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(ex Premium) ForeignTimes080 mit Jörg Lau über die deutsche Außenpolitik

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"Foreign Times" - Außenpolitik, ganz nah.

Wir entdecken die Welt.

Analysen, Meinungen und Geschichten zu den Hintergründen internationaler Politik.

Diese Folge wird unterstützt von unseren Premiummitgliedern auf foreigntimes.de "Heute ist Dienstag, der 25.

März 2025.

Willkommen zur 80.

Folge der "Foreign Times".

Jörg Lau, ich grüße dich.

Ja, freut mich hier zu sein.

Hallo Marco.

Wer bist du und was machst du?

Ich bin Redakteur der Zeit.

Ich bin derzeit internationaler Korrespondent.

Also so ein bisschen frei in der Themenwahl.

Ich decke nicht eine bestimmte Welt gegend ab.

Ich muss mich auch nicht um das auswärtige Amt kümmern, aber schreibe über Außenpolitik für die Zeit.

Und das machst du ja auch schon eine ganze Weile.

Aber der Anlass ist im Grunde, dass du ja ein Buch geschrieben hast.

Ja, genau.

Ich habe das gerade veröffentlicht.

Das ist vor drei Wochen erschienen.

Und das Buch ist so ein Projekt, das sich aus meiner Arbeit bei der Zeitung ergeben hat.

Wo ich gemerkt habe, unser außenpolitischer Diskurs ist sehr stark von Formeln und Phrasen geprägt, die benutzt werden oft ohne so richtig zu reflektieren, was sie bedeuten.

Manchmal haben sie auch was richtig vernebelndes.

Und dann habe ich in der Zeitschrift "Internationale Politik", Zeitschrift für Außenpolitik, eine Kolumne gehabt, wo ich mir immer eines dieser Worte vornehme und das so dekonstruiere.

Und daraus habe ich jetzt ein Buch gemacht, so eine Art Lexikon der deutschen Außenpolitik.

Ja, also kann man tatsächlich nennen.

Das geht von V, also wie vor Wort, dann über A bis Zeit.

Und es ist tatsächlich so aufgebaut, dass du immer einen Begriff hast und den dann auf ich sage mal bis zu drei Seiten, glaube ich, erklärst und dadurch, dass das recht viele Begriffe sind, ergibt sich tatsächlich so eine Art, naja, wie soll ich das nennen?

Ein Denken über Außenpolitik, eine Wahrnehmung über Außenpolitik und es befasst sich ja explizit mit der deutschen Außenpolitik.

Ich glaube, das ist auch noch wichtig, dazu zu wissen.

Vielleicht fangen wir mal so an, also wir werden jetzt nicht die einzelnen Begriffe durchgehen.

Ich glaube, das wäre nicht unbedingt ein spannender Podcast, aber ich glaube, wir werden heute ein bisschen über Außenpolitik reden und vielleicht fangen wir damit mal an.

Außenpolitik, was ist das eigentlich?

Kann man das kurzum reinheißen?

Na, das ist die Politik, mit der ein Land seine Beziehung zu Außenwelt gestaltet, also zu unmittelbaren Nachbarn, auch zu Gegnern oder Feinden zu alliierten.

Ich sage das so allgemein, weil das natürlich nicht nur das Auswärtige Amt macht.

Also das ist das, was alle sofort damit assoziieren, also Diplomaten, Botschafter, Vertretungen in allen möglichen Ländern.

Das ist natürlich offensichtlich, dass da Außenpolitik gemacht wird.

Aber eigentlich hat fast jedes Ressort der Bundesregierung eine Dimension, die das Ausland betrifft.

Das Innenministerium, wenn es um Migration und Migrationssteuerung geht, müssen die sich mit unseren sämtlichen Nachbarn und manchmal vielleicht mit der Türkei oder der Thunesien in Verbindung setzen, um das zu regeln, was sie regeln wollen.

Und da verschwimmt die Grenze zwischen Innen- und Außenpolitik.

Wirtschaftspolitik hat natürlich für eine Exportnation Außenpolitische Dimension.

Und eigentlich kann man fast alles durchgehen.

Und wie immer kommt man darauf, dass Außenpolitik eine Dimension der Politik ist, die so eine Globalvernetzte Nation wie die Bundesrepublik ja ganz prominent beachten muss?

Vor allen Dingen als Exportnation, du hast den Begriff schon genannt.

Und trotzdem, trotz all dem.

Also ich bin mal ein bisschen bei uns hier auch ins Archiv gegangen.

Das war 2019, da habe ich mit Volker Stanzer, ehemaliger Botschafter in China über die ratlose deutsche Außenpolitik gesprochen.

Er hat ein Buch drüber geschrieben.

Ich werde dich auch nochmal an den Schornots verlinken.

Und seitdem ist, glaube ich, in der Welt sehr viel passiert.

Aber ich habe den Eindruck in Deutschland nicht so viel.

Aber jetzt gerade passiert sehr viel innerhalb sehr kurzer Zeit vielleicht.

Aber so diese Ratlosigkeit und dieses Überrumpeltsein, das ist so eine Konstante, bei der ich den Eindruck habe, die ist uns erhalten geblieben.

Willst du da mitgehen?

Absolut.

Ich glaube, das ist radikalisiert worden, dieses Gefühl.

Und mir geht selber so, von Tag zu Tag werde ich immer wieder überrascht und überrollt von neuen krassen Entwicklungen, die enorme Folgen für die deutsche Außenpolitik haben.

Das Stichwort Trump-Regierung, Trump 2.0, da wird gerade die Weltordnung, wie wir sie kennen, doch in ganz erheblichen Massen in Frage gestellt.

Aber es hat nie nur mit Amerika zu tun.

Also Volker Stanzer, den du erwähnt hast, ehemaliger Botschafter in China, der hat natürlich auch den Aufstieg Asiens im Blick und wie sich dadurch die Welt für Deutschland verändert hat.

Die Regierung in China hin zu einer echten Diktatur.

Und was das bedeutet für unsere Abhängigkeit von diesem Land?

Russland ist natürlich, liegt jetzt offen zu Tage, dass die Verwandlung des Putin-Regimes in eine aggressive imperialistische Macht die ganzen Koordinaten der deutschen Politik infrage stellt.

Es gibt praktisch kein Feld, auf dem die Dinge, wie wir sie uns so vorgestellt haben, wie sie laufen sollen oder idealerweise laufen sollen, so demnach kommen.

Also wir sind im Moment mit, glaube ich, all unseren Erwartungen und Konzepten vor große, große Herausforderungen gestellt.

Man könnte mehr sagen, Ratlosigkeit und über Rumpelt sein führt, führt dann auch zu Phrasen.

Dann ist ja nahe an deinem Wurf wieder dran.

Ja, genau, zur Flucht in die Phrase vielleicht.

Aber es führt, glaube ich, mittlerweile dazu, dass vielen Menschen klar wird, es funktioniert mit diesen Phrasen nicht.

Also ein Beispiel zum Beispiel, Nahost haben wir noch gar nicht erwähnt.

