Episode Transcript
Music.
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von Aktenzeichen XY Unvergessene Verbrechen.
Mein Name ist Rodi Zerne.
Und ich bin Conny Neumeier.
Schön, dass ihr wieder zuhört.
Heute geht es um einen Fall, in dem eine unbekannte Frau tot neben einem Maisfeld gefunden wurde.
Die Identifizierung gestaltet sich schwierig.
Doch am Ende bringt ein Detail die entscheidende Spur.
Die Zähne der Toten.
Aber bevor wir zu viel verraten, begrüße ich erstmal unsere Gäste heute.
Bei uns im Studio ist der erste Kriminalhauptkommissar Uwe Isenberg.
Er ist Chef der 8.
Mordkommission in Berlin und hat die Ermittlungen in diesem Fall geleitet.
Hallo.
Guten Tag, vielen Dank für die Einladung.
Schön, dass Sie da sind.
Ja, und Sie sind nicht alleine gekommen.
Bei uns ist auch Kriminalhauptkommissar Jochen Holländer.
Er arbeitet im Team von Uwe Isenberg.
Auch ein herzliches Willkommen an Sie.
Ich grüße Sie.
Vielen Dank, dass ich da sein darf.
Auch von mir herzlich willkommen.
Ja, als Experten für diese Folge haben wir außerdem mit Professor Rüdiger Lässig gesprochen.
Er ist Direktor des Instituts für Rechtsmedizin an der Universität Halle-Wittenberg und forensischer Zahnmediziner.
Wie wir schon gehört haben, spielen Zähne heute eine wichtige Rolle.
Deshalb wird eben diese Art der Zahnmedizin für diesen Fall von entscheidender Bedeutung sein.
So ist es.
Bevor wir uns das aber genauer anschauen, machen wir einen Sprung zurück.
Und zwar in den Sommer 2018, zu dem Tag, an dem die unbekannte Tote gefunden wurde.
Eine Info vorab, wir haben für diesen Fall die Namen aller Beteiligten geändert.
Der Sommer 2018 ist in ganz Europa ein Hitzesommer.
Hohe Temperaturen und extreme Trockenheit machen Mensch und Umwelt zu schaffen.
Auch in Thüringen ist es heiß.
Am 5.
Juli, einem Donnerstag, nutzt ein Mann die kühlen Morgenstunden für einen Spaziergang.
Er ist mit seinem Hund auf einem Feldweg südlich des kleinen Örtchens Lindau im Saale-Holzland-Kreis unterwegs.
Der Feldweg liegt ganz in der Nähe der A9, der großen Nord-Süd-Verbindung zwischen Berlin und München.
Auf der einen Seite des Weges liegt ein Maisfeld, auf der anderen kommt irgendwann ein Baum.
Der Hund des Spaziergängers fängt dort, unterhalb des Baums, zu buddeln an und stößt dabei auf eine Leiche.
Sie ist nur oberflächlich vergraben und von wenig Erde bedeckt.
Für den Spaziergänger ist es eine schockierende Entdeckung.
Er ruft umgehend die Polizei.
Weil der tote Körper bereits stark verwest ist, kann er nicht erkennen, ob es sich um eine Männer- oder Frauenleiche handelt.
Lediglich die Kleidung deutet auf eine tote Frau hin.
Und weil sie ganz offensichtlich vergraben wurde, liegt es nahe, dass es sich um ein Verbrechen handelt.
Die Kriminalpolizei Jena übernimmt den Fall.
Um am Fundort geschützt Spuren auf dem Feldweg zu sichern, werden zwei Zelte aufgebaut.
Ein größeres, oranges und ein kleineres, weißes, direkt daneben.
Allerdings findet die Spurensicherung keine Gegenstände, die auf die Identität der Toten schließen lassen.
Also keine Tasche, kein Geldbeutel, keinen Ausweis und auch kein Handy.
Zur Obduktion wird der Leichnam in die Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Jena gebracht.
Da der Verwesungsprozess bereits stark fortgeschritten ist, kann die Rechtsmedizinerin keine konkrete Todesursache mehr feststellen.
Aufgrund der Hitze können die Mediziner auch nicht sagen, wie lange die Frau schon tot ist, ob Wochen oder Monate.
Denn hohe Temperaturen beschleunigen den Verwesungsprozess.
Und auch beim Alter gibt es nur eine grobe Schätzung.
Zwischen 40 und 60 Jahre.
Bei der Polizei in Jena wird die Sonderkommission Feldweg eingerichtet.
Ihre Hauptaufgabe ist es zunächst herauszufinden, wer die tote Frau in Thüringen in der Nähe der A9 überhaupt ist.
Herr Isenberg, Sie arbeiten bei der Mordkommission in Berlin.
Unsere Zuhörerinnen und Zuhörer fragen sich jetzt bestimmt, warum wir mit Ihnen über diesen Fall sprechen und nicht mit Ihren Kollegen aus Thüringen, wo die Leiche gefunden wurde.
