten gibt.
Diese Handelsprivilegien, die noch gelten für israelische Unternehmen, die müssten die EU-Staaten in einer sogenannten qualifizierten Mehrheit beschließen, die Sanktionen gegen die Minister müssten sie sogar einstimmig beschließen.
Das ist momentan nicht in Aussicht unter anderem ganz maßgeblich, weil Deutschland da bisher dagegen ist.
Ulf BuermeyerJa, und das ist diese alte, wie ich persönlich finde, wenig überzeugende Haltung, zu sagen, wir unterstützen Israel und zwar selbst, wenn es das Völkerrecht bricht.
Das finde ich, also ich meine, Solidarität mit Israel ist eine totale Selbstverständlichkeit.
Selbstbestimmungsrecht Israels und Existenzrecht, das ist völlig selbstverständlich.
Da gibt es eine ganz besondere historische Verantwortung.
Aber ich persönlich sehe einfach nicht, dass eine historische Verantwortung auch dazu zwingt, einen anderen Staat dabei zu unterstützen massiv das Völkerrecht zu brechen und das Selbstbestimmungsrecht eines anderen Volkes zu unterdrücken.
Philip BanseMan könnte das historische Erbe und die historische Verantwortung ja eben auch so ausbuchstabieren, dass Deutschland wie kein anderer Staat auf der Welt verantwortlich dafür ist, das Völkerrecht hochzuhalten und die Menschenrechte hochzuzuhalten und die zu verteidigen, auch gegen eine, nicht gegen Israel oder die israelische Bevölkerung, sondern gegen eine israelischen Regierung, die aktuell an der Macht ist.
Ulf BuermeyerWir hatten euch ja in der vergangenen Woche nach euren persönlichen Strategien gefragt, mit schlechten News, mit der beunruhigenden Lage auf der Welt umzugehen.
Und wir sind ehrlich gesagt total beeindruckt.
Hunderte von euch haben uns Sprachnachrichten geschickt.
Dafür erstmal ganz herzlichen Dank.
Einfach eine mega Beteiligung an dieser Umfrage.
Und es hat uns total bewegt, das abzuhören, da reinzuhören und zu schauen, wie ihr das alles schafft.
Und es sind einfach so viele mega sympathische Botschaften dabei.
Ganz, ganz herzlichen Dank!
Philip BanseAlleine in den letzten 15 Minuten sind hier 15 Nachrichten eingegangen.
Also, die können wir jetzt leider nicht mehr berücksichtigen, aber wir haben wirklich genug.
Auch konnten wir das halt machen, weil Ulf hier so eine richtig schöne Toolchain uns gebaut hat.
Also ein richtig schönes Werkzeug.
Wir waren mit diesem Mittel, wir bitten euch mal um Sprachnachrichten, bisher ein bisschen vorsichtig umgegangen, weil der Aufwand, die auszuwerten und entsprechend zu würdigen, doch enorm war, muss man ehrlicherweise sagen.
Dabei ist es einfach richtig, richtig cool, von euch zu hören und aus verschiedenen Lebensbereichen so Wortmeldungen zu bekommen.
Das ist einfach journalistisch auch total wertvoll.
Wir hatten das bisher nur vorsichtig eingesetzt.
Ich hab's gesagt, weil es doch sehr, sehr aufwendig ist, das alles zu hören, und zu sichten, und zu schneiden und so weiter.
Das ist jetzt anders.
Ulf hat da was richtig Schönes gebaut.
Also wenn ihr, wie ihr das jetzt getan habt, Nachrichten, Sprachnachrichten an Signal schickt, dann werden die eben automatisch runtergeladen.
Sie werden automatisch transkribiert.
Sie werden dann automatisch, das Transkript und die Audiodatei, per E-Mail verschickt, landen in einer speziellen Inbox bei uns und dort kann man sie dann entspannt sichten und bearbeiten.
Man kann also schnell das Transkript erfassen und dann, wenn es dann passt und interessant ist, in die Verarbeitung geben.
Deswegen da auch nochmal vielen Dank für deinen Einsatz, Ulf.
Das hat uns die Arbeit jetzt enorm erleichtert und wir sind jetzt in der Lage, euch ein bisschen was vorzustellen.
Ulf BuermeyerJa, vielleicht machen wir das deswegen mal öfter, aber fangen wir jetzt erstmal an.
Elisa hat uns eine Sprachnachricht geschickt und sie hat sich gesagt, Katastrophen sind nichts für Anfänger, ich gehe zu den Profis.
ElisaUm aus dieser Passivität in Anbetracht der aktuellen Weltlage rauszukommen, engagiere ich mich seit Anfang des Jahres beim THW.
Ulf BuermeyerDas ist das technische Hilfswerk.
ElisaUnd das Wissen, was man dort über Zivil- und Katastrophenschutz vermittelt bekommt, gibt mir super viel Kraft, genauso wie die Gewissheit, dass man den Schadenslagen nicht nur zusehen muss, sondern tatsächlich mithelfen kann.
Daneben finde ich es total bereichernd, diese unterschiedlichen Menschen aus jeglichen beruflichen und sozialen Hintergründen dort anzutreffen, die alle helfen wollen.
Das hat mir auch wieder ein bisschen den Glauben an das Gute in der Welt zurückgegeben.
Und zudem mit der konkreten Bedrohung Russland, die irgendwie so halb vor der Tür steht, finde ich, gibt es auch sehr viel Sicherheit zu wissen, dass sollte der Fall der Fälle eintreten, man tatsächlich auch unterstützen kann, ohne direkt mit einer Waffe unsere Werte verteidigen zu müssen.
Und das Allerwichtigste, es macht natürlich auch unfassbar viel Spaß mit den Menschen dort und man erfährt ganz viel Selbstwirksamkeit.
Philip BanseJa, vielen Dank, Elisa, für diese sehr praktischen Hinweise.
Barbara hat uns auch geschrieben und Barbara hat sich gedacht, warum soll ich diese ganzen Kröten schlucken, die uns das Leben vor die Füße wirft?
Ich kann sie einfach auch wegtragen.
BarbaraVor zehn Jahren habe ich den Schritt gemacht von einer passiven Mitgliedschaft beim Bund für Umweltschutz zur aktiven Teilnahme an Maßnahmen vor Ort in Wiese und Wald, Amphibienteiche pflegen, Moorwiedervernässung helfen, Frösche und Kröten über die Straße tragen im Frühjahr.
Die Arbeit ist praktisch, sie ist echt anstrengend, man merkt hinterher, was man gemacht hat.
Und bei der Brotzeit danach kann man sich dann mit den anderen austauschen.
Und ich habe festgestellt, beides zusammen hilft mir wirklich sehr, mit den vielen schlechten Nachrichten trotzdem aktiv und gut weiterzuleben.
Philip BanseJa, einige von euch, das muss man, glaube ich, so formulieren, haben auch wirklich ein bemerkenswertes Talent, sich emotional erst mal tiefer reinzureiten.
Der Vertreter ist hier Thorsten, der uns geschrieben hat.
Er spielt Rollenspiele, sagt er.
Ich nehme mal an, dass das Rollenspiele sind, sogenannte Pen-and-Paper-Rollenspiele.
Hab ich früher auch gemacht, D&D, Schwarzes Auge, da sitzt man mit ein paar Leuten um den Tisch und durchlebt quasi Abenteuer auf dem Papier, in dem man sich Geschichten erzählt, würfelt und so seine Charaktere, die man dort spielt, eben steuert und zur Handlung treibt und durch Abenteuer lotst.
So das hat auch Thorsten gemacht.
Dann aber kam Corona und zusammen am Tisch hocken mit Freunden war halt erst mal nicht mehr.
ThorstenWährend der Corona-Zeiten haben ich und Freunde unser Rollenspiel auf Online-Rollenspiel umgestellt und dementsprechend Horror-Rollen-Spiele während einer Pandemie gespielt.
Das war, ist mir ziemlich schnell aufgefallen, nicht so das Beste für unsere Stimmung.
Philip BanseDas kann ich mir gut vorstellen, aber Thorsten hat es in die Hand genommen und pragmatisch in Aktivität umgesetzt.
ThorstenEin Blick ins Rollenspielregal hat aber gezeigt, dass die meisten grimdark sind.
Darum habe ich ein eigenes Rollenspiel entwickelt, Solarpunk 2050, und es begonnen erst eine kleine Runde zu spielen, nun inzwischen habe ich es auch veröffentlicht.
Was mich aufbaut ist, dass sich immer mehr Leute einfinden und um das Rollenspiele herum und die drei Utopien, die darin eingebaut sind, neue Projekte starten.
Philip BanseJa, also ein kleiner Self-Plug, aber ich fand's halt ein cooles Projekt und eine coole Aktion, dass man sagt Horror-Rollenspiele während Corona in der Pandemie, das drückt ein bisschen auf die Stimmung.
Was macht man?
Man entwickelt ein eigenes Rollenspiel.
Und wenn ihr, wie gesagt, im Loch hängt, dann kann euch Thorsten vielleicht helfen mit seinen Spielen.
Auf seiner Seite gibt es halt jetzt mehrere Rollenspiele.
Unser Tipp für düstere Zeiten ist sein Spiel "The World Destroying Machine".
Er sorgt immer für gute Laune, gibt es umsonst, for free.
Ich sag nur have fun.
Und wenn euch "The World Destroying Machine" nicht aus dem Loch hilft, dann hat Mala für euch ein, ich finde, sehr originelles Alternativprogramm.
MalaUm meine Stimmung aufzuhellen, engagiere ich mich einmal bei Kindern in so einem Nachmittagsprogramm.
Dann mache ich mit Kindern Handarbeiten und ich fahre mit einer Rikscha ehrenamtlich Senioren durch die Gegend, damit sie aus der Bude rauskommen.
Und diese gute Laune, die überträgt sich einfach wunderbar auf mich und das ist die beste Therapie.
Ulf BuermeyerJa, finde ich ehrlich gesagt eine absolut geile Idee, Seniorinnen, Senioren von ihrer Wohneinrichtung abzuholen, durch den Kiez zu fahren.
Mit der Rikscha macht man noch mit eins ein bisschen was für seine Cardio-Fitness.
Und wer sich unter Senioren mischen will, der ist auch bei Philippa sehr gut aufgehoben.
PhilippaErstens bin ich bei den Omas gegen rechts und versuche dort ein bisschen zu bewegen, im Kleinen natürlich.
Und ja, ob es reicht, ist leider stark zu bezweifeln.
Aber egal, es macht wenigstens ein ganz gutes Gefühl und man ist irgendwie gemeinsam mit Gleichgesinnten und das stärkt einen.
Und das andere ist, dass ich mich im Verein, im Turnverein engagiere und dort eben auch mithelfe, dass eben ein Turnverein möglich ist und dass wir die Kosten dafür gering halten können, so dass wir in unserem Stadtteil, der nicht so reich ist, alle an diesem Turnverein teilnehmen können und alle Kinder auch kommen können.
Und das ist, finde ich, auch eine ganz tolle Möglichkeit, um nochmal zu spüren, dass man irgendwie nicht umsonst auf dieser Welt ist.
Philip BanseJa also ganz, ganz coole Sachen.
Vielen, vielen Dank da würde ich sagen, ganz persönlich für euer Engagement, für euren Einsatz.
Das sind wirklich geile Projekte.
Also THW, BUND, Vereine, Rikscha fahren und auch Niklas, der plädiert bei uns ganz klar dafür, sich lokal zu engagieren, wenn einem die Weltlage ein bisschen auf die Stimmung drückt.
NiklasWenn ich mal wieder überwältigt bin von den ganzen schlechten Nachrichten in den diversen Social Media Feeds, dann konzentriere ich mich immer auf das, was hier vor Ort stattfindet.
Ich bin hier in verschiedenen Vereinen und auch in einer Kommunalpartei, in den Ortsverband eingetreten und das kann ich auch nur jedem empfehlen, weil wenn man hier auf lokaler Ebene unterwegs ist, dann funktioniert ja doch einiges und man kann was bewegen.