In Nahost bleibt gerade auch kein Stein auf dem anderen.

Und wenn man jetzt nur dieses Israel-Palestiner-Thema nimmt, da haben wir die Schlagwörter zwei Staatenlösungen und Staatsreson.

Das sind die beiden Kernbegriffe, mit denen wir da beschreiben, wie Deutschland sich da positioniert.

Und diese Begriffe haben beide praktisch null politischen Wert im Moment.

Es ist klar, dass die zwei Staatenlösungen eigentlich von beiden Seiten nicht für umsetzbar gehalten wird, beziehungsweise sogar von wesentlichen Akteuren abgelehnt wird.

Und was wir meinen, wenn wir sagen, die deutsche Staatsreson, bedeutet, dass wir uns für die Sicherheit Israels einsetzen, was das jetzt genau heißt, wie wir uns dann zu einer bestimmten israelischen Regierung verhalten sollen, ist auch vollkommen unklar.

Heißt das jetzt, dass wir alles gut heißen, was die Regierung net an Yahoo sagt, ist das Staatsreson oder müsste, wenn wir uns für die Sicherheit Israels verantwortlich fühlen, nicht manchmal noch viel schärfere Kritik kommen an dieser Regierung.

Dazu sagt dieser Brief gar nichts.

Das sind so zwei Beispiele dafür, das glaube ich das Hauptvokabular, mit dem wir versuchen so eine Region zu ordnen, eigentlich wertlos geworden ist.

Ich würde sagen, eine gute Phrase deckt immer so ein Gefühl ab, also dass man so das Gefühl hat, ja das geht schon in die richtige Richtung.

Bei dem Bein von dir genannten Begriffen würde ich sagen, habe ich auch überhaupt kein Gefühl dazu.

Bei manchen hat man ja so ein instinktives Verständnis, aber bei den beiden nicht mehr, was aber auch an der Realität.

Weil das ist interessant, was du sagst, deckt so ein Gefühl ab, in welche Richtung es gehen sollte.

Das ist glaube ich hier genau der Punkt.

Diese beiden Begriffe sind eigentlich so Behauptungen über Prinzipien, die wir haben.

Also das sind so Statement of Principles.

Wir bekennen uns zur Souveränität Israels und zum Recht Israels auf Staatlichkeit und so weiter.

Und auf der anderen Seite setzen wir uns für zwei Staaten ein, also eben auch für die Selbstbestimmung der Palästinensein, in welcher Form auch immer das dann am Ende stattfinden wird.

Das sind ganz grundsätzliche Prinzipien, die sind nicht falsch.

Nur daraus, dass man diese Begriffe verwendet, ist noch nichts darüber gesagt, wie wir eigentlich diesen Zielen dann näher kommen.

Da wird es spannend.

Und das ist etwas, was mir aufgefallen ist, dass in Deutschland oft wir uns mit Prinzipien und Werten und moralischen Feststellungen sehr stark beschäftigen und dann wird es doch irgendwie recht dünn, wenn es um die Strategie geht, wie wir das eigentlich erreichen und was wir dafür machen können oder wo wir vielleicht auch gar keine Mittel haben, um das zu erreichen.

Da simulieren wir das manchmal durch Statements von Prinzipien.

Das ist ja im Grunde eine Art Fluchtverhalten dann.

Also wenn ich den Begriff da nutze und im Grunde weiß, ich habe keine Strategie, um das zu erreichen, dann formuliere ich etwas, was gut klingt und lasst das dann so hinten dranlaufen.

Das ist eine sehr explizite Entscheidung.

Genau, also was mir in dem Zusammenhang noch einfällt, der ist auch ein Begriff, den wir nicht auseinander nehmen in den Buch, Diktatfrieden.

Das hat immer Olaf Scholz gesagt, das ist das, was wir ablehnen in der Ukraine.

Es darf nicht zu einem Diktatfrieden kommen.

Es darf nicht so sein, dass Putin am Ende diktiert, was die Ukraine überhaupt machen kann, was von ihr übrig bleibt und so weiter.

Und das ist natürlich auch wieder richtig als Prinzipienstatement.

Aber de facto hat unsere Politik, glaube ich, so würde ich das sehen in den letzten drei Jahren mit dieser etwas zu langsam zu zögerlichen Unterstützung mit dazu beigetragen, dass genau das jetzt kommt.

Ein Diktatfrieden, der dann von Trump und Putin zusammen ausgehandelt wird, während wir zu gucken als Europäer und dann am Ende gefragt sind, wenn es darum geht, zu unterstützen, Friedensdrucken zu schicken, für die ganze Sache zu bezahlen, eben einen Diktatfrieden abzusichern.

Und das ist wieder so ein Ding, wo ich dachte, gut, der Bundeskanzler hat das richtige Prinzip ins Fenster gestellt und dann sind wir mit unserer Politik dem eigentlich selber nicht gerecht geworden.

Ja gut, jetzt könnte man ja durchgehen, was der Kanzler so alles gesagt hat.

Wir dürfen keine Mitglieder dieses Krieges werden oder kein Kriegspartei werden.

Hat er gesagt, das würde ja dann unmittelbar zu der Frage führen, naja, sieht der Putin das dann auch so?

Und wenn er das anders sieht, was folgt daraus?

Also ist man nicht dadurch partei, dass jemand anders der Wild um sich schlägt?

Um sich schlägt?

Also da sind ja viele Fragen drin und ich glaube diese Inkonsistenz, genau dessen, was du gerade gezeichnet hast, würde man mit all diesen Begriffen, die der Kanzler da genannt hatte, durchaus greifen können.

Die Frage ist dann, warum man ihm das halt durchgehen lassen.

Also wenn ich die Medialeberichterstattung verfolge, habe ich den Eindruck, dass es wohl ihm nicht durchgehen gelassen, aber politisch hat es keine Konsequenz gehabt.

Weil der Kanzler war?

Ja, das ist eine schwierige Frage, weil am Ende ist er ja gescheitert und es hat das Scheitern dieser Regierung mindestens indirekt auch was zu tun mit der Ukraine-Politik.

Die war ja ein Vorwand am Ende, der dann zum Bruch dieser Koalition geführt hat.

Da ging es darum, dass Scholz mehrere Milliarden noch locker machen wollte und dafür die Schuldenbremse lockern.

Und das hat die FDP nicht mitgemacht und so weiter.

Und brauchen wir jetzt nicht zurückkapitulieren, aber ich finde es schon interessant, dass am Ende mindestens so als Vorwand die Ukraine-Politik schon auch beim Scheitern dieser Koalition eine Rolle gespielt hat.

Nicht, wie ich mir das gewünscht hätte in der Ernsthaftigkeit, wie das angemessen gewesen wäre, wenn man, das sagt ja der Scholz auch, alle haben das gesagt, dass uns dieser Konflikt in Europa unmittelbar betrifft, dass es hier auch um unsere zukünftige Friedensordnung geht und so und wir da Aktien drin haben, sozusagen, in der Rennwieders-Aus geht.