Wie der Fall bei Ihnen gelandet ist, das klären wir auch gleich.
Zuerst aber die Frage, wie ist das Team der Soko-Feldweg zu Beginn vorgegangen?
Es gab ja kaum Hinweise auf die Identität der Toten.
Das stimmt.
Am Anfang der Ermittlungen erfolgt die Tatortarbeit beziehungsweise die Arbeit am Leichenfundort.
Aber wie Sie bereits erwähnt haben, gab es leider keine tatrelevanten Gegenstände oder Hinweise, wer die Tote war.
Was wussten die Kollegen zu dem Zeitpunkt?
Es handelte sich um eine hellhäutige Frau, ca.
1,74 Meter groß.
Sie hatte braune, schulterlange Haare.
Sie trug am Fundort keine Schuhe, nur ein türkises T-Shirt mit Glitzersteinchen am Kragen und blaue Leggings.
Die Kleidergröße war S, sie war also sehr schlank.
Das ist ja jetzt immerhin schon ein bisschen was an Informationen, aber ohne die Identität fehlte ja trotzdem dann der Faden, an dem man die Ermittlungen hätte aufziehen können, oder?
Ja, das stimmt.
Die Identität der Leiche ist für uns immer das Wichtigste.
Vorher können wir nicht richtig ermitteln.
Wir wissen ja nicht, wo die Person gelebt hat, wie sie gelebt hat.
Kamen keine Angehörigen, keine Nachbarn, keine Arbeitskollegen, keine Zeugen, die uns irgendetwas über diesen Menschen sagen können.
Die Identifizierung der Person ist deshalb die oberste Priorität.
Die Kollegen der Kripo Jena haben sehr viele Ermittlungen durchgeführt, um dann auch die Identität möglicherweise auf normale Weise festzustellen.
Zum Beispiel haben sie Vermisstenfälle überprüft, vor allem im Bereich Thüringen und die mit der DNA dann auch mit dieser Leiche abgeglichen und das war leider ohne Erfolg.
In einem solchen Fall werden auch andere Bundesländer angefragt, also alle anderen 15 Bundesländer und auch das Bundeskriminalamt, meistens per Fernschreiben, sodass dann eine Personenbeschreibung vorhanden ist, auch das DNA-Muster und eben mit der Frage, ob es in diesen Bundesländern vielleicht eine vermisste Frau gibt und dann wird entsprechend auch überprüft, auch über eine bestimmte Datei, ob die DNA übereinstimmt, das war leider nicht der Fall.
Außerdem gibt es natürlich auch Aufrufe in den Medien, Das ist dann auch eher regional zunächst passiert, das heißt in Thüringen und mit der Frage natürlich, wer möglicherweise eine braunhaarige Frau zwischen 40 und 60 Jahren vermisst.
Man hat das oft breiter gefächert, damit auch mehr Hinweise kommen, weil man ja nicht genau wusste, wie alt die Person wirklich war.
Es gab dort leider keinen Treffer und weder über die bekannten Vermisstenfälle noch durch Hinweise aus der Öffentlichkeit.
Was konnte das bedeuten?
Was haben Sie daraus geschlossen?
Die Kollegen in Jena haben daraus geschlossen, dass sie auch nicht unbedingt aus Thüringen sein muss, sondern eher vielleicht auch aus einem anderen Bundesland.
Der Fundort der Leiche in der Nähe der Autobahn A9 lässt ja auch nicht ausschließen, dass die Leiche möglicherweise nur dorthin verbracht wurde und gar nicht aus der Gegend stammt.
Möglicherweise fällt aus dem Umfeld irgendjemandem auf, dass plötzlich eine Person weg ist, auch aus einem anderen Bundesland, vielleicht nicht mehr erreichbar ist.
Normalerweise auch Familienangehörige, Arbeitskollegen, Freunde oder Nachbarn.
In diesem Fall war das nicht so.
Wir hätten ja, wenn wir einen Hinweis auf eine Person bekommen hätten, beziehungsweise die Kollegen in Jena, dann das relativ schnell über DNA auch feststellen können, ob es die Person ist.
Es sind auch so ganz praktische Dinge.
Wenn jemand vermisst wird, dann wird man ja aus dem Alltag rausgeholt.
Und man wohnt irgendwo, man hat Nachbarn, man hat auch einen Briefkasten zum Beispiel.
Post kommt an und wenn jemand über längere Zeit weg ist, ist es auch normalerweise so, dass natürlich der Briefkasten überfüllt ist.
Es kommen Rechnungen, die nicht bezahlt werden.
Also irgendwo könnte das dann auch auffallen, dass die Person nicht mehr da ist.
Das heißt, normalerweise ist es in Deutschland nicht ganz so einfach, über einen längeren Zeitraum zu verschwinden.
Oder jemanden völlig unbemerkt verschwinden zu lassen.