Viele Leute sind an einem konstruktiven Fortschritt interessiert und auch Parteien, mit denen man sonst vielleicht, wenn man in den Social-Media-Feeds unterwegs ist, nicht unbedingt übereinstimmen würde, auf kommunaler Ebene ist es deutlich viel einfacher, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, deren Hintergründe zu verstehen, empathisch den Leuten gegenüber zu sein und was ich auf jeden Fall auch empfehlen kann, ist, anstatt die Social- Media-Feads zu lesen, Lokaljournalismus zu abonnieren und zu unterstützen, weil insbesondere in den Lokalzeitungen, zumindest bei uns, werden viele Sachen dann doch beschrieben, die gut laufen und nicht nur negative Infos weiter verbreitet, also pro lokalen Journalismus.
Ulf BuermeyerJa, lokal vernetzen, das klingt wirklich gut.
Und das muss auch nicht immer gleich eine Partei sein, sagt jedenfalls Ruben.
Ruben schlägt vor, leiht euch einfach mal einen Hammer.
RubenIch wohne seit Februar in einem Wohnprojekt und ich glaube, wenn ich eine Sache gelernt habe, ist es, dass es wahnsinnig hilft, um gegen die Lage da draußen in der Welt und die schlechten Nachrichten anzugehen, mit anderen Menschen, die direkt um einen herum wohnen, zu reden, darüber zu reden aber auch einfach überhaupt erst mal zu reden.
Begegnungen zu schaffen, zu merken, dass man sich gegenseitig helfen kann, positive Erlebnisse im Alltag zu haben.
Nun kann nicht jeder in ein Wohnprojekt ziehen, wo irgendwie Nachbarschaft schon per Definition oder so, wie es aufgebaut ist, gut funktioniert.
Aber ihr könnt mal rüber gehen, wenn euch ein Hammer fehlt und danach fragen.
Ihr könnt mal wieder Leute, die um euch herum leben, zu einem Kaffee einladen.
Ihr könnt digitale Tools nutzen, eine Signalgruppe mit euren Nachbar:innen aufbauen.
Philip BanseCoole Tipps.
Und ich finde Tony, der jetzt hier als nächstes zu Wort kommt, der hat auch noch ein paar wirklich interessante Strategien, von denen ich gar nicht wusste, dass man sie wählen kann.
TonyMeine Strategien sind mannigfaltiger Natur.
Zum einen höre ich natürlich euch, ich höre noch weitere Politik-Podcasts.
Das zweite ist, ich engagiere mich als erster Vorsitzender im Förderverein der Grundschule hier bei meinen Kindern, ich habe zwei Kinder.
Und das ist sehr hilfreich, weil wir konnten zum Beispiel letztes Jahr 30.000 Euro generieren, um die WC-Anlagen zu sanieren für Kinder.
Das ist sehr schön, das Gefühl, sowas zu erreichen, gemeinsam mit den Eltern, mit der Elternschaft und einigen Vertretern aus der Stadt und zum Dritten habe ich mich vor anderthalb Jahren dazu entschieden, bei der Bundeswehr, gibt es nebenberuflich kann man sich zum Reserveoffizier ausbilden lassen und das fängt jetzt in diesem Herbst an im November und das sind die drei Sachen, die mir helfen, um mit der Lage umzugehen und selbst aktiv zu werden, anstatt nur zu meckern oder den Kopf in den Sand zu stecken.
Philip BanseAlso das kann ich persönlich super nachvollziehen.
Ich meine, 30.000 Euro für eine Schule, für WCs einzusammeln und das dann verbessert zu sehen, das ist einfach auch ein dicker Erfolg.
Was ich nicht wusste, ist, dass man sich nebenberuflich bei der Bundeswehr zum Reserveoffizier ausbilden lassen kann.
Ulf BuermeyerDas war mir auch nicht klar.
Ich meine, dass mit den Klos, ich finde das auch großartig, Fußnote dran, eigentlich müsste es selbstverständlich sein, dass in einem unfassbar reichen Land der Staat genug Geld einnimmt.
Aber das ist eben nicht überall so gerade.
Die Kommunen sind krass unterfinanziert.
Und dann, bevor dann die Klos wirklich vor sich hingammeln, dann wird es dann immer noch besser, wenn die Eltern da quasi selber die Initiative ergreifen.
Philip BanseJa, und ich hoffe mal, dass der Regen, den wir da im Hintergrund gehört haben, nicht das Wasser ist, was durch Schuldach lief, sondern dass er irgendwie auf seinem Balkon aufgenommen hat.
Ja, aber dann gibt es irgendwie auch noch Orte in Deutschland, bei denen die schlechten Nachrichten einfach irgendwie auch zum Konzept zur DNA gehören.
Und da kann man dann wirklich nichts mehr machen.
Man muss einfach weg, man muss abhauen, man muß das Weite suchen, so wie Valentin.
ValentinIch habe vor 5 Jahren ungefähr mit meiner Frau auch aus dem Gefühl der Hilflosigkeit heraus die Entscheidung getroffen, Berlin zu verlassen.
Wir haben uns auf die Suche begeben nach einem Hof.
Mittlerweile haben wir einen Hof gekauft und betreiben hier einen kleinen regenerativen Landwirtschaftsbetrieb, wo wir Gemüse anbauen für die Region, Tiere in regenerativer Weidetierhaltung halten und das Fleisch vermarkten und das ist quasi unsere Strategie gewesen, wirklich unser Leben komplett umzukrempeln und das neu auszurichten mit dem Ziel, einfach einen anderen Impact zu haben und wirklich selbst die Veränderung in die Hand zu nehmen und das ist, was mich jeden Tag wieder bekräftigt, wenn ich die schlechten Nachrichten der Welt höre, dass ich dann immer wieder dazu zurückkomme, mir zu sagen, okay, ich kann das große Weltgeschehen nicht beeinflussen, aber ich tue eben mittlerweile jeden Tag einfach durch das, was wir hier machen, was dafür, dass die Welt im Kleinen ein bisschen besser wird, dass wir einen positiven Impact auf das Ökosystem hier haben und die Menschen, die unsere Kunden sind, mit regionalen, wirklich hochwertig produzierten Lebensmitteln versorgen und ja, das gibt mir immer wieder neue Energie, weiterzumachen, weil ich einfach weiß, ok, wenigstens im Kleinen kann ich hier einen positiven Beitrag leisten.
Philip BanseJa, so weit zu unserer kleinen Auswahl.
Und ich muss wirklich sagen, vielen, vielen Dank für euren Einsatz.
Also das sind wirklich, richtig geile, richtig geile Sachen.
Ich finde es cool, dass es auch so eine Spannbreite gibt hier von wirklich so einschneidenden, lebensverändernden Maßnahmen wie Valentin, der einfach mit seiner Frau, Familie, wie auch immer, die Stadt verlässt, rauszieht, Hof kauft, Hof aufmacht bis zum Mala, die halt sagt, ey, ich klicke mir irgendwo gebraucht, weiß ich nicht, wo sie die her hat, eine Rikscha.
Und los geht's.
Fahr mal durch die Gegend und lad ein paar Senior:innen ein, die einfach mal ein bisschen Abwechslung brauchen.
Also das finde ich einfach super.
Ich hoffe, das gibt euch, die das jetzt hören, vielleicht auch ein bisschen Inspiration, ein bisschen Mut, ein bisschen Aufwind, um da selber auch in die Aktivität zu kommen.
Ulf BuermeyerAlso schreibt doch mal eure Meinung dazu bei uns ins Forum.
Talk.lagedernation.org ist ja unser Feedback-Forum.
Freuen wir uns über eure Nachrichten, wie euch das so geholfen hat.
Und wir überlegen gerade, wir haben so viele Nachrichten ja bekommen, die wir jetzt noch nicht verbraten haben.
Ob wir die einfach immer noch mal so ein bisschen einbauen in die Lage.
Würde uns auch mal eure Position interessieren.
Glaubt ihr, dass das Sinn macht?
Würdet ihr gerne einfach noch so ein paar positive Beispiele hören?
Dann, wie gesagt, dann könnten wir auch aus diesem reichen Schatz in Zukunft weiter schöpfen.
Philip BanseDie deutsche Bahn hat zum ersten Mal eine Chefin bekommen, nämlich Evelyn Palla, die ist 51.
Sie wurde vom Verkehrsminister Schnieder von der CDU vorgeschlagen, wurde jetzt kurz vor kurzem oder wurde dann kurz danach auch vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn abgenickt und gilt jetzt als die große neue Hoffnung für die Bahn.
Ulf BuermeyerJa, sie kommt ursprünglich aus Südtirol, also aus Italien, aber aus dem deutschsprachigen Teil und hat eine Karriere im Controlling hinter sich und viele Jahre auch bei den österreichischen Bundesbahnen, kurz ÖBB, gearbeitet.
Gehört jetzt aber schon seit drei Jahren zum Vorstand der Deutschen Bahn, hat nämlich die Konzerntochter DB Regio aus der Krise gefahren und in die schwarzen Zahlen.
Und ganz interessant, sie hat selber einen Lokführerschein.
Sie weiß also, wovon sie redet und wenn es mal hart auf hart kommt, kann sie auch selbst einen Streik brechen.
Philip BanseJa, und das macht sie relativ populär bei den Mitarbeitenden, beim Team, weil sie da, glaube ich, auch sehr hands-on ist und sehr nahbar agiert hat bisher schon bei der DB Regio, und nun übernimmt sie halt den ganzen Laden.
Ulf BuermeyerJa und auch den Chefposten der wichtigen Bahntochter InfraGo will Verkehrsminister Schnieder eigentlich neu besetzen.
Infrago ist für alle Schienen und Bahnhöfe insbesondere zuständig.
Also für den Teil der Bahn, der besonders sanierungsbedürftig ist und neuer Chef soll hier Dirk Rompf werden.
Dieser Posten muss aber noch vom Aufsichtsrat bestätigt werden.
Philip BanseRichtig, und der Aufsichtsrat der InfraGO, der tagt wohl in den nächsten Wochen erst und Vertreter, Vertreterinnen der Arbeitnehmerseite sind da sehr kritisch diesem neuen Personalvorschlag gegenüber, weil sie Rompf dafür verantwortlich machen, mit dafür verantwortlich machen, dass die Infrastruktur der Deutschen Bahn eben so schlecht ist, wie sie ist, weil er schon mal mehrere Jahre dafür in anderer Position verantwortlich war.
Ulf BuermeyerJa, und der Zustand der Bahn ist ja tatsächlich nicht gut, wenn man auf die Zahlen blickt.
Die Pünktlichkeit im Fernverkehr der DB hat im August 2025 ein neues Tief erreicht.
59,6 Prozent der Fernzüge waren nur pünktlich.
Und dazu muss man sagen, pünktlich ist bei der DB alles, was bis sechs Minuten zu spät kommt.
Das heißt, es ist ohnehin schon ein, sagen wir mal, großzügiges Maß an Pünktlichkeit.
Und das Verkehrsministerium sagt dazu resignierend, eine Trendwende zum Besseren sei bisher kaum erkennbar.
Außerdem sieht es auch bei den Finanzen der Bahn nicht gut aus.
Philip BanseDie fährt einfach Verluste ein.
Im ersten Halbjahr 2025 sind es 760 Millionen Euro minus.
Insgesamt haben sie so über die letzten Jahre Schulden angehäuft von 22 Milliarden Euro.
Und da sind schon die Erträge reingeflossen, die sie aus dem Verkauf großer Tochtergesellschaften haben.
Also diese Milliardeneinnahmen, die sie dadurch erzielt haben, die sind schon in die Schuldentilgung reingeflossen.
Und trotzdem sind es noch 22 Milliarden Schulden, die da rumliegen.
Ulf BuermeyerDie Infrastruktur der Bahn ist, Zitat, marode, sagt auch das Verkehrsministerium.
Zugleich hat die Bahn auch über 200 Beteiligungen an allen möglichen Unternehmen, die vieles machen, eben nur nicht Züge durch die Lande schicken.
Das sieht das Ministerium kritisch und formuliert, die Bahn sei zu stark verzweigt und das binde Kapazitäten, die von den Kernaufgaben ablenken, Stichwort Management Attention.
Man sollte sich eben einfach nicht verzetteln.
Einfach nicht nur, weil das natürlich Geld bindet, sondern auch, weil es Aufmerksamkeit des Vorstands in Dinge lenkt, die eben nicht dazu beitragen, dass die Züge in Deutschland schneller und besser und zuverlässiger fahren.
Philip BanseUnd dieser Zustand der Bahn, der hat nun sehr viele Ursachen, aber eine Ursache, das ist auch weitgehend unstrittig, ist, der Eigentümer der Bahn hat bisher keine Strategie.