Und in der entsprechenden Ernsthaftigkeit hat man das nicht gepusht, das Thema.

Weil es, glaube ich, unangenehme Konsequenzen gehabt hätte, weil es doch an bestimmte Grundüberzeugungen der Akteure ging, die damals regiert haben.

Und weil man sich verlassen hat auf die Amerikaner, was ich unfasslich kurzsichtig finde und wo ich praktisch jetzt von Tag zu Tag drunter leide, wenn ich sehe, wie die Trump-Regierung diesen Konflikt behandelt.

Und das ist ja etwas, was eigentlich mit Ansage kam.

Das ganze letzte Jahr hat Donald Trump eigentlich offengelegt, wie er das sieht, was er da alles nicht mehr machen will und was er, wie er einen Frieden herbeizwingen will.

Und es war eigentlich klar, für uns ist das nicht akzeptabel, dass es so läuft und das Ergebnis könnte katastrophal sein für die NATO, für Europa, für uns.

Und letztlich hat man es aber auf sich zukommen lassen.

Du hast vorhin eine Sache bei der Definition von Außenpolitik ein bisschen unterschlagen fand ich.

Ja.

Das war, hast du ja gesagt, Außenpolitik ist überall drin.

Aber im politischen Sinne ist ja eine Person für die Außenpolitik hauptsächlich verantwortlich und das ist der Kanzler.

Und der hat das so wie ich das wahrgenommen und vernommen habe aus Berlin ja doch sehr stark an sich gerissen.

Und da haben wir schon sehr viele Entscheidungen, so eine kleine Dreierunde da getroffen, wo man schon sagen kann, wenn es da strategische Fehlentscheidungen gab und ich glaube die sind sehr offensichtlich, dann muss man die ja explizit dem Kanzler anlasten.

Aber wieso ist das überhaupt möglich?

Also warum ist es möglich, obwohl sehr viel darüber geredet wird und auch Aufklärung betrieben wurde, dass wir dann so eine Falle reinlaufen?

Ich weiß, dass ist jetzt im Grunde die gleiche Frage, die ich dir schon mal gestellt habe.

Aber das ist wirklich so der Punkt, bei dem ich und das war auch vor Russlands Krieg oder Invasion 2022 gegen die Ukraine schon so, da haben wir ja auch acht Jahre zugeguckt, wie da der Krieg lief und haben nicht darauf reagiert.

Also das ist ja ein sehr repetitives Verhältnis.

Das Einzige, was mir auffällt ist, Scholz war mit an der Macht in dieser Zeit, also es war merklebar die Kanzlerin, aber Scholz war ja auch teilweise Vizekanzler, sehr war auch in diesem ganzen Vorgängen mit eingebunden und hat dann diese Politik aus meiner Sicht auch fortgeführt.

Also ich glaube, da kommen viele Gründe zusammen und da wird man sich glaube ich auch noch lange mit beschäftigen müssen, wie dieses Train-Rack, wie man auf Englisch sagt, unserer Russland und Ukraine Politik entstanden ist durch viele, viele Akteure, die daran mitgewirkt haben, dass wir, wie du es da beschreibst, in eine Sackgasse geraten sind, bestimmte Signale nicht gesehen haben.

Den Gesprächsfaden, ich wollte ihn abreißen lassen, wie du schweißt.

Genau, also das ist ein Beispiel für eins dieser Ideologie, die unsere Außenpolitik steuern und die eben auch auf Abwege führen können, dass man gedacht hat, am Ende kommt es doch darauf an, um jeden Preis weiter zu reden und Anreize zu geben und dann wird Putin eines Tages, das ist auch so ein typischer Begriff von Olaf Scholz, wird einsehen müssen, dass, also sein Weg der Falsche ist, dass er damit nicht sein Ziel erreichen kann und so.

Und das ist eine totale Fehlwarnemung, die Vorstellung, dass wir durch Dialog und durch ein paar Anreize, die wir so und so setzen, den Gegner, der sich bestimmte Dinge vorgenommen hat, die wir aber nicht ernst nehmen, steuern können und dass der dann irgendwas einsieht und dann umkehrt.

Das ist eine Verweigerung anzuerkennen, dass wir da eine wirklich gegnerische Macht haben, die das zerstören will, wofür wir stehen und dass die Ukraine das Schlachtfeld ist, auf dem das versucht wird.

Und wenn man jetzt anerkennt, so schmerzhaft das auch ist, dass es da ein Gegner oder sagen wir "feind" mit einem tabuisierten Wort, in Deutschland tabuisierten Wort ausgeboten historischen Gründen und so weiter, aber das ist ein Feind da, ist ein Feind unserer Ordnung, der uns auch zum Feind erklärt hat, dann muss man andere Konsequenzen ziehen.

Und jetzt macht diese neue Regierung mit diesen riesigen Zahlen, die sie so in den Raum stellt, macht sie ja so symbolisch eine Anerkennung dieser Tatsache, dass wir uns auf absehbare Zeit in einem Konflikt befinden, den wir nicht lösen oder befrieden oder appeasen können, indem wir irgendwie noch ein nettes Gesprächsangebot machen, sondern dass man in anderer Währung sozusagen mit Aufrüstung, mit noch mehr Sanktionen, mit einer Resilienz unserer eigenen Gesellschaft und Wirtschaft dagegen halten muss.

Und das ist, glaube ich, der Kern des Verstörenden und des, ich weiß noch mal, auch Skandalösen, weil wir als Deutsche mal ganz sumarisch gesprochen gedacht haben, wir leben in einer Welt, in der es diese Art von Konflikt eigentlich jedenfalls für uns nicht mehr so gibt.

Eine Win-Win-Welt, in der der Wegfall von Grenzen, der Austausch, die Globalisierung im Prinzip Chancen über Chancen schafft und es doch einfach irre wäre, das auszuschlagen und auf einen altmodischen Konflikt mit Panzern und mit Schlachtordnungen wie aus dem ersten Weltkrieg zu setzen.

Das ist, glaube ich, ein gewisses Versagen der Fantasie, das dahinter steckt.

Und das ist, glaube ich, etwas, dem müssen wir nachgehen.

Das ist ein bisschen unklarer als die einzelne politische Fehlentscheidungen, die dann zu diesem oder jenen geführt werden, also zum Beispiel, ob man sich jetzt entscheidet, noch mehr russisches Gas zu importieren, noch eine Pipeline anzuschließen oder so.

Das sind so Einzelentscheidungen, die in einem bestimmten Kontext stattfinden.

Und das meine ich mit diesem Fehler, das mit diesem Fantasieversagen, dass man sich einfach nicht vorstellen wollen, vorstellen können, dass jemand wie Putin wirklich eine andere Art von Priorität setzt und dass dem diese ganze Profit, der Profit aus dem Gas, dass ihm das komplett egal ist, wenn es um was anderes geht, nämlich um sein großes Ziel, ja Russland wieder neu aufzustellen auf diesem Kontinent.