Bevor wir weiter auf Ihre Ermittlungen zu sprechen kommen, fassen wir einmal zusammen, welche Vorarbeit die Kolleginnen und Kollegen der Kripo Jena noch geleistet haben.
Für das Team in Jena blieb also die drängendste Aufgabe herauszufinden, wer die Tote im Feldweg ist.
Und auch deshalb wendete sich die Polizei recht bald an Aktenzeichen XY ungelöst.
Am 25.
Juli 2018, also nur knapp drei Wochen nachdem die Leiche gefunden worden war, stellten wir den Fall in der Fernsehsendung vor.
Bei mir im Studio war damals Kriminalhauptkommissar Thilo Marquardt von der Kripo Jena.
Wir sprachen unter anderem darüber, warum die Frau offenbar von niemandem vermisst wurde.
Hören wir mal rein.
Da gibt es verschiedene Erklärungsansätze.
Einer wäre, dass die Person, die die Frau eigentlich vermissen müsste, ein Ehemann, ein Lebenspartner, dieses Vermissen schlicht und ergreifend nicht angezeigt hat.
Aus welchen Gründen auch immer.
Diese Frage würden wir Ihnen gerne stellen wollen.
Und ein anderer Erklärungsansatz ist, die Autobahnnähe lässt die Vermutung zu, dass die Frau nicht aus Deutschland ist.
Kriminalhauptkommissar Thilo Marquardt berichtete, was über die Frau bekannt ist.
Ihre Statur, ihre Haarfarbe, ihr geschätztes Alter.
Im Studio stand damals eine Art Schaufensterpuppe mit den gleichen Kleidungsstücken, wie sie die Tote getragen hatte.
Also mit Leggings und T-Shirt.
Die Hoffnung war, dass jemand die Kleidung wiedererkennt.
Letztlich entscheidend war dann aber der Teil der Sendung, in dem Ermittler Marquardt vom besonderen Gebiss der toten Frau berichtete.
Der Zahnstatus der Frau ist recht markant.
Sie hat also zu Lebzeiten umfangreiche prothetische Behandlungen über sich ergeben lassen.
Wir sehen sowohl im Unterkieferbereich als auch im Oberkieferbereich Zahnimplantate und diverse Brückenkonstruktionen, sowie im Oberkieferbereich eine sogenannte herausnehmbare Schiebebrücke.
Die Arbeiten an sich werden durch die Fachleute als hochwertig beschrieben.
In der Sendung war auch eine Röntgenaufnahme vom Kiefer der Frau zu sehen.
Darauf konnte man die zahlreichen Implantate gut erkennen.
Dieser Teil des Aufrufs in der Sendung richtete sich vor allem an Zahnarztpersonal und Fachleute.
Die Polizei hoffte, dass jemand die aufwändigen Zahnbehandlungen wiedererkennen und Hinweise geben würde, um wen es sich bei der toten Frau handelte.
Damit sich Expertinnen und Experten im Bereich der Zahnmedizin die Arbeit genauer anschauen konnten, wurde das Röntgenbild anschließend auch online zur Verfügung gestellt.
Und tatsächlich!
Nach der Aktenzeichen XY-Sendung meldete sich eine Firma für Zahnimplantate aus Freiburg.
Sie glaubte, ihre Implantate in der Röntgenaufnahme wiederzuerkennen.
Wir haben für diese Folge mit Professor Rüdiger Lässig gesprochen.
Er ist forensischer Zahnmediziner und leitet das Institut für Rechtsmedizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Wir wollten von ihm wissen, welche Rolle die Untersuchung von Zähnen innerhalb der Rechtsmedizin spielt.
Rüdiger Lässig ist sowohl Zahnarzt als auch Rechtsmediziner.
Innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Zahn, Mund und Kieferheilkunde leitet er den Arbeitskreis für forensische Odontostomatologie.
Das ist der Fachbegriff für forensische Zahnmedizin.
Professor Rüdiger Lessig hat unserer Redaktion beschrieben, in welchen Fällen er und seine Kolleginnen und Kollegen tätig werden.
In der täglichen Arbeit, insbesondere in der Rechtsmedizin, spielt die forensische Zahnheilkunde insofern eine Rolle.
Dass die zahlreichen primär unbekannten Toten, die in Deutschland aufgefunden werden, auch sicher identifiziert werden können.
Das ist sozusagen die Hauptaufgabe.
Aber dann haben wir nebenher noch solche Sachen, dass bei Gewalttaten unter Umständen Menschen andere Menschen beißen und dann entsprechende Bissspuren hinterlassen, sodass da noch eine Bissspurenanalyse stattfinden kann, um festzustellen, ob jemand als Verursacher dieser Bissspur in Betracht kommt bzw.
Ausgeschlossen werden kann.
Die forensische Zahnmedizin kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn Leichen nicht mehr identifizierbar sind.