Der Eigentümer der Bahn ist der Bund, vertreten durch das Verkehrsministerium, und da gibt es seit über 30 Jahren keine sogenannte Eigentümerstrategie.
Das hat auch der Bundesrechnungshof mehrfach kritisiert.
Die schreiben: "offen sei die Frage, Zitat, wie viel Bahn zu welchen Kosten will denn der Bund nun haben?" Ohne eine Eigentümerstrategie kann der Bund die Beteiligung weder steuern, noch den Beteiligungserfolg angemessen überwachen, schreibt der Rechnungshof dem Parlament.
Fehlt ohne diese Strategie eine wichtige Basis für Haushaltsentscheidungen.
Ulf BuermeyerDas hat natürlich ganz praktische Folgen, denn konkret geht es um Fragen wie, was soll die Bahn eigentlich leisten?
Gibt es konkrete Zahlen und Ziele, die dann auch zu überprüfen sind?
Soll die Bahn eher den Gewinn maximieren oder das Gemeinwohl dadurch, dass für die Menschen, für die Güter ein umweltfreundliches Verkehrsmittel praktisch und kostengünstig zur Verfügung steht?
Was wollen wir als Gesellschaft eigentlich erreichen mit dieser Bahn?
Wie kommen wir dahin?
Wer hat was bis wann zu tun?
All das müsste sich aus so einer Eigentümerstrategie ergeben.
Und diese Woche hat der Bund als Eigentümer der Bahn nun endlich eine well sort of Strategie vorgelegt.
Philip BanseWar mit Spannung erwartet worden aus dem oben genannten Grund.
Konkret war es so, dass Verkehrsminister Patrick Schnieder von der CDU eben vor die Presse getreten ist und ein rund 30-seitiges Papier vorgestellt hat, das auf den Namen hört "Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene".
Das Wort Strategie fehlt dort.
Ich glaube nicht ganz ohne Grund.
In dieser Agenda sind mehrere Ziele festgehalten.
Zumindest das.
Ganz oben steht Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.
Und so sagte der neue Verkehrsminister von der CDU, Patrick Schnieder:
Patrick SchniederDas ist auch eine Frage des Vertrauens in unserem Staat.
Die Bahn muss funktionieren.
Die Bahn ist für die Menschen da.
Viele setzen das Nicht-Funktionieren bei der Bahn gleich mit einem Nicht-Funktionieren unseres Staates.
Ich halte das für brandgefährlich.
Wir müssen zeigen, dass unser Staat funktioniert und auch zeigen, dass die Bahn funktioniert.
Philip BanseBis 2029 sollen demnach mindestens 70 Prozent der Fernzüge der Deutschen Bahn pünktlich fahren.
Im Nahverkehr soll die Pünktlichkeit dauerhaft bei 90 Prozent liegen.
Das klingt erst mal gut, ist aber weniger als das, was die Bahn bisher angestrebt hat.
Da war das Ziel, nämlich 2029 nicht 70, sondern 80 Prozent der Fernzüge pünklich ans Ziel zu bringen.
Ulf BuermeyerZweites Ziel: Wirtschaftlichkeit.
Da formuliert diese so genannte Strategie einen Fokus auf Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit.
Spätestens ab Ende 2028 soll das gesamte Kerngeschäft des DB-Konzerns positive Betriebsergebnisse erwirtschaften und Stichwort Kerngeschaft.
Darauf soll sich die DB in Zukunft auch konzentrieren, denn die Bahn besteht immer noch aus mehreren hundert Einzelfirmen, also ganz vielen GmbHs und AGs.
Die größten Beteiligungen, nämlich die beiden Töchter Schenker und Arriva, sind zwar inzwischen verkauft, aber das wilde Firmengeflecht der Bahn gilt immer noch als extrem ineffizient, denn jedes einzelne dieser Unternehmen, ob nun Kerngeschäft oder eher Randbereich, hat ja immer gleich Satzungen, Vorstände, Bilanzen und so, da wird einfach unfassbar viel Bürokratie geschaffen und all das lenkt eben auch ab vom Kerngeschäft, nämlich Züge in Deutschland fahren zu lassen.
Philip BanseRichtig.
Und da muss man sagen, waren verheißungsvolle Töne von der neuen Bahnchefin Evelyn Palla zu hören.
Evelyn PallaHeute ist ein Tag des Aufbruchs.
Ein Tag des Neuanfangs für die Deutsche Bahn.
Wir nehmen heute den Taktstock für eine neue Ära in die Hand.
Eine Ära, in der wir uns wieder auf das konzentrieren, was uns im innersten Kern ausmacht.
Das Eisenbahngeschäft, meine Damen und Herren, das Fahren von Zügen.
Ulf BuermeyerUm das Ziel zu erreichen, sollen jetzt eben noch weitere Beteiligungen verkauft werden.
Das ist mit Sicherheit eine sinnvolle Idee.
Außerdem Abbau von Doppelstrukturen und Verwaltung bei der DB AG.
Also da würde ich auch sagen, das klingt total super.
Zum einen sollen da Vorstandsposten gestrichen werden, die im Prinzip dasselbe tun, was Menschen bei der InfraGO zum Beispiel tun.
Das ist mit Sicherheit eine sinnvolle Idee, aber auch diese Zersplitterung der DB AG in, wie gesagt, hunderte einzelner GmbHs, die dann im Zweifel nicht viel mehr tun, als ein paar Gleise verwalten oder einen Bahnhof verwalten.
Das macht auch gar keinen Sinn, da müssten also serienweise Unternehmen wieder verschmolzen werden, um tatsächlich zu einem handlungsfähigen Konzern zu kommen.
Denn das Problem ist halt, wenn du unterschiedliche GmbHs schaffst innerhalb einer Firma, dann fangen die nämlich mit einmal an, sich gegenseitig Rechnungen zu schreiben, obwohl das alles ein Unternehmen ist.
Das heißt also, was da so in den 90ern und frühen 2000ern geschaffen worden ist, durch Aufsplitterung der Bahn in hunderte Einzelunternehmen, das ist im Wesentlichen mega viel Bürokratie.
Das muss weg.
Philip BanseSo, außerdem soll die Sanierung natürlich weitergehen, auch wenn es ein bisschen länger dauert als geplant.
Evelyn PallaNichts wird schnell gehen.
Das ist kein Sprint, die Sanierung der Eisenbahninfrastruktur ist ein Marathon.
Philip BanseDamit die Leute aber sofort merken, dass hier irgendwas anders ist, hat sich das Ministerium ausgedacht, dass es drei Sofortprogramme geben soll für ein besseres Reiseerlebnis.
Zum einen heißt es da mehr Sicherheit und Sauberkeit an Bahnhöfen, ist da die eine Überschrift.
Unter anderem soll da Videoüberwachung zum Einsatz kommen.
Dann heißt es die Strategie einer besseren Kundenkommunikation, da sollen die Anzeigen besser werden.
Der DB-Navigator soll irgendwie die Züge auch anderer Anbieter anzeigen, überhaupt mal anzeigen und besser anzeigen.
Außerdem soll es mehr Komfort in den Zügen des Fernverkehrs geben, zum Beispiel durch zuverlässigere Bistros und eine bessere kulinarische Versorgung.
Ulf BuermeyerJa, also ich würde sagen, das Bordbistro hat sich schon in letzter Zeit deutlich verbessert.
Wenn es auf hat, macht's Spaß, muss ich ganz ehrlich sagen.
Also das Problem ist, dass es halt sehr häufig Störungen gibt, die Spülmaschine kaputt oder Stromausfall im ganzen Bistro und so.
Also ich glaube, ja, über das gastronomische Angebot kann man immer lange diskutieren.
Vor allem wäre es schon mal schön, wenn man sicher wüsste, dass in jedem Zug des Fernverkehrs ein Bistro auch wirklich geöffnet hat.
Philip BanseSchienen und Bahnhöfe, das ist natürlich ganz zentraler Bestandteil dieser Bahnen.
Schienen und Bahnhöfe, das ist ja schon länger bekannt, sollen nicht zwingend Gewinn für die DB AG erwirtschaften, sondern sie sollen im Sinne des Gemeinwohls betrieben werden.
Und zuständig dafür ist diese Bahntochter InfraGO.
Das ist eben eine Bahntochter, aber eben keine normale Bahntochter, weil sie eben gemeinwohlorientiert arbeiten soll.
Bisher aber ist das Problem der InfraGO, dass sie noch viel zu eng mit dem Rest der deutschen Bahn verwoben ist.
Ulf BuermeyerAlso das ist natürlich ein riesengroßes Politikum, das haben wir in der Lage auch schon häufiger angesprochen.
Es ist jetzt immerhin schon mal ganz viel an Hardware gebündelt bei der InfraGO.
Aber die große Frage war immer, soll diese Hardware rausgelöst werden aus dem Bahnkonzern?
Das war immer so dieses Stichwort Trennung von Betrieb und Netz zum Beispiel.
Soll es also quasi eine Firma geben, die dafür sorgt, dass Bahnhöfe und Gleise in Schuss sind und daneben die DB AG?
Oder soll diese Hardwarepflege unter dem Dach der DB AG passieren?
Der Nachteil, wenn das im Konzern bleibt, ist halt, dass der Durchgriff so ein bisschen schwieriger ist.
Denn wenn die InfraGO nicht direkt dem Bund gehört, sondern wenn die InfraGO der DB AG gehört, dann kann der Bund eben auch nur mittelbar steuern, was bei der InfraGO passiert.
Aber gut, dafür gibt es momentan keine politischen Mehrheiten.
Vor allem die SPD war immer der Meinung, die InfraGO soll im DB Konzern bleiben.
Aber immerhin möchte man trotzdem mit anderen Mitteln versuchen, möglichst klar zu programmieren, was die InfraGO so tut.
Philip BanseRichtig.
Momentan ist die InfraGO noch weisungsgebunden.
Also wenn der Vorstand der DB AG sagt, InfraGO, bitte mach mal hier, dann muss die InfraGO aktuell machen.
Das soll abgeschafft werden.
Zumindest soll der Aufsichtsrat der Bahn da einmal mitreden können, bevor solche Anweisungen durchgereicht werden, von der Bahn an die InfraGO und die Gewinne, die die InfraGO macht, indem sie Trassenpreise kassiert von Schienenunternehmen wie der DB Fernverkehr oder wie FlixTrain, diese Gewinne, die sollen eben dann wieder zurückfließen in die Infrastruktur, in die Schienen und nicht irgendwo im Bahnkonzern versickern.
Ulf BuermeyerDas scheint mir schon ganz wichtig zu sein, damit eben natürlich auf der einen Seite ein Anreiz besteht, vielleicht ein bisschen Einkünfte zu erzielen mit der Infrastruktur.
Aber dieses Geld sollte natürlich dann schon im Bahnsystem bleiben und nicht, keine Ahnung, beim Bund landen.
Philip BanseUm das uns mal näher analysieren zu lassen und erläutern zu lassen, haben wir uns verabredet mit Dirk Flege.
Er ist Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.
Das ist eine gemeinnützige Interessenorganisation, wie sie schreiben.
Beförderung und Verbesserung des Schienenverkehrs ist ein ganz interessanter, weil bunter Zusammenschluss, nämlich der Zivilgesellschaft und der Bahnbranche.
Da sind insgesamt vereint rund 200 Unternehmen und Verbände mit über 2,5 Millionen Einzelmitgliedern insgesamt.
Das reicht irgendwie von Umweltverbänden über Verkehrsunternehmen bis zu Gewerkschaften, Finanzdienstleistern, Hochschulen, Fahrzeugherstellern und eben auch Verbraucherschutzorganisationen.
Also ein sehr, sehr buntes Bündnis mit einer breiten Interessenvertretung.
Ganz herzlich Willkommen in der Lage, Herr Flege.
Dirk FlegeHallo, ich grüße Sie!
Ulf BuermeyerHerr Flege, Sie haben ja vor Tagen geschrieben, Kern einer solchen Bahnstrategie ist die klare Definition von Rollen, Verantwortlichkeiten und Zielen.
Und jetzt hat der Bundesverkehrsminister die sogenannte Eigentümerstrategie für die Bahn vorgelegt.
Was sagen Sie, erfüllt die vorgelegte Strategie diese von Ihnen aufgestellten Anforderungen?
Dirk FlegeNoch nicht wirklich.