Also rein emotional konnte ich das, was du gerade gesagt hast, nie nachvollziehen.

Das war wirklich nie mein Denken.

Aber mir sind dann auch so Dinge eingefallen.

Vielleicht erinnerst du dich dann noch, das sind Sachen, die nicht in deinem Buch drin sind, posttheroische Gesellschaft, Mündler, das ja im Grunde auch in dieses Ding rein spielt, das dann auch sehr oft zitiert wurde als Begriff.

Und das andere ist die deutsche Schweiz.

Das war so ein Diskurs, der eine zeitlang wahr warte und sich darauf bezog, dass Deutschland möglichst neutral sein solle und zwischen allen Verhandeln möge.

Also schon die Annahme, dass es möglich ist, dass Deutschland auch neutral ist und der ich darüber auch sehr oft in Bezug auf Russland verwendet.

Genau, also es gibt diese Vorstellung ja schon lange von Kritikern der deutschen Außenpolitik, wie sie so entstanden ist.

Seit Adenauer in den 50er Jahren mit der Westbindung, dass man eine Art Äquidistanz zu den Großmächten haben sollte.

Also gleich weit von Amerika und Russland entfernt und souverän seine eigene Politik gestalten sollte.

Das war immer so ein bisschen eine Fantasie Vorstellung, dass das überhaupt möglich sei.

Die beiden deutschen Staaten waren halt als Resultat des Krieges jeweils unterschiedlichen Blöcken zugeschlagen und der eisene Vorhang ging mitten durch dieses Land und einigermaßen vollständige Souveränität als außenpolitische Einheit hat die Bundesrepublik ja erst seit der Wiedervereinigung.

Und da ist glaube ich irgendwann vergessen worden in dieser Idee, dass die Welt sich aus diesem Blocksystem des Kalten Krieges raus bewegt, dass wir eben doch Teil einer bestimmten Ordnung sind, von der wir unglaublich als Deutsche auch profitiert haben.

Also das, was man manchmal so liberale internationale Ordnung nennt.

Ich mag diesen Begriff nicht, weil der ist so ein bisschen ideologisch, aber eben eine im Wesen von den Amerikanern geschaffene internationale Ordnung mit Organisationen, mit Verträgen, mit Allianzen, der bestimmte Ideen hat diese Ordnung, wie die Souveränität von Staaten, die Freiheit der Wahl von Allianzen im Prinzip friedliche Konfliktlösung und so weiter, dieses ganze System, dass wir einfach vorausgesetzt haben, als wäre das so Naturwüchse da und als hänge es nicht ab davon, dass es auch einen Hüter dieser Ordnung gibt.

Und jetzt erleben wir ganz krass durch diese Wiederkehr von Donald Trump, dass der Hüter dieser Ordnung, die USA am Ende keine Lust mehr haben, die Kosten auf sich zu nehmen, diese Ordnung zu erhalten, dass sie jetzt dazu übergehen zu sagen, wir haben eigentlich mehr davon, wenn wir einfach unsere Kraft so einsetzen, dass wir das Maximum überall rausholen.

Durch Zölle, durch Bedrohungen mit unserem Militär, durch alle möglichen harten Ansagen werden wir jetzt einfach unser Gewicht für uns nutzen und nicht dazu, um irgendwelche komplizierten internationalen Ordnungen aufrechtzuerhalten.

Dafür sollen mal jetzt auch andere aufkommen.

Und das ist für Deutschland, glaube ich, ein ziemlicher Schockmoment, weil man jetzt merkt, wie viel wir eigentlich outgessourced haben an Aufgaben, diese Ordnung, in der wir als Exportnation so schön profitiert haben, auch wirklich weiter aufrecht zu halten.

Freiheit der Seewege, also das ist ein Thema, das jetzt gerade in diesen Tagen wieder hoch kommt.

Durch den Skandal, der da in Amerika passiert ist, dass hohe Regierungsbeamte bis hin zum Vizepräsidenten darüber gequatscht haben in einem Chat auf Signal, dass die jetzt die Houtties angreifen werden, um die Passage im Roten Meer usermassen frei zu schießen.

Und da ist es in diesem Chat, den wir jetzt haben mitlesen können, ist das Thema, dass der Vizepräsident sagt, ja aber moment mal nur 3% von unserem Handel von den USA geht eigentlich durch diese Mehrenke da, 40% von dem was die Europäer an Welthandel betreiben muss dadurch.

Warum sollen wir das eigentlich machen?

Wir müssen doch jetzt eigentlich Druck auf die Europäer aufbauen, dass die mehr Verantwortung für diese Dinge übernehmen.

Und das ist hochproblematisch, wie der über die, wie verächtlich der über die Europäer spricht.

Wie viel hat der irgendwo einen Punkt?

Wir haben es aber auch nicht angefragt, dass es machen.

Und man könnte dann sicherlich auch darüber reden, dass die Ägypteeinnahmen im Suiz-Kanal haben, die ihnen gerade flöten gehen.

Und was das für die Beziehungen zwischen USA und Ägypten bedeutet.

Aber die sind, ich glaube das war die eigentliche Botschaft, ohne Not sieht man immer nur den Vorteil der Europäer.

Also man ist da regelrecht darauf fixiert in dieser Administration, dass die Europäer sich da irgendwo einen Lauch machen.

Also ich weiß auch nicht, das ist schon sehr exzessiv bei den Herren.

Aber das muss man halt auch ernst nehmen.

Also da kann jetzt, weil ich habe öfter mal so jemanden gehört, der hat gesagt, das ist ja nur eine Verhandlungspause da bei diesen JD-Vans, die sind halt hart, die Armee ist und so.

Aber ich meine, wenn der das ohne Not in so ein Chatter reinschreibt, der höchst vermutlich nicht für die Öffentlichkeit gedacht war.

Außer die haben das als Stand gemacht, das glaube ich aber nicht.

Dann ist das ja schon zoologisch noch sehr klare Aussage.

Ist ein Hauptthema für die.

Völlig richtig.

Also das ist bei dem tatsächlich eine Art von Obsession.

Die Europäer sind immer das Gegenbild.

Die sind für den ganz klar mindestens welche die USA ausnutzen, aber eigentlich fast schon ein Gegner, den man jetzt mal zeigen muss, wer hier bestimmt wie die Ordnung funktioniert und wie die Lastenverteilung läuft.

Lastenverteilung finde ich ist ja auch ein rationaler Punkt.

Darüber haben auch schon andere Administrationen immer geklagt.

Obama hat das gesagt.

InterGeorgeWbush war das schon ein Thema.

Es war bei beiden ein Thema.

Das ist völlig okay zu sagen, ihr müsst euch stärker beteiligen.

Aber hier hat man jetzt mittlerweile langsam den Eindruck, das ist eine Art von, ja, wir rücken immer stärker auf die Seite der Gegner oder derjenigen, die jedenfalls keinen nicht mitzureden haben darüber, wie diese Ordnung jetzt künftig gestaltet wird.

Wir werden nicht ernst genommen.