Zum Beispiel, weil sie bereits zu stark verwest sind, wie im Fall der Toten in Thüringen oder auch bei schweren Verkehrsunfällen oder Bränden.
Denn Zähne verrotten deutlich langsamer als der Rest des Körpers.
Rüdiger Lessig hat uns erklärt, wie forensische Zahnmediziner bei der Identifizierung vorgehen.
Das ist also im Prinzip eine Vergleichsarbeit.
Sie haben den Toten, wo Sie anhand der Zähne einen sogenannten Zahnstatus erheben können.
Das heißt, alle Befunde, die da mal irgendwann zahnmedizinisch verursacht worden sind, kann man dokumentieren.
Das ist das eine.
Und das andere sind die Unterlagen einer behandelnden Zahnarztpraxis, die wir dann über die Polizei zur Verfügung gestellt bekommen, wo man dann den Zahnstatus des Vermissten verwendet.
Sich angucken kann und dann anhand der Befunde schaut, ob das passt oder nicht passt.
Laut Professor Rüdiger Lessig kann man durch die Untersuchung der Zähne auch grob feststellen, wie alt eine Person war und ob sie zum Beispiel geraucht oder sehr viel Tee getrunken hat.
Das sind aber eher Anhaltspunkte, keine eindeutigen Beweise.
Entscheidend sind die zahnmedizinischen Befunde, also die Behandlungen, die ein Zahnarzt am Gebiss des Toten durchgeführt hat.
Ein Zahnarzt ist ein Handwerker, wie ich immer so schön sage.
Der hinterlässt sozusagen seine Spuren im Mund eines Patienten und jeder Zahnarzt hat so seine eigene Handschrift und da kann man also mit sehr großer Sicherheit am Ende, wenn man entsprechende Befunde hat, in so einem Gebiss die Identifizierung durchführen.
Heutzutage werden alle Implantate in den sogenannten Patientenpass eingetragen, und zwar mit einer eindeutigen Identifikationsnummer, die sich auch am Implantat selbst befindet.
Ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher.
Auch diese Nummern lassen sich vergleichen.
Außerdem können CT-Aufnahmen vom Leichnam gemacht werden.
Dadurch können die forensischen Zahnmediziner zum Beispiel die anatomische Struktur der Zähne begutachten und mögliche Wurzelbehandlungen erkennen.
Da habe ich also ein Potpourri von Informationen, die ich heranziehen kann, die dann anschließend für die Bewertung und für den Vergleich wichtig sind.
Das ist auch der Grund, warum die zahnmedizinische Identifizierung international als sogenannter primärer Identifier bezeichnet wird.
Da gibt es also drei Kategorien.
Das sind die Zähne, die DNA des Menschen und als drittes die Fingerabdrücke.
Fingerabdrücke, muss man wissen, können sie sogar eineige Zwillinge unterscheiden.
Das ist bei der DNA dann schon eher schwierig.
Für die Identifizierung von Toten ist die forensische Zahnmedizin also ähnlich aussagekräftig wie eine DNA-Analyse.
Neben seiner Arbeit in Halle ist Professor Rüdiger Lässig auch externes Mitglied in der Identifizierungskommission beim Bundeskriminalamt.
Diese Kommission kommt dann zum Einsatz, wenn es bei einer Katastrophe in Deutschland mit hoher Opferzahl darum geht, die Toten eindeutig zu identifizieren.
Zum Beispiel bei Flugzeugabstürzen, Terroranschlägen oder Naturkatastrophen wie die Flut 2021 im Ahrtal.
Außerdem kommt die Identifizierungskommission bei Katastrophen im Ausland mit deutschen Opfern zum Einsatz.
Wo ich jetzt persönlich auch mit dem Bundeskriminalamt unterwegs war, das war nach dem Tsunami 2004, also vor 20 Jahren.
Da bin ich also primär mit denen schon über den Jahreswechsel 2004, 2005 in Thailand gewesen, habe gearbeitet.
Das hat sich dann über das Jahr 2005 mehrfach verteilt.
Und dann neben der eigentlichen sonstigen Routine, die ich natürlich täglich habe, war dann auch nochmal in Nepal, wo ich nach dem schweren Erdbeben 2015 nochmal mit dem BKA da unten gewesen bin und die Opfer untersucht habe, zumindest was die Deutschen anging.
Bei dem Erdbeben und den anschließenden Tsunamis kurz nach Weihnachten 2004 starben in Südostasien rund 230.000 Menschen.
Mehr als 500 von ihnen kamen aus Deutschland.
Wenn man sich die katastrophale Verwüstung damals nochmal vor Augen führt, wird klar, wie wichtig eine eindeutige Identifizierung der Toten ist.
Das gilt für alle Katastrophen, zum Beispiel auch für Flugzeugabstürze, wo von den Opfern ja unter Umständen nicht viel übrig ist.
Professor Rüdiger Lässig hat uns deswegen genauer erläutert, warum Zähne bei Skeletten oft so gut erhalten bleiben.