Also ich würde auch gar nicht von einer Strategie sprechen, sondern es ist die Grundlage für eine Eigentümerstrategie, weil einfach noch zu viel fehlt, um wirklich von einer Strategie sprechen zu können.
Und was die klaren Verantwortlichkeiten anbelangt, da haben wir mehr Orientierung zwischen Bund und der bundeseigenen DB AG, was die Rollenverteilung anbelangt, als in den vergangenen Monaten und Jahren.
Aber noch lange nicht die Klarheit, die wir uns als Allianz pro Schiene da wünschen.
Philip BanseKurz nochmal die Frage, Sie sagen, weil so viel fehlt, was fehlt denn?
Dirk FlegeJa, zum Beispiel eine saubere Ausbuchstabierung, was der Bund unter dem Gemeinwohlbegriff versteht.
Und das hat auch was mit der Rollenverteilung zu tun, weil für's Gemeinwohl ist die Politik verantwortlich.
Für das, was unternehmerisch passiert bei einzelnen Bahnen oder Teilbereichen der DB AG, ist das Unternehmen verantwortlich.
Und ich will es an einem Beispiel plastisch machen.
Das was der Herr Schnieder in den Eckpunkten zur Reform der Deutschen Bahn AG vorgestellt hat, betrifft unter anderem auch DB Fernverkehr, also die weiße Flotte der Bahn, die ICEs und die Intercities.
Die sollen, da steht es ganz klar drin, die sollen nicht gemeinwohlorientiert sein, sondern betriebswirtschaftlich rentabel arbeiten.
Da wird mit Zieljahren sogar gearbeitet, bis wann man die schwarzen Zahlen erreicht haben muss.
Die machen im Moment Verlust, in Klammern.
Die sollen also schwarze Zahlen schreiben.
Klare Ansage, kein Gemeinwohl, betriebeswirtschaftliche Herangehensweise.
Und in demselben Papier, was der Schnieder vorgestellt hat, in diesen Eckpunkten zur Reform der DB AG, steht drin, dass der Bund als Eigentümer von DB Fernverkehr, also der DB, erwartet, dass die Toiletten besser werden in den ICEs.
Schön und legitim, freuen wir uns.
Wir haben ja auch die Fahrgastverbände bei uns organisiert.
Aber das passt von der Rollenverteilung her nicht.
Also entweder sagt der Eigentümer, bleibt mir vom Hals, verdiene Geld mit deinen ICEs und alles ist deine Sache.
Oder er sagt, verdiene Geld und ich quatsch dir trotzdem rein und sage, wie du die Leistung zu erbringen hast.
Und dann kommt wieder der in unseren Augen nicht ehrliche Aufschrei in der Politik, wenn so etwas wie die Familienreservierung auf einmal kostenpflichtig wird, dann bis zu Lars Klingbeil fühlen sich alle bemüßigt, das zu kritisieren.
Das ist aber derselbe Eigentümer, der vorher gesagt hat, bleib mir vom Hals, verdiene Geld.
Und wenn die DB sagt, das ist nicht mehr kostendeckend und wir haben da Betrugsfälle und andere Sachen, dann gibt es aber die gleiche Empörung bei der Politik.
Das meine ich damit, mit der Klarheit.
Die ist noch nicht so, wie sie sein müsste und das ist immer noch der alte Mischmasch.
Man will überall mitreden als Politik, aber man ist für nichts verantwortlich.
Das macht uns alle so mürbe, dass man auch bei den Sachen, die nicht funktionieren bei der Bahn, niemanden packen kann.
Ist es jetzt die Politik?
Ist es das Management?
Das ist genau Kern des Problems und da brauchen wir mehr Klarheit.
Ulf BuermeyerSie haben jetzt schon darauf hingewiesen, dass das Konzept des Verkehrsministers da in sich widersprüchlich sei.
Aber der Fokus auf Wirtschaftlichkeit, der wird ja auch viel grundsätzlicher kritisiert.
Die Bahn soll in drei Jahren wieder Gewinn einfahren.
Und Thorsten Koska vom Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie kritisierte das mit folgenden Worten.
Philip Banse"Durch den Fokus auf eine dauerhafte Wirtschaftlichkeit besteht die Gefahr, sagt er, Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
Mit dem Ziel der Profitabilität wurden Reserven in Personalzügen, Wartungsintervallen und Infrastruktur abgebaut, die für ein zuverlässiges System aber wichtig sind.
Für die Zukunft ist zu befürchten, dass mit dem Profitabilitätsziel viele notwendige Maßnahmen nur in abgespeckter Form oder zeitlich verzögert umgesetzt werden, ob in der Digitalisierung, der Zuverlässigkeit der Züge, dem Streckennetz oder der Qualität der Bahnhöfe." Zitat Ende.
Hat er Recht?
Dirk FlegeHat er.
Wir haben das ganz klar bei der Infrastruktur, wo wir auch diesen Eiertanz haben zwischen Profitabilität und dem Gemeinwohlanspruch, da ist es ja eigentlich am klarsten.
Ich glaube, fast alle Menschen in Deutschland würden sagen, Mensch, die Schieneninfrastruktur natürlich ist das Daseinsvorsorge, genau wie Straßen, da guckt ja auch keiner, dass irgendeine Kreisstraße in Mecklenburg-Vorpommern Gewinn abwirft.
Da weiß kein Mensch, was an Kosten anfallen und Einnahmen gibt es da schon mal gar nicht.
Aber bei der Bahn wird für jeden Kilometer immer noch verlangt, dass man sich betriebswirtschaftlich irgendwie rechnet.
Wenn nicht, dann wird es stillgelegt.
Das ist schon mal der erste Unterschied.
Und wenn das Schienennetz, was wir ja auch alle wollen und was auch die Politik seit Jahren will, wenn das erweitert werden soll, wir also neue Strecken bauen möchten oder auch nur neue Strecken planen möchten, dann wird bis heute von der Politik verlangt, dass die Deutsche Bahn AG einen Eigenanteil dazu tut bei der Planung.
Das ist immer so ein zweistelligen Prozentbereich, 10, 15, manchmal sogar bis zu 20 Prozent Eigenanteil.
Und das kommt noch aus dieser alten Börsenbahnlogik heraus, dass man sagt, nur wenn die Deutsche Bahn AG, Aktiengesellschaft, der Meinung ist, man kann damit betriebswirtschaftlich Geld verdienen, nur dann bauen wir die Strecke auch tatsächlich, die der Bund ja vorher im Bundestag beschlossen hat, dass sie gebaut werden soll.
Und das führt zu diesem Schwergang.
Und solche Beispiele kann man überall finden, dass man immer noch diese Börsenbahnlogik sowohl bei der Infrastruktur hat, aber eben auch beim Eisenbahnverkehr auf den Schienen.
Ich habe hier eben das mit dem Fernverkehr als Beispiel genannt.
Das kann man beliebig weiter durchdeklinieren mit dem Schienengüterverkehr.
Also er hat Recht, der Professor.
Das ist zu viel ein Augenmerk auf die Gewinnorientierung, auf das Betriebswirtschaftliche und das Volkswirtschaftliche fällt bis heute systematisch hinten runter.
Philip BanseAber was wäre denn Ihre Antwort?
Also wenn man jetzt sieht, die Bahn wird getrennt in diese gemeinwohlorientierte Infrastruktursparte.
Reden wir gleich noch darüber.
Und dann gibt es halt im Kern diese großen Eisenbahnunternehmen, Cargo für Frachtverkehr, Regio für Regionalverkehr und DB Fernverkehr für eben ICEs und ICs.
Die fahren aktuell Verluste ein.
Was ist denn Ihre Antwort, wenn da nicht auf Gewinn gefahren werden soll, wenn die nicht in drei Jahren Gewinn machen sollen?
Was ist dann Ihre Antwort, wie sollen diese Unternehmen, wie soll der Fernverkehr betrieben werden?
Dirk FlegeMeine Antwort ist, dass wir nicht zurückwollen zu einer völligen Staatsbahn und alles ist egal und keiner hat mehr Transparenz und keiner guckt mehr auf Effizienz.
Das ist nicht die Antwort, also zurück in die Vergangenheit, nein.
Die Antwort kann nur nach vorne gerichtet sein, dass man sagt, ja, Wettbewerb ist gut, betriebswirtschaftlicher Effizienzsanspruch ist gut, aber wir müssen uns ehrlich machen, wenn Zielkonflikte da sind mit dem Gemeinwohl.
Und wir haben das erlebt bei Corona.
Was hätten wir für einen Bahnverkehr in Deutschland gehabt, wenn wir nur auf die Betriebswirtschaft geguckt hätten.
Natürlich ist da die Bahn AG in der Rechtsform der Aktiengesellschaft in Vorleistung gegangen.
Die Politik hat verlangt und gewünscht, dass Züge weitergefahren werden, auch wenn sie leer waren und nicht betriebswirtschaftlich rentabel.
Das ist gut so.
Wir haben das Gleiche im Schienengüterverkehr.
DB Cargo macht seit Jahren betriebwirtschaftlich negativ Schlagzeilen, was nicht schön ist, weder für den Steuerzahler, noch für die Beschäftigten dort, noch für die Volkswirtschaft.
Aber auch da wieder, da sind wir wieder bei der Infrastruktur.
Der Einzelwagenverkehr, der dort besonders im Feuer steht, auch betriebswirtschaftlich, der kann sich nicht wirklich rechnen bei den Wettbewerbsbedingungen, die der Bund zwischen Güterbahn und LKW darstellt.
Das heißt, da könnte man unter Gemeinwohlaspekten sagen, wir fördern die letzte Meile, die man braucht, um diese einzelnen Waggons zuzustellen.
Das kann man, wenn man das politisch diskutiert, kombinieren.
Dass man sagt, DB Cargo als Unternehmen muss betriebswirtschaftlich rentabel fahren und wir ergänzen und flankieren durch eine Förderung bei der letzten Meile das Ganze volkswirtschaftlich.
Das meine ich mit ehrlicher Debatte, nicht zurück zur Staatsbahn, aber auch nicht, wie es jetzt weiterhin den Anschein hat, dieser Chimäre nach zu jagen, Betriebswirtschaft schlägt alles und über Volkswirtschaft und Verlagerung auf die Schiene reden wir nur in Sonntagsreden.
Ulf BuermeyerAber müsste man sich dann nicht einfach auch ehrlich machen und sagen, eine Bahn muss keinen finanziellen Gewinn abwerfen, sondern eine Bahn wird betrieben für einen Gewinn für das Gemeinwohl?
Dass man eben halbwegs kostengünstig von A nach B kommt, dass Güter eben in Zukunft idealerweise nicht mehr mit dem Lkw, sondern überwiegend mit der Bahn transportiert werden?
Dirk FlegeWäre schön, aber wir haben nun mal auch eine Einbettung in EU-Recht.
Dort sind wir, ob wir wollen oder nicht, auch zu Wettbewerb teilweise verdammt.
Ich weiß jetzt schon, dass es jede Menge Klagen ab dem Zeitpunkt X sofort geben würde in Minutenschnelle, wenn Herr Banse und Herr Flege jetzt sagen, wir machen DB Cargo zu einer Staatsgüterbahn und wir gucken nur volkswirtschaftlich.
Inhaltlich habe ich dafür eine Menge Sympathie, dann kommen aber die mehreren hundert Güterbahnen, die hier auf dem Netz in Deutschland fahren und nicht bundeseigen sind, nicht DB Cargo sind, die kommen sofort und sagen, der wird im Wettbewerb bevorzugt.
Philip BanseAber was ist denn dann Ihre Antwort, wenn Sie sagen, okay, meinetwegen Fernverkehr ist volkswirtschaftlich nicht mit betriebswirtschaftlichen Gewinn zu fahren.
Siehe Corona.
Der Staat muss sich ehrlich machen und er sagt, es soll effizient sein und die sollen auch ihr Geld verdienen, aber um ins Plus zu kommen, muss der Staat einen gewissen Anteil meinetwegen vom Fernverkehr subventionieren.
Dirk FlegeGenau.
Die Antwort ist, dass wir wie im Schienenpersonennahverkehr Wettbewerb und Daseinsvorsorge, also diesen volkswirtschaftlichen Aspekt, kombinieren.
Wir haben im Schienenpersonennahverkehr einen Wettbewerb um die Märkte.
Das heißt, da schreibt ein Verkehrsverbund ein Teilnetz aus.
