Episode Transcript
Kann jemand die eigene Würde verlieren?
Oder kann jemand die Würde zurückgeben?
Meine einfache Antwort ist nein.
Vielleicht überrascht ich diese Antwort, aber wie immer ist es spannender, wenn man ein bisschen in die Tiefe geht.
Das machen wir in dieser Podcastfolge.
Herzlich willkommen zurück am Lagerfeuer.
Unser frei im Himmel.
Das Lagerfeuer für Nomaden Christiane.
* Musik * In der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es, alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.
Die Würde ist die Grundlage auch für die Menschenrechte.
Es ist angeboren und für alle gleich.
Das ist auch aus theologischer, christlicher, ethischer Sicht die Menschenwürde.
Die Angeboren ist und allen gleichzusteht.
Würde kann man nicht verlieren, weil wenn sie angeboren ist, dann hat Würde auch nicht damit zu tun, was jemand kann oder nicht kann.
Angeboren heißt ja auch, schon als Baby hat man eine Menschenwürde.
Als Baby kann man z.B.
seine Körperfunktionen nicht regulieren.
Man hat keine Ahnung von dem, was man gesellschaftlich so tun soll oder nicht, sondern man lebt einfach und trotzdem.
Gerade deswegen hat man auch eine individuelle Würde.
Und die verliert man auch nicht im Laufe des Lebens.
Würde ist häufig etwas, das in Spiel kommt, wenn es ums Lebensende geht.
Dass man würdig sterben möchte, z.B.
jemand würdig sterben möchte.
Aus christlicher Sicht geht eigentlich unwürdiges Sterben von einem Menschen aus nicht.
Also jemand kann seine Würde nicht verlieren, weil er oder sie z.B.
eine schwere Krankheit hat und nicht mehr klar denken kann.
Oder eben, sein Körper nicht mehr gleich gut funktioniert.
Sondern die Würde hat man vom ersten bis zum letzten Atemzug.
Und das finde ich auch das Schöne und Faszinierende am christlichen Glauben, diese inhärrente Würde, die einfach jeder Mensch hat.
Aus der logischer Sicht gibt es zwei Erklärungen dafür grob gesagt.
Die eine ist, dass Menschen nach dem Ebenbild, nach dem sogenannten von Gott geschaffen wurden.
Also, dass sie eine Ähnlichkeit haben mit Gott.
Und Gott ist ein so perfektes, übernatürliches Wesen.
Ein Wesen, das in Güte und Liebe nicht zu übertreffen ist.
Weil wir Menschen ähnlich sind, haben auch wir Teil an dieser Würde.
Das ist die eine Erklärung.
Die andere Erklärung ist, dass Gott jeden einzelnen Menschen bedingungslos liebt und dass auch das nicht verloren gehen kann.
Dass Gott jeden Menschen sieht und liebt und begleitet.
Und deswegen jeder Mensch eine individuelle Würde hat, die er oder sie oder die nicht verlieren kann.
Würde zu haben und auf andere angewiesen zu sein, ist kein Widerspruch, sondern das gehört beides zum Mensch zu sein.
Ohne theologischen Hintergrund ist es übrigens schwierig, auch zu begründen.
Es gibt verschiedene philosophische Erklärungsansätze dafür.
Eine bekannte Stammt von Immanuel Kant, der die Menschen für die Anvernunft und Selbstbestimmung, also Autonomie festmacht.
Das klingt im ersten Augenblick überzeugend, weil es auch ein Stück weit den Menschen abgrenzt fontieren.
Aber dann wiederum überzeugt es nicht so, weil wenn jemand z.B.
im Koma liegt oder ein kleines Kind ist oder demant wird, was ist dann mit dieser Würde, was ist dann mit der Vernunft und Selbstbestimmung, dann hinkt diese Erklärung.
Dazu gab es übrigens auch eine Folge von unserem Podcast Mindmaps, vom Philosophie Podcast.
Die verlinke ich dir in den Notizen zu dieser Folge.
Auch eine spannende Erklärung für Würde, auf die ich gestoßen bin in der Recherche, stammt aus dem Spätmittelalter von Pico della Mirandola.
Er sagte, der Grund der besonderen Menschenwürde ist die psychische Selbstmächtigkeit des Menschen.
Dass ein Mensch kreativ sein kann, ist das, was die Würde dieses Menschen ausmacht.
Auch hier, wenn jemand das nicht mehr sein kann oder nicht mehr auf augenfällige Weise sein kann, was ist dann mit dieser Würde?
Und auch, es sollte sein, dass unter Druck, was sind meine Fähigkeiten?
Hab ich mehr Würde, wenn ich kreativer unterwegs bin, weniger Würde, wenn ich einen sehr repetitiven Job habe, und das auch mag, das darf einfach nicht sein.
Das ist ein schönen Satz, habe ich im Metzlers Philosophie Lexikon Online gefunden.
Den lese ich euch schnell vor.
Jeder Verstoß gegen die Würde ist ein durchbrechender Solidarität der Menschen untereinander.
Ihre Achtung erkennt an, also die Achtung der Menschenwürde, erkennt an, dass das Menschsein in jedem Einzelnen in unersetzlicher, weil individuellerweise repräsentiert ist.
Das fand ich sehr, sehr einen schönen Satz und eine schöne Begründung, dass das Mensch sein in jedem Menschen einzigweilig ist.
abgebildet sind, dass jeder Mensch ein einzigartiges Leben hat und sich daraus die Würde ableitet.
Das war jetzt so die Erklärung, die mich am meisten noch überzeugt hat aus der Philosophie.
Aber sonst gefällt mir das eben wie gesagt auch am Christentum, dass die Würde nichts mit Fähigkeiten zu tun hat, dass nichts, was ich tue oder nicht tue, was ich kann oder nicht kann, mehr Würde gibt.
Würde kann man nicht verlieren, kommt jetzt aus dieser Heerleitung, weil Gott spricht jedem Menschen eine einzigartige Würde zu, es ist angeboren und für alle gleich.
Würde kann man deswegen nicht verlieren.
Aber Würde kann man anerkennen oder nicht.
Man kann die Würde eines Gegenübers, wie auch in diesem Satz, den ich vorher vorgelesen habe, anerkennen oder nicht.
Also Würde kann verletzt werden, wenn ich zum Beispiel jemandem nicht zugestehe, dass diese Person ihr Leben auf ihre eigene Weise leben kann.
Also wenn ich jemandem die Selbstbestimmung nicht mehr zugestehe.
Würde kann auch verletzt werden, indem ich jemandem das nicht zugestehe, was dieser Person zum Leben braucht, also auf gesundheitlicher oder ganz passaler Nahrungs, medizinischer Versorgung auf dieser Ebene, auf der Ebene von Bildung, damit diese Person sich entfalten kann, dann kann eine Würde des Menschen verletzt werden, indem man sie nicht anerkennt oder auch indem ich Personen minderwertig behandle oder Personen minderwertig behandelt werden, indem so eine Ungleichheit geschaffen wird, auch das verletzt die Menschenwürde.
Auch ein interessanter Punkt, den ich mir überlegt habe, auch die eigene Würde muss anerkannt und geachtet werden.
Also wie spreche ich mit mir selber, wie gehe ich mit mir selber zu um, wie gestehe ich mir selber das zu, was ich zum Leben brauche, wie lasse ich mich selber mich entfalten im Rahmen meiner Möglichkeiten.
Das ist auch der Umgang mit der eigenen Würde und das Bewusstsein dazu.
In jedem Augenblick deines Lebens bist du ein geliebtes Geschäftgottes und das wirst du nicht verlieren, egal welche Fähigkeiten du hast oder nicht hast, was du machst, was du nicht machst.
Eine spannende Definition von Würde habe ich interessanterweise noch beim Vatikan gefunden, in so einer Entzücklichkeit, dignitas infinita, wo eben ein Thema behandelt wird.
Und ich möchte vorausschicken, ich bin in den moralischen Aussagen dieses Dokumentes nicht in jedem Fall einverstanden.
Zum Beispiel, wo die Liebe zwischen Mann und Frau als Darstellung der Menschenwürde dargestellt wird oder assistiert der Suizid als Verletzung der Menschenwürde, Schwangerschaftsabbruch, geschlechtsangleichende Operationen und so weiter.
Das sind dann alles Beispiele, wo die Würde irgendwie mit moralischen Konsequenzen behandelt wird und da finde ich, die Themen sind doch komplexer, als es dort steht.
Und ich bin auch mit den Aussagen nicht in jedem Fall einverstanden.
Aber in diesem Dokument gibt es eine spannende Definition von Würde, dass es vier verschiedene Dimensionen gibt.
Eine ontologische, also vom Menschsein her, vom Leben her, besitze ich eine unveräußerliche Würde.
Das ist die erste.
Die zweite Definition oder Dimension von Würde ist die Sittliche, also meine Freiheit gegen oder mit meinem Gewissen zu handeln und deswegen meine eigene Würde oder die Würste anderen Menschen zu verletzen, die Sittliche Würde.
Wie gehe ich moralisch, ethisch mit anderen Menschen um?
Dann die dritte ist die soziale Würde, was in die Lebensbedingungen eines Menschen wird da, die Würde dieses Menschen geachtet und dann vierte ist die existenzielle Würde.
Also ganz heruntergebrochen, wenn die Lebensbedingungen so schwierig sind, dass jemand das eigene Leben als würdelos erfährt.
Also, dass da ein Gegensatz besteht zu dieser ontologischen Dimension, zudem als Mensch steht mir Würde zu und zwischen dem wie ich meine existenziellen Lebensbedingungen erlebe.
Wenn es da ein Konflikt gibt, dann ist die Würde verletzt.
Das fand ich eine spannende Dimension, die ich hier noch nennen wollte.
Du kannst übrigens das, was ich in diesem Podcast jetzt erzählt habe, auch nachlesen auf reflap.ch.
Jedes Mal, wenn ich hier eine Podcastfolge poste, dann gibt es auch einen Blog-Eintrag dazu und auch ein ganz kurzes Video, so zwischen zwei und fünf Minuten, wo ich auf das Thema eingehe.
Ich findest du in der Playlist auf YouTube, die ich dir auch verlinkt in den Notizen zu dieser Folge.
Und jetzt interessiert mich, was du darüber denkst.
Ob du in dieser Podcastfolge was gehört hast, dass du dir noch nie so überlegt hast oder ob du etwas ergänzen möchtest, dann kommentier das sehr gerne auf reflap.ch als Mail, als contact@reflap.ch oder schreib mir auf Instagram.
Ich freue mich von dir zu hören und dann bis in zwei Wochen wieder.
Tschüss!
[Musik] [Musik] SWR 2018