Und damit wäre dann die internationale Gemeinschaft, über die du auch schreibst.

Hinfällig.

Ja, das ist auch eine schöne Fiktion, muss man von heute sagen.

Heute Aussagen.

Es wird sehr viel über dieses ominöse Ding, die internationale Gemeinschaft geredet.

Das ist Teil von deutschen Politikerinnen, zum Beispiel Frank-Walter Steinmeier hat das auf der Münchner Sicht.

Konferenz gesagt in seinen Bemerkungen, in denen er sich ganz stark auch kritisch mit der Philosophie der Trump-Regierung auseinandergesetzt hat.

Ich glaube an die internationale Gemeinschaft.

Und man versteht so ungefähr was er meint.

Er meint in dieser Welt, soll es mehr um Kooperationen gehen, um gemeinsame Regeln, um Reden auf Augenhöhe und so weiter.

Aber was er ausblendet, indem er den Begriff so benutzt, ist, dass diese sogenannte internationale Gemeinschaft eigentlich nie für sich bestanden hat.

Das war ein Effekt einer Ordnung, die im Wesentlichen von den USA getragen wurde und an der wir uns nicht in dem Maße beteiligt haben, wie wir das hätten tun müssen als Europäer.

Und jetzt fällt uns das auf die Füße, dass wir eigentlich eine solche regelbasierte internationale Ordnung haben wollen, aber nicht in der Lage sind, selber diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten wollen oder die andere Regeln wollen oder die von Regel Bruch glauben profitieren zu können, in die Schranke zu weisen.

Und dann fragt sich natürlich, ja, was sind dann diese Regeln eigentlich wert, wenn sie niemand durchzusetzen in der Lage ist.

Was dann am Ende bedeutet, dass die Menschenrechte, die wir sagen, universal, universal geültig sind, im Grunde noch eine Glaubensfrage sind, ob man sich nur beachtet oder nicht.

Und ich habe so ein bisschen das Gefühl, wenn wir dann in unsere inneren Debatten reingucken, weil letztens wieder so ein Interview oder im Spiegel, wo jemand gesagt hat, ja, da muss man viel härter gegen die Flüchtlinge vorgehen.

Also es gibt auch so einen inneren Abbruch.

Deswegen ist es, glaube ich, in dem Sinne kein Zufall, dass Elon Musk da sehr aktiv für die AfD geworden hat im deutschen Wahlkampf, weil dir genau dafür steht für diesen Regelbruch, den du jetzt auch gerade eben thematisiert hast.

Ja, richtig.

Das ist überhaupt interessant und glaube noch nicht so richtig verstanden.

Wir sind ja auch erst seit wenigen Wochen, Monaten in dieser Trump 2.0-Präsidentschaft, obwohl es sich viel länger anfühlt.

Das ist das, was du ansprichst, nämlich diese Verbindung von Innenpolitik und Außenpolitik, die die Trump-Leute betreiben.

Also dieser Umbau Amerikas in eine kaum noch Demokratie, in einem Staat mit sehr starken autokratischen Zügen gegen die Gewaltenteilung, gegen bestimmte Dinge, die sie da immer als "woke" bezeichnen.

Also letztlich Gleichheitsvorstellungen, Bürgerrechtsideen gegen den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit des Rechts per se und so weiter.

Wie das zusammenhängt mit außenpolitisch der Präferenz für knallharte Machtpolitik, für imperialistische Ansprüche, die Amerika jetzt plötzlich gegenüber Nachbarn vorbringt.

Kanada, Panama, das Grönland-Thema hat damit zu tun, also selbst ein NATO-Mitglied wie Dänemark, den ja das autonome Territorium Grönland völkerrechtlich gehört werden unter "drück" gesetzt und ja gegen jede Regel auch die interne Regel, die in der Atlantik-Karta aufgeschrieben ist, dass man Konflikte nur unter den Mitgliedern der Nordatlantischen Bündnis nur friedlich beilegt, dass man nicht gegeneinander mit Drohungen oder mit Gewalt vorgeht.

Das gehört für mich zusammen.

Also es gibt eine Autokratisierung im Inneren und es gibt eine Autokratisierung der Außenpolitik, wo es dann auch kein Wunder ist, dass Trump mehr Sympathien hat für Putin als für Zelensky.

Das hat nicht nur was mit den Persönlichkeiten zu tun, sondern auch mit der Art, wie die Politik machen.

Und das ist ja wirklich kurios.

Also der Anspruch, den Trump auf Kanada erhebt, die sollen 51.

Staat werden, das hat schon eine gewisse Parallelität mit dem, wie Putin über die Ukraine spricht.

Also es ist fürchterlich, sowas auszusprechen, aber ich erwarte auch nicht, dass übermorgen Amerika in Kanada einmarschiert, aber es ist klar, dass jemand, der selbst das Nachbarland einverleiben will, auch einen Herrscher wie Putin, der das mit der Ukraine macht, nicht kritisiert, sondern er macht ja im Prinzip nur das, was Großmächte tun.

Sie holen sich das, was andere nicht beherrschen können.

In dem Sinne ist es ja tatsächlich auch logisch, wie Trump mit Putin umgeht und wie diese Verhandlungen jetzt stattfinden.

Also ich weiß, dass das immer, das ist immer schwierig in diese Logiken reinzusteigen, weil man sie ungern akzeptiert.

Aber wenn man mal akzeptiert hat, dass Trump Putin wesentlich ähnlicher ist als, sag jetzt mal uns, dann wird vieles klarer.

Bloß das bedeutet auch, dass wir jetzt eine zweite Entscheidung treffen müssen.

Wir haben ja vorhin darüber gesprochen, dass die letzte Bundesregierung nicht akzeptiert hat, dass wir im Grunde Teil dieses Krieges sind.

Jetzt geht es ja darum, was passiert, wenn Trump und Putin sich auf etwas einigen und dann aufoktruieren.

Also wir reden jetzt noch nicht darüber, dass Trump Kanada angreift und damit dann die NATO tot wäre.

Aber schon allein das sprengt ja alles, was bisher geplant war.

Also ich habe keine Idee, wie Europa sich dann verhalten wird, weil ich merke jetzt, es gab eine große Aufregung als Alsielandsky, da haben Orwell Offices und Niedergemacht wurde.

Und schon jetzt beginnt man so ein bisschen wieder, das Werbehal einzufangen und ein bisschen zurückzuholen.

Und mein Vertrauen ist da nicht sehr groß, dass man sich da hinter die Ukraine stellt, muss man ganz klar zu sagen.

Ja, ich glaube, wir sind noch in der Phase, wo die europäischen Staats- und Regierungschefs versuchen, zwei Gleise sich zu fahren.

Also sie haben Angst, wirklich in die Konfrontation zu gehen und Trump und seine Regierung zu konfrontieren und zu sagen, das geht nicht.

Wir stellen uns hier jetzt, also Ukraine ist das eine Thema, weil Dänemark zum Beispiel, wir stellen uns vor Dänemark und sagen, das muss aufhören, dass ihr beansprucht Grünland zur Not irgendwie mit Gewalt oder mit Erpressung von Dänemark wegzunehmen.