Brandenburg-Nord, sag ich mal jetzt so als Arbeitstitel, macht der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg.
Das sind zwei Hauptstrecken an die Ostsee, wo man jede Menge Geld verdienen kann und das sind irgendwelche kleinere Nebenstrecken.
In die Uckermark, wo kaum jemand mitfährt.
Das kombiniert man in einem Bündel und sagt, wir schreiben das aus und jetzt könnt ihr Bahnen euch bewerben und guckt, dass ihr unterm Schnitt eine positive Rendite erwirtschaftet, egal ob das DB Regio ist oder eine Wettbewerbsbahn.
Das funktioniert vom Grundsatz her, ein Wettbewerb um den Markt, der Staat greift ordnend ein, indem er das zuschneidet und kombiniert mit Gemeinwohl und betriebswirtschaftlichen Anreizen.
Und wenn wir beim Fernverkehr sind, bei den ICEs, da haben wir den Deutschlandtakt.
Da gibt es ein Zielbild, wo wir hin möchten im Jahre 2035, wie die Menschen besser angebunden sein wollen.
Da könnte man diese Idee, die wir im Nahverkehr in Deutschland haben, dass man einen Wettbewerb um die Märkte macht, wo der Staat sozusagen Rennstrecken, mit denen man viel Geld verdienen kann, egal ob Flixtrain oder die DB das macht, dass man das kombiniert mit irgendeiner Strecke nach Thüringen, wo die DB jetzt sagt, rechnet sich betriebswirtschaftlich nicht.
Wir stellen unseren ICE-Verkehr ein.
Das kann man genau wie im Nahverkehr kombinieren und die Schweizer machen das so.
Die machen auch im Fernverkehr, schreiben die das aus und sagen, jetzt könnt ihr euch um diese Teilnetze bewerben.
Ulf BuermeyerDie Politik entscheidet, wir wollen diese Bahnleistung im Fernverkehr, diesen Takt, diese Verbindung, die wollen wir haben.
Das schreibt man halb in einen neuen Bundesverkehrsplan rein, demokratisch abgesichert und dann schaut man halt, welches Unternehmen das anbieten kann, so analog zum Regionalverkehr.
Dirk FlegeDas wäre eine Möglichkeit.
Ulf BuermeyerEtwas einfacher ist das mit dem Gemeinwohl ja bei der Infrastruktur der Bahnen.
Dafür zuständig ist die InfraGO, also die Bahntochter, die Bahnhöfe und Schienen in Schuss halten soll.
Das ist eben keine normale Bahntochter, sondern die ist dem Gemeinwohl verpflichtet.
Sie soll Gewinne beim Betrieb des Netzes, der Bahnhörfe und so weiter auch wieder reinvestieren.
Neuer Chef dieser InfraGO soll nun ausgerechnet Dirk Rompf werden.
Der war schon mal von 2014 bis 2019 bei der Bahn ausgerechnet für den Bereich Netzplanung und Großprojekte zuständig, also für jenen Bereich, wo Infrastruktur kaputtgespart wurde.
Nicht nur in seiner Zeit, aber auch in seiner Zeit.
Kann dieser Mann die Infrastruktur der Bahn in die Zukunft führen?
Dirk FlegeJa, ich kenne ihn seit vielen Jahren.
Der kann das.
Aber er kann es nur, genau wie jeder andere, im engen Zusammenspiel mit der Politik und gerade bei der Infrastruktur, das steht auch in den Eckpunkten, die Herr Schnieder gestern vorgestellt hat, gerade bei Infrastruktur muss es eine ganz klare Aufgaben- und Rollenverteilung geben, ein Besteller- und ein Erstellerprinzip.
Das heißt, der Bund sagt, wo er hin möchte mit der Schieneninfrastruktur, glasklar, und finanziert das auch und redet nicht nur davon, sondern es ist verbindlich.
Und die DB InfraGO, egal wer der Chef ist, die DB InfraGO setzt das um.
Und wenn die InfraGO das nicht so umsetzt, wie das vereinbart ist zwischen Bund und InfraGO, dann gibt es entweder keine Boni für bestimmte Ziele, die man dann sich gesetzt hat, oder im allerschlimmsten Fall muss dann die Person wieder gehen.
Aber das kann der Herr Rompf genauso, wie dass der Herr Nagel, der der jetzige Chef der InfraGO ist, der kann das auch.
Also die Person ist gar nicht das Hauptentscheidende, sondern viel wichtiger ist das Zusammenspiel zwischen Politik und DB InfraGO und die Verbindlichkeit und das Ehrlichmachen und die klare Rollenverteilung.
Da mangelt es nach wie vor und übrigens der Gemeinwohlanspruch ist zwar klar im Titel bei DB InfraGO.
Go kommt ja von Gemeinwohlorientiert, aber er ist bis heute Theorie.
Ich habe es ja eben gesagt mit diesen 10-20% Eigenanteil und betriebswirtschaftlicher Börsenbahnlogik.
Das ist ja auch in Reinkultur nicht da, das ist genau wie so vieles in der Bahnpolitik in Deutschland, ist das wie so ein Zwitter, das nicht Fisch, nicht Fleisch, das muss mal klar sortiert werden nach diesem Besteller und Erstellerprinzip und das steht noch vor uns als Aufgabe.
Philip BanseNeben der Wirtschaftlichkeit legt der Verkehrsminister, das Verkehrsministerium sehr großen Wert und sehr großen Fokus auf Zuverlässigkeit, vor allem hier Pünktlichkeit.
Die Gehälter der Vorstände sollen an Pünktlichkeit geknüpft werden.
Das klingt natürlich für viele erstmal gut, weil die Bahn unpünktlich ist.
Viele wollen Pünktlichkeit.
Jetzt werden die Vorstände an der Pünktlichkeit gemessen.
Aber wir haben uns gefragt, ob das nicht die Gefahr birgt, dass Sanierungen zum Beispiel verschleppt werden, weil sie natürlich Pünktlichkeit zumindest erstmal für die nächsten Jahre torpedieren und die Vorstände aber sagen, wir kriegen mehr Geld, wenn wir pünktlicher sind, lass mal die Sanierung Sanierung sein, Hauptsache die Züge fahren jetzt mal pünklich erstmal?
Was sagen Sie?
Dirk FlegeVöllig richtige Überlegung.
Wenn man es gut meint, aber nur ein einziges Ziel in die Zielvereinbarung zwischen Bund und DB Vorstand schreibt, nämlich die Pünktlichkeit, kann das mächtig nach hinten losgehen.
Der Bahnverkehr ist viel zu komplex, als dass man ihn mit einer einzigen Kennzahl messen kann.
Und die Pünktlichkeit klingt sympathisch.
Wir alle wollen pünktlichere Züge und denken, ja super, wenn die Zügen nicht pünklich sind, dann soll der Vorstand auch keinen Bonus bekommen.
Alles richtig.
Aber das führt dann zu solchen Dingen, wie wir es jetzt auch in diesen Tagen lesen dürfen, solche Debatten oder zumindest Verdächtigungen, dass dann auf Weisung des Managements vielleicht sogar der ein oder andere Zug ausfällt oder vorher umkehren muss, damit die Pünktlichkeitsziele des Vorstandes nicht gefährdet werden, weil ausgefallene Züge zählen nicht in der Pünktlichkeitsstatistik mit, was übrigens aus Reisendensicht ein Unding ist, auch aus Steuerzahlersicht.
Wir alle wollen ja, dass mit dem vielen Geld ein bestmöglicher Schienenverkehr hier in Deutschland geliefert wird.
Und wenn man da die Statistik in der Form schönt, dass man sagt, ausgefallene Züge gehen nicht zulasten der Pünktlichkeitsstatistik, ist das nicht schön und das wird durch solche Anreize im Zweifelsfall befördert.
Philip BanseAlso sie beziehen sich auf einen Bericht des Spiegels, wonach eben die Bahn Züge ausfallen lässt oder lieber leerfahren lässt, um diese Statistik zu verbessern.
Muss man dazu sagen, die Bahn bestreitet das.
Dirk FlegeDie Bahn bestreitet das, aber es ist Tatsache, dass heute viel früher Züge komplett abgesagt werden, wenn Sturm im Anmarsch ist, wenn Schneeflocken fallen.
Das haben wir früher in der Form alles nicht gehabt.
Dass ganze Netze stillgelegt werden, wenn sich Sturm ankündigt.
Also da ist schon ein Wandel in der Praxis zu bemerken.
Und dass da die Anreize die eine oder andere Rolle mitspielen können, ist so abwegig nicht.
Ulf BuermeyerDer Bundesrechnungshof hat kritisiert, nicht nur fehle dem Bund eine Strategie, sondern vor allem auch Wille und die nötigen Strukturen, um seine politischen Vorgaben bei der Bahn dann letztlich auch durchzusetzen.
Und daran, so eben die Kritik, ändere auch der neue Bundesverkehrsminister Schnieder nichts, sondern übergebe diese Verantwortung an die neue Bahnchefin.
Was sagen Sie?
Sind die Controlling-Strukturen quasi vom Eigentümer in die DB AG stark genug?
Dirk FlegeJa, wir haben jetzt eben die ganze Zeit Schwachpunkte identifiziert und auch viel kritisiert habe ich.
Jetzt will ich mal ausdrücklich was Positives sagen.
Also in diesen Eckpunkten zur Reform der Deutschen Bahn AG stehen ganz tolle und wichtige Sachen drin, die wir auch als Allianz pro Schiene und auch viele andere Bahnverbände in Deutschland seit Jahren fordern, was nämlich genau diese Steuerung anbelangt.
Da ist die Rede von einem Infraplan, von einem Eisenbahninfrastrukturfonds.
Also da sind Instrumente aufgezeigt im Zusammenspiel, die dem Bund es wirklich ermöglichen, seine Eigentümerfunktion gut wahrzunehmen und auch über die Legislaturperiode hinaus eine gewisse Ruhe ins System bringen kann und auch eine Stringenz in der Bahnpolitik.
Da können wir lernen aus Österreich, die haben so einen sogenannten Rahmenplan, bei uns heißt der dann Infraplan, alles schreckliche, abstrakte Wörter.
Das sind aber genau diese Steuerungsinstrumente.
Die sind jetzt angelegt, konzeptionell, die müssen mit Leben gefüllt werden, gesetzlich verankert und finanziell verbindlich gemacht und das mindestens hier in Deutschland für fünf Jahre, das hieße über diese Legislatur hinaus und dann kommt der Bund tatsächlich in die Lage, die Deutsche Bahn AG endlich vernünftig zu steuern und wir machen nicht immer nur von Haushaltsjahr zu Haushaltsjahr und von Regierungswechsel zu Regierungswechsel hü und hott.
Also insofern, die Kritik des Rechnungshofes ist berechtigt.
Sie ist seit Jahren vorhanden, es ist auch identisch mit dem, was die Bahnverbände sagen.
Aber wir haben jetzt auf der intellektuellen, auf der konzeptionellen Ebene, ich sage bewusst noch nicht strategisch, aber auf dieser konzeptionellen Ebene haben wir das Instrumentarium identifiziert, gemeinsam Politik und Bahnverbände, und jetzt muss es mit Leben gefüllt werden.
Das ist wiederum dann die politische Aufgabe.
Ulf BuermeyerJa, letzte Frage.
Kein Wort findet sich in der Strategie zu dem Punkt, dass ja eigentlich mehr Menschen die Bahn nutzen sollen statt z.B.
das Auto und dass auch mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlagert werden sollen.
Was würden Sie sagen?
Waren die da bisher formulierten Ziele eh unerreichbar oder ist der Minister hier einfach zu unambitioniert?
Dirk FlegeAlso die bisherigen Ziele waren nicht objektiv unerreichbar, sie sind dann unerreichbar, wenn die Politik nur Ziele proklamiert und keine Strategie mitliefert und auch selber nicht den eigenen Beitrag dazu leistet, was in der Vergangenheit nicht der Fall war.
Insofern waren sie unter diesen Randbedingungen illusorisch.
Von der Sache her, wenn die Politik alles richtig macht und die Bahn auch funktioniert, dann kann man sie erreichen.
Was wir jetzt kritisieren, ist, dass diese Ziele komplett über Bord geschmissen worden sind, das Pendel mal wieder von einem Extrem zum anderen schlägt.