Weil die aus Zahnherzsubstanz bestehen.
Das ist noch härter wie Knochen.
Sie müssen ja auch wissen, wenn Sie jetzt beispielsweise ein Steak kauen, was jetzt ein bisschen fester ist von der Konsistenz, brauchen Sie mehr Kraft in den Barkenzahnbereich.
Und da haben Sie schon mal durchaus enorme Kräfte, die da zwischen den Kiefern entwickelt werden.
Und dafür brauchen Sie eine richtige gute Zahnherzsubstanz.
Ansonsten können wir das nicht kauen.
Und die ist halt so konstruiert, sagen wir es mal so, dass sie keinen postmortalen Prozessen unterliegt.
So ähnlich wie ein Knochen.
Knochen zersetzt sich dann auch nach und nach, aber die Zähne bleiben in der Regel übrig.
Die forensische Zahnmedizin spielt bei der eindeutigen Identifizierung von unbekannten Toten also eine enorm wichtige Rolle.
Deshalb werden in Fachzeitschriften für Zahnmedizin immer wieder Zahnaufnahmen von Leichen abgedruckt, die noch nicht identifiziert werden konnten.
In der Hoffnung, dass ein Zahnarzt oder eine Zahnärztin seine oder ihre Arbeit wiedererkennt.
Ganz ähnlich also, wie es die Kripo Jena bei Aktenzeichen XY ungelöst versucht hat, um die vergrabene Tote auf dem Feldweg zu identifizieren.
Nach der Sendung meldet sich also eine Firma für Zahnimplantate aus Freiburg.
Sie glaubt, ihre Implantate im Gebiss der toten Frau wiederzuerkennen.
Ihren Hauptsitz hat die Firma in der Schweiz.
Von Professor Rüdiger Lässig wissen wir, dass alle Implantate über eine individuelle Kennnummer verfügen.
Diese Nummer lässt sich jedoch nicht ohne weiteres ablesen.
Deshalb schickt die Kripo Jena die Implantate zur Untersuchung an die Schweizer Firma.
Und die stellt fest, die Implantate in den Zähnen der unbekannten Toten kommen tatsächlich von ihnen.
Durch die individuelle Kennnummer kann die Firma auch rekonstruieren, an welche Zahnarztpraxis sie die Implantate ausgeliefert hatte.
Und zwar an einen Zahnarzt in Berlin-Reinickendorf.
Die Kripo Jena kontaktiert den Berliner Zahnarzt und der kann anhand seiner Unterlagen wiederum eindeutig sagen, welcher Patientin er die Implantate eingesetzt hatte.
Am 9.
August 2018, genau fünf Wochen nach dem Leichenfund, ist klar?
Bei der Toten auf dem Feldweg nahe der Neuen in Thüringen handelt es sich um die 49-jährige Karin Sauer aus Berlin-Reinickendorf.
Herr Isenberg, nachdem die Tote endlich identifiziert worden war und klar war, dass sie aus Berlin kam, waren Sie und Ihr Team der achten Mordkommission plötzlich bei dem Fall mit im Boot.
Wie ist das abgelaufen?
Die Kollegen in Jena haben danach sofort Kontakt mit der Berliner Polizei aufgenommen.
Die Staatsanwaltschaft Gera hat auch, die auch für die Kripo Jena zuständig ist, dann einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung von Karin Sauer erlassen.
Die achte Mordkommission bekam den Auftrag zu unterstützen.
Wir bekamen dann am 10.
August eine E-Mail mit der Bitte, diesen Durchsuchungsbeschluss zu vollstrecken.
Thilo Marquardt und ein weiterer Kollege aus Jena kamen dafür auch nach Berlin.
Es gab dann den sofortigen Wunsch der Staatsanwaltschaft Gera, in die Wohnung von Karin Sauer zu gehen, sie zu durchsuchen, mit der Hoffnung, dass das möglicherweise der Schlüssel zu dem Fall sein könnte.
Wir als Achte Mordkommission waren aber eher zurückhaltend und das aus Erfahrung.
Können Sie das näher erklären?
Also der Gedanke, sich die Wohnung der Toten genauer anzuschauen, der ist ja erstmal naheliegend, oder?
Ja, das schon.
Aber ich gebe zu bedenken, es gab für Frau Sauer keine Vermisstenanzeige.
Sie wurde mindestens von Anfang Juli bis Mitte August von niemandem vermisst gemeldet.
Da musste man misstrauisch werden.
Wir gingen ja von einem Tötungsdelikt aus.
Wir wussten aus Erfahrung, in einem solchen Fall ist es manchmal sinnvoller, in Ruhe viele Informationen zu sammeln, bevor man eine Maßnahme durchführt.
Wenn man gleich mit der Tür ins Haus fällt, besteht die große Gefahr, viel kaputt zu machen.
Der Täter könnte möglicherweise von der Wohnungsdurchsuchung Wind bekommen und dann schnell Beweise vernichten.
Also Sie wollten es vorsichtig angehen.
Was war dann Ihr Plan?
Wie haben Sie weitergemacht?
Ja genau, wir waren uns auch mit dem Kollegen Marquardt relativ schnell einig, dass wir ein bisschen Geduld haben müssen, dass wir die Staatsanwaltschaft auch davon überzeugen, dass wir erstmal weitere Informationen sammeln.
Für uns war der erste Anhaltspunkt natürlich das Haus, die Wohnung und auch der Briefkasten von Frau Sauer.
Wenn jemand so lange weg ist, vor allem in Berlin, wo es sehr viel Post und Werbeblätter gibt, dann ist der Briefkasten normalerweise nach kurzer Zeit überfüllt.
Um das zu überprüfen, ist ein Team der 8.
Mordkommission zum Wohnhaus gefahren und hat dann festgestellt, dass der Briefkasten nicht voll war.
Also es guckte keine Post, keine Werbeblättchen aus dem Briefkasten heraus.
Das bedeutete für uns, irgendjemand hat ihn gelehrt.
Es hätte natürlich auch sein können, dass Karin Sauer eine Nachbarin damit beauftragt hatte, weil die zum Beispiel länger verreisen wollte.
Aufgrund dieser Unklarheit haben wir uns erstmal zum Rückzug entschieden und beschlossen, den Hauseingang observieren zu lassen.
Das bedeutete für uns, nur einen Tag später waren wir in der Lage, nämlich ab 11.
August, mit einer Videokamera, die fest installiert wurde, diesen Hauseingang 24 Stunden lang aufzuzeichnen.
Und Sie haben ja die Kamera nicht mit Blick auf die Briefkästen angebracht, weil auch dabei ja die Gefahr bestand, dass der Täter im Haus wohnt und sie bei der Installation bemerkt.
Stattdessen wurde der Hauseingang von außen gefilmt.
Welche Erkenntnisse haben Sie dadurch gewinnen können?
Wir haben recht schnell erste Erkenntnisse bekommen, nämlich am 13.
August, also zwei Tage später, hatten wir erste für uns interessante Aufnahmen, als nämlich ein kräftiger Mann mit Vollbart gegen 5.42 Uhr, also zu sehr früher Zeit am Morgen, ins Haus ging und kurz danach wieder rauskam.
Nämlich ein bis zwei Minuten später, und hatte Postsendung in seinen Händen.
Wir konnten diesem Mann nicht zuordnen.
Im Rahmen unserer Ermittlungen spielte die Person noch keine Rolle.
Aber wir haben vermutet, dass dieser Mann möglicherweise regelmäßig den Briefkasten von Frau Sauer unbemerkt lehrt.
Wobei wir das zu diesem Zeitpunkt auch mit den Videoaufnahmen noch nicht sicher sagen konnten.
Parallel dazu liefen ja wahrscheinlich die Ermittlungen zur Toten selbst einfach weiter.
Was konnten Sie über Karin Sauer erfahren?
Was haben Sie rausgefunden?
Klar, wie auch schon erwähnt, wenn die Identität feststeht, gehen die Ermittlungen erst richtig los.
Wir haben alles versucht über diesen Menschen herauszubekommen und ein ganzes Bild ergab sich erst nach und nach von der Persönlichkeit der Toten.
Rückblickend zusammengefasst war Karin Sauer...
Eine sehr unauffällige Person, die ein zurückgezogenes Leben führte.
Sie hatte keinen Mann, keine Kinder, keine Familie.
Sie hat früher als Postbeamtin gearbeitet, aber trotz ihrer erst 49 Jahre war sie bereits seit mehreren Jahren frühpensioniert.
Der Grund waren wohl nach unseren Erkenntnissen Alkoholprobleme.
Bis auf eine Nichte hatte sie auch keine weitere Familie.
Also so vorsichtig, wie Sie bei der Wohnung der Toten waren, so vorsichtig waren Sie vermutlich ja auch bei der Befragung des Umfelds, also beispielsweise der Nachbarn.
Ja genau, das ist für uns natürlich auch sehr gefährlich.
Wir müssen da wirklich vorsichtig und umsichtig vorgehen.
Wir wussten überhaupt nicht, wer etwas mit dem Tod von Frau Sauer zu tun haben könnte.
Deswegen waren erstmal andere Fragen wichtiger, zum Beispiel ihre finanzielle Situation.
Eine Mitarbeiterin im Team der 8.
Mordkommission war früher Finanzermittlerin.
Sie hat sich sofort darum gekümmert herauszufinden, welche Konten Frau Sauer hatte.
Und wir hatten die große Hoffnung, dass da irgendwelche Besonderheiten waren.
Das heißt, Sie hatten den Verdacht, dass jemand Karin Sauer verschwinden ließ, um an ihr Geld zu kommen?
Das war eine Möglichkeit.
Es gibt ja viele Motive.
Aber das ist eigentlich eine Standardmaßnahme bei uns, auch die finanziellen Verhältnisse eines Opfers zu prüfen.
Wir wollten eben unter anderem wissen, gab es verdächtige Kontobewegungen, auch nach ihrem Tod.
Die Unterlagen der Bank haben wir auch recht schnell bekommen.
Dabei konnten wir sofort sehen, solche verdächtigen Abhebungen gab es tatsächlich.
Insgesamt 20 Abhebungen mit der IC-Karte von Ende Juni bis Mitte August 2018.
Das konnte sie nicht selbst gewesen sein.
Teilweise waren Versuche auch erfolglos, weil das Tageslimit schon aufgebraucht war.
Insgesamt wurden in diesem Zeitraum knapp 8.000 Euro abgehoben, meistens an Geldautomaten in Berlin-Reinickendorf, das heißt in der Nähe ihrer Wohnung.
Das hat jetzt dann also ihre Vermutung, dass es sich um ein Tötungsdelikt handelt, erhärtet, oder?
Ja, das Konto wurde nicht nur mit der IC-Karte leergeräumt, sondern auch mit ihrer neuen Kreditkarte.
Die hatte sie wohl kurz vor ihrem Verschwinden bekommen.
Wir konnten feststellen, dass auch 49 Mal versucht wurde, in dem Zeitraum Geld abzuheben, als sie bereits tot war.
Also von Ende Juni bis Mitte August.
Insgesamt wurden mit EC und Kreditkarte knapp 16.000 Euro abgehoben.
Für uns war unklar, ob ein direkter Zusammenhang mit Frau Sauers Verschwinden bestand oder ob nur jemand aufgesprungen ist.
Aber trotzdem wurden wir natürlich noch vorsichtiger, da recht klar war, dass irgendjemand unberechtigt ihr Konto abräumte.
Sie hatten ja über die Videoüberwachung bereits einen Mann observiert, der mutmaßlich mit der Post der Toten aus ihrem Wohnhaus kam.
War der inzwischen wieder aufgetaucht?
Ja, fünf Tage später passierte genau dasselbe.
Der Mann ging ins Haus, kam kurze Zeit später wieder mit Post heraus.
Wir waren uns da relativ sicher, es handelt sich dabei um den Briefkastenlehrer von Frau Sauers Briefkasten.
Wir hatten dann noch etwas Glück.
Manche Geldautomaten werden videoüberwacht.
Wir haben uns die Daten der Abhebung von Frau Sauers Konten angeschaut und tatsächlich, bei einem Versuch wurde der Geldabheber aufgezeichnet.
Es war derselbe Mann, der auch an beiden Tagen den Briefkasten von Frau Sauer gelehrt hat.
Das passt ja erstmal sehr gut zusammen.
Aber Sie wussten ja immer noch nicht, wer der Mann ist.
Wie ging es weiter?
Auch hier mussten wir immer noch vorsichtig sein.
Wir wollten keine große Fahndung auslösen, also auch keine Öffentlichkeitsfahndung, weil wir den Tatverdächtigen nicht auf uns aufmerksam machen wollten.
Aus denselben Gründen.
Er hätte dann sofort Beweismittel vernichten können.
Über die Aktenzeichen XY-Sendung konnte er zwar wissen, dass eine Leiche gefunden wurde.
Er wusste aber nicht, dass Frau Sauer inzwischen identifiziert war und wir schon intensiv in Berlin ermittelten.
Wir sind dann aber ein kleines Risiko eingegangen, muss manchmal auch sein, Wir sind nämlich auf den Hausmeister des Gebäudekomplexes zugegangen, in dem Frau Sauer wohnte.
Wir hatten vorher schon mit ihm Kontakt, weil wir etwas allgemein über das Opfer wissen wollten.
Wir haben ihm in dem Zusammenhang aber nur gesagt, dass die Frau schon länger nicht mehr da ist, vermisst wird und ihn gebeten, das erstmal für sich zu behalten.
Der Hausmeister hat auf uns einen recht zuverlässigen Eindruck gemacht.
Deswegen haben wir uns entschieden, ihm die Videoaufnahmen vorzulegen.
Darauf war ja erstmal nur zu sehen, wie ein Mann in das Haus rein und wieder raus geht.
Von Geldabhebung haben wir nichts erzählt.
Und kannte der Hausmeister den Mann auf den Aufnahmen?
Er hat sofort gesagt, natürlich kenne ich den.
Das ist der Nachbar von Frau Sauer.
Laut Hausmeister hieß der Mann René M.
Es war zwar nicht der direkte Nachbar.
Es waren zwei verschiedene Hauseingänge und Treppenhäuser.
Frau Sauer links und René M.
Rechts.
Aber beide wohnten im Erdgeschoss, also sozusagen Wand an Wand.
Also insofern war es ja gut, dass Sie die Wohnung von Frau Sauer nicht betreten haben.
Das hätte René M.
Als direkter Nachbar ja sonst durchaus mitbekommen können.
Was konnten Sie dann über den Mann herausfinden?
So wie wir auch zum Opfer versucht haben, alle Informationen zu erlangen, machen wir das natürlich dann auch intensiv bei einem Tatverdächtigen.
Er war damals 41 Jahre alt, lebte mit seiner Familie schon länger in Berlin-Reinigendorf, auch in dieser Wohnung.
Er war verheiratet, hatte zwei Töchter, die zu diesem Zeitpunkt 12 und 16 Jahre alt waren.
Es gab zu René M.
polizeiliche Erkenntnisse und Gerichtsverfahren, er war aber nicht vorbestraft.
Wir konnten in Erfahrung bringen, dass er ein Verfahren wegen Kindesmisshandlung hatte und auch wegen Untreue.
Er war gelernter Fahrzeuglackierer, aber seit mehr als zehn Jahren arbeitslos.
Und er war hoch verschuldet.
Ja, so fügt sich das Bild also Stück für Stück zusammen.
Reichten Ihre Erkenntnisse in diesem Moment für eine vorläufige Festnahme?
Ja, also zunächst mal wurde der Fall von der Berliner Staatsanwaltschaft übernommen, weil wir davon ausgehen mussten, nicht nur weil sie Berlinerin ist, sondern dass die Tat auch sehr wahrscheinlich in Berlin begangen wurde.
Wir gingen also davon aus, die Tat hat in Berlin stattgefunden und der Täter hat die Leiche nur zum Verbringen, zum Vergraben nach Thüringen gebracht.
Von der Staatsanwaltschaft Berlin kam dann auch die Anordnung, wir haben uns natürlich auch mit denen abgesprochen, René M.
Vorläufig festzunehmen.
Die Voraussetzungen lagen vor und das haben wir gemeinsam geplant für den 21.
August 2018 in den frühen Morgenstunden und auch die Thüringer Kollegen eingebunden.
Ja, und damit kommen wir jetzt zu Ihnen, Herr Holländer.
Sie hatten bei dem Einsatz rund um die Festnahme die Verantwortung.
Welche Gedanken haben Sie sich dazu gemacht und wie sind Sie vorgegangen?
Erzählen Sie mal.
Ja, die Taktik war, René M.
frühmorgens in seiner Wohnung um 6 Uhr zu überrumpeln.
Wir wussten ja aus den Ermittlungen vorher, das war ein ganz schöner Oschi, also ein großer, schwerer Mann.
Das Gute war, er kannte sich aber nicht mit Waffen oder Ähnlichem aus.
Das heißt, wir brauchten uns keine Sorgen machen, dass uns in dieser Richtung was erwartet.
Deswegen haben wir auch keine Spezialkräfte dazu gezogen, sondern Kollegen haben die Wohnungstür aufgebrochen.
Und wir sind mit einer Einsatzhundertschaft, die ungefähr aus sechs bis acht Leuten bestand, auch etwas kompaktere Typen in die Wohnung rein, um die Festnahme durchzuführen.
Die Kollegen haben den René M.
dann auf der Couch fixiert und ich und der Ermittlerkollege Marquardt sind dann sofort auf ihn los, haben uns vorgestellt und ihn mit Informationen konfrontiert, die nur der Täter haben konnte.
Absolutes Täterwissen und unser Ziel war, damit einen Überraschungseffekt auszunutzen.
Der Täter sollte das Gefühl bekommen, aus dieser Sache kommt er auf gar keinen Fall mehr raus.
Wie war denn seine Reaktion bei der Festnahme?
Also hat er Widerstand geleistet oder erst mal alles von sich gewiesen?
Es war ein absolutes Highlight in meiner Ermittlerkarriere, denn als ich vor ihm gestanden habe, hat er wortwörtlich gesagt, ich habe mich schon gewundert, wann sie endlich kommen.
Er war nicht überrascht von der Festnahme, er hat überhaupt gar keinen Widerstand geleistet.
Offensichtlich hat er tatsächlich irgendwann erwartet, mit der Polizei und mit seiner Tat konfrontiert zu werden.
Wir waren uns schon vorher sicher, durch die Ermittlungen und durch die Erkenntnisse, die wir hatten, den richtigen zu haben.
Aber mit der Art der Festnahme und seiner spontanen Reaktion und Äußerung war mir klar, dass der Tag mit der anstehenden Vernehmung relativ entspannt werden könnte.
Und wie sind Sie dann mit René M.
weiterverfahren?
Also war seine Familie zum Zeitpunkt der Festnahme im Haus?
Ja, seine Frau und seine beiden Kinder waren zu Hause.
Wir waren ja sehr früh morgens da.
Wir haben das Gefühl gehabt, dass die Frau offensichtlich nicