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Reizdarm und Endometriose: Wenn Hormone den Darm aus dem Takt bringen
Episode Transcript
Es ist ganz interessant, dass viele Frauen in der Perimonepause auf einmal ihren Darm als Zickiger erleben.
Und es ist auch ganz interessant, dass 80 Prozent aller Patienten mit einer Histaminintoleranz, das sind weiblich und über 40, also da sehen wir auch ein Zusammenspiel zwischen dem Thema Histamin und Östrogen, dass eben die gegenseitig sich auch beeinflussen und das kann eben dann doch zu mehr Verdauungssymptomen auch führen.
Wie kann es denn sein, dass jetzt eine gynäkologische Erkrankung wie Endometriose nicht nur eine rein gynäkologische Erkrankung ist, sondern halt auch mit dem Darm und dem Darmmikrobiom zusammenhängt Hi und herzlich willkommen auf dem Podcast Darm mit Aussicht, deinem Podcast für Darmgesundheit.
Mein Name ist Dr.
Thomas Bacharach und ich bin Facharzt für Allgemeinmedizin und habe mich in meiner eigenen Praxis auf funktionelle Magen-Darm-Erkrankungen spezialisiert.
Das heißt, Themen wie Reizdarm, Dünndarmfehlbesiedlung, auch SIBO genannt, SIFO, Histaminintoleranz, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Intoleranzen sind bei mir an der Tagesordnung.
Und dieses Wissen möchte ich gerne auf meinem Podcast hier mit euch teilen.
Ganz wichtig, dieser Podcast dient der reinen Informationsvermittlung und dient nicht als Therapieempfehlung, Handlungsempfehlung und gibt auch keine Heilversprechen.
Es ersetzt nicht den Besuch bei eurem Therapeuten, Arzt, Ärztin und solltet ihr etwas hören, was ihr interessant findet in diesem Podcast und wollt es eventuell testen, dann besprecht euch unbedingt mit dem euch betreuenden, betreuenden Therapeuten Therapeutin.
Viele Frauen kennen das.
Ein aufgeblähter Bauch Schmerzen und immer um die Periode oder während der Periode chronische Verdauungsschmerzen.
Aber die Frage, die viele beschäftigt, ist das tatsächlich noch normal?
Wenn man dann zum Arzt geht, wird häufig davon gesprochen, dass es ein Reizzahn ist.
Manchmal hängt es mit dem Stress zusammen, aber diesen Zusammenhang mit dem Zyklus oder mit hormonellen Erkrankungen wie PCOS oder Endometriose wird selten geschlussfolgert.
Doch was, wenn diese Beschwerden eventuell genau dort ihren Ursprung haben?
Beziehungsweise genauer gesagt tatsächlich im Mikrobiom in unseren Darmbakterien.
Und was ist, wenn unser Mikrobiom viel enger zusammenhängt mit den Hormonen als wir bisher gedacht haben?
Für den heutigen Podcast habe ich mir einen besonders spannenden Gast eingeladen, und zwar Frau Professorin Dr.
Julia Seiderer-Nack.
Und wir werden genau über das sprechen, über diesen Zusammenhang zwischen Beschwerden vom Darm, den hormonellen Beschwerden hormonellen Erkrankungen, weil, sie sagt selber, der weibliche Darm tickt anders.
Sie selber ist Internistin und Gastroenterologin und hat ihre eigene ganzheitliche Praxis in München gegründet.
Zu diesem Thema, weil sie festgestellt hat, dass der weibliche Darm anders tickt hat sie auch ein aktuelles Buch geschrieben.
Insofern freue ich mich, einen so spannenden Gast heute im Podcast begrüßen zu dürfen.
Julia, vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst in diesem Podcast über dieses spannende Thema zu sprechen.
Danke für die Einladung.
Wann hast du denn festgestellt, dass der weibliche Darm anders funktioniert als der männliche?
Und das war eigentlich kein einziges Schlüsselerlebnis sondern das war die Erfahrung über längere Jahre in der Praxis, dass wir eben gesehen haben, dass so viele Frauen von diesem Thema betroffen sind.
Wir wissen ja auch, 70 bis 80 Prozent der Patientinnen sind weiblich die so einen Reizdarm haben, mit Reizdarmbeschwerden kommen.
Und wir haben eben immer mehr gesehen, dass wir bei vielen Patienten eben auch feststellen, es gibt zyklusabhängige verstärkte Schmerzen, es gibt Beschwerden die sozusagen in Phasen von hormonellen Umbruch, Pubertät vexillialer Schwangerschaft auftreten.
Und wir haben eben auch gesehen, wie viele Patientinnen dann doch auch die Diagnose Endometriose oder Polycystisches Ovarsyndrom haben.
Und deswegen sind wir darauf gekommen, dass es hier nochmal einen näheren Blick bedarf.
Und ich fand es auch ganz spannend, in der Vorbereitung zu dem neuen Buch auch mal die wissenschaftlichen Grundlagen dazu mehr herauszuarbeiten, wo es ja wirklich sehr viele Daten schon gibt, die aber leider sozusagen in der normalen schulmedizinischen Praxis noch gar nicht so ihren Platz gefunden haben.
Wie kann ich denn jetzt als Frau herausbekommen mit Verdauungsbeschwerden, Blähungen, Blähbauch, Durchfällen, Verstopfungen, woher das kommt?
Ob da eventuell wirklich dieser Zusammenhang bestehen kann mit weiblichen Hormonen mit dem Zyklus?
Wie kann ich dem Ganzen so ein bisschen auf die Schliche kommen?
Naja, Verdauungsprobleme sind ja an sich relativ komplex.
Das heißt, wir bitten unsere Patientinnen dann doch erstmal auch so ein Tagebuch zu führen, wo sie aufschreiben, welcher Zyklusphase sie sind, die Nahrungsmittel aufzuschreiben, aber auch andere Faktoren wie Stress oder Schlafstörungen mitzunotieren und dann eben auch ihre Beschwerden aufzuschreiben.
Oft erkennen wir beim Blick auf dieses Tagebuch dann auch mal ein gewisses Muster.
Sehen wir zum Beispiel, dass die Beschwerden in der zweiten Zyklushälfte zunehmen oder eher sozusagen um die Periode herum, sehen wir auch ein Zusammenhang mit ein bisschen Nahrungsmitteln Wir müssen ja auch über Nahrungsmittelintoleranzen denken.
Oder haben wir dann Dinge zum Beispiel auch wie Histaminintoleranzen mit dabei?
Also das ist für uns ein bisschen der erste Schritt, dass wir einfach mal sortieren individuell, was zeigt diese Patientin dann eben für ein Beschwerdemuster.
Okay, das heißt quasi wie so ein Symptom-Tagebuch führen, in dem Fall wahrscheinlich mindestens mal einen Monat dass man auch so ein bisschen verstehen kann, was macht der Zyklus, was hat der da für einen Einfluss?
Genau, also ein oder zwei Zyklen empfehlen wir, dass wir dann wirklich auch mal ein umfassendes Bild haben.
Okay.
Also wenn man jetzt zum Beispiel den Verdacht bekommen hat, das könnte mit den weiblichen Hormonen zusammenhängen Gerade so mit dem Thema Endometriose ist ja gar nicht so einfach herauszukriegen.
Wie wären dann so die nächsten weiteren Schritte um dem Ganzen so ein bisschen eine Grundlage zu schaffen, dass man da auf dem richtigen Weg ist?
Wie kann man da der Frau ein Stück weit unterstützend unter die Arme greifen, um da an eine gescheite Diagnose zu kommen?
Also das Wichtigste ist erstmal, dass man es überhaupt benennt und nachfragt.
Das haben ja manche Frauen noch gar nicht erfahren, dass man beim Thema Darmproblemen eben auch nach gynäkologischen Problemen fragt nach der gynäkologischen Anamnese.
Und wenn wir dann auch den Verdacht haben, dass eine Endometriose im Raum stehen könnte, ist eben auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit ganz wichtig, dass wir eben dann auch mit den Endometriosezentren zusammenarbeiten Dass dann eine fundierte Diagnostik auch stattfindet sei es jetzt durch Ultraschall auch manchmal Darmultraschall oder auch Kernspinnen bis hin dann auch zur Bauchspiegelung, um zu gucken, ist hier sozusagen eine Endometriose vorhanden Und auch die Therapie kommt ja immer von beiden Seiten, zum einen gynäkologisch eben nicht nur operativ, sondern eben auch durch Hormongaben und eben von unserer Seite was die Ernährungsmedizin und die Anpassung an den Zyklus dann angeht Wie kommt das denn zustande dass diese Erkrankungen und die weiblichen Hormone so einen Einfluss auf die Verdauung haben?
Also ganz grundlegend ist es ja so, dass die weiblichen Sexualhormone wie jetzt Östrogen oder Progesteron eben nicht nur an der Gebärmutter wirken, sondern eben auch an der glatten Muskulatur des Darms.
Das heißt, beim Beispiel Progesteron wissen wir zum Beispiel, Progesteron macht den Darm eher langsam.
Und das ist der Grund, warum Frauen so oft auch in der Schwangerschaft unter Verstopfung leiden oder eben auch in der zweiten Zyklushälfte vermehrt Probleme kriegen mit einem eher trägen Darm.
Oftmals auch in den Wechseljahren wenn wir dann sozusagen noch einen weiteren Östrogenabfall haben und ein Progesteronübergewicht, dass wir sehen da verändert sich was an der Transportgeschwindigkeit.
Beim Östrogen ist ganz interessant, dass Östrogen sehr stark auch unsere Schmerzwahrnehmung beeinflussen kann.
Wir haben ja beim Thema Reizdarm sehr oft das Thema viszerale Hypersensitivität.
Also das heißt, dass wir Reize aus dem Bauchraum, also Dehnungsreize zum Beispiel im Darm, als verstärkt wahrnehmen oder als Schmerzreiz verarbeiten.
Das ist bei Frauen häufiger als bei Männern der Fall.
Und man hat in ganz guten Studien gesehen, dass zum Beispiel Östrogen diese Schmerzwahrnehmung sehr modulieren kann.
Und das sehen wir auch in der Praxis dass Patientinnen, die sagen, zum Beispiel rund um die Periode habe ich sehr schmerzhafte Darmkrämpfe oder nehme sehr schmerzhaft Dehnungsreize wahr und da spielt Östrogen eben auch eine große Rolle.
Aber wir sehen zum Beispiel auch, dass es Gewebshormone gibt, also gerade die Prostaglandine zum Beispiel, die an der Gebärmutter ein Zusammenziehen der Muskulatur bewirken dass die Periodenblutung elziiert wird.
Aber genau diese Prostaglandine wirken eben auch am Darm können auch da eine Darmkontraktion, also ein Zusammenziehen der Darmmuskulatur bewirken, was eben zum Teil auch schmerzhaft sein kann.
Und wie ist es von der Natur letztlich vorgesehen?
Also ich meine, dass all diese Hormone im Körper wirken ist ja normal.
Ist es auch zu einem gewissen Teil normal, dass wir dann dabei Verdauungsbeschwerden haben oder wäre es eigentlich normal, dass man vielleicht leichte Schwankungen in der Verdauung merkt aber eigentlich keine Beschwerden dadurch?
Der Begriff normal ist ja immer schwierig, sozusagen, was ist normal?
Aber ich sage mal so, wir sehen natürlich Personen, die zum Beispiel gar nicht merken ob der Nahrungsbrei jetzt sich zum Beispiel im Dünndarm gerade befindet, also das gar nicht wahrnehmen.
Und wir sehen Personen, die das eben sehr stark wahrnehmen.
Und diese starke Wahrnehmung kann eben zum Teil auch hormonemitbedingt sein.
Das ist ja nie so monokausal dass es nur die Hormone sind.
Aber der nächste Schritt ist zunächst mal, dem Patienten zu erklären, was da eigentlich passiert.
Das beruhigt ja auch schon mal viele Patienten, zu verstehen, was passiert da eigentlich.
Und eben dann, wenn jetzt jemand da besonders drauf reagiert, zum Beispiel auch andere Faktoren mit zu berücksichtigen.
Also gerade dass ich in der Phase, wo ich besonders empfindlich bin, vielleicht eher eine leichtere Kost zu mir nehme oder weniger blähende Sachen.
Das kann ja durchaus schon mal helfen, um dann die Schwere der Symptome etwas zu reduzieren.
Wie du vielleicht aus meiner eigenen Geschichte weißt, habe ich über 20 Jahre selber am Reizdarmsyndrom gelitten.
Mit ständigen Bauchschmerzen, Blähbauch und Nahrungsmittelunverträglichkeiten die mich unsagbar müde gemacht haben.
Mittlerweile darf ich seit über 10 Jahren auch mit Reizdarm-Patienten in der Praxis arbeiten.
Und diese beiden Erfahrungen habe ich im SMILE²-Programm kombiniert, was ich dir in meinem neuen Buch der Reizdarm-Doc vorstellen darf.
Du kannst es auf allen gängigen Kanälen bestellen.
Das Erscheinungsdatum ist der 26.08.2025 und ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn ich dich mit diesem Buch ein Stück auf deinem Weg zu mehr Darmgesundheit begleiten darf und dir all meine Tipps die ich mir gerne schon als Als Jugendlicher gewünscht hätte, an die Hand geben darf.
Und sieht man bei den Menschen, bei den Frauen, die vermehrt Beschwerden haben im Zyklus dann auch hormonelle Dysbalancen Ist das etwas, was man dann auch wirklich messen kann und finden kann?
Oder ist das quasi noch in einem normalen Bereich, sodass man das gar nicht klar vor Augen hat in den Laborwerten?
Das kann beides sein.
Das ist auch nicht immer eine Labordiagnose.
Das heißt, wir sehen Patienten, die haben eine ganz...
Also ausgeprägte Dysbalance zum Beispiel bei den genannten Erkrankungen, also Endometriose oder PCOS oder eben auch in der Perimenopause, wo wir mal auch so Östrogendominanz bekommen können.
Also bei einigen kann man das wirklich messen bei anderen ist es so, dass sie sozusagen in ihrem normalen Zyklus und in normalen Schwankungen Beschwerden haben, die jetzt aber nicht mit Laborwerten einhergehen, die jetzt außer der Norm sein müssen.
Dieser Begriff Östrogendominanz der fällt immer wieder, logischerweise in der Perimenopause, weil das Progesteron ja dann meistens zuerst abfällt und dann relativ gesehen die Wirkung des Östrogens dominiert.
Was wären da denn so typische Symptome die vor allem in dieser Konstellation einhergehen?
Also das ist ganz interessant, dass viele Frauen in der Perimonepause auf einmal ihren Darm als zickiger erleben.
Also es können Patientinnen sein, die eigentlich noch nie große Probleme hatten, aber jetzt merken in dieser Phase habe ich mehr so ein bisschen Wechsel zwischen Durchfall und Verstopfung und ich reagiere sehr stark auf Darm Blähende Lebensmittel, dass ich diesen Dehnungsreiz viel stärker wahrnehme.
Und wir sehen auch, dass mehr Patientinnen Nahrungsmittel nicht mehr so gut vertragen wie früher.
Das können wir noch nicht so ganz genau erklären, aber wir sehen durchaus, dass Nahrungsmittelintoleranzen zunehmen können.
Und es ist auch ganz interessant, dass 80 Prozent aller Patienten mit einer Histaminintoleranz, das sind weiblich und über 40, also da sehen wir auch ein Zusammenspiel zwischen dem Thema Histamin und Östrogen, dass eben die gegenseitig sich auch Beeinflussen und das kann eben dann doch zu mehr Verdauungssymptomen auch führen.
Okay, das ist spannend.
Das war mir auch nicht bewusst, dass die Histaminintoleranten da auch primär weiblich sind.
Es ist ja auch beim Reizdarm generell so, dass die meisten Reizdarmbetroffenen weiblich sind.
Also da scheint es schon irgendwie, Frauen sind da verdauungsmäßig anfälliger.
Könnte man das wirklich auf...
Die Hormone zurückführen oder gibt es da noch andere Einflüsse warum Frauen hier häufiger Probleme zu haben scheinen?
Ja, das ist eine ganz spannende und zum Teil eben auch politische Frage.
Das heißt, wenn man jetzt mal Literatur sichtet, warum ist das so?
Dann gibt es zum einen die Hypothese Frauen haben häufiger die Diagnose von Darmbeschwerden weil sie auch viel häufiger zum Arzt gehen, darüber sprechen und Männer das eher so einfach für sich ausmachen und gar nicht so diese Themen und diese Tabuthemen thematisieren.
Dann gibt es natürlich die Hypothese die sich ja zum Teil auch an den Leitlinien finden, dass Frauen eben mehr unter...
Psychosozialer Belastung leiden mehr im Stress sind, häufiger Depressionen haben, häufiger Angststörungen haben und aufgrund dieser psychischen Vorfaktoren eben dann auch häufiger zu Erkrankungen wie zum Beispiel der Fibromyalgie oder eben dem Reizdarm leiden.
Und da ist auch ein bisschen die Frage, was ist denn Henne was ist Ei?
Ist das wirklich so, dass sozusagen die Psyche dazu führt, dass wir Reizdarmbeschwerden kriegen?
Oder aber andersrum formuliert, vielleicht ist auch das, was im Darm passiert, die Ursache für Psychische Probleme.
Also das ist sozusagen nicht ganz geklärt.
Und dann kommen wir natürlich zu dem dritten Punkt, den wir jetzt im Buch hier auch thematisieren, dass Frauen einfach unter hormonellen Veränderungen stehen.
Und diese hormonellen Veränderungen machen ja nicht nur was direkt an der Darmwand, sondern diese hormonellen Veränderungen haben natürlich auch einen Einfluss auf das Mikrobiom.
Wir sehen zum Beispiel, Frauen haben eine andere Zusammensetzung von Darmbakterien als Männern Das macht auch schon mal viel aus hinsichtlich der Stoffwechselprodukte, die diese Bakterien bilden.
Wir sehen, dass die Schmerzwahrnehmung verändert sein kann.
Und wir sehen eben auch dieses Thema, dass Frauen sozusagen auch andere Risikofaktoren haben.
Ich glaube, auch das muss man thematisieren.
Frauen bekommen öfters Antibiotika also Stichwort Rezidine der Harnwegsinfekte.
Frauen bekommen öfters Schmerzmittel, Stichwort Migräne, Kopfschmerzen, Regelschmerzen.
Und auch das spielt uns hier rein.
Das macht ja auch alles was mit der Darmbarriere und auch mit Mikrobiomen.
Noch ein Punkt zu dem, dass Frauen häufiger zum Arzt gehen.
Ich hatte mal, das ist schon viele Jahre her, einen Vortrag über die Prostata gehalten.
Und als ich dann quasi auf die Bühne gekommen bin und ins Publikum geguckt habe, haben ja 80 Prozent Frauen entgegen geguckt.
Und ich habe in dem Moment ganz viel verstanden wie die Medizin funktioniert oder auch wie die Aufmerksamkeit auf der Medizin funktioniert.
Frauen kümmern sich wesentlich besser um ihre Gesundheit Und in dem Fall waren es 80 Prozent Frauen, die sich um die Gesundheit ihrer Männer gekümmert haben und für die quasi an dem Vortrag teilgenommen haben, weil die wussten, da ist irgendwas im Argen bei meinem Mann, aber der kümmert sich nicht drum.
Also das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, den ich aber auch sehr schätze an Frauen, dass sie eben diese Themen viel ernster und viel früher auch wahrnehmen und dann eben auch handeln.
Ganz spannender Punkt.
Du hast angesprochen, das Mikrobiom bei Frauen ist anders wie bei Männern In welchen Kernpunkten unterscheiden die sich denn?
Also wenn man sich mal anschaut wie sich so ein Darmmikrobiom entwickelt, dann haben wir ja in den ersten zwei, drei Lebensjahren sehr viel Dynamik da drin.
Wir gehen davon aus, dass so ab dem dritten Lebensjahr so ein Darmmikrobiom stabil ist.
Das bleibt dann auch relativ stabil bis zur Pubertät aber dann unter dem Einfluss der Sexualhormone entwickelt sich das Mikrobiom von Frauen und Männern anders.
Das heißt, wir sehen da ungefähr seit Jahrzehnten Drei, vier Jahren erste Studien dazu, dass es die Zusammensetzung der Bakterien durchaus variieren kann.
Also es gibt ein weibliches Darmmikrobiom.
Es gibt verschiedene Aspekte davon.
Eins ist zum Beispiel, dass wir auch Bakterien haben, die unseren Östrogenspiegel beeinflussen können.
Das sogenannte Östrobolom.
Das sind Bakterien, die haben spezielle Enzyme.
Man muss sich das so vorstellen, das Östrogen, was im Körper zirkuliert, wird irgendwann, wenn es alt ist, auch abgebaut über die Galle ausgeschieden in den Darm und soll nach draußen.
Und es gibt Darmbakterien, die haben Enzyme, dass die diese sozusagen wasserlösliche Form des Östrogens wieder aufhebeln können, mit dem Effekt, dass das Östrogen aus dem Darm wieder resorbiert wird und der Östrogenspiegel entdeckt Wieder steigt.
Also ganz spannende Zusammenhänge zwischen Hormonspiegel und Darmbakterien.
Und wir sehen dann auch, wenn wir in die Wechseljahre kommen, dass dieses weibliche Darmmikrobiom wieder männlicher wird.
Das heißt, es gleicht sich dem des Mannes wieder an.
Und das ist auch ein spannender Prozess, weil wir sehen, dass es natürlich nicht nur um die einzelnen Bakterien geht, sondern vor allem um ihre Stoffwechselfunktion, also ihre metabolische Funktion, welche sozusagen An Stoffwechselprodukte sie also bilden und dieses geänderte Muster, was wir da in den Wechseljahren sehen, dass auf einmal manche Stoffwechselprodukte weniger gebildet werden, das scheint irgendwie auch ein ganz entscheidender Radblatt zu sein, Für das gesundheitliche Profil von Frauen, also zum Beispiel auch das Osteoporose-Risiko zu beeinflussen oder auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Bei beiden dachten wir ja immer, das liegt in der Menopause an dem Thema sinkender Östrogenspiegel.
Das scheint ein Punkt zu sein, aber ein zweiter Punkt scheint eben das zu sein, was da im Darm passiert, also welche Stoffwechselprodukte dieses veränderte Mikrobiom auch einmal bildet oder eben nicht.
Okay, das heißt die Veränderung die wir bei Frauen im Mikrobiom sehen, entsteht quasi in der Kindheit schon, wenn man so ein bisschen, sage ich mal, dann differenzierter zwischen Männchen und Weibchen unterscheidet und wenn quasi die Hormone wieder, also in der Menopause runtergehen, dann gleicht sich das Ganze dem Männlichen an.
Wäre dann eine Hypothese, dass quasi die Hormone an sich verändern Denen der Körper und dann auch der Darm ausgesetzt ist, diese Veränderung des Mikrobioms hervorrufen.
Das ist quasi wie eine Adaption dass du bist, was du isst Genau Und in dem Fall, du bist, was du verstoffwechselst.
Vermutlich ja.
Es gab letztes Jahr ganz interessante Studien, die gemacht wurden beim Thema Geschlechtsumwandlung.
Also Personen, die sozusagen von Frau zu Mann oder von Mann zu Frau sind Durch die Gabe von Hormonen sich verändern wollen.
Und man hat das Mikrobiom untersucht.
Und man hat gesehen, dass sich dieses Darmmikrobiom unter so einer intensiven Hormongabe innerhalb von zwei Wochen komplett ändert.
Also von Männlein zu Weiblein.
Und das ist letztendlich auch ein bisschen der Beweis dafür, für diese Hypothese, dass die Hormone da ganz großen Einfluss haben, wie unser Darmmikrobiom zusammengesetzt ist.
Wie stehst du denn dann insgesamt zur Gabe von Hormonen, sei es durch die Verhütungspille oder auch im Verlauf durch bioidentische Hormone oder andere Hormongaben?
Wie siehst du diesen Einsatz, der ja zum Teil sehr früh im Leben einer Frau stattfindet und ich würde auch mal sagen, sehr breit zum Teil angewendet wird?
Da haben wir ehrlich gesagt relativ wenig Studien dazu.
Das wäre ein sehr interessantes Forschungsthema Was macht zum Beispiel die Gabe der Verhütungspille gerade in dieser Phase der Transformation der Pubertät auch mit dem Mikrobiom?
Und natürlich auch, muss man daran denken, für das Thema Hormonersatztherapie Das ist ja auch das Thema, was wir sozusagen dann im Wechseljahr haben.
Wir sehen durchaus, dass es Veränderungen des Mikrobioms gibt.
Das überrascht uns auch nicht.
Das ist natürlich eine schwierige Frage, weil gerade beim Beispiel Wechseljahre es so ist, dass eine Patientin von so einer Hormonersatztherapie mit bioidentischen Hormonen sehr profitieren kann aufgrund ihrer Erkrankung Bleiben Symptome, aber auch aufgrund ihres Risikoprofils und für manche Patienten auch die Darmbeschwerden darunter deutlich besser werden.
Genauso sehen wir aber auch Reizdarmpatienten, die so eine Hormonersatztherapie beginnen und eine deutliche Verschlechterung haben.
Also ich kann aus der Praxis momentan nur sagen, das ist relativ individuell.
Da können wir noch nicht so die Rückschlüsse ziehen, dass das jetzt für jeden schlecht ist oder für jeden gut ist.
Das muss man wirklich individuell begleiten und sich dann eben auch überlegen, wer profitiert davon, warum gibt man das?
Und das ist einfach ein Abwägen von verschiedenen Faktoren dann.
Man kann aber dann definitiv festhalten, wenn wir Hormone oral einnehmen, hat das einen Einfluss auf unser Mikrobiom Es ist nicht so, dass das spurlos am Mikrobiom vorbeigeht.
Nein, das hat eigentliche.
Wie gehst du denn jetzt dann damit um, wenn du jemanden hast mit Verdauungsbeschwerden wo du feststellst, da scheint ein hormoneller Hintergrund zu sein?
Ja.
Du hast gesagt, du arbeitest interdisziplinär in dem Fall mit dem Gynäkologen.
Misst du auch das Östrobolom, um festzustellen gibt es diese Bakterien oder wie gehst du da quasi auch von der Darmseite heran?
Also wir können dieses Östrobolom messen das geht.
Man kann auch die Aktivität dieses Enzyms messen Das ist aber jetzt nicht für jeden Patienten zwingend notwendig aber zum Beispiel für Patienten mit Endometriose durchaus interessant, weil wir da auch sehen, dass diese Patienten eben unter den hohen Östrogenspiegeln eher leiden und entsprechend das Mikrobiom auch haben.
Oder auch für Patienten, die sich jetzt so in der Perimenopause befinden ist das natürlich auch nochmal ein interessantes Thema, wie sieht das aus.
Man muss aber auf der anderen Seite auch sagen, wir haben jetzt sozusagen nicht die Wunderpille, die das Östrophorum sozusagen reguliert.
Das heißt, therapeutisch sind wir immer noch auf dem Stadium, wo wir für eine hohe Artenvielfalt sorgen müssen und eben dann versuchen müssen, durch die Gabe spezifischer Stämme einen Ausgleich zu schaffen.
Das gelingt in gewissem Maße aber wir sind noch nicht so weit, dass wir sozusagen hier schon spezielle Therapien anbringen können.
Das ist aber auf dem Weg.
Also es gibt erste Studien aus Japan, wo Forscher versucht haben, genau diese einzelnen Stämme eines Östropoloms zu transferieren.
Und die haben es auch geschafft, damit den Östrogenspiegel einer Frau zu heben Also theoretisch funktioniert das schon, aber wir sind noch nicht so weit, das wirklich flächendeckend anbieten zu können.
Okay, das ist super spannend Das Thema Diversität, klar, da reden wir über Ballaststoffe wir reden über unterschiedliche Farbstoffe sogenannte Polyphenole, Präbiotika eventuell.
Was sind so deine häufigsten Empfehlungen die du aus der Praxis den Frauen mitgibst, wenn du feststellst dass da eben etwas im Darm im Argen liegt oder ein Östropolom gemessen wurde?
Gibt es da etwas, was du da häufig empfiehlst?
Also die wichtigste Basis eben die Ernährungsmedizin.
Wie du schon gesagt hast, wir brauchen eben eine ballaststoffreiche Ernährung.
Wir empfehlen mindestens 30 Gramm pro Tag, gerne auch 5 Gramm Präbiotika dazu.
Zum Zweiten natürlich fermentierte Lebensmittel Auch das ist wichtig, die an sich einen hohen probiotischen Anteil haben.
Zum Beispiel Kefir oder fermentierte Gemüse zum Beispiel.
Generell ist eine anti-entzündliche Ernährung wichtig, also gerne angelehnt an die mediterrane Kost auch mit vielen Polyphenolen, damit wir eben auch diese Darmbarriere und auch das Mikrobiom in der Form stärken.
Auf der anderen Seite ist mir aber auch wichtig, nochmal klarzumachen, was sind denn sozusagen die Triggerfaktoren Was ist sozusagen schlecht für das Mikrobiom Und das ist manchmal auch gar nicht so klar, dass eben diese ganz hoch industriell gefertigten Nahrung, die Softdrinks, die Zusatzstoffe hier eine große Rolle spielen.
Aber eben zum Beispiel auch der unreflektierte Antibiotika-Einsatz oder ein hoher Konsum von Schmerzmitteln, gerade die nicht-steroidalen Antirheumatika, haben da durchaus Potenzial auch mal so eine Darmbarriere zu schädigen.
Da gehen wir immer noch relativ sortlos damit um, finde ich mit diesem Thema, auch gerade bei der Schmerzmedizin, dass wir uns das einfach auch klar machen müssen, dass es auch einen Einfluss hat.
Ja, das kann ich absolut bestätigen.
Also auch die Antibiotika-Gabe finde ich in häufigen Fällen sehr schnell und breit angewendet und die Schmerzmittel sind natürlich frei verfügbar und das führt natürlich leider dazu, dass es in meiner Erfahrung auch wirklich überkonsumiert wird.
Also danke nochmal für diesen Hinweis an der Stelle.
Wie kann es denn sein, dass jetzt eine gynäkologische Erkrankung wie Endometriose nicht nur eine rein gynäkologische Erkrankung ist, sondern halt auch mit dem Darm und dem Darmmikrobiom zusammenhängt?
Was wissen wir denn darüber, wie da diese Erkrankungen zusammenhängen?
Leider noch nicht genug.
Das ist ja auch sozusagen unser Problem von diesem Gender-Health-Gap, dass wir eben Erkrankungen haben wie die Endometriose wo fast jede zehnte Frau im fertigen Alter in Deutschland betroffen ist und wir so wenig Daten letztendlich haben.
Das, was wir verstanden haben, ist so ein vielschichtiges Thema.
Also rein von den Symptomen her, wenn die Patienten Bauchschmerzen Oder Darmprobleme haben.
Es gibt durchaus Ablagerungen von Gebärmutterschleimhaut auch am Darm.
Das sind aber nur so acht bis zehn Prozent der Fälle.
Das heißt, wir haben Patienten, wo sich die Endometrioseherde zum Beispiel rund um den Enddarm legen oder auch im weiteren Darmverlauf vorhanden sind, Einblutungen machen können, Schmerzen machen können, Verstopfungen machen können.
Das ist die eine Geschichte.
Was aber viel häufiger ist, sind die Patienten, die eben so eine chronische Entzündung im Bauchraum haben.
Das heißt, es wird durch die Endometriose sehr viel Entzündung getriggert.
Entzündung kann Verwachsene machen.
Das heißt, wir sehen, dass der Darm teilweise sehr verwachsen ist und man kann sich das so vorstellen, Wenn der Nahrungsdreie dann durchläuft und an den Verwachsungen zieht ist das eben sehr schmerzhaft.
Das heißt, das haben wir relativ häufig bei der Endometriose.
Und wir haben noch einen dritten Punkt, das Stichwort Endobelly.
Was verstehen wir darunter?
Das sind Patienten mit Endometriose, die sehr häufig mit massiven Blähbäuchen kommen.
Die sehen aus wie im neunten Monat.
Ich sage, ich warf morgens schon auf mit diesem Blähbauch Oftmals auch zyklusabhängig besonders stark schmerzhaft Während der Periode oder zweite Zyklushälfte und da geht es nicht mehr um normale Blähungen, sondern es ist wirklich ein massiv geblähter Bauch.
Wir sehen auch häufig den SIBO-Test also die bakterielle Fehlbesiedlung, positiv und das scheint ein sehr komplexes Zusammenspiel zu sein.
Zum einen, weil sich eben die Darmbeweglichkeit die Brutalität im Dünndarm bei der Endometriose verändern kann, dass also alles etwas langsamer ist.
Dann sehen wir aber auch, dass die Patientinnen eine andere Zusammensetzung des Mikrobioms haben, also dass wir hier vermutlich noch einen Risikofaktor haben, plus eben dann diese viszerale Hypersensitivität, also die starke Schmerzempfindung unter dem Einfluss des Östrogens.
Also ein relativ komplexes Bild, das heißt, wir haben jetzt nicht den einen Endometriose-Patienten aber wir müssen eben hellhörig werden, wenn wir solche Symptomkonstellationen hören.
Wenn wir da vielleicht einmal reinsteigen können.
Ich kenne InduBelly aus der Praxis.
Wie ist da dein Vorgehen Weil du hast ja so viele Einflussfaktoren, die du jetzt ja schon genannt hast.
Wie tröselst du quasi das auf?
Also wie kannst du, testest du auf SIBO, testest du dort die Hormone das Mikrobiom?
Kann man da versuchen, das Ganze ein Stück weit so Schicht für Schicht vielleicht aufzubauen Zu verändern, weil wenn wir auch noch Verwachsungen haben, dann würde es theoretisch eventuell sogar nur über eine Operation, über eine Laparoscopie auch ein Stück weit vorwärts gehen.
Genau, also wichtig ist mir immer, dass wir das nur testen was auch eine therapeutische Konsequenz hat, weil ich habe oft die Erfahrung, die Patienten kommen mit Riesenorten an Testtouren, Wo wir aber keine Konsequenz daraus ziehen, was das eher nur verunsichert.
Also für mich ist erstmal die Anamnese wichtig, die genauer zuhören was passiert da eigentlich, wie hat sich das entwickelt, ist das zyklusabhängig ist das unabhängig Und natürlich dann nochmal die Ernährungstalbebücher um zu schauen, haben wir da auch noch einen Verdacht auf Nahrungsmittelintoleranzen, also Laktose, Fructose, Sorbitz sehen wir relativ häufig.
Und wie verhält sich das Ganze, ist das nur in der zweiten Zyklushälfte vorhanden, ist das immer da, das sind mal sozusagen das Muster zu erkennen Uns hilft es natürlich auch, wenn wir im Vorfeld einen Ultraschall oder einen Kernspinn haben, wo schon der Verdacht auf Erwachsene vielleicht auch geäußert wird oder auf Endometrioseherde, dass wir das verstanden haben.
Vielleicht gab es auch mal eine Bauchspiegelung in der Vorgeschichte und dann würden wir durchaus auf den SIBO testen dass wir auch wissen, ob die bakterielle Fehlbesiegelung da ist.
Wir würden uns auch die Schilddrüse nochmal genauer anschauen, weil wir sehen, wir haben doch häufig das Thema Hashimoto auch nochmal.
Damit dabei in dieser Form.
Und dann müssen wir eben überlegen, wie kriegen wir diesen Dünndarm in die Motilität.
Und das ist was ganz Wichtiges.
Wir werden diesen SIBO-Kampf nicht gewinnen, wenn der Dünndarm sich nicht bewegt.
Das heißt, wir müssen gucken, die Motilität herzustellen.
Und wir haben natürlich dann auch die Möglichkeit, mal kurzzeitig zu sanieren mit Antibiotika und danach auch wieder aufzubauen.
Okay.
Wie ist da deine Erfahrung zum Thema Motilität?
Reichen da pflanzliche Stoffe aus oder muss man da zum Teil auch auf pharmakologische Präparate zurückgreifen?
Das kann auch eine Kombination davon sein, ob das auch mal so, wenn man das Ganze mal anschubst, dass es danach auch besser wird in dieser Form.
Also da würde ich keinen Sinnwege ausschließen, aber ich würde es natürlich erstmal pflanzlich probieren, was funktioniert Das funktioniert ja, so mache ich das auch.
Bei der PCOS, da haben wir ja jetzt ein bisschen ein anderes geartetes Bild.
Da kann auch die Insulinresistenz häufig eine Rolle spielen.
Wie siehst du denn da bei diesem Erkrankungsbild, wie zeigt sich das im Darm und wie hängt das miteinander zusammen?
Also die Patienten kommen oft auch mit dem Thema Reizdarm, dass sie die Diagnose Reizdarm haben.
Beim PCOS ist es nochmal ein bisschen spezieller, weil wir eben da auch von der Entstehung der Krankheit noch ein bisschen anderen Pathologen haben.
Wir haben ganz gute Daten dafür, dass so ein durchlässiger Darm, also ein Leaky Gut, eins der Hauptpunkte ist in der Entstehung Von so einem polycystischen Ovarsyndrom, weil eben dann auch Bakterientoxine und auch LPS, also Lipopolysaccharid, das Immunsystem stimulieren können.
Und diese Entzündungsreaktion die da ausgelöst wird, sowohl eben in den Ovarien als auch dann im ganzen Stoffwechselthema, also Leber, Pankreas, das scheint ja ein großes Thema zu sein, auch für die Insulinresistenz, die wir sehr häufig in dieser Form sehen.
Okay.
Wie testest du denn auf Leaky Gut und was sind denn deine Erfahrungen nach gute Möglichkeiten dann, um die Darmbarriere zu schließen, um dann im zweiten Schritt auch diese Entzündungskaskade vielleicht ein Stück weit zu unterbrechen?
Genau, also das Thema Leaky Gut Diagnostik ist ja ein schwieriges Thema, weil das Einzige was wir wissenschaftlich akzeptieren würden, wären ja sehr aufwendige Tests die wir aber in der Praxis nicht durchführen können.
Das heißt, da haben wir das Thema, dass wir uns mit dem Zumulinwert behelfen Ich sage das behelfen weil wir das immer auch ein bisschen kritisch sehen müssen in der Gesamtkonstellation.
Ich würde es nicht jedem sagen Solin wird ja leicht erhöhtes gleich als massives Leaky Gut bezeichnen.
Wir schauen uns immer auf das Mikrobiom an und ob es andere Faktoren in der Form gibt.
Und wir versuchen natürlich, beim Thema Darmbarriere brauchen wir zum einen eine Therapie des Mikrobioms Wir brauchen aber auch Stoffe wie Tutamin, Zink, Vitamin D, dass sich die Darmbarriere regenerieren kann.
Und wir müssen auch Phytotherapie einsetzen, damit wir sozusagen diese Mikroentzündung dann auch hier herausbekommen.
Okay ja, also das deckt sich komplett mit meiner Erfahrung.
Nicht jeder Zonulinwert, der irgendwie ein bisschen über dem Grenzwert ist, ist auch wirklich dann ein Problem.
Das ist vielleicht auch nochmal ein wichtiger Punkt, weil ich habe viele Patienten, die sehr verängstigt aufgrund dieses Leaky Guts in die Praxis kommen.
Insgesamt erlebe ich Leaky Gut nicht.
Als ein wichtiges Thema, aber kein Drama.
Und vor allem muss man das wirklich in Relation setzen, wie ausgeprägt ist denn wirklich dieser Wert dann auch erhöht.
Genau, würde ich genauso sehen.
Thema Leaky Gut ist ja auch immer wichtig, was esse ich, was esse ich nicht.
Auch da sind ganz viele Menschen immer sehr, sehr verunsichert.
Gibt es generell bei diesem Thema etwas, was du empfiehlst was man weglassen sollte?
Sollte man vorher testen?
Wie ist da deine Erfahrung Wie Erfahrung?
Also ganz, vielleicht ganz wichtig vorneweg, ich erlebe viele Patienten, die echt Angst vor dem Essen haben und auch ganz verunsichert sind mit diesem Zonulinwert und dem Leaky Gut und alle schon weglassen, was sie im Internet gelesen haben, was böse ist, Lektine Gluten, Histamin, was weiß ich.
Also da bin ich eher pragmatisch und ich möchte keine Essstörungen haben, nur doch eine Zonulin Zu neuen Bestimmungen in dieser Form.
Das heißt, das Wichtigste ist, sich mal nochmal klarzumachen, was braucht eine gesunde Darmbarriere.
Und das sind eben Ballaststoffe das sind probiotische Lebensmittel.
Das ist eine anti-entzündliche Ernährung Aber eben auf der anderen Seite der Verzicht eben dann weitestgehend auf hochindustriell gefertigte Nahrungsmittel, Fast Food, viele Zusatzstoffe.
Und auch da, wenn ich jetzt einmal zu McDonald's gehe, wird mein Darm nicht sterben.
Aber es geht im Prinzip um das, was ich sozusagen langfristig mache und was ich letztendlich kontinuierlich für meine Darmgesundheit tue.
Wichtig ist einfach gut aufzuklären, weil da einfach auch viel Angst vorhanden ist.
Und nicht für jeden Patienten heißt es, dass wir glutenfrei essen müssen oder lektinfrei.
Das ist für jeden Patienten auch individuell, was man sich auch anschauen muss.
Ja, super.
Also da können wir uns quasi die Hand geben, das sehe ich absolut genauso.
Ich sehe viel zu viele Menschen, die zu viel weglassen und zu viel Angst haben und dann langfristig wirklich sich ein Problem heranzüchten.
Ich vergleiche das immer ein bisschen, wenn du Sport hast und du hast Muskelkater danach und du sagen würdest der Muskelkater ist schlecht, dann hilft dir Sport wegzulassen.
Wenn du den Sport aber langfristig weglässt Dann ist deine Muskulatur irgendwann auch weg und du kriegst schon beim Treppenlaufen Muskelkater.
Dann lässt du irgendwann das Treppenlaufen weg, weil dann ist der Muskelkater wieder weg und so bist du halt in einer Abwärtsspirale.
Insofern da muss man unbedingt aufpassen, dass man nicht reinkommt und wirklich nur das weglässt was unbedingt notwendig ist.
Absolut.
Wie ist denn dein Standpunkt zu Lebensmittelunverträglichkeitstestungen?
Da gibt es ja ganz unterschiedliche.
Verwendest du welche und wenn ja, was findest du da sinnvoll und was weniger?
Also wir haben jetzt erstmal die klassischen Nahrungsmittelintoleranzen.
Da wären wir jetzt bei Laktose, Fruktose Sorbit.
Dafür verwenden wir Atemtests.
Aber erst dann, wenn wir auch das Ernährungstagebuch gesehen haben und sagen, okay, das ist wahrscheinlich...
Alternativ kann man natürlich auch immer sagen, man macht eine Eliminationsdiät also lassen Sie mal für vier Wochen die Laktose weg, um zu sehen, bietet das eine Besserung ja oder nein.
Dann haben wir das schon mal abgehakt und wenn da gar nichts rauskommt, ist natürlich die Frage, oder ist auch ganz wichtig nochmal vorneweg, die Zöliakie gehört immer ausgeschlossen.
Das ist etwas, was ich häufig sehe, dass wir Patienten haben, wo wir eben sehen, die haben, 7.000 IgG-Tests aber nie jemand ist auf die Idee gekommen, mal die Zödiakie zu testen.
Also das ärgert mich dann auch.
Also das ist ganz, ganz wichtig, dass wir die schulmedizinischen Hausaufgaben da ordentlich gemacht haben.
Und dann kommen wir sozusagen zu spezielleren Dingen.
Die Sachen können speziell sein.
Wir sehen natürlich auch mal richtige Allergien, also IgE vermittelte Allergien.
Das sind aber klassischerweise Dinge wie zum Beispiel Erdnuss oder Casein das Milcheiweiß.
Das sind häufige Dinge, die wir sehen.
Aber sozusagen andere Allergien sind Extrem selten das muss man sich auch immer wieder klar machen.
Also echte Nahrungsmittelallergien sind selten Aber zum Beispiel gerade bei dem Patienten mit dem Heuschnupfen spielen uns natürlich auch Kreuzallergien mit rein.
Das müssen wir immer dran denken.
Also Patienten, die die Gräserallergie haben, können natürlich auch auf gewisse Nahrungsmittelallergien Dann haben wir das Thema Pseudoallergien, also Histaminintoleranzen.
Das haben wir keinen so richtig fantastischen Test.
Da geht es auch eher sozusagen von der klinischen Symptomatik und Ernährungstagebüchern in der Form.
Und wenn wir sozusagen dann das abgearbeitet haben, dann können wir uns mit spezielleren Dingen noch beschäftigen.
Wir haben auch Patienten, die nach einem Zeckenbiss ein Alpha-Gal-Syndrom haben, also auf Rindfleisch allergisch reagieren Da gibt es eine ganze Reihe an spezifischen Dingen, aber die sind so selten, dass ich die jetzt nicht im Allgemeintest machen würde.
Und wie stehst du denn zu IgG-Testungen, IgG-4-Testungen oder auch die LTT-Testungen für Lebensmittelunverträglichkeiten?
Das ist ein schwieriges Thema.
Also eins vorneweg, solange ein Patient ein verändertes Mikrobiom oder einen durchlässigen Darm hat, der signifikant ist, brauche ich sowas gar nicht testen weil ich weiß, was rauskommt.
Das heißt...
Solange ich so eine Situation habe, werde ich natürlich mehr auf Nahrungsmittel reagieren.
Ich sehe die IgG-Tests kritisch, weil sie viel zu häufig gemacht werden.
Und ich sehe viele Patienten, die kommen mit dem Ordner voll bunter Daten und sagen, das darf ich jetzt alles nicht mehr essen.
Das ist aber nie abgeglichen worden mit dem Mikrobiom oder auch mit den tatsächlichen Beschwerden des Patienten.
Also das ist wirklich nur sozusagen ein bunter Ausdruck.
Das sehe ich sehr kritisch und das sehe ich auch als ein großes Problem für Essstörungen an in dieser Form.
Einschränkend muss man dazusagen...
Ich mache keine IgG-Tests als Standard.
Manchmal ist es aber so, dass wir Spätreaktionen sehen.
Also IgG-4-Tests oder LTT-Tests machen wir auch, aber nur in ausgefehlten Fällen.
Das würde ich nie als Standarddiagnostik für jeden anbieten.
Okay, ja.
Also ich bin mittlerweile auch dazu übergegangen, solche Tests anzubieten Nahezu nicht mehr anzubieten.
Einfach genau aus dem Grund, wenn unser Mikrobiom und die Darmbarriere intakt ist, ist das halt einfach meistens gar kein Thema mehr.
Bei den IgG4s bin ich persönlich recht kritisch.
Alles, was ich mich damit informiert habe, scheint das am ehesten wirklich eine Toleranz des Immunsystems darzustellen.
Aber man muss auf jeden Fall meines Erachtens klinisch überprüfen wie du es so schön gesagt hast die ganzen bunten Daten, ob das denn auch auf die Beschwerden wirklich einen Einfluss hat.
Das heißt, mal weglassen für einen kurzen Zeitraum und dann wieder einführen, einzelne Lebensmittel, um dann zu gucken, kann ich denn damit die Beschwerden auch wirklich provozieren.
Und das passiert ganz häufig nicht.
Es wird dieser Test gemacht, dann wird das für ein Jahr oder zwei weggelassen und es wird nie durchgeführt Nochmal nachgeschaut ob dann auch wirklich Das einen Einfluss hatte.
Das ist ein ganz wichtiges Thema, zum Beispiel auch bei dem Thema FODMAP-Ernährung.
Man muss ja sagen, das ist ja schon an sich ein falscher Begriff, es gibt keine FODMAP-Ernährung sondern wenn, gibt es sozusagen sechs Wochen lang mal das Prinzip, etwas wegzulassen.
Aber diese FODMAP-Geschichte war nie dazu gedacht, daraus eine langfristige Ernährungsweise zu machen.
Das war immer sozusagen dazu gedacht, um herauszufinden, was vertrage ich was vertrage ich nicht.
Und das ist, glaube ich, vielen Patientinnen auch nicht klar, dass sie sozusagen, wenn ich FODMAP, dann geht es mir gut auf Dauer.
FODMAPs sind eigentlich Stoffe die unser Darm mit Probiot braucht.
Manchmal ist es eben so, dass gewisse Teile davon nicht so gut vertragen werden, aber das ist nie zu einer langfristigen Ernährung gedacht.
Absolut.
Das ist wie keine Bewegung ist mit dem Leben langfristig nicht gut vereinbar.
Nicht wirklich gut.
Okay, das ist jetzt schon eine schöne, wir haben irgendwie schon einen sehr runden Überblick.
Wenn ich das nochmal zusammenfassen kann, ist es einfach sehr wichtig, bei Verdauungsbeschwerden auch Reizdarm-ähnlichen Beschwerden als Frau den Blick darauf zu haben, machen die Beschwerden quasi auch einen zyklischen Verlauf.
Das Ganze kann ich mit einem Symptom-Tagebuch so vielleicht ein bisschen mir besser vor Augen führen und dann ist es wichtig, dass A, mit dem Gynäkologen zusammenzuarbeiten, interdisziplinär mit dem Gastroenterologen dass das beides angeschaut wird.
Wie wichtig siehst du denn auch die Messung von Hormonen?
Hat einen hohen Stellenwert oder wie versuchst du das zu quantifizieren oder objektiver zu machen, diese Thematik mit der hormonellen Problematik bei Verdauungsbeschwerden?
Also ich sage mal, bei Patienten unter 40 würden wir das jetzt nicht standardmäßig machen, weil das natürlich auch sehr davon abhängig ist, welche Zyklusphase das ist.
Das bringt jetzt also nichts, wenn der Patient mit irgendeinem Wert kommt.
Das ist ja sozusagen sehr stark zyklusabhängig wo wir da sind.
Da würde ich eine Ausnahme machen bei den Patienten, die zum Beispiel ein Polycystisches Ovarsyndrom-Verdacht haben.
Das ist natürlich für uns interessant.
Oder bei dem Patienten mit der Endometriose ist ein zu hoher Östrogenspiegel vorhanden Ansonsten will man es nicht standardmäßig machen.
Wir haben auch oft Patienten, die kommen so mit 42, 43 und sagen, mir geht es vom Darm her nicht gut.
Da würde ich dann trotzdem mal zum Gynäkologen auch verweisen, zu einer Aukläre oder dem Hormonspiegel messen gerade Thema Östrogendominanz, dass man sich das anschaut Aber wie gesagt, alles nicht standardmäßig, aber eben spezifisch für die Probleme die die Patientin auch für die Altersklasse in der sie ist.
Okay.
Ja, ich finde es tatsächlich echt ein spannendes Thema.
Also A, man muss natürlich wissen, wann man misst Man sollte dann standardisiert an bestimmten Zeitpunkten im Zyklus messen und man muss sogar wissen, wenn man dann fünf bis sieben Tage nach Eisprung messen würde, um zum Beispiel einen guten Blick ins Progesteron zu kriegen, ob...
Frau in diesem Zyklus überhaupt einen Einsprung hatte.
Und wenn die Frau das gar nicht spürt muss sie vorher überhaupt erstmal zum Beispiel über eine Temperaturmessmethode das Ganze sichtbar machen.
Das sind viele Frauen tatsächlich bei uns in der Praxis immer etwas überrascht wie aufwendig das sein kann, da einen Blick in die Hormone zu bekommen.
Aber es ist teilweise schon sehr spannend, was...
Ich erlebe es tatsächlich, viele Kosmetika, Duftstoffe werden über ähnliche Abbau oder über den ähnlichen Abbauweg wie Hormone auch abgebaut.
Und dadurch, wenn ich dann viele kosmetische Produkte verwende, kann es dazu kommen, dass es eine Abbaustörung oder einen Stau quasi gibt von diesen Hormonen.
Insofern da ist es durchaus immer mal interessant, auch zu gucken und den Patienten auch mal zu befragen was alles an Kosmetika verwendet wird.
Absolut, ja.
Und es sind letztendlich zwei Organe die wir beim Thema Hormone immer unterschätzen.
Das eine ist der Darm das andere ist die Leber dass wir hier echt ein wichtiges Zusammenspiel auch haben.
Da haben wir schon mal einen sehr, sehr guten Einblick bekommen.
Wenn wir jetzt Zuhörerinnen haben, die sich gerne tiefer mit dem Thema und mit dir beschäftigen würden, was könntest du denn da empfehlen?
Also für alle, die einen tieferen Einblick bekommen wollen, hast du ja schon gesagt, ich habe das neue Buch beschrieben, Frauen haben anders Darm, da steht sehr viel dazu drin, da ist auch ein Ernährungstagebuch drin, als Vorlage das kann man sich auch runterladen und da sind natürlich auch viele Rezepte drin und Dinge die man selber tun kann.
Im Bereich der Phytotherapie der Nährstoffergänzung, um eben spezifische Beschwerden auch zu lindern.
Also das wäre sozusagen mal meine erste Empfehlung.
Natürlich bieten wir auch Videosprechstunden an für speziellere Fälle dann, aber ich denke, die meisten sind mit dem Buch schon mal ganz gut bedient.
Sehr schön, okay, perfekt.
Dann packen das auf jeden Fall alles in die Shownotes sowohl dein Buch als auch dann eben die Praxis Instagram bist du auch aktiv.
Bin ich auch, genau.
Wunderbar, alles klar.
Dann vielen, vielen Dank Julia, für dieses spannende Gespräch.
Ganz, ganz wichtiges Thema.
Frauen haben anders Damen.
Ich denke, das ist spätestens nach diesem Podcast absolut klar geworden.
Vielen Dank für die Einladung.