Jetzt heißt es nur noch, wir reparieren das bestehende Schienennetz, wir sanieren, wir fahren auf Sicht, wir haben gar keine Ziele mehr.
Das ist mir zu wenig und so wird auch keine gute Strategie draus.
Wenn man keine ambitionierten Ziele hat, die man auch konkretisiert, es ist ja kein einziges Marktanteilsziel für den Schienenverkehr in diesen Eckpunkten enthalten, dann kommt da auch keine ambitionierte Strategie raus.
Also das ist jetzt zu sehr von einem Extrem ins andere.
Auch hier muss die Politik sich nicht nur ehrlich machen, sondern eben auch den Gestaltungsanspruch beibehalten, dass man die Zukunft positiv gestalten möchte und nicht nur den Status quo verwalten und verbessern möchte.
Philip BanseVielen Dank.
Das war Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene zur Strategie, zu den Eckpunkten einer Strategie des Bundesverkehrsministeriums für die Deutsche Bahn.
Herzlichen Dank, Herr Flege.
Dirk FlegeIch danke Ihnen!
Ulf BuermeyerIn der letzten Woche hatten wir ja darüber berichtet, dass die Disney-Company den Comedy-Host Jimmy Kimmel in den Vereinigten Staaten abgesägt hat.
Er hatte in seiner letzten Late-Night-Show gesagt, so sinngemäß, die MAGA-Gang, also diese Bewegung, wie man die definieren will, die vor allem Donald Trump unterstützt, die mache alles dafür, um den Eindruck zu erwecken, der Attentäter, der Charlie Kirk erschossen hat, der sei alles, nur eben niemand von ihnen, niemand aus der MAGA-Gang.
Und daraufhin drehte, muss man ganz ehrlich sagen, die MAGA-Seite ziemlich frei und der von Donald Trump de facto kontrollierte Chef der Behörde FCC drohte, entweder Disney macht was gegen Jimmy Kimmel oder wir werden uns dieser Sache annehmen.
Philip BanseRichtig und das war halt ein großes Zeichen für viele, dass es mit der Meinungsfreiheit in USA steil bergab geht.
Wir haben das ja auch durchdekliniert.
Der Weg zur Autokratie und gleichzeitig und das war dann auch so der Anlass, warum es da viel Protest gegeben hat, sehen darin doch viele eine Heuchelei vor allen Dingen der Republikaner auf allen Ebenen.
Jahrelang haben die Republikaner eben freie Meinungsäußerung, free speech, hochgehalten, haben sich beklagt über angebliche cancel culture, dass rechtsextreme, weiß ich nicht, von Unis ausgeladen werden oder eben rechtsextreme Accounts bei Social Media gesperrt werden und nun setzen sie sogar staatliche Macht, setzen sie Behörden darauf an, um zu verhindern, dass Dinge gesagt werden in den Medien, die ihnen nicht passen und vor diesem Hintergrund hat sich also ein wahrer Shitstorm, muss man sagen, gegen die Muttercompany Disney entfaltet.
Ulf BuermeyerKann man schon sagen.
Also da gab es große Demos vor den Studios in Kalifornien, unterstützt auch von Gewerkschaften zum Beispiel, die den Eindruck haben, so wollen wir uns nicht reinregieren lassen in unsere künstlerische Produktion.
Zahlreiche Stars, viele davon mit engen Verbindungen auch zum Disney-Konzern, hatten sich in den vergangenen Tagen sehr deutlich geäußert, unter anderem Pedro Pascal, wer ist das?
Philip BanseDas ist der Typ, der den Mandalorian spielt.
Du-du-du, du-du.
Okay.
Pedro.
Pedro jedenfalls.
Der große Star im Disney-Universum hat irgendwie auch gesagt, also Leute, so geht's nicht.
Bitte freie Meinungsäußerung, dafür sollten wir einstehen.
Ulf BuermeyerUnd der Disney-Konzern bekam Gegenwind sogar von Republikanern, das finde ich persönlich besonders spannend.
Vor allem der republikanische Senator Ted Cruz hat sehr deutlich kritisiert, dass in dieser Art und Weise gerade auch mit staatlichen Machtmitteln, mit der Behörde FCC, reinregiert werde in einen Unterhaltungskonzern.
Ähnlich äußerte sich sein Kollege Mitch McConnell.
Und das ist deswegen auch so interessant, weil ja tatsächlich die republikanische Seite eben jahrelang free speech hochgehalten hat, jedenfalls offiziell, und sich beklagt hat über Cancel Culture.
Und nun setzen sie selbst staatliche Macht ein, um Jimmy Kimmel zu canceln.
Das passt nicht zusammen.
Und da fand ich schon interessant, dass Ted Cruz, Mitch McConnell und auch ein paar andere sehr deutlich gesagt haben, Leute, das geht nicht.
Es gibt nicht free speech nur für eine Seite.
Wenn man free speech hochhält, dann muss das auch für Meinungen gelten, die man selber eigentlich inhaltlich falsch findet.
Philip BanseSo, und viele haben dann auch das Abo gekündigt bei Disney, auch Howard Stern hat gesagt, der populäre Radio-Host hat gesagt, ich habe bei Disney+ gekündig.
Alles in allem hat das dann zu einer sehr erstaunlichen Wendung geführt, dass Disney nämlich zurückgerudert ist und haben am Montag, glaube ich, ein Announcement veröffentlicht, was sich liest wie folgt:
Ulf Buermeyer"Am vergangenen Mittwoch haben wir beschlossen, die Produktion der Show auszusetzen, um eine angespannte Situation in einem für unser Land emotionalen Moment nicht weiter anzuheizen.
Wir haben diese Entscheidung getroffen, weil wir der Meinung waren, dass einige der Kommentare unangebracht und daher unsensibel waren.
Wir haben die vergangenen Tage damit verbracht, intensive Gespräche mit Jimmy zu führen und nach diesen Gesprächen haben wir beschlossen, die Show am Dienstag wieder aufzunehmen."
Philip BanseUnd so ist also Jimmy Kimmel am Dienstagabend wieder on air gegangen.
Ich glaube nicht, dass man sagen kann, dass er sich entschuldigt hat, aber das war schon sehr nah dran.
Ulf BuermeyerUnd er hat vor allem auch Brücken gebaut zur republikanischen Seite und hat sich insbesondere nämlich bei den Republikanern bedankt, die eben free speech hochgehalten haben, obwohl sie in der Sache natürlich Jimmy Kimmel zutiefst ablehnen.
Philip BanseAlso unter Tränen hat er Folgendes gesagt:
Jimmy KimmelI do wann make something clear because it is important for me as a human and that is, you understand that it was never my intention to make light of a murder of a young man.
I don't think there is anything funny about it.
I posted a message on Instagram on the day he was killed, sending love to his family and asking for compassion and I meant it.
I still do.
Nor was it my intention to blame any specific group for the actions of what was cleary a deeply distrubed individual.
That was really the opposite of the point I was trying to make but I understand that to same that felt either ill-timed or unclear or maybe both and for those who think I did point a finger, I get why you are upset.
If the situation was reversed, there was a good chance I'd have felt the same way.
Ulf BuermeyerAlso ich finde daran so ermutigend, Philip, dass auch in den USA auf dem Weg in die Autokratie die Zivilgesellschaft tatsächlich noch was erreichen kann.
Das macht doch irgendwie Mut zu sehen.
Ein breiter zivilgesellschaftlicher Protest, natürlich auch Abo-Kündigungen, also wirtschaftlicher Druck, können noch was erreichen, können Unternehmen dazu bringen, quasi nicht 100 Prozent sich so zu verhalten, wie das die Trump-Regierung von ihnen verlangt.
Philip BanseAber ich würde sagen, damit ist jetzt der Weg in die Autokratie nicht beendet.
Also man muss ja sehen, dass ganz viele dieser Firmen, die da von Trump angegriffen werden, kommerzielle Interessen verfolgen.
Also die Muttergesellschaften vieler Medienformate, sei es jetzt ABC oder Disney, haben halt mehr oder weniger große Merger-Vereinigungen, Käufe von anderen Firmen vor sich, für die sie die Einwilligung dieser Behörde brauchen.
Und ich habe große Zweifel daran, dass die Behörde, orchestriert von Trump, nicht staatliche Macht einsetzen wird, um die auch eben in eine Richtung zu bewegen, die ihm genehm ist.
Ulf BuermeyerWir haben eine kleine Korrektur vorzunehmen, und zwar geht es da um die Berufsbezeichnung von Alfons Mais.
Das ist der militärische Chef des Heeres innerhalb der Bundeswehr und sein Titel ist, der ist Inspekteur des Heeres.
Und dann gibt es noch den Generalinspekteur der Bundeswehr.
Dessen Name ist Carsten Breuer, das ist der höchste Soldat der Bundeswehr insgesamt.
Also nochmal die Berufsbezeichnung sind Inspekteur des Heeres und Generalinspekteur der Bundeswehr.
Philip BanseWir hatten ja in einer der letzten Lagen hier Berichte über den Energiewendemonitor und die 10 Punkte, die das Ministerium daraus abgeleitet hat.
Also der Energiewendemonitor ist eine Metastudie zum Stand der Energiewende in Deutschland und Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hatte daraus 10 Punkte destilliert, was sie denn politisch nun damit anzufangen gedenkt.
Ulf BuermeyerUnd was daran schon irritierte, ist, dass diese zehn Punkte von Reiche, also dieses politische Programm, die politischen Konsequenzen, wenn man so will, aus dem Bericht doch in einigen Punkten dem Bericht eher widersprechen und sich daraus nicht so wirklich ableiten lassen.
Da kann man sich schon fragen, wie kommt denn das eigentlich?
Und unser lieber Kollege Malte Kreuzfeldt von Table Media hat da ein paar interessante Sachen herausgefunden.
Philip BanseEr schreibt nämlich, "die Fachabteilung aus dem zuständigen Ministerium waren an diesem 10-Punkte-Plan eher nicht so richtig beteiligt.
Die Erstellung der Papiere erledigte, laut Kreutzfeldt, ein kleiner Kreis enger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ministerin."
Ulf BuermeyerMit anderen Worten, es handelt sich gerade nicht um eine fachliche Festlegung, die irgendwie quasi von Kenntnis des Problems gespeist ist, sondern es handelt sich letztlich um eine politische Festlegung.
Philip BanseAußerdem, und hier wird es juicy, außerdem gibt es auffällige Ähnlichkeiten zwischen dem Zehn-Punkte-Programm der Ministerin und einem Papier von den Energiekonzernen RWE und E.ON.
Um diese Ähnlichkeit mal etwas zu illustrieren, zwei Sätze.
E.ON Und RWE schreiben in der Einleitung zu diesem Positionspapier:
Ulf Buermeyer"Dass weit über 15.000 Rechtsnormen die Verwirklichung des energiepolitischen Zieldreiecks sicher, bezahlbar und klimaneutral belasten und in Frage stellen.".
Philip BanseIn Reiches 10-Punkte-Plan findet sich folgender Satz:.
Ulf Buermeyer"Über 15.000 Rechtsnormen stellen das energiepolitische Zieldreieck sicher, bezahlbar und umweltverträglich permanent auf den Prüfstand.".
Philip BanseIch würde sagen, da gibt es eine gewisse Ähnlichkeit.
Ulf BuermeyerAlso wenn ich das durch Chat-GPT jage und sage, paraphrasier mal ein bisschen, dann wird's im Zweifel noch ein bisschen unähnlicher.
Also das riecht für mich persönlich nach Copy-and-Paste, auch die meisten Forderungen decken sich.
Philip BanseJa, das finde ich auch interessant, dass sich wirklich viele der Forderungen aus diesem E.ON-RWE-Papier wiederfinden, irgendwie ein bisschen anders, aber doch sehr ähnlich formuliert in diesem 10-Punkte-Programm von Katherina Reiche.
Und das ist natürlich deshalb besonders juicy, weil sich damit eine Sorge zu bestätigen scheint, die schon bei Reiches Nominierung als Wirtschaftsministerin geäußert wurde und offensichtlich im Raum stand.
Ulf BuermeyerDenn Katherina Reiche war lange bei der Firma Westenergie.
Das ist die größte Tochter des Energiekonzerns E.ON.
Und deswegen haben sich schon bei ihrer Nominierung viele Menschen gefragt, wird Reiche als ehemalige Energiemanagerin ein zu offenes Ohr für die Interessen der Konzerne haben?
Werden also ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen von E.ON und Westenergie, werden die einen exklusiven Zugang zur Ministerin haben und möglicherweise Umweltverbände einen wesentlich schlechteren?
Philip BanseJa, und ich würde sagen, hier finden wir schon einen sehr großen Teil der Antwort.
Sie hat ein sehr großes Ohr für die Belange der Energiekonzerne.
Ulf BuermeyerUnd sie ist teilweise sogar noch weniger dem Klimaschutz verbunden.
Denn lustigerweise steht ja in diesem E.ON-RWE-Papier Zieldreieck, sicher, bezahlbar, klimaneutral.
Bei Reiche heißt es dann sicher, bezahlbar und umweltverträglich.
Und umweltverträglich kann eine Menge heißen, ist jedenfalls weniger spezifisch als klimaneutral.
Philip BanseUnd weniger weitreichend als klimaneutral.
Ulf BuermeyerAlso das muss man sehen, da sind die Konzerne fast noch eher auf dem Klimaschutzweg unterwegs als die Ministerin.
Philip BanseMalte Kreutzfeldt hat natürlich das Ministerium gefragt, wie ist denn das jetzt hier und welche Rolle hat denn dieses RWE-E.ON-Papier beim Erstellen dieser 10 Punkte gespielt und da sagte das Ministerium gegenüber Malte:
Ulf Buermeyer" Die Debatte in Deutschland zur Energiepolitik ist intensiv.
Entsprechend liegen auch Stellungnahmen von vielen Stakeholdern vor, die die Ministerin und ihr Haus zur Kenntnis nehmen und wägen.
Die zehn Maßnahmen aus dem Papier seien ihre zentralen Einschätzungen zur Energiepolitik und bauen auf den Erkenntnissen des Monitoringberichts auf.
Dabei stehe Reiche im ständigen Austausch mit Fachleuten ihres Hauses."
Philip BanseDie Frage war welche Rolle hat das RWE-E.ON-Papier gespielt, darauf gehen sie hier nicht ein, aber sie bestreiten auch nicht, dass das eine große Rolle gespielt hat.
Ulf BuermeyerDas lässt sich angesichts der wörtlichen Übernahmen auch schwer bestreiten.
Die politischen 10 Punkte jetzt mal hin oder her.
Der zugrunde liegende Monitoringbericht allerdings gilt allgemein als korrekt.
Das handelt sich, haben wir letzte Woche gesagt, um eine Metastudie.
Das heißt also eine Studie, die den Stand der Forschung zusammenfasst.
Und dieser Monitoringbericht hatte unter anderem auf ein wichtiges Problem des deutschen Energiesystems hingewiesen.
Philip BanseZu wenig sogenannte Flexibilitäten, also Stromerzeuger und Stromspeicher, die eben flexibel zum Einsatz kommen.
Stromerzeuger flexibel, wenn es halt zu wenig Strom gibt, Stromspeicher flexibel, wenn es einen Überschuss gibt, der irgendwo hin muss, davon hat das deutsche Stromsystem zu wenig.
Ulf BuermeyerWarum ist das ein Problem?
Ganz einfach, weil erneuerbare Energien stärker schwanken als ein Atomkraftwerk.
Um es mal auf den Punkt zu bringen, kann man sich vorstellen, der Wind weht eben nicht total konstant, sondern der Wind weht mal stärker, mal schwächer.
Same, Photovoltaik, mal scheint die Sonne stark, dann fliegt eine Wolke davor.
Insofern kann man sich vorstellen, die Stromerzeugung schwankt stärker.
Dementsprechend braucht man andere Stromerzeuger, die man hoch- und runterfahren kann.
Oder man braucht eben Stromspeicher, die mal Strom aufnehmen und mal Strom abgeben.
Und Philip, warum ist das wichtig?
Philip BanseNa, das hat mehrere Dimensionen natürlich.
Zum einen ist es natürlich wichtig, das hast du ja eben beschrieben, für die Optimierung des Stromnetzes, damit das effizient und gut aufgebaut und genutzt werden kann.
Aber, und das finde ich an diesem Ding so wichtig, und deswegen machen wir das hier auch nochmal, es ist eben auch wichtig für die Akzeptanz der Energiewende, denn richtig eingesetzt können auch Privatmenschen, wie wir beide, wie ihr, mit diesen sogenannten Flexibilitäten, also mit Speichern zum Beispiel, richtig Geld verdienen und auch die Energiekosten, eure Energiekosten zu Hause dramatisch senken, erst recht, wenn ihr ein E-Auto vor der Tür habt.
Ulf BuermeyerUnd das macht E-Autos nochmal deutlich attraktiver, aber es müssen so ein paar Voraussetzungen erfüllt sein.
Also Philip, du hast dir das doch bei dir zu Hause mal so ein bisschen aufgebaut.
Du hast dir ja mal verschiedene PV geklickt, du hast dir einen Speicher organisiert und auch einen dynamischen Stromtarif.
Erzähl doch mal, wie funktioniert das bei dir?
Philip BanseJa, also wir haben darüber schon geredet.
Ich wollte es halt einfach mal ausprobieren.
Kleine PV, Speicher, dynamischer Tarif.
Das ist jetzt alles eingerichtet und ich sag dir eins, das funktioniert einfach.
Da gibt es jetzt halt den Speicher.
Es gibt diese kleine PV-Anlage und es gibt irgendwie diesen dynamischen Tarif, dann gibt es eine App.
Das kommt alles aus einer Hand, alles von einer Firma, das stöpselt man zusammen.
Da gibt's eine App und da gibt es dann den Schalter KI-optimiert bitte versorgen.
Und dann bedeutet das einfach, dass diese Anlage guckt, wann kostet der Strom wie viel.
Beispielsweise am frühen Nachmittag, 13, 14 Uhr, kostet der halt manchmal 14, 15, 16 Cent.
Dann wird er halt eingespeichert in den Speicher und wenn dann irgendwann der Preis hoch ist, dann nimmt er den Strom halt nicht aus dem Netz, sondern nimmt ihn aus dem Speicher.
Und das funktioniert einfach von alleine.
Das läuft einfach und das hat jetzt dazu geführt, zum Beispiel, dass mein Strompreis, den wir zu Hause an unseren Stromversorger überweisen, im Schnitt lag bei 22 Cent.
Ulf BuermeyerWeil du es nämlich schaffst, mit Hilfe dieser KI und deinem Speicher den Strom dann zu kaufen, wenn er möglichst billig ist, und deinen Haushalt zu versorgen aus diesem Speicher, wenn der Strom aus dem Netz relativ teurer wäre.
Muss man sich überlegen, 22 Cent, das liegt so rund 50 Prozent unter dem durchschnittlichen Preis, den Haushalte in Deutschland bezahlen.
Einfach nur dank Speicher.
Und da ist jetzt noch nicht mal mit drin, dass du ja auch noch eine kleine PV hast und für diese Kilowattstunden zahlst natürlich gar nix.
Philip BanseRichtig.
Das Interessante daran finde ich ist nicht, dass das so im Prinzip möglich ist.
Darüber haben wir ja schon geredet, sondern dass das einfach so läuft, ohne dass ich irgendwas dazu tun muss.
Ich muss nicht gucken.
Ich muss nicht konfigurieren.
Ich muss nicht schalten.
Ich mach es einfach an und der kauft ganz automatisch, wenn die Preise so sind, wie sie sind.
Und vor diesem Hintergrund ist ein Vorschlag der Bundesnetzagentur, glaube ich, für viele von euch mindestens zukünftig sehr interessant.
Ulf BuermeyerDie Bundesnetzagentur hat nämlich jetzt einen Vorschlag vorgelegt, wie private Batteriespeicher in Zukunft am Energiemarkt teilnehmen dürfen.
Insbesondere auch am sogenannten Arbitragehandel.
Also Strom billig kaufen und dann nicht nur den eigenen Haushalt damit versorgen, sondern den Strom auch wieder teuer ans Netz abgeben.
Das ist quasi Next Level.
Bislang, Philip kauft billig und versorgt seinen Haushalt und der nächste Schritt ist dann, Philip kauft billig, versorgt den Haushalt und wenn er noch ein bisschen Strom über hat aus seinem Speicher, dann kann er ihn auch teuer ins Netz einspeichern.
Philip BanseUnd das Interessante finde ich, dass aufgrund meiner Erfahrung, die ich da jetzt mache, dieser Schritt wirklich total naheliegt und ich überhaupt keinen Zweifel daran habe, dass das total fluffig zu integrieren ist, einfach diese Anlage zu sagen, da gibt es jetzt die Option, auch noch zusätzlich, wenn der Strom irgendwann mal 40, 50 Cent kostet, morgens oder am frühen Abend, dann speis den doch wieder ein, dann verkauf den doch.
Das ist einfach, basierend auf meiner Erfahrung, wirklich ein kleiner Schritt.
Und kann für viele Leute im Zweifel richtig Geld bringen.
Ulf BuermeyerAlso fragen wir uns zunächst mal, um welche Speicher geht es denn da?
Also zum einen natürlich um Speicher, die Menschen haben, die heute ihren PV-Strom möglichst selbst verbrauchen wollen.
Also PV-Strom, wenn es zu viel gibt, wenn zu viel aus dem Solarmodul kommt, einspeichern, irgendwann später verbrauchen.
Oder eben auch Menschen, die schon Speicher haben, so wie Philip das gerade beschrieben hat, um einfach quasi Strom billig zu kaufen und selbst zu verbrauchen.
Das ist das eine, so Akkus, die sich Leute in den Keller stellen oder in den Schuppen.
Aber, und da wird es jetzt spannend, vor allem geht es auch um sogenannte bidirektionalladende E-Autos.
Was heißt das denn?
Philip BanseBidirektional bedeutet, also ein Auto laden ist klar, du nimmst Strom aus dem Netz und packst es in dein Auto.
Bidirektional heißt in zwei Richtungen.
Nicht nur kannst du Strom in dein Auto packen, sondern du kannst Strom auch aus deinem Auto wieder rausnehmen und das macht diese Autos so interessant, weil das einfach ein riesiger Speicher ist.
Normale Speicher so für den Haushalt die sind bei ein paar Kilowattstunden.
10 Kilowattstunden ist schon ein richtig großer Speicher für einen Haushalt.
So ein Auto hat aber schnell mal 50 Kilowattstunden, manche 60 oder 70 Kilowattstunden.
Das heißt, du hast mit deinem Auto auf einmal einen Speicher irgendwie in deinem Haushalt, der fünf-, sechs-, siebenmal größer ist, als das, was heute so üblich ist.
Ulf BuermeyerJa, muss man natürlich sehen.
Man will den ja im Zweifel auch nicht ganz entladen.
Man will ja mit seinem Auto auch noch mal ein bisschen durch die Gegend fahren können.
Aber ganz ehrlich, für die Fahrt zur Kita oder zum Supermarkt, da reichen halt auch 30 Prozent Akku.
Und das bedeutet, du hast also effektiv mal easy eine Kapazität von 30 Kilowattstunden, die du eben für dieses Trading, für dieses Kaufen und Verkaufen einsetzen kannst.
Heute allerdings, muss man sagen, ist privates Stromtrading kaum möglich, ist dieser Abitrage kaum möglich.
Und zwar aufgrund des regulatorischen Umfelds, auf Deutsch aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen.
Philip BanseJa, auch wenn Strom an der Börse billig ist, also was weiß ich, mittags, wenn die Sonne scheint und der Wind weht, wird er durch Netzentgelte und die Stromsteuer für Endkunden wie mich relativ teuer.
So, damit eben dieses Abitrage, dieses Trading klappt, billig einkaufen, teuer verkaufen, muss es möglich sein, nur den reinen Strom, also nur den reinen Börsenstrompreis zu bezahlen, ohne diese ganzen Gebühren, die da noch drauf kommen, wie Steuern und Netzentgelt.
Ulf BuermeyerKann man sich natürlich die Frage stellen, warum ist denn dieses Stromtrading, dieses Abitrage überhaupt in unser aller Interesse?
Warum will man das denn überhaupt fördern?
Und da heißt das Stichwort Netzdienlichkeit.
Das bedeutet eben, dass der Strom in unseren Stromnetzen nicht zwingend aus irgendwelchen großen Kraftwerken kommen muss, sondern dass der teilweise eben auch aus vielen, vielen kleinen Speichern kommen kann.
Das bedeutet nämlich, wir brauchen dann für die Verbrauchsspitzen weniger Gaskraftwerke und auch weniger öffentliche Speicher.
Und das spart halt einfach Milliardenbeträge dafür, dass man eben weniger Gaskraftwerke bauen muss und weniger große öffentliche Speicher.
Und zugleich hat das natürlich noch den großen Charme, dass es eine Einkommensquelle ist für Menschen, die sich so einen Speicher ins Netz stellen und auch die privaten Stromkosten senkt.
Mit anderen Worten, das kann alles die Akzeptanz, die politische Akzeptanz der Energiewende verbessern.
Philip BanseWenn du dir vorstellst, du hast dein Auto da stehen mit 50 Kilowattstunden und du schaffst es, das nachts, wenn der Strom günstig ist, irgendwie halbwegs vollzuladen und das steht dann tagsüber rum und wenn der Strom, bei mir ich sehe das, manchmal brutto dann 40-50 Cent kostet, das wieder zu verkaufen, haben wir jetzt nicht genau durchgerechnet, aber da kannst du im Monat ein paar hundert Euro, also 100 Euro sind da schnell denkbar.
Ulf BuermeyerKann man sich ausrechnen.
Guck mal, 30 Kilowattstunden, wenn du die ohne die ganzen Netzentgelte für 5 Cent einkaufst, aber für 45 verkaufst, machst du 40 Cent plus pro Kilowattstunde mal 30 Kilowattstunden, bist du bei 12 Euro pro Ladezyklus.
Der Monat hat aber 30 Tage.
Das heißt also mit anderen Worten 360 Euro.
Über den Daumen gepeilt sind da easy möglich im Monat und nur dafür, dass dein Auto an der Steckdose hängt.
Philip BanseSelbst wenn das dann nicht so ganz so viel sind, nur 100 oder 200, aber das sind potenzielle Erträge, die ganze Stromrechnungen decken.
Ja, mit was du sonst im Haus verdienst plus, dass es natürlich E-Autos noch mal extra interessant macht.
Ulf BuermeyerWenn dein E-Auto im Monat nochmal 100 Euro verdient für Stromtrading, dann wird das mit einmal für ganz viele Leute der No Brainer.
Philip BanseUnd meine Erfahrung, deswegen finde ich das so interessant, ist, dass eben meine Erfahrung zeigt, dass ganz viel von dem Kram einfach automatisch funktioniert.
Du richtest das ein und die Technik kann das und bei mir funktioniert es.
Und ob da jetzt noch ein Auto da vorne steht oder wenn du der KI jetzt einfach sagst, du kannst den Strom übrigens auch für 40 Cent verkaufen, dann kriegt die das auch hin.
Ich glaube, das ist überhaupt kein Thema, das jetzt schon mit der existierenden Technik so abzubilden, dass du das einmal einrichtest und einfach vergisst und einfach Geld kassiert.
Ulf BuermeyerDu brauchst im Zweifel nur ein kleines Software-Update.
Aber natürlich ein paar technische Voraussetzungen braucht man, natürlich den berühmt-berüchtigten digitalen Stromzähler aka Smart Meter.
Diese Zähler müssen in der Lage sein, Import und Export im 15-Minuten-Takt getrennt zu erfassen.
Und du brauchst natürlich einen dynamischen Tarif, also das heißt also auf Deutsch, dein Strom muss tatsächlich im 15 Minuten-Takt mehr oder weniger teuer sein, sonst macht das natürlich alles gar keinen Sinn und das muss natürlich auch direkt gekoppelt sein an den Börsenstrompreis.
Aber das alleine reicht nicht.
Es braucht eben auch den nötigen rechtlichen Rahmen.
Da haben wir schon gesagt, das war bislang schwierig.
Aber zuständig für diesen rechtlichen Rahmen ist die Bundesnetzagentur und die kann das interessanterweise im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben im Alleingang regeln.
Und deswegen ist es so interessant, was die Bundesnetzagentur jetzt gerade in dieses große Internet gestellt hat.
Philip BanseSie arbeitet an einem Regelungsentwurf, eine sogenannte Festlegung nach EEG und Energiefinanzierungsgesetz.
Diese Festlegung soll "Marktintegration, Speicher und Ladepunkte" heißen.
Eckpunkte liegen nun zur Konsultation vor, also die Behörde sammelt Meinungen zu dieser Idee ein.
Ulf BuermeyerDiese ganzen Seiten von der Bundesnetzagentur haben wir alle verlinkt, also wenn ihr dazu euren Senf abgeben wollt, habt ihr noch bis Ende Oktober Zeit.
Anfang Oktober gibt's auch eine große Konferenz, da kann man mit den Leuten von der Bundesnetzagentur drüber ins Gespräch kommen.
Stand heute sieht die Bundesnetzagentur zwei Mess- und Abrechnungsmodelle vor, Philip, von denen realistischerweise, glaube ich, aber für die Menschen da draußen im Lande vor allem eine Option spannend ist.
Also die weniger spannende ist die Abgrenzungsoption.
Philip BanseDa brauchst du zwei bidirektionale Zähler.
Der Speicher wird separat erfasst.
Also diese Lösung ist, glaube ich, für Privatleute nix.
Das ist komplex und teuer.
Interessanter ist diese sogenannte Pauschaloption, die da geplant ist.
Da ist nur ein Smart Meter pro Haushalt nötig und es werden ebenso Standardannahmen getroffen, wie viel Strom typischerweise aus der PV kommt bzw.
ins Netz geht.
Also da muss nicht so viel so genau gemessen werden, dementsprechend einfach und günstig sollte das eigentlich sein und für 99 Prozent der privaten Haushalte wird vor allen dingen diese zweite Option spannend, weil man eben nur einen Zähler braucht nicht zwei.
Ulf BuermeyerUnd die Annahmen da sind auch finde ich relativ realistisch.
Also pro Kilowattstunde Peak installierter PV-Leistung sollen 500 Kilowattstunden Einspeisung und 300 Kilowattstunden Eigenverbrauch im Jahr so als Durchschnittswert angenommen werden.
Das bedeutet, wenn ich eine große PV-Anlage habe, 10 Kilowatt Peak, dann speise ich 5000 Kilowattstunden im Jahr ein, wo angenommen wird, das ist PV-Strom.
Und wenn man mehr einspeist, als eben PV-basiert zu erwarten ist, dann gilt dieser Überschuss als eingekaufter Strom für Handelszwecke und für diesen Teil sollen dann die Netzentgelte entfallen.
Das heißt also diesen Strom kann man dann deutlich billiger einkaufen.
Philip BanseUnd richtig Musik kommt eben rein durch dieses bidirektionale Laden bei den Autos, denn wie gesagt, die meisten Autos haben einfach wesentlich mehr Kapazität als die allermeisten privaten Speicher.
E-Autos mit geeigneter Wallbox, das ist wichtig, die brauchst du halt, können bidirektional geladen werden, also Strom aufnehmen und dann eben bei Bedarf, wenn der Preis gut ist und du ein bisschen Kohle dafür kriegst, dann auch wieder ins Netz einspeisen.
So und das Ziel ist halt, Speicher- und E-Auto-Besitzer sollen ihre Anlagen profitabler nutzen können.
Sie sollen einfach motiviert werden, Einspeisung stärker in die Zeit zu verlegen, wo eben die Nachfrage besonders groß ist und die Strompreise eben besonders hoch sind.
Ulf BuermeyerWas bedeutet, man fährt günstig und über den Stromhandel verdient man Geld.
Aber damit das jetzt funktioniert, muss natürlich zum einen diese sogenannte Festlegung auch tatsächlich in Kraft treten.
Das ist das eine, aber es gibt auch noch so ein paar Hürden und da merken wir wieder, wie schlimm das eigentlich ist dass dieser Smart Meter Roll Out nicht so richtig in Schwung kommt.
Philip BanseDu kannst das nur machen, das kommt überhaupt nur in Frage, egal was die Bundesnetzagentur da jetzt beschließt und wenn sie das jetzt morgen eintütet und alles ist tuffi von der rechtlichen Lage.
Du kannst daran nur teilnehmen, wenn du ein Smart Meter hast und davon gibt es einfach wahnsinnig wenig in Deutschland und es dauert sehr lange, einen zu kriegen unter Umständen.
Ulf BuermeyerIch muss gestehen, ich habe zwei verschiedene quasi Haushalte.
Da hat das mit dem Smart Meter super geklappt in beiden Fällen.
Nur im ersten Fall war der Smart Meter dann irgendwie kaputt nach vier Wochen.
Der musste dann wieder getauscht werden.
Und im zweiten Fall läuft der Smart Meter zwar, aber der Anbieter von meinem dynamischen Strompreis kriegt keinen Zugriff auf den Zähler.
Das heißt, der Zähler läuft da jetzt seit Monaten.
Angeblich auch wunderbar, alle Lämpchen grün.
Nur mein Stromanbieter wird einfach nicht auf diesen Zähler geschaltet, obwohl er den selber eingebaut hat.
Also das ist alles so ein bisschen bizarr.
Und da merkt man, da quietscht es und ächzt es.
Das hat natürlich damit zu tun, dass das da eben so ein Markt ist, wo sich die Leute, die verschiedenen Marktakteure, nicht alle so hundertprozentig grün sind.
Aber da würde ich sagen, das wäre auch ein echtes Spielfeld für die Bundesnetzagentur, da deutlich härter regulatorisch noch mal einzugreifen, damit die verschiedenen Player im Strommarkt auch wirklich miteinander können.
Und außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Bundesnetzagentur einen zweiten Anwendungsfall so richtig auf dem Zettel hatte, nämlich Leute, die gar keine PV haben, sondern nur einen Speicher.
Philip BanseRichtig, und das dürfte natürlich im Zweifel viel, viel mehr Leute sein.
Weil...
Ulf BuermeyerJa, die haben halt ein E-Auto.
Philip BanseJa.
Ulf BuermeyerDas ist ja de facto der Fall.
Speicher ohne PV.
Du hast nur ein E-Auto, aber mit bidirektionaler Ladebox.
Philip BanseUnd dynamischen Stromtarif und kannst halt mit deinem Strom da handeln.
Ulf BuermeyerGenau, und das funktioniert halt eigentlich nicht so richtig gut, weil dann ja diese Annahmen ins Leere laufen.
Wenn du keine PV auf dem Dach hast, was ist dann mit den 5.000 Kilowattstunden bei 10 Kilowatt Peak und so?
Also das müssen wir nochmal klären.
Wahrscheinlich ist für diese Leute dann nur diese Abgrenzungsoption zurzeit denkbar.
Die allerdings ist natürlich unpraktisch, weil du dann für dein E-Auto einen zweiten Zähler bräuchtest.
Philip BanseUnser Beitrag zu dieser Erörterung, dieser Festlegung bitte, was ist denn eigentlich, wenn man keine PV, nur einen Speicher, beziehungsweise nur ein E-Auto hat?
Ulf BuermeyerUnd damit ist die Lage der Nation für diese Woche umfassend und abschließend erörtert.
Wir danken für euer Interesse.
Wir hoffen, ihr habt ein bisschen was mitgenommen, vielleicht ein bisschen etwas gelernt und vor allem auch vielleicht ein bisschen gute Stimmung mitbekommen von den vielen positiven Beispielen der Menschen, die die Lage der Nation hören.
Wie gesagt, wir gucken mal, ob wir da nicht einfach in die nächsten Folgen immer mal ein kleines Audio einspeisen.
Ihr könnt gerne euer Feedback teilen bei uns im Lage-Forum.
Und vor allem könnt ihr unseren unabhängigen Journalismus unterstützen.
Philip BanseBei plus.lagedernation.org könnt ihr Mitglied werden.
Ihr kriegt ein Transkript, ihr kriegt eine werbefreie Lage und ihr unterstützt halt vor allen Dingen unseren unabhängigen Journalismus.
Vielen, vielen Dank für all die, die schon dabei sind und herzlich willkommen für alle, die jetzt dazustoßen diese Woche.
Ulf BuermeyerGenau, bald wird es übrigens auch eine kleine App geben.
Testen könnt ihr die sogar schon.
Gibt eine Testflight-Version, wenn ihr ein iOS-Gerät habt, unter lage.link/app.
Philip BanseIn diesem Sinne, macht's gut, bis nächste Woche, Winke-Winke.
Tschüss!
Ulf BuermeyerUnd tschüss!