Das geht nicht.

Oder wir stellen uns vor Kanada.

Das möchte man im Moment in so explizit noch nicht machen, weil man befürchtet, dass dann Trump den Anlass nimmt, als Trigger, um vielleicht die NATO komplett in die Luft zu sprengen und zu sagen, so, das war's.

Wir sind raus.

Und dann haben wir ein noch größeres Problem, als wir es jetzt schon haben.

Und das zweite Gleis, das macht mich so ein bisschen hoffnungsvoll im Moment, ist, dass man schon während man noch so taktiert mit Trump und versucht ihn nicht weiter zu reizen alternativen Aufbau, dass man in Europa, das der Kerstarmer nennt das interessanterweise, eine Coalition of the willing.

Das war ja mal ein amerikanischer Begriff, mit dem die Bush-Regierung für den Irak Krieg geworben hat, freiwillige Nationen, die sie da begleiten sollten, Coalition of the willing.

Jetzt sammelt Kerstarmer zusammen mit Macron eine Koalition zusammen, die sagt, erstens sind wir bereit, Ukraine mehr Hilfe zu geben, wenn die Amerikaner sich weiter zurückziehen wollen.

Zweitens sind wir bereit, auch was auch immer vereinbart wird, mit Truppen abzusichern.

Und das geht ja teilweise doch schon sehr weit, was da so immerhin mal theoretisch angedacht wird.

Man könnte sich vorstellen, Flugzeuge bereitzustellen und es wird über bestimmte Kontingente von Truppen jetzt schon konkret geplant, wie die eingesetzt werden könnten, um dann die Ukraine zu unterstützen, die weiter an der Front sicherlich stehen werden und eine Art Abschreckung gegenüber Russland zu leisten, damit es nicht nach irgendeinem Waffenstillstand oder Frieden gleich wieder losgeht.

Und wenn du dich erinnerst, vor einem Jahr als Macron zum ersten Mal diese Idee überhaupt in den Raum stellte, dass europäische Truppen in der Ukraine gebraucht werden könnten, war sofort Deutschland dabei zu sagen, also Olaf Scholz, das kommt überhaupt nicht in Frage und da hat er direkt eine Pressekonferenz gegeben, um sich davon direkt zu distanzieren und das vollkommen auszuschließen.

Da sind wir doch sehr viel weiter, auch wenn die da noch jetzt die konkrete Ausgestaltung so einer Mission noch sehr, sehr unklar ist.

Also das ist im Moment so mein Gefühl, man ahnt schon, wir sind hier im Prinzip alleine, wir müssen uns vorbereiten, was zu tun, aber vielleicht können wir ja, das ist das Kalkül, wenn wir uns sehr, sehr bereitwillig zeigen, wenn wir auch ein hohes Risiko bereits sind, einzugehen, die Amerikaner dazu zu bringen, zu sagen, okay, unter diesen Umständen stehen wir als letzter Sicherheitsgarant immer noch hinter euch.

Dann könnte Trump sagen, so denkt sich das, glaube ich, Kerstame, ich habe mit meinem Druck erreicht, dass die Europäer endlich die Verantwortung übernehmen, ich habe das komplett geändert und so weiter und dann haben wir noch einen tollen Mineraldeal mit den Ukrainern gemacht und wir kriegen da jetzt Geld raus irgendwann, dann wäre das für ihn ein Erfolg und dann würde er nicht weiter die NATO kaputt machen.

Das ist die Hoffnung, ob das funktioniert, weiß ich auch nicht, aber das ist, glaube ich, im Moment der Stand der Dinge.

Aber es geht schon um so eine Art Erwachsen werden oder wie soll man das nennen?

Ja, das kann man sicherlich so nennen.

Also ich würde es nicht sagen, mehr Verantwortung übernehmen.

Ja, das ist natürlich ein Begriff, der total abgenudelt worden ist, aber natürlich geht es schon darum.

Es geht darum, was ja auch völlig einleuchtend ist.

Das Europa ist ein reicher Kontinent von 450 Millionen Leuten, die eine kraftvolle Industrie zur Verfügung haben, zwar keine zentrale Regierung, kein zentralen politischen Willen, aber sie beschwören ja immer bestimmte Werte für die sie stehen und dann sollen sie nicht in der Lage sein, auf ihrem eigenen Kontinent eine russische Streitmacht aufzuhalten, die in drei Jahren nicht in der Lage ist, die Ukraine zu überrennen, ein Land von 40 Millionen mit einer Wirtschaft, die fast schon am Boden liegt.

Also das ist doch tatsächlich ein, eigentlich ein Skandal, dass wir darüber noch reden und dass wir auch von Trump mit seiner Rücksichtslosigkeit sozusagen da reingeschockt werden müssen, dass das jetzt unser Ding ist.

Ich glaube, die letzte Frage, vor der die Europäer jetzt stehen, ist die, ob sie, wenn das Kalkül von Kerstarmer nicht aufgeht, die Amerikaner hier engagiert zu halten und zwar so, dass die sagen unsere Sicherheitsgarantie für euch und für eure Truppen, die ihr irgendwann da in die ukranische gilt.

Also wenn die Russen euch angreifen, stehen wir hinter euch und dann gilt Artikel 5.

Das ist die Hoffnung, die Starmes und Macron haben, dass sie das letztlich bei Trump und Konsorten doch noch durchsetzen können.

Die haben aber schon mehrfach gesagt, dass sie das nicht machen werden.

Das haben die explizit ausgeschlossen.

Haben gesagt, das ist euer Thema und wenn ihr da Truppen hinschickt, gut, aber die sind nicht durch Artikel 5 geschützt durch die Beistandspflicht der NATO.

Und wenn man zu dem Punkt kommt bei diesen ganzen Gesprächen über eine Koalition der Willigen, dass die Amerikaner da hart bleiben und sagen, das gilt hier nicht.

Also in diesem Sinne könnt ihr euch nicht auf die NATO berufen.

Dann, das ist ein wirklich sehr hartes Erwachsen werden, müssen die Europäer sagen, ob sie dann trotzdem da reingehen, das Risiko selber schultern oder nicht.

Und das wäre dann eine wirklich Stunde der Wahrheit.

Denn dann zu sagen, nein, dann machen wir es nicht, würde natürlich bedeuten, die Ukraine letztlich unter den Bus zu schöpfen, hinzugehen und zu sagen, wir machen das.

Wir gehen dieses Risiko ist eine Situation, wie wir sie noch nie hatten und die ist natürlich extrem gefährlich.

Und was das mit den Öffentlichkeiten bei uns macht, wenn diese Möglichkeit diskutiert wird, wir gehen in eine Situation rein, wo die das Risiko einer direkten Konfrontation mit Russland da ist, weil wir die Ukraine verteidigen wollen.

Da bin ich sehr, sehr gespannt, was wir dann für Diskussionen haben werden.

Ja, ich bin ja mal der Meinung, man kann alles erklären, wenn man gute Argumente hat.

Das ist sicherlich eine der härteren Nussse.

Jetzt merkt man in unserer Diskussion schon, dass wir in Deutschland, sage ich mal, so sehr mit recht wenigen Themen befasst sind, dass immer recht wenig Platz für einen Denken außerhalb dieser Themen bleibt.

Also wenn man so auf die außenpolitischen Diskussionen guckt, dann ist es halt eben erst mal die Ukraine, dann die USA und alles drüber hinaus.

Also Russland natürlich noch, aber dann wird es schon sehr, sehr schwer.

Also für nahe Ost ist wenig Platz.

Südostasien kommt quasi fast gar nicht vor.

Dabei ist es ja jetzt eigentlich die Zeit, wenn man sagt, also Trump ist ein Problem.

Putin ist ein Problem.

Wir brauchen neue Freunde.

Wir brauchen neue Handelsbeziehungen.

Wir müssen neu denken.

Ich selbst habe mich jetzt ungefähr seit einem Jahr sehr stark mit Südostasien befasst.

Bin auch hier rumgereist, habe mir verschiedene Dinge angeguckt, mit Leuten geredet, auch Analysten, Deutsche vor Ort.

Und mir ist irgendwie aufgefallen, da gibt es unglaublich viele Potenziale.

Aber man denkt im Regelfall noch nicht mal dran, die zu heben.

All diese Potenziale beginnen damit und das ist wahrscheinlich auch in deinem Buch.

Das habe ich jetzt nicht im Kopf, ob das Wort dabei ist, dass man auf Augenhöhe miteinander redet, aber im wahrsten Sinne des Wortes.

Dass man da reingeht und sagt, Leute, wir wollen jetzt hier mit euch was aufbauen.

Und dass man dann halt mit denen zusammen was schafft.

Und das ist so, habe ich manchmal das Gefühl, so ein bisschen gegen die Instinkte, die wir so haben.

Weil das sind ja keine wichtigen Länder.

Aber da frage ich mich auch, warum guckt man da so wenig hin?

Warum denkt man da so wenig dran?

Weil im Grunde braucht auch da die Wirtschaft viel mehr politische Begleitung.

Und ohnehin dieses Zusammengreifen von Wirtschaft und Politik, was ja in anderen Ländern wesentlich normaler ist, das ist hier auch so ein bisschen unterentwickelt, habe ich manchmal den Eindruck.

Ja, wir hatten das in der Form, dass die Außenpolitik ganz stark Außenwirtschaftspolitik war, in Bezug auf unsere wichtigen Partner.

Also Russland mit einem nicht so tollen Ergebnis, China.

Also die Reisetätigkeit von Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler nach China ist ja legendär.

Und das waren natürlich immer so Reisen, wo es eigentlich um Wirtschaftsförderung ging.

Wir haben uns, glaube ich, bei den strategischen Fragen, die China und Chinas Nachbarn betreffen, haben wir uns sehr zurückgehalten, weil wir, das ist in gewisser Weise auch realistisch, uns nicht in der Lage gesehen haben, da auch als Gestaltungsmacht in der Region außerhalb der Wirtschaftsbeziehung wirklich tätig zu werden.

Ich glaube, dass sich das jetzt ändern wird.

Und das stimme mir für mich zu, dass es sich ändern muss, dass man viele Partner dort nicht nur mit Blick auf Exportmärkte oder Produktionsstätten für unsere Industrie betrachtet oder Rohstofflieferanten oder so, sondern als strategische Partner, die man gewinnen muss für unsere Themen.

Bei manchen Themen ist das gar nicht so schwer.

Also zum Beispiel ist ja Japan mit an Bord, wenn es darum geht, Russland und China auch in die Schranken zu weisen.

Da haben die ein eigenes Interesse dran und da kann man sogar jetzt darüber reden, ob die nicht vielleicht auch Soldaten in diese Friedenstruppe, über die wir eben gesprochen haben, entsenden.

Südkorea.

Das ist ja ziemlich sensationell, dass die über sowas auch überhaupt nachdenken.

Oder natürlich Südkorea.

Südkorea hat natürlich auch ein massives neues Interesse an diesem Konflikt nicht zuletzt, weil Nordkorea auf der russischen Seite mit tätig ist.

Und man könnte das jetzt noch weiterspielen.

Man versucht ja irgendwie mit Indonesien sehr viel mehr im Rahmen dieser Idee, dass man in einer multipolaren Welt leben, der globale Süden, das sind alles diese Schlagworte, die ich in dem Buch auch bespreche, dass das viel stärker in unserer Denken eingehen muss.

Versucht mit Ländern wie Indonesien und ganz stark mit Indien ins Geschäft zu kommen.

Und nicht nur ins Geschäft im Sinne von wir wollen euch was verkaufen oder wir wollen bei euch produzieren, sondern auch wir wollen euch für unsere Idee von Ordnung gewinnen.

Und damit wir euch gewinnen, müssen wir auch mehr zuhören, was eigentlich, was sind da eigentlich eure Themen?

Da gibt es einen wirklich sehr, sehr guten Spruch, der voll getroffen hat von dem indischen Außenminister.

Ich weiß nicht, ob ich es jetzt ganz präzise hinkriege, aber so sinngemäß die Leute im Westen denken immer, ihre Probleme sind die Probleme der Welt.

Aber sie sehen nicht, dass die Probleme der Welt auch die Probleme des Westens werden müssen, damit man auf einen Nenner kommt.

Und es ist, glaube ich, ganz korrekt, das so zu sehen.

Ja, das war ein schöner Spruch, auch wenn Indien sicherlich ein schwieriges Land ist.

Absolut, ja.

Da können wir auch sehr viel darüber sagen.

Aber es zeigt so ein bisschen, dass es halt eben doch wesentlich komplexer wird, als es bisher war.

Was mich dann so zum Ende hin zu der Frage führt, haben wir denn in Deutschland jetzt zumindest mal mit der neuen Regierung dann, da soll es ja ein paar Änderungen geben, so eine Idee davon, wie man Außenpolitik überhaupt strukturieren kann?

Also, dass da drei Leute zusammensetzen und Entscheidungen treffen und da mit dem Botschafter nicht geredet wird und ähnliches, das kann ja nicht die Lösung sein.

Ja, ich bin skeptisch, ob sich wirklich sehr viel ändern wird.

Aber eine ermutigende Sache ist, dass die CDU ihre alte Idee, dass man einen nationalen Sicherheitsrat braucht, wiederbelebt hat und eigentlich so viel davon gesprochen hat, dass sie es jetzt auch machen müssen.

Und das ist nicht einfach noch irgendeine Arbeitsgruppe, wenn man es richtig macht, sondern das ist dann schon ein Gremium, in dem man Praktika aus verschiedenen Ministerien hat, aber eben auch Experten anhören kann, indem man Kommunikation vorbereiten kann, die dann, wo es sozusagen durcheinander geht, zwischen verschiedenen Ministerien auch strategisch vorausschauend denken kann, Szenarien entwickeln kann, diese Dinge, die natürlich in einzelnen Ministerien auch schon jetzt gemacht werden, aber eben nicht zusammengeführt als in einem Zentrum der Entscheidungsfindung.

Und das finde ich eigentlich schon super, einfach auch weil es dazu zwingt, alle, die irgendwo Außenpolitik machen in so einer Regierung, zusammen zu reden darüber, was wollen wir erreichen, was sind unsere Mittel, wovon lassen wir besser die Finger, wie kommunizieren wir das, wen müssen wir ansprechen und das wäre, glaube ich, gut, weil man sich diesen Zwang auferlegt, ein bisschen strukturierter und systematischer daran zu gehen.

Wäre auch schön, wenn man dann die Öffentlichkeit nicht als Feind begreifen wird.

Ja.

Das war ja ein Signature-Move der vorherigen Regierung.

Ja, es gibt auch die Idee, die ich gut finde, man müsste außenpolitische Wochen im Parlament haben, also wo tatsächlich nicht nur mal an einem Punkt entlang, Tagesordnungspunkt XY, sondern grundsätzlich über vielleicht eine nationale Sicherheitsstrategie oder eine Erklärung der Regierung des Bundeskanzlers, wie er die Lage Deutschland sieht, systematisch diskutiert wird über Außenpolitik und nicht nur eine kurze Regierungserklärung, wo dann alle ihre Fenster reden halten oder so.

Auch als ein Mittel, das in die Öffentlichkeit zu tragen, was da alles bedacht werden muss.

Das finde ich eigentlich gut.

Müsste die Regierung nicht auch letzte Frage eine Möglichkeit finden, das vor dem wir jetzt stehen, eine massive Aufrüstung der Bevölkerung so nahezu bringt, dass diese Aufrüstung keine Militarisierung ist.

Ja, völlig richtig, das sehe ich auch so und der Staat war nicht gut, denn im Wahlkampf wurde nicht über Außenpolitik geredet, da haben wir nur über Zurückweisungen an den deutschen Grenzen geredet.

Das war das einzige annähernd außenpolitische Thema, das eine große Rolle gespielt hat.

Kurz vorm Außen, ne?

Genau und symptomatischerweise symbolisch, wir machen Deutschland zu an den Grenzen.

Ich fand das ziemlich katastrophal für diese Fragen, über die wir hier sprechen, die wurden nicht besprochen und man hat eben auch suggeriert, wir brauchen keine Schulden zu machen für die Aufrüstung, die wir jetzt leisten müssen und dann hat man es praktisch Tage nach der Wahl einkassiert, ohne das den Leuten wirklich nahe gebracht zu haben und erklärt zu haben und das ist ein Riesenversäumnis und was du sagst mit der Militarisierung ist auch richtig.

Also Militarisierung würde bedeuten, dass zivile Leben in Deutschland wird komplett wie in Russland jetzt in den Dienst eines Kriegs und Aufrüstungsprojekte stellt.

Dann sind wir so weit entfernt, wie es nur irgendwie geht.

Wir haben ja gerade erst begonnen, uns mit dieser Notwendigkeit von Wehrhaftigkeit oder Kriegstauglichkeit, wie das dann Pistorius so provokant gesagt hat, überhaupt zu beschäftigen, wieder zu beschäftigen.

Ja genau darum ging es mir im Grunde.

Also ich habe das ja damals gesehen in Russland wie nach 2014 oder ab 2014 quasi so eine innere Militarisierung in der Gesellschaft auch stattfand und also das wird bei uns nicht so sein, aber ich glaube, dass gar nicht so wenige Leute Angst davor haben, dass man also proaktiv genau das erklären müsste und da gibt es ja sozialdemokratische Vorbilder aus der Vergangenheit, die sowas schon mal hingekriegt haben.

Also dass man sowas tatsächlich aktiv begleiten müsste und nicht einfach nur umsetzt und das fehlt mir aktuell.

Zum Beispiel Fendi ist auch schön von Friedrich Merz, wenn er mal, also ich meine ich nehme ihm seine innere Wände ab, absolut.

Ich glaube der ist dabei, den J.D.

Evans reingegangen und das rausgegangen als anderer Mensch.

Aber ich glaube auch das ist natürlich schwierig, man muss irgendwie liegen und dann erklärt es irgendwie jemand anders und so weiter, aber ich glaube das wäre auch wichtig, diese innere Wände irgendwo irgendwie zu kommunizieren, wie die zustande kommt.

Ja.

Weil das ist ganz, also es kann sein, das ist ja mal schwierig zu sagen, aber das könnte schon einer der historischen Momente gewesen sein in dieser ganzen Geschichte, weil da sich irgendwie alles geändert hat für die Politik in Anführungszeichen.

Ja, ich glaube, dass man gar nicht wahnsinnige Verränkungen machen muss, um das den Leuten nahezubringen.

Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen sich schon längst damit beschäftigen, mit diesen unruhigenden Entwicklungen, dass die schon sozusagen im Geiste die Konsequenzen vor wegnehmen und die Politik hat eine gewisse Angst, eine irrationale Angst, glaube ich vor vielen Menschen, denen sozusagen zu sagen, was das Sache ist, dass der Boris Pistorius, der beliebteste Politiker ist, jetzt seit er oft in der Bundespolitik mitspielt, ist eigentlich der Gegenbeweis, dass man, wenn man unangenehme Wahrheiten anspricht, nicht unbedingt auf Ablehnung stoßen muss, sondern dass die Leute, auch wenn sie jetzt nicht beruhigt werden, dankbar sind dafür, dass man ihnen die Wahrheit sagt.

Da bin ich eigentlich recht optimistisch immer noch was unserer Öffentlichkeit angeht.

Es gibt die Leute, die es nicht hören wollen, es gibt die Leute, die irgendwie in eine Welt zurück wollen, die für immer verloren ist, glaube ich, aber die sind nicht die Mehrheit und von denen kann man auch noch viele gewinnen.

Also ich stimme deinem Play-Doh je vorzu.

Es wird einfacher diese Diskussion zu führen, wenn man dein Buch gelesen hat, Worte, die die Welt beherrschen, was die Phrasen der Außenpolitik wirklich bedeuten.

Man kann das tatsächlich Wort für Wort durchgehen und wird dann am Ende irgendwie feststellen, das ist ja doch eine kleine Abhandlung über die Diskussionen, die wir so haben.

In dem Sinne, Jörg Laufe, vielen Dank für das Gespräch.

Ich danke dir sehr für die Einladungen, Marco.

So, wenn ihr dazu nochmal Gedanken habt www.ForeignTimes.de, da könnt ihr sie uns reinstellen oder in unser Reddit.

Vielen Dank, bis dahin, tschüss.

Das war "ForeignTimes" Außenpolitik ganz nah.

Diese Folge wurde unterstützt von unseren Premiummitgliedern auf foreigntimes.de.

Bis zum nächsten Mal.

Mehr Informationen über den Projekt ONLINE.

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