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#275 Mörderische Abhängigkeit - Die Schwarze Witwe von Bodenfelde

Episode Transcript

Diese Episode enthält explizite Details über wahre Kriminalfälle.

Weitere Infos in der Folgenbeschreibung.

Bevor wir anfangen, noch ein kurzer Hinweis.

In dieser Folge haben wir die Namen aller Beteiligten geändert.

Das machen wir, um Angehörige und Opfer zu schützen und weil manche der Täterinnen und Täter noch leben.

Die Zeitangaben, die Taten, die Abläufe, die Ermittlungen, all das entspricht den Fakten.

Nur die Namen, die ihr hier hört, sind frei erfunden.

Ein Montagmorgen, Ende August im Jahr 2007.

In der Polizeiwache von Bodenfelde in Niedersachsen wirkt alles noch verschlafen.

Der Raum ist winzig, kaum 15 Quadratmeter groß.

An den Wänden klebt eine speckige Raufasertapete.

Dort hängt noch ein alter Kalender von 2005.

Hier arbeitet ein Mann, den wir in dieser Folge Dieter nennen.

Er ist hier in Bodenfelde der einzige Dorfpolizist.

Viel zu tun hat er normalerweise nicht.

In dieser Gegend passiert selten etwas, das über Nachbarschaftsstreitigkeiten hinausgeht.

An diesem Vormittag soll Dieter eine Aussage aufnehmen.

Es geht nur um eine Kleinigkeit, zu laute Nachbarn.

Ein Zeuge soll noch ein paar Details zu Protokoll geben, nichts, was ungewöhnlich wäre.

Pünktlich um 10 Uhr kommt sein Zeuge.

Wir nennen ihn in dieser Folge Sven.

Im Dorf kennen ihn alle.

Schon seit Jahrzehnten düst er auf seinem Mofa durch die Straßen.

Er trägt nie einen Helm und sieht immer ein wenig abgerissen aus.

Sven ist eine skurrile Figur, über die man viel spricht.

Eine Art Legende in Bodenfelde.

Und doch einer, den man belächelt.

Sauberkeit soll nicht gerade Svens Stärke sein.

Schon bevor er den Verhörraum betritt, soll Polizist Dieter unwillkürlich das Fenster aufgerissen haben.

Doch an diesem Morgen ist etwas anders.

Als Sven ankommt, wirkt er verändert.

Er hat sich die Haare geföhnt und tritt ungewöhnlich ordentlich auf.

Und kaum sitzt er vor dem Beamten, lässt er diesen einen Satz fallen, der alles verändern wird.

Wenn er hier fertig sei, sagt Sven, dann würden die Handschellen klicken.

Bei einem Nachbarschaftsstreit?

Polizist Dieter runzelt die Stirn.

Doch dann holt Sven Luft.

Für die kleine Wache wird das, was er gleich sagt, ein Schock sein.

Hier rechnet niemand mit einem Verbrechen.

Und schon gar nicht mit dem, was Sven dem Polizisten jetzt erzählen wird.

Music.

Und damit ganz herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Schwarzen Akte mit Patrick Strohbusch und mit Anne Luckmann.

Hello!

Wir beginnen unsere Erzählung im Sommer 2007 in Bodenfelde, einem kleinen Ort im Soling, im Mittelgebirge des Weserberglands.

Das ist im Süden von Niedersachsen.

Werbung.

Werbung Ende.

Rund zweieinhalbtausend Menschen leben hier in Bodenfelde.

Die Häuser stehen dicht beieinander.

Vieles wirkt verschlafen, fast schon dörflich.

Hier kennt jeder jeden.

Schwere Verbrechen gibt es nicht.

Wenn es Streit gibt, dann geht es um zu hohe Hecken und die zu laute Musik der Nachbarn.

Und doch ist es genau dieser Ort, der plötzlich zum Schauplatz einer der spektakulärsten Kriminalgeschichten Deutschlands wird.

Auslöser dafür ist der 52-jährige Sven.

Er wird 1954 geboren, in einem kleinen Ort in Solling.

Er ist das jüngste von sieben Kindern.

Seine Eltern kümmern sich gut um ihn.

Svens Vater ist ein vom Krieg gezeichneter Maurer.

Oft ist er fröhlich und nur selten streng.

Auch die Mutter soll nicht besonders streng gewesen sein.

Sie hilft im Herbst bei der Ernte und sonst führt sie den Haushalt.

Sven wächst ohne Druck auf.

Alles klingt nach einer Kindheit ohne Härte.

1961 wird Sven eingeschult.

Nachmittags hilft er auf einem Bauernhof und fährt mit anderen Kindern Schlitten oder Fahrrad.

Enge Freunde aber hat er keine.

Er mag Tiere lieber.

Die Schule interessiert ihn bald nicht mehr.

Oft schwänzt Sven sogar.

Seine Lehrer sprechen von einem eingeschränkten Wortschatz.

Später wird bei ihm ein IQ von 79 festgestellt.

Das liegt deutlich unter dem Durchschnitt.

Die meisten Menschen bewegen sich zwischen 85 und 115 Punkten.

Mit 79 liegt Sven im sogenannten Grenzbereich.

Für den Alltag reicht das aus, aber komplexe Zusammenhänge überblicken, abstrakt denken oder eigene Entscheidungen kritisch hinterfragen, damit tut sich Sven schwer.

Er ist ein Kind, das in der Schule nicht bestehen kann und lieber allein ist.

Nach wenigen Jahren wechselt er auf die Sonderschule.

Auch dort bleibt er ein Störer.

Schließlich geben Lehrer und Eltern auf.

Im Alter von nur elf Jahren landet er schließlich in einem Heim.

Die Pflegemutter, zu der er später geschickt wird, schätzt seine Hilfe, aber er läuft immer wieder weg.

Rohrstockstrafen, neue Heime und neue Orte folgen.

Erst mit 17 kommt er zurück zu seinen Eltern.

Sven arbeitet von da an in Fabriken.

Sein Arbeitseitag besteht aus Fegen, Sägen bedienen und Gabelstapler fahren.

Während seine Geschwister Ausbildungen machen und Berufe ergreifen, bleibt er das schwarze Schaf.

In den späten 70ern verliebt er sich zum ersten Mal.

In Nadine.

So nennen wir sie in dieser Folge.

Nadine ist zehn Jahre jünger als er.

Sven ist da gerade Mitte 20, Nadine also noch minderjährig und in der Schule.

Sie wird Svens große Liebe.

Die Beziehung hält aber kaum zwei Wochen.

Sie verlässt ihn, kehrt aber wieder zu ihm zurück, nur um ihn dann wieder zu verlassen.

Ein ständiges Hin und Her.

Sven setzt das ziemlich zu.

Er randaliert, trinkt, fährt dann betrunken Mofa und wirft Fensterscheiben ein.

Einmal schlägt er Nadine sogar im Streit.

Irgendwann ist dann aber endgültig Schluss.

Für ihn bleibt sie die Frau, der er noch jahrelang nachtrauern wird.

Danach geht es weiter mit dem starken Alkoholkonsum.

Psychologen werden später feststellen, dass Sven Minderwertigkeitsgefühle hat.

Es ist das dauernde Empfinden nicht zu genügen.

Mitte der 80er zieht Sven in eine Wohnung nach Bollensen.

Das ist 9 Kilometer von Bodenfelder entfernt.

In dem Gebäude wohnt auch eine Frau, die 15 Jahre älter ist als er.

Sie zieht mit ihren beiden Söhnen ein.

Diese Frau nennen wir in der heutigen Folge Andrea.

Für Sven ist das der Beginn einer ganz neuen Art von Bindung.

Er findet bei Andrea etwas, das er bisher nie hatte.

Eine Art Familienanschluss.

Doch der Preis dafür ist hoch.

Denn mehr als 20 Jahre später wird Sven auf der kleinen Polizeiwache sitzen und behauptet, dass Andrea eine eiskalte Mörderin ist.

Diese Andrea wird 1939 in Oberschlesien geboren.

Noch im selben Jahr zieht ihre Familie aber nach Hannover.

Der Vater arbeitet dort als Autoschlosser.

Die Mutter kümmert sich um den Haushalt und die Kinder.

Laut einem Sternartikel ist sie sehr streng und Andrea muss schon früh körperliche Gewalt ertragen.

Die kleine Andrea spielt lieber mit Jungen als mit Mädchen.

Sie hat aber keine Probleme in der Schule.

Später wird ein IQ-Test bei ihr einen Wert von 139 zeigen.

Ein Wert, der nur bei wenigen Menschen erreicht wird.

Sie ist hochintelligent, wird aber nicht gefördert.

Mit 16 Jahren fängt sie an, in einer Fabrik zu arbeiten.

Andrea geht gern und oft tanzen.

Mit 18 verliebt sie sich zum ersten Mal.

Doch die Beziehung zerbricht.

Ihr Freund macht ihr deutlich, dass er sie nicht heiraten wird.

Andrea reagiert darauf mit einem Suizidversuch.

1961 heiratet sie einen Mann, den sie während der Arbeit in Hannover kennengelernt hat.

Er ist zwölf Jahre älter als sie.

Andrea ist da gerade mal 22.

Noch im selben Jahr wird sie schwanger, trennt sich aber noch vor der Geburt von ihm.

Andrea zieht ihren ersten Sohn also allein auf.

In den Jahren danach soll sie mehrere Beziehungen, auch mit verheirateten Männern gehabt haben.

Die verschweigen ihr dieses kleine Detail mit dem Ehering aber immer.

Bald übernimmt Andrea eine Gaststätte in der Nähe von Hannover.

1971, zehn Jahre nach ihrer ersten Hochzeit und ihrem ersten Kind, heiratet sie wieder.

Die Ehe wird allerdings leider zum Desaster, denn ihr Mann schlägt und vergewaltigt sie fast täglich.

Andrea versucht immer wieder zu fliehen, doch sie schafft den Absprung nicht.

Er verfolgt sie.

Ein Jahr nach der Heirat, 1972, bringt sie ihren zweiten Sohn zur Welt.

Andrea muss jetzt regelmäßig Beruhigungsmittel einnehmen, zeitweise sogar bis zu acht Tabletten am Tag.

1979 trennt sie sich dann endgültig.

Andrea ist jetzt 40 Jahre alt.

Mit ihren beiden Kindern lebt sie von Sozialhilfe und arbeitet nebenher als Altenpflegerin.

Anfang der 80er Jahre eröffnet sie mehrere Bars, unter anderem auch Lokale, in denen Pornofilme gezeigt werden.

Eine Zeit lang arbeitet sie sogar selbst als Prostituierte.

Über Zeitungsinserate sucht sie immer wieder nach Männern, aber gezielt nach älteren Herren.

Von jüngeren Männern hat sie nach ihren schlechten Erfahrungen erstmal genug.

Andrea verspricht in ihren Annoncen Nähe und Betreuung.

Im Gegenzug bekommt sie von den älteren Herren Geschenke oder Geld.

1983 lernt sie so einen Mann kennen.

Einen 82-Jährigen aus Hessen, den wir in dieser Folge Walter nennen.

Er verliebt sich in die deutlich jüngere Andrea.

Sie ist da 44 Jahre alt.

Sie wirkt jung, lebendig und viel junger als sie ist.

Mit ihren blonden Haaren und der schmalen Figur könnte man sie auch für Mitte 30 halten.

Andrea fängt an, Walter in Hessen zu besuchen.

Die Treffen bleiben dort auf dem Dorf aber nicht unbemerkt.

Andrea spaziert in knappen Kleidern durch den Garten, während Walter neben ihr sitzt.

Sie inszeniert Nähe, formuliert zärtliche Briefe und erzeugt so Zuneigung.

Für Walter ist es wie ein spätes Glück.

Er ist ihr total verfallen.

Im September 1985 macht er Andrea zu seiner Alleinerbin.

Wenige Wochen später überschreibt er ihr elf Grundstücke.

Für die Nachbarn ist das kaum zu begreifen, doch Walter zweifelt nicht.

Nur ein paar Monate danach, am 5.

Januar 1986, ist Walter tot.

Laut den Ärzten eine natürliche Todesursache.

Für Andrea bedeutet der Verlust ein Vermögen, nämlich Grundstücke und Geld im Wert von 160.000 D-Mark.

Doch Walter ist nicht der einzige ältere Mann, den Andrea an sich bindet.

Da gibt es noch den 77-jährigen Maurermeister aus dem Sauerland.

Wir nennen ihn Heinrich.

Er verfällt ihr ebenfalls.

Heinrich kauft ihr einen Mercedes, bezahlt Reisen und gibt ihr Geld.

Mit diesem Geld erfüllt sich Andrea 1988 einen Traum.

Sie kauft sich bei einer Zwangsversteigerung ein großes Anwesen in Bodenfelde.

Ein Vorderhaus direkt an der Dampfstraße und ein Hinterhaus, das sie ebenfalls nutzt.

Dieses Grundstück wird für die kommenden Jahrzehnte ihr Lebensmittelpunkt sein.

Und für viele Männer, die sie ködert und ihr Vertrauen schenken.

In den folgenden Jahren heiratet Andrea noch weitere Male.

1991 zum Beispiel Ernst, 83 Jahre alt.

Nach nur einem halben Jahr Ehe stirbt er jedoch bei einem Raubüberfall.

Ein Jahr später, 1992, folgt Friedrich, ein Mann, den sie zuvor in Spanien kennengelernt hatte.

Er beschenkt sie großzügig, ein Cabrio, einen Pelzmantel und ein Wohnmobil.

Die Ehe dauert aber nur anderthalb Jahre.

Neun Jahre später stirbt er, ohne dass es Hinweise auf ein Verbrechen gibt.

So entstehen immer neue Bindungen, die alle dem gleichen Muster folgen.

Andrea sucht gezielt nach älteren und wohlhabenden Männern.

Nähe bedeutet für sie vor allem eins, Sicherheit.

Zuneigung und Besitz sind für sie untrennbar miteinander verbunden.

Und genau von diesem Leben erzählt Sven 2007 auf der Polizeiwache.

Er sitzt in dem kleinen Raum und berichtet von einer Frau, die Männer mit Versprechen lockt und die am Ende allein zurückbleibt.

Für den Dorfpolizisten klingt das unglaublich.

Doch Sven bleibt dabei, Andrea soll eine Mörderin sein.

Was Sven schildert, sprengt vermutlich alles, was in Bodenfelde jemals in einer Polizeiakte aufgenommen wurde.

Vor dem Beamten breitet sich eine Lebensgeschichte aus, in der es um Abhängigkeit, Macht und am Ende auch um Mord geht.

Um zu verstehen, wie es soweit kommen konnte, müssen wir zurück ins Jahr 1986 gehen.

Damals begegnen sich Andrea und Sven zum ersten Mal in Bollensen.

Die beiden wohnen damals im selben Gebäude.

Das ist noch bevor Andrea das Anwesen in Bodenfelde kauft.

Manchmal führt Sven den Hund von Andrea aus, erledigt kleine Einkäufe für sie oder hilft zum Beispiel beim Grillen.

Andrea findet, Sven sei zwar nicht besonders gepflegt, aber ansonsten harmlos.

Für Sven ist das aber anders.

In Andreas Nähe spürt er sowas wie Zugehörigkeit.

Er beschreibt dem Polizisten, dass er sich bei Andrea und ihren Kindern zum ersten Mal seit langer Zeit wie in einer Familie gefühlt habe.

Während Sven sich also schon irgendwie an Andrea bindet, baut sie ihren Einfluss in der Region aus.

Sie kauft bei einer Zwangsversteigerung das Grundstück in Bodenfelde.

Das haben wir ja bereits erzählt.

Aber Andrea zieht dort noch nicht sofort ein.

Stattdessen verbringen sie die Zeit mit dem Mann, der ihr das Geld für den Hauskauf geschenkt hat.

Nämlich Heinrich, der 77-jährige Maurermeister aus dem Sauerland.

Den hat Andrea auch über eine Kontaktanzeige kennengelernt.

Sie besucht ihn regelmäßig.

Heinrich verkauft schließlich sogar seinen Besitz und überlässt ihr das Kapital.

Über Maurermeister Heinrich bekommt Sven einen Job in einer Straßenbaufirma im Sauerland.

Er zieht in eine Unterkunft auf dem Gelände und arbeitet dort, doch zuverlässig ist er nicht gerade.

Er trinkt immer noch und ist oft unkonzentriert.

Sein Arbeitgeber bezeichnet ihn später als überfordert, unsauber und psychisch labil.

Sven ist meistens allein, ohne Freunde.

Ende der 1980er Jahre zieht Andrea mit Maurermeister Heinrich nach Bodenfelde.

Das Vorderhaus ist inzwischen frei, das Hinterhaus vermietet sie.

Sven bleibt erstmal im Sauerland zurück.

Während Heinrich also bei Andrea wohnt, heiratet sie 1991 Ernst, der kurz darauf bei einem Raubüberfall stirbt.

Andrea erbt und kauft sich von seinem Geld einen Bordeaux-roten Mercedes 300 SL mit schwarz im Dach.

Nur ein paar Monate später stirbt auch Heinrich, der Maurermeister.

Damals kommen bereits die ersten Fragen auf.

Heinrichs Kinder vermuten, dass ihr Vater schleichend vergiftet wurde.

Sie vermuten Andrea dahinter und zeigen sie an.

Doch die Ermittlungen verlaufen im Sand.

Niemand kann ihr was nachweisen.

In dieser Zeit verliert auch Sven endgültig den Boden unter den Füßen.

1993 verwüstet er seine Unterkunft im Sauerland, wirft den Fernseher aus dem Fenster, reißt Kabel aus den Wänden, lässt Müll und Essensreste zurück.

Er zieht kurzzeitig zurück zu seiner Mutter.

Als die aber ins Pflegeheim muss, steht er ohne Wohnung da.

Aber Andrea nimmt ihn bei sich auf.

Andrea ist damals 54 und Sven 39 Jahre alt.

Für Sven ist das Rettung und Abhängigkeit zugleich.

Ein Jahr lang wohnt er erstmal mietfrei bei Andrea.

Sie versorgt ihn mit Essen und lässt ihn Botengänge erledigen.

Sven entsorgt Müll, macht den Garten, streicht und repariert.

Mehrmals täglich steht er bei ihr auf der Matte und fragt, ob er noch etwas tun könne.

Für Sven bedeutet das Sicherheit.

Für Andrea bedeutet es Kontrolle.

Sie bestimmt.

Wenn sie etwas braucht, ist sie freundlich zu ihm.

Sobald sie das dann bekommen hat, was sie will, ist sie kalt und fordernd.

Sven spürt bald, dass er sowas wie ihr Diener geworden ist.

Er fügt sich, aus Angst, wieder alles zu verlieren.

Andrea hat währenddessen nochmal geheiratet und sich scheiden lassen.

Friedrich aus Spanien, der aber lebend das Haus verlässt und nur teure Geschenke, wie zum Beispiel ein Wohnmobil, zurücklässt.

Kurz darauf, im Jahr 1994, zieht ein neuer Mann bei Andrea ein.

Wir nennen ihn Hermann.

Er ist 74 Jahre alt.

Wieder ein älterer Herr, den sie über eine Annonce gefunden hat.

Er wohnt bei ihr im Haus in Bodenfelde.

Hermann wird aber bald aufdringlich, erzählt Sven auf der Polizeiwache.

Er fasst Andrea an.

Sie beginnt, ihm heimlich Medikamente zu verabreichen.

Romazepan, ein starkes Beruhigungsmittel.

Hermann wird oft schnell müde und klagt darüber, dass er kaum noch wach bleiben kann.

Schließlich sagt er Andrea, dass er zum Arzt gehen will.

Für Andrea ist das aber ein Problem.

Denn sie fürchtet, dass jemand den Medikamentenmissbrauch aufdeckt.

An diesem Punkt kommt Sven ins Spiel.

Andrea macht ihm klar, dass der alte Mann nicht reden darf.

Laut Svens Aussage habe Andrea zu ihm gesagt, der muss weg.

Und Sven versteht den Auftrag.

Es ist ein Freitagabend im Juni 1994.

Andrea hat sich ein Wohnmobil geliehen.

Gemeinsam heben sie und Sven den betäubten Herrmann aus dem Bett.

Er wehrt sich nicht, denn er ist bei den vielen Medikamenten, die Andrea ihm verabreicht hat, kaum bei Bewusstsein.

Auf einem alten Teppichboden im Wohnmobil legen sie ihn ab.

Andrea setzt sich ans Steuer.

Sven sitzt auf dem Beifahrersitz.

Die Fahrt führt aus Bodenfelde hinaus, hinein in den Solling, das Mittelgebirge.

Dann weiter auf die A7.

Unterwegs wird Hermann unruhig.

Sven geht also nach hinten.

Später berichtet er, er habe nur Hektik im Kopf gehabt.

Den weiteren Verlauf schildert er so.

Sven nimmt eine Plastiktüte und hält sie über den Kopf des Mannes.

Minuten vergehen, bis Hermann still wird.

Andrea fährt weiter.

Nach einer Weile lenkt sie das Wohnmobil von der Autobahn ab und in einen Weidweg hinein.

Dort ziehen sie die Leiche des älteren Mannes in einen Graben am Rand eines Parkplatzes.

Sie werfen Teppichreste auf ihn und übergießen ihn mit Benzin aus einem Kanister.

Andrea bleibt im Wohnmobil, während Sven das Feuer entzündet.

Wenig später verlassen sie den Ort.

Zurück bleibt eine verbrannte Leiche, bis zur Unkenntlichkeit zerstört.

Niemand meldet Herrmann als vermisst.

Deswegen taucht der Name erst viele Jahre später überhaupt es wieder auf, als Sven 2007 da bei der Polizei von Bodenfelde sitzt und berichtet, was damals passiert sein soll.

Der Dorfpolizist hört sich Svens Bericht weiterhin an.

Ein alter Mann, betäubt, erstickt und verbrannt.

Es gab damals keine Vermisstenmeldung, keine Anzeige und keine Ermittlungen.

Für die Polizei in Bodenfelde klingt das alles wie ein Hirngespinst.

Wie eine Geschichte, die zu verrückt ist, um wahr zu sein.

Aber Sven bleibt dabei.

Andrea habe ihn gezwungen und er habe gehorcht.

Mit diesem Geständnis öffnet Sven eine Tür, die nicht mehr geschlossen werden kann.

Denn bei nur einem Mord wird es nicht bleiben.

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Werbung Ende.

Der Dorfpolizist im kleinen Wachraum von Bodenfelde versucht bestimmt ganz eifrig mitzuschreiben.

Und Sven redet sich gerade vermutlich in einen Rhythmus hinein, als würde er endlich alles loswerden, was ihn schon seit Jahren bedrückt.

Kaum hat er die Geschichte von Hermann beendet, setzt er schon an zur nächsten.

Wieder ein älterer Mann.

Wieder eine Situation, die so unscheinbar begann und tödlich endete.

Drei Monate nach dem ersten Mord, im September 1994, sitzt Andrea wieder mit Sven in einem Auto.

Siel ist ein hessisches Städtchen südlich von Kassel.

Dort lebt Andreas fünfter Ehemann, Alfred, 84 Jahre alt.

Andrea hatte ihn im Kurort Bad Pyrmont kennengelernt.

Im April 1994 haben sie geheiratet.

Das ist zwei Monate vor dem Mord am 74-jährigen Hermann.

Die Ehe mit Alfred ist aber von Anfang an zum Scheitern verurteilt.

Alfred will sich nur wenige Monate später schon wieder von Andrea scheiden lassen.

Doch eine Trennung würde bedeuten, dass sie leer ausgeht.

An einem Vormittag im September 1994 machen sie und Sven sich also auf den Weg zum Haus von Alfred.

Andrea hat Tabletten dabei, wieder Bromazepan, das gleiche Mittel, das sie schon zuvor bei Heinrich eingesetzt hatte.

Gegen Mittag kommen die beiden an.

Sie sitzen erstmal zu dritt in der Wohnung.

Eine Stunde vergeht, dann geht Andrea in die Küche.

Sie öffnet eine Dose Suppe, erwärmt sie und serviert.

Alfred löffelt und bemerkt nebenbei, dass die Suppe bitter schmeckt.

Doch er isst weiter.

Kurz darauf wird er schläfrig.

Sven und Andrea stützen ihn und bringen ihn ins Schlafzimmer.

Gemeinsam ziehen sie ihm den Schlafanzug an.

Alfred legt sich ins Bett und dämmert weg.

Andrea dreht sich zu Sven.

Laut Svens Aussage fragt Andrea ihn, ob er es jetzt macht.

Sven zögert, doch am Ende gehorcht er wieder.

Bei der Polizei sagt Sven später, er habe weder Hass noch Mitleid empfunden.

Keine Emotionen, nur das Gefühl, dass er funktionieren muss.

Er habe abgewartet, bis die Tabletten wirkten, damit es schnell ginge.

Dann habe er ein Kissen genommen und es auf Alfreds Gesicht gedrückt.

Erst zucken, Bewegungen und dann Stille.

Sven behauptet, er habe innerlich abgeschaltet und einfach ausgeführt, was Andrea ihm befohlen habe.

Am nächsten Tag kehrt Andrea in Alfreds Haus zurück.

Sie tut so, als würde sie Alfred jetzt gerade erst tot auffinden.

Sie nimmt sogar eine Nachbarn als Zeugen mit, damit der Fund des Toten glaubwürdig wirkt.

Ein Arzt wird gerufen.

Der diagnostiziert einen natürlichen Tod.

Daher wird natürlich kein Verbrechen vermutet und erst recht kein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Für Andrea bedeutet das erneut ein Gewinn.

Sie erbt nämlich das Haus und das Grundstück von Alfred.

Außerdem bekommt sie eine Witwenrente.

Monat für Monat fließen knapp 1000 Mark auf ihr Konto.

Ein sicheres Einkommen, verschafft durch den Tod eines Mannes.

Doch nicht nur das Erbe sichert sie ab.

Alfred hatte eigentlich ein Testament zugunsten seiner Nichte und seinem Neffen verfasst.

Sven sagt aus, dass Andrea dieses Schriftstück einfach vernichtet hat.

Auch daran zeigt sich das Muster.

Wer ihr im Weg steht, wird aus dem Weg geräumt.

Für die Ermittler von damals gibt es erstmal keinen Grund, jemanden zu verdächtigen.

Zwar wird Alfred 1995, im Jahr nach seinem Tod, exhumiert, weil Angehörige, wie schon bei Heinrich, denken, dass der ältere Mann nicht eines natürlichen Todes gestorben sein kann.

Doch die Untersuchungen bleiben ergebnislos.

Es gibt keine Spuren und keine Beweise für einen Tötungsdelikt.

Der Fall wird also zu den Akten gelegt.

Zurück ins Jahr 2007, zur Polizeiwache.

Sven erzählt diese Details im nüchternen Tonfall, als spräche er von Arbeiten auf dem Hof oder vom Holzhacken.

Für den Dorfpolizisten klingt das alles unvorstellbar.

Ein Mann beschreibt, wie er zwei Männer erstickt hat.

Ohne Aufsehen, ohne Ermittlungen und ohne Folgen.

Und während Sven redet, wird klar, das war kein einmaliger Ausrutscher.

Andrea hat ein ganzes System aufgebaut.

Sie brachte ältere Männer in ihr Haus, versprach Nähe und Pflege.

Und dann sind sie einfach gestorben.

Im Verhörraum von Bodenfelde herrscht Stille, nachdem Sven seine zweite Geschichte beendet hat.

Der Dorfpolizist ist sichtlich überfordert.

Aber Sven macht keine Pause.

Er redet weiter, fast atemlos.

Der nächste Mann, das nächste Opfer.

Es wirkt wie eine Spirale, die sich immer schneller Richtung Abgrund dreht.

Wir springen wieder ins Jahr 1994.

Kaum ist das zweite Opfer, Alfred, beerdigt, soll Andrea wieder durch die Kleinanzeigen gestöbert haben.

In einer Zeitschrift stößt sie auf ein Inserat.

Dort steht, alles Könner sucht Ferienaufenthalt.

Den Absender nennen wir in dieser Folge Rudolf, 81 Jahre alt, groß und schlank.

Rudolf lebt nach seiner Scheidung allein in Rheinland-Pfalz, zur Untermiete in einem kleinen Ort.

Andrea greift sofort zum Telefon.

Sie reden lange und verstehen sich gut.

Wenige Monate später, Anfang 1995, treffen sie sich.

Es dauert nicht lange, bis auch Rudolf bei ihr in Bodenfelde einzieht.

Er zahlt ihr 600 Mark Miete und vertraut Andrea an, dass er offenbar ein beträchtliches Vermögen in Luxemburg besitzt.

Ein neuer Mann bedeutet einen neuen Zugang zu Geld.

Doch anders als bei ihren früheren Verbindungen hat Sven jetzt eine neue Rolle.

Er ist längst nicht mehr nur Helfer und Hausdiener.

Er ist jetzt Mitwisser und Täter.

Andrea hat ihn fest an sich gebunden.

Er hängt an ihr, ist abhängig von Essen, Wohnung und Nähe.

Und sie nutzt diese Abhängigkeit aus.

Ende April 1995 fahren Andrea, Rudolf und Sven nach Hessen.

Ziel ist das alte Haus vom zweiten Opfer Alfred, das Andrea nach seinem Tod geerbt hat.

Sven erzählt der Polizei, dass Andrea alles geplant habe.

In der Küche habe sie eine Konservendose geöffnet, die Suppe aufgewärmt und Tabletten hineingemischt.

Exakt so wie bei Alfred.

Es ist wieder Bromazepan, das starke Beruhigungsmittel.

Rudolf isst und spürt vermutlich schnell, dass etwas nicht stimmt.

Wenig später sitzt er starr am Tisch und ist unfähig, sich zu bewegen.

Sven beschreibt, dass er innerlich leer gewesen sei.

Er habe keine Wut empfunden, kein Hass und kein Mitleid.

Nur das Gefühl, dass er gar nicht anders handeln könne.

Andrea habe ihn dazu gebracht.

Der 81-jährige Rudolf wird ins Schlafzimmer gebracht.

Dort erstickt Sven ihn.

diesmal mit einer Plastiktüte.

Wieder dauert es nur Minuten, bis das Opfer für immer still ist.

Sven und Andrea fahren auch am selben Abend mit der Leiche rund anderthalb Stunden nach Thüringen zu einem Straßengraben in der Nähe einer Kleinstadt.

Dort legen sie den Körper ab, übergießen ihn mit Benzin und zünden ihn an.

Am nächsten Mittag wird die verkohlte Leiche gefunden.

Lange bleibt unklar, wer der Tote überhaupt ist.

Niemand vermisst Rudolf und niemand stellt Fragen.

Erst nach Svens Geständnis wird die Identität geklärt, genauso wie bei ihrem ersten Opfer, Hermann.

Doch Andrea soll es dabei nicht belassen haben.

Schon wenige Monate nach der Tat beginnt sie, die Identität des dritten Opfers Rudolf auszunutzen.

Im Namen des Toten verschickt sie Briefe an die Rentenversicherung.

Ab diesem Moment landet seine Rente jeden Monat auf Andreas' Konto.

Im Oktober 1995 geht sie noch einen Schritt weiter.

Wieder eine gefälschte Unterschrift, diesmal für eine größere Auszahlung.

67.000 DM.

Und dazu das Vermögen von 750.000 DM, das Rudolf in Luxemburg besessen haben soll.

Geld, das Andrea nun für sich beansprucht.

Sven spürt, dass er immer tiefer in eine Abwärtsspirale gerät.

Drei Menschen hat er nun in nur einem Jahr für Andrea getötet.

Dankbarkeit empfindet sie ihm gegenüber wohl keiner.

Im Gegenteil, Sven erzählt der Polizei, dass Andrea ihn ab diesem Zeitpunkt immer schlechter behandelt habe.

Sie schreie ihn an, beschimpfe ihn und werfe ihm Unsauberkeit und Schlamperei vor.

Wenn er widerspricht, wird sie laut.

Er gibt nach, zu groß ist seine Angst, wieder alles zu verlieren.

Im Rückblick wirkt es wie ein Zwangsverhältnis.

Sven selbst nennt sich später ihren Hausdacke oder den Hoftrottel.

Er sei ihr Leibeigner gewesen und gezwungen, jeden Wunsch zu erfüllen.

Für Andrea bedeutet das Macht, für Sven ist es Gefangenschaft.

Zwei Jahre nach dem dritten Mord, im Frühjahr 1997, schickt Andrea Sven nochmal nach Hessen.

Das Haus des toten Alfred soll nämlich verkauft werden.

Sie findet aber keinen Käufer.

Andrea weiß aber, dass das Haus versichert ist.

Laut Sven habe sie ihm befohlen, es anzuzünden.

Die Versicherung zahlt Andrea 215.000 DM.

Zu dem Zeitpunkt scheint Sven zu begreifen, wie weit er sich von sich selbst entfernt hat.

Er merkt, dass er der Einsamkeit nur entkommen ist, indem er sich in eine noch schlimmere Abhängigkeit begeben hat.

Mitte 1997 versucht er, sich von Andrea zu lösen.

Er zieht nach Usla, in eine Sozialwohnung.

Doch er kommt nicht alleine klar.

Schon bald besucht er Andrea wieder.

Ein Jahr später bietet sie ihm an, in einem Gartenhaus zu wohnen, das ihrem Sohn gehört.

Nur fünf Gehminuten von ihr entfernt.

Dafür will sie 200 D-Mark Miete.

Sven sagt zu, er kommt einfach nicht los von ihr.

Wir springen jetzt zurück ins Jahr 2007, zurück in den Verhörraum von Bodenfelder.

Der Dorfpolizist hört sich schon die dritte Mordgeschichte an.

Drei Männer, alle älter, alle durch Medikamente betäubt und dann erstickt.

Drei Todesfälle, in denen nicht ermittelt wurde.

Für die Polizisten muss es sich damals so angefühlt haben, als reiße Sven die Maske von einer jahrelangen Mordserie.

Doch Sven ist noch nicht fertig.

Es gibt noch einen weiteren, einen vierten Mord.

Der Mord, der für Sven selbst alles verändert hat.

Dafür müssen wir zurück ins Frühjahr 2000.

Andrea ist inzwischen 61 und Sven 46 Jahre alt.

Drei Männer hat sie schon überlebt.

Es ist viel Geld geflossen, aber niemand weiß, wo es geblieben ist.

Sie führt kein luxuriöses Leben, aber bequem ist es allemal.

Sie hat Anzeigen geschaltet, Männer gefunden, geerbt und damit ordentlich kassiert.

Und doch reicht das ihr nicht.

Laut Sven sagt Andrea einmal zu ihrer Schwiegertochter, sie brauche einen Opa.

Das bedeutet, Andrea sucht Nachschub.

Dieses Mal meldet sich ein 71-Jähriger aus der Nähe von Hannover auf ihre Anzeige.

Wir nennen ihn in dieser Folge Otto, ein kleiner, rundlicher Mann.

Seine langjährige Partnerin ist verstorben und er lebt mittlerweile allein.

Sein Garten ist verwildert und im Haus herrscht Unordnung.

Otto humpelt, denn er trägt eine künstliche Hüfte und ist deswegen oft erschöpft.

Er sehnt sich nach Nia und nach jemandem, der sich um ihn kümmert.

Andrea besucht ihn mehrfach.

Einmal nimmt sie auch Sven mit.

Der erledigt im Garten kleine Arbeiten, während Andrea das Vertrauen des Mannes gewinnt.

Otto mag sie.

Für ihn scheint sie eine Frau zu sein, die ihm Gesellschaft bietet.

Vielleicht sogar Zuneigung.

Für Andrea ist er der nächste Schritt.

Sie hat sich im Sommer 2000 ein Wohnmobil gekauft und Otto hat ihr dafür 26.300 Mark geliehen.

Später wird Andrea behaupten, es ihm in bar zurückgezahlt zu haben.

Nachweisen lässt sich das nicht.

Vielleicht ist aber genau dieses Geld der Grund, warum Otto sterben musste.

Am 13.

Juli 2000 sitzen Andrea, Sven und Otto in dessen Wintergarten.

Es gibt Kaffee.

Es ist ein scheinbar harmloser Nachmittag.

Sven geht zwischendurch in den Garten und kümmert sich um Ottos Katze.

Als er zurückkommt, sitzt Otto regungslos da.

Was dann geschieht, beschreibt Sven Jahre später bei der Polizei so.

Andrea habe ihm klargemacht, dass es kein Zurück mehr gibt.

Sie habe gesagt, wer nicht für mich ist, ist gegen mich.

Sven habe gehorcht, so wie immer.

Nicht, weil er überzeugt war, sondern weil er Angst hatte, alles zu verlieren.

Er nimmt also wieder eine Plastiktüte und stülpt sie über Ottos Kopf.

Minuten vergehen, bis der Mann sich nicht mehr bewegt.

Währenddessen durchsucht Andrea das Haus.

Vielleicht sucht sie nach dem Wohnwagengeld.

Vielleicht nach mehr.

Am Ende findet sie nur 900 Mark in der Hose des Toten.

Sven hebt im Garten eine Grube aus.

Sie legen die Leiche in einen Sack und vergraben sie dort im Boden.

Über die Stelle kommt ein großes Plastikteil.

So wird es in unseren Quellen beschrieben.

Und der Garten wildert die Grube nach und nach zu.

Niemand bemerkt was.

Ottos Nichte stellt zwar eine Vermisstenanzeige, aber die Leiche bleibt dort im Garten jahrelang unentdeckt.

Für Sven ist diese Tat anders als die vorherigen.

Dem Beamten erzählt er, dass sie ihn verfolgt habe.

Er träumt von der Grube und davon, dass der Mann ohne Begräbnis dort liegt.

Zum ersten Mal scheint Sven zu begreifen, dass der Schrecken nie aufhören wird.

Doch Andrea macht weiter.

Sie schaltet neue Anzeigen mit den Worten Männer melden sich, manche schicken sogar Geld und andere bieten Unterstützung.

Andrea sondiert und soll die Männer am Telefon sogar nach der Höhe ihrer Rente gefragt haben.

Ein Mann habe ihr erzählt, er habe 500 Euro plus etwas vom Sozialamt.

Andrea soll abgewinkt haben, das sei ihr zu wenig.

Für sie zählt nicht Zuneigung, sondern Nutzen.

Sven bleibt an ihrer Seite, obwohl er längst diese Albträume hat.

Er erledigt weiterhin ihre Arbeiten, kümmert sich um den Garten und versorgt ihre Tiere.

Für ihn ist es ein Gefängnis, aber eines, das ihm vertraut ist.

Dann vergeht eine ganze Zeitspanne, offenbar ohne Morde.

Es ist der Sommer 2007, sieben Jahre nach dem vierten Mord.

Erst jetzt beginnt die Fassade zu bröckeln, denn Sven verliert seinen letzten Anker.

Erst stirbt sein Kater, nur wenige Wochen danach sein Schäferhund.

Die beiden Tiere waren die einzigen Lebewesen, die ihm Halt gegeben haben.

Ohne sie bricht etwas in ihm zusammen.

Kurz darauf kommt es auch zum Streit mit Andrea.

Eine Mieterin beschwert sich über Svens Gartenarbeit.

Andrea schreit ihn an, beschimpft und demütigt ihn.

Sven tobt und droht ihr mit Gewalt.

Doch Andrea lacht nur und fordert ihn heraus.

Am Ende gibt er nach.

Wieder einmal.

Doch in ihm wächst der Zorn.

Nach dem Streit lässt Andrea auch noch das Schloss zum Waschkeller austauschen.

Sven bekommt aber keinen Schlüssel.

Er ist ausgesperrt, wird von ihr degradiert und klein gemacht.

Vielleicht ist das die letzte Demütigung, die ihn zu dem Entschluss bringt, endlich zu reden.

Er muss ohnehin auf die Polizeiwache in Bodenfelde und eine Aussage wegen eines Nachbarschaftsstreits machen.

Und dort erzählt Sven nach mehreren Stunden, wie er zusammen mit Andrea den 71-jährigen Otto im Wintergarten getötet hat.

Zum ersten Mal sei Andrea bei der Tat selbst aktiv geworden.

Sie habe Otto festgehalten, während er die Plastiktüte zog.

Kurz darauf beginnen die Ermittler, den verwilderten Garten von Otto umzugraben.

Und tatsächlich, sie finden die Reste der Leiche, die jahrelang unter der Erde und Plastik verborgen lag.

Ein Mord, den niemand je bemerkt hatte, liegt nun offen vor ihnen.

Erst Svens Geständnis bringt die ganze Wahrheit ans Licht.

Jahrelang hat Andrea unbehelligt in Bodenfälde gelebt.

Wie konnte das passieren?

Wie konnte sie damit durchkommen?

Männer kamen und gingen, viele waren sehr großzügig und einige sind gestorben.

Es wirkt so, als hätte niemand Fragen gestellt.

Doch das stimmt nicht ganz.

Es hat ja durchaus Ermittlungen gegeben.

Mehrfach ist Andrea ins Visier der Polizei gerückt, aber jedes Verfahren verlief im Sand.

Schon Anfang der 90er Jahre gab es erste Zweifel.

1992 ist Heinrich gestorben, der Maurermeister aus dem Sauerland, der Andrea zuvor sein Vermögen überlassen hatte.

Seine Kinder waren überzeugt, dass Andrea ihn langsam vergiftet habe, um schneller an seiner Spatis zu kommen.

Sie erstatteten Strafanzeige, doch die Ermittlungen führten zu nichts.

Der Fall wurde eingestellt.

Auch andere Männer lenken den Verdacht auf Andrea.

Weiter, Andreas erster Mann stirbt vor Heinrich, 1986 im Krankenhaus.

Verwandte haben sich über den plötzlichen körperlichen Abbau gewundert.

Die Polizei hat damals ein Verfahren wegen ungeklärter Todesursache eingeleitet.

Aber Andrea wurde nichts nachgewiesen.

Auch hier endet die Akte mit dem Vermerk eingestellt.

Etwa zur gleichen Zeit hat Andrea eine Beziehung mit Uwe geführt.

Eine andere Beziehung als sonst.

Denn Uwe, so nennen wir ihn in dieser Folge, ist ein jüngerer Mann, Mitte 50.

Andrea ist damals Anfang 50.

Er ist ein ehemaliger Fallschirmjäger.

Für Andrea war er etwas Besonderes, vielleicht sogar ihre große Liebe.

Dieses Mal ist sie diejenige, die gibt.

Denn sie schenkt ihm zum Beispiel ein Auto und bezahlt gemeinsame Urlaube.

Uwe merkt aber schon bald, dass Andrea regelmäßig durch Deutschland reist, um ältere Männer zu treffen.

Später erinnert er sich, dass sie eines Tages vor einer Tour sowas gesagt haben soll wie Ich muss noch eben einen Opa beerben.

Schließlich trennt Uwe sich von ihr.

Aber die Geschichte lässt ihn nicht los.

Er geht damals zur Polizei und erstattet Anzeige.

Die Kripo findet die Anzeige später in den Akten.

Aber das Verfahren wurde eingestellt.

Warum, ist leider unklar.

Die Akte zu dieser Anzeige wurde vernichtet.

Uwe selbst erzählt später seinen Kindern, Andrea habe ihn eingesperrt und sogar versucht, ihn zu vergiften.

Doch auch diese Vorwürfe verlaufen ins Leere.

Bei der Polizei gibt es aber noch einen weiteren Vermerk zu Andrea.

Sie wurde 2001 nämlich durch ihren eigenen Sohn angezeigt.

Sie hat sich mit ihm um das Sorgerecht für ihre Enkelin gestritten.

Der Sohn ist zur Polizei gegangen und hat gesagt, dass seine Mutter ihm einmal gestanden habe, jemanden umgebracht zu haben.

Ein Gericht ordnet damals sogar eine Telefonüberwachung an.

Doch auch diese Ermittlungen bleiben ohne Ergebnis.

Am Ende wird auch das Verfahren eingestellt.

Diese Wahrheit hätte also schon 2001, sechs Jahre vor dem Geständnis von Sven, eins Licht kommen können.

In diesem Jahr stellen nämlich gleich zwei Personen anzeigen.

Die Nichte von Otto, dem vierten Opfer, das in der Nähe von Hannover Spulus verschwunden ist, und Andreas' Sohn, der um seine Tochter kämpft.

Die Polizei erklärt später, dass drei Jahre lang intensiv ermittelt wurde.

Telefone wurden abgehört und jeder Hinweis verfolgt.

Eine Beamtin erinnert sich sogar, wie sie einem alten Mann, der bei Andrea gewohnt hat, dringend geraten habe, auszuziehen.

Die Polizistin bestellt ihm sogar ein Taxi, damit er sofort weg kann.

Und doch, 2004 wird die Akte Andrea wieder geschlossen.

Es gibt wieder keine Beweise und damit kein Ergebnis.

Andrea kann weiterhin unbehelligt in Bodenfelde leben.

Im Nachhinein ist es kaum zu begreifen.

Mehr als 20 Jahre lang hat es Hinweise, Verdächtigungen und Anzeigen gegeben.

Mehr als einmal hat die Polizei ermittelt.

Und doch kann Andrea immer weitermachen.

Ihre Opfer waren alt, krank und gebrechlich.

Ihre Todesfälle wirkten natürlich.

Ärzte stellten Atteste aus, die von Herzversagen oder Altersschwäche sprachen.

Für die Polizei bleibt kaum etwas Greifbares.

Andrea hatte damit ein leichtes Spiel.

Selbst Exhumierung bringt nichts.

Die Polizei leitet im Fall Alfred, dem zweiten Opfer, kurz nach seinem Tod ein Ermittlungsverfahren ein.

Und die Leiche wird sogar ausgegraben.

Doch die Verwesung ist so weit fortgeschritten, sodass sich nichts mehr feststellen lässt.

Auch dieser Verdacht versandet damals.

Das Muster wiederholt sich.

Rückblickend sagen Ermittler, man habe direkt geahnt, dass es mehr Opfer gibt.

Im Jahr 2020 erklärte ein leitender Beamter, dass selbstverständlich der Verdacht besteht, dass Andrea noch mehr Menschen auf dem Gewissen hat.

Sven selbst sagt der Polizei, er habe die Zahl der Männer, die bei Andrea lebten, nicht einmal mehr zählen können.

Er sagt, wer kein Geld hatte, konnte wieder gehen.

Alle anderen blieben und einige verschwanden.

Wie viele Opfer es tatsächlich waren, lässt sich heute nicht sagen.

Sicher nachweisen können die Ermittler am Ende nur vier Morde, begangen zwischen 1994 und 2000.

Aber das Bild, das sich in Bodenfelde bietet, lässt kaum Zweifel.

Es müssen mehr gewesen sein.

Vielleicht zwölf, schätzt die Polizei, vielleicht sogar noch mehr.

Doch beweisen lässt sich das nicht.

Deswegen konzentrieren sich die Ermittler für den anstehenden Prozess auf die vier Taten, die sie Andrea und Sven nachweisen können.

Direkt nach Svens Geständnis 2007 wird Andrea festgenommen.

Sie verweigert jede Aussage.

Währenddessen sammeln die Ermittler alle Hinweise, Beweise und Spuren.

Bis Ende Februar 2008.

Ein halbes Jahr nach Svens Geständnis beginnt vor dem Landgericht Göttingen ein Prozess, der bundesweit Schlagzeilen macht.

Auf der Anklagebank sitzen zwei Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch über Jahre untrennbar verbunden waren.

Andrea, 68 Jahre alt, blondierte Locken in Rock und Bluse mit goldenem Kreuz auf der Brust, daneben Sven, 53 Jahre alt, in Jeans und schwarzem T-Shirt.

Die Anklage ist eindeutig.

Vierfacher Mord.

Vier Männer, die zwischen 1994 und 2000 getötet wurden.

Immer nach dem gleichen Muster.

Andrea inszenierte sich als Partnerin, als Pflegerin, als Gefährtin und ließ sie dann sterben.

Die Staatsanwaltschaft schildert die Abläufe kalt und nüchtern.

Juni 94.

Hermann, betäubt und im Wohnmobil erstickt.

September 94.

Alfred, ihr Ehemann, ebenfalls betäubt und mit einem Kissen im eigenen Bett getötet.

April 95.

Rudolf, nach Tabletten in der Suppe mit einer Plastiktüte erstickt und die Leiche in einem Straßengraben verbrannt.

Juli 2000, Otto, im Wintergarten überwältigt, mit einer Plastiktüte erstickt und im Garten vergraben.

Sven selbst erzählt im Gerichtssaal von seiner Rolle.

Er habe ausgeführt, was Andrea ihm sagte.

Ohne sie wäre es nie so weit gekommen.

Psychologen bestätigen diesen Eindruck.

Ein Gutachten beschreibt die Verbindung zwischen den beiden als pathologische Abhängigkeitsbeziehung.

Für Sven sei die kleine Nische, die er in Bodenfelde durch Andrea hatte, also eine Wohnung, Essen, eine Art Familie existenziell gewesen.

Aus Angst, das zu verlieren, habe er alles für Andrea getan.

Während der Taten habe er innerlich abgeschaltet.

Er habe sich nur als ausführendes Organ gesehen.

Doch die Gutachter machen auch klar, ohne Sven wäre Andrea keine Mörderin geworden.

Sie brauchte jemanden, der die Taten ausführt.

und er brauchte jemanden, der ihn lenkt.

Täter und Mittäter, Opfer und Nutznießerin, das war ein verhängnisvolles Zusammenspiel.

Andrea selbst schweigt auch vor Gericht.

Über ihre Anwälte lässt sie erklären, dass sie unschuldig sei.

Sie behauptet, Sven habe aus Eifersucht gehandelt.

Die Verteidigung zitiert Andrea so.

Wenn er mich schon nicht haben kann, soll mich auch kein anderer bekommen.

Sie lässt erklären, sie habe von den Morden nichts gewusst.

Ihre Verteidiger fordern Freispruch.

Andrea sei zwar berechnend und auf Geld aus, aber keine Mörderin.

Sven bleibt dagegen bei seinem Geständnis.

Im Saal treten auch zahlreiche Zeugen auf.

Darunter Andreas' Söhne.

Einer erinnert sich, dass seine Mutter immer wieder ältere Männer in die Häuser gelockt habe.

Er sagt, die kamen fit hierher und kurz danach wurden sie immer träger, schließlich lagen sie nur noch im Bett.

Der Sohn erzählt, dass er für seine Mutter große Packungen von Psychopharmaka aus der Apotheke holen musste.

Tabletten, die später in den Mahlzeiten der Männer landeten.

Einmal habe sie ihm sogar gestanden, dass sie mit Sven zusammen einen Mann umgebracht habe und dass sie die Leiche verbrannt hätten.

Andrea weist das zurück.

Sie habe nur einen Spruch von Sven weitergegeben.

Auch Andreas zweiter Sohn belastet sie.

Er berichtet von Männern, die verstört und gebrochen bei ihm aufgetaucht sind und wenige Monate später tot waren.

Für die Polizei ergibt sich daraus ein Bild.

Andrea soll im Laufe der Jahre mindestens 670.000 Euro von ihren Opfern erbeutet haben.

Das ist die offizielle Zahl, die die Polizei damals rausgibt.

Wahrscheinlich war es mehr.

Mit allem, was wir euch schon erzählt haben, muss es mehr gewesen sein.

Allein wenn Andrea die 750.000 Mark von dem Luxemburger Vermögen tatsächlich bekommen hat.

Die Zahlen sind generell spekulativ und die Umrechnungen von D-Mark in Euro und die Inflation über den langen Zeitraum machen es auch nicht gerade einfacher, das nachzuvollziehen.

Vier Monate nach Prozessbeginn, nach 27 Verhandlungstagen, trägt die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer vor.

Drei Stunden lang zeichnet sie das Bild einer Frau, die gezielt ältere Männer gesucht hat, um sie auszunutzen und am Ende zu beseitigen.

Andrea habe Gefühle vorgetäuscht, Vertrauen erschlichen und es am Ende zerstört.

Im Juli 2008 fällt das Urteil.

Andrea wird wegen vierfachen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Das Gericht stellt die besondere Schwere der Schuld fest.

Das bedeutet, dass sie nicht nach 15 Jahren auf Bewährung entlassen werden kann.

Andrea nimmt das Urteil äußerlich gefasst auf.

Sie bestreitet bis zuletzt ihre Schuld.

Sven bekommt eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren.

Das Gericht rechnet ihm sein Geständnis, seine Reue und seine Abhängigkeit an.

Psychisch sei er nicht voll schuldfähig gewesen.

Trotzdem ist er ein mehrfacher Mörder.

Die Medien geben Andrea bald einen Namen, die schwarze Witwe von Bodenfelde.

Ein Titel, der bleibt.

In den Schlagzeilen geht es nicht mehr um Sven, den abhängigen Mittäter, sondern um Andrea, die Frau, die Männer verführt hat und sterben ließ.

Andreas Anwälte legen Revision ein.

Sie hoffen, dass das Urteil gekippt wird.

Doch der Bundesgerichtshof weist die Beschwerde 2009 ab.

Es gibt keine Verfahrensfehler und keine Zweifel an der Schuld.

Das Urteil bleibt bestehen.

Vier Morde sind nachgewiesen.

Und auch wenn viele glauben, dass es mehr waren, beweisen kann man nur diese vier.

Damit scheint der Fall abgeschlossen.

Aber die Geschichte der schwarzen Witwe von Bodenfelde geht weiter, auch hinter den Gefängnismauern.

Andrea sitzt seit 2009 ihre lebenslange Strafe in der Justizvollzugsanstalt ab.

Sie ist inzwischen über 80 und noch immer streitet sie alles ab.

Wenn sie mit Journalisten telefoniert, klingt sie nicht wie eine überführte Mörderin.

Heiter und fast charmant beschreibt sie sich als unschuldig.

So schreibt es der Stern.

Die Journalisten dort telefonieren mehrmals mit Andrea.

Sie zitieren sie so.

Hier im Gefängnis sagen sie alle, sie seien unschuldig.

Aber ich bin es wirklich.

Sie klinge wie eine alte Dame, die über ein Missverständnis klagt, schreibt das Magazin.

Doch sobald es ums Geld geht, verliert sich offenbar diese Freundlichkeit.

Ende 2020, in einem ihrer letzten Telefonate, da fordert Andrea plötzlich Geld.

Sie sei vielleicht alt, aber ihr IQ betrage immer noch 139, sagt sie dem Stern.

Sven dagegen ist längst wieder auf freiem Fuß.

Zwölf Jahre Haft hat er abgesessen.

Heute lebt er zurückgezogen.

Interviews gibt er keine.

Wer ihn sucht, erreicht ihn nicht.

Er hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Unter anderem deshalb haben wir die Namen in dieser Folge vollständig geändert.

Aber auch Andrea selbst sorgt hinter Gittern weiter für Schlagzeilen.

2014 klagt sie gegen den Käufer ihres früheren Hauses.

Bei einer Zwangsversteigerung 2010 war die Immobilie in neue Hände übergegangen.

Andrea behauptet, persönliche Gegenstände seien unrechtmäßig entsorgt worden.

Kinderfahrräder, Babykleidung, Möbel, Wasserskier und sogar eine alte Schulbank.

Sie klagt auf 5000 Euro Schadensersatz.

Das Landgericht Götting weist die Klage aber ab.

Es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gegenstände überhaupt noch vorhanden waren, als der neue Besitzer das Haus übernahm.

Wieder ein Versuch, Geld einzufordern, aber ohne Erfolg.

So bleibt Andrea auch nach ihrer Verurteilung eine Figur, die spaltet.

Für andere ist sie die Frau, die alte Männer gezielt vergiftete, die ihnen Psychopharmaka ins Essen mischte, die deren Ersparnisse nahm und nach neuen Opfern suchte.

Für sie selbst ist sie bis heute eine unschuldig Verurteilte, eine Witwe, die falsch beschuldigt wurde.

Der Fall Andrea ist mehr als eine Abfolge von Morden.

Es ist ein Stück deutscher Kriminalgeschichte.

Alright, also ich finde, da stellen sich wieder ein paar Fragen nach dem Fall, um ehrlich zu sein.

Einen, den wir ja schon, den wirst du jetzt sehr wahrscheinlich auch rausgeschnitten haben, aber ja auch schon während des Falls gerade miteinander diskutiert haben, ist wirklich, wie die Anwälte das eigentlich moralisch vertreten können, oder was heißt vertreten können, aber auf jeden Fall für sich erklären, dass sie eine Mörderin irgendwie verteidigen.

Weil ich meine, okay, vielleicht hängst du dich so ein bisschen daran auf, da gibt es noch so ein Prozent Möglichkeit, dass sie es nicht ist.

Aber ich finde, das ist schon sehr offenkundig in diesem Fall, oder?

Du meinst, dass sie es war, obwohl sie es abgestritten hat.

Ja, das ist eine moralische Frage, glaube ich, die du dir dann als Jurist, als Anwalt stellen musst.

Ich habe mal ein Buch zu dem Thema tatsächlich gelesen, das heißt irgendwie Der Anwalt der Bösen oder so und da geht es um einen Anwalt, der halt nur so böse Leute, sage ich mal, vertritt.

Und ja, also auf den Punkt gebrochen sagt er, naja, das ist halt mein Job und jeder hat es verdient.

Einen rechtlichen Beistand zu bekommen, egal was er gemacht hat und so den Punkt verstehe ich sogar irgendwie, dass er sagt, es steht aber nur mal jedem zu und ich glaube, der nächste Schritt ist dann aber als Anwalt, als Anwältin, ob du das moralisch für dich selber vereinbaren kannst.

Weil ich für mich könnte mir das nicht vorstellen, dass ich solche Leute dann verteidige und in dem Fall ja sogar für Andrea einen Freispruch fordere.

Also nicht mal statt 20 Jahren nur 10, sondern Freispruch.

So, hä?

Aber ja, ich glaube, das ist halt einfach so die moralische Frage.

Also falls wir unter unseren Zuhörerinnen und Zuhörern Anwälte haben, dann schreibt uns gerne mal bei Instagram, wie ihr das so handhabt oder ob ihr Kollegen habt, von denen ihr wisst, boah, die würden das auch machen, ich könnte es nicht.

Also da würden wir uns total über eure Erfahrungswerte, nenn ich es jetzt mal, freuen.

Absolut.

Und versteht es jetzt nicht als Angriff.

Ich will es wirklich oder wir wollen es wirklich nur verstehen in dem Fall.

Weil falls ihr ja zum Beispiel auch dann Anwalt, Anwältin seid und schon mal, sage ich mal, für die böse Seite, hört sich jetzt schon wieder sehr fies an, aber ihr wisst, was ich meine, für die böse Seite so gesehen eingetreten seid, wie ihr das, ja, wie ihr das einfach seht, das wird mich auf jeden Fall interessieren.

Ist auch krass, dass sie das so lange unentdeckt machen konnte, ne?

Was heißt unentdeckt?

So ganz stimmt es nicht, es gab ja so ein paar Zweifel und so ein paar Ermittlungen, aber aus denen ist halt nichts geworden, ne?

Aber dass sie es doch irgendwie so lange durchziehen konnte.

Aber gut, klar, die Opfer hatten auch selten noch Verwandtschaft.

Die sie so hardcore vermisst hat und nicht locker gelassen hat.

Ja, und wahrscheinlich ist es so diese Kombi aus Andrea und Sven, dass das so lange funktioniert hat.

Ja, ich weiß auch nicht.

Also wir haben ja schon wirklich häufig über den perfekten Mord gesprochen.

Und ich habe oft das Gefühl, bei perfekten Morden spielt einfach nur leider unglaublich viel Glück mit.

Weil die Polizei hat ja ermittelt in gewissen Fällen.

Aber sie sind aus gewissen Gründen, weil der Arzt zum Beispiel auch mal, der kann ja auch nicht alles checken.

Du musst ja schon irgendwas verdächtig finden, dass du dann in eine gewisse Richtung einen chemischen Test machst, dass dann halt der Arzt gesagt hat, nee, das war ein natürlicher Tod.

Und dann sagt die Polizei auch, ja, okay, war ein natürlicher Tod.

Dann müssen die sich ja auch nach dieser Expertenmeinung richten.

Und das ist halt dann in dem Fall leider einfach Pech für die Angehörigen, die es ja in seltenen Fällen hier in dem Fall durchaus auch schon gab.

Krass ist halt, dass so nach den Morden es ja immer noch einen roten Faden gab, nenne ich es jetzt mal.

Also sie hat danach ja Geld kassiert.

Aus so verschiedenen Richtungen hat sie ja sehr viel Geld bekommen oder bei der einen Rentenversicherung ja auch beantragt, dass die Rente auf ihr Konto geht.

Also an sich ist da ja etwas, was nachverfolgt werden kann, aber keiner konnte halt so diese einzelnen Puzzlestücke zu diesem Bild zusammensetzen, was dann die Frage aufgeworfen hätte so, hä, warum kriegt sie so viel Geld von älteren Männern?

Also eigentlich hätte das dann ja erst auffallen können.

Ja, ich meine, man findet da schon wirklich ein Muster, aber man darf ja auch nicht vergessen, es gab ja welche, die überlebt haben.

Und sie hatten mal jetzt sicher welche eingelassen, die sowieso schon sehr alt sind.

Da ist es leider dann eben auch doch nicht so überraschend, wenn die versterben.

Und dann hast du so noch welche, die dann auch gegangen sind, aus Bösen.

Gründen, weil sie halt kein Geld haben, das ist ja schon, haben sie einfach Glück gehabt, so gesehen, dass sie kein Geld haben, aber trotzdem auch schon wieder.

Also ich habe bei dem Fall auch schon mehrmals wieder die Augen gerollt, aber das ist ja so eine Mixtur so gesehen und von außen sieht es dann wahrscheinlich so aus, so ja, aber da gibt es ja auch welche, denen geht es ja gut, die haben sich dann wieder getrennt und alles sah irgendwie normal aus und alles passt so in dieses Bild, aber ich gebe dir recht, so rückblickend denkt man natürlich so, warum wurde dieses Muster nicht schon früher gesehen so.

Ja, ich finde es halt einfach nur sautraurig, dass da ältere Männer ja auch schon so ihre Geschichte hinter sich haben, teilweise auch die Frau verloren und die sich einfach nur nach ein bisschen Zuneigung, nach ein bisschen Nähe gesehen haben, schon den Schritt gehen, das in die Zeitung zu schreiben.

Das ist ja auch nochmal ein Step.

Also heutzutage legst du dir super schnell ein Online-Profil an, kannst es genauso schnell wieder löschen.

Aber sich so bei einer Zeitung zu melden und zu sagen, hey, das und das soll in die Anzeige, dafür Geld zu bezahlen, ich finde, das ist halt schon mal ein krasser Step so.

Und ja, dass das so schamlos ausgenutzt wurde, das ist einfach nur super traurig.

Aber zum Glück haben wir heute wieder über einen Fall gesprochen, bei dem die Täterin und der Täter am Ende zur Rechenschaft gezogen werden konnten.

Und damit würde ich sagen, schließen wir diese Akte, die schwarze Akte für heute und öffnen kommenden Dienstag wieder eine neue für euch.

Und da haben wir schon einen neuen Fall parat.

Da würden wir uns also sehr freuen, wenn ihr wieder zuhört.

Wir sind eure Hosts Anne Luckmann und Patrick Strohbusch Redaktion Johanna Müsiger und wir, Schnitt Anne Luckmann Intro und Trainer gesprochen von Pia Rona Sachse Producer Falko Schulte Die schwarze Akte ist eine Produktion der Julep Studios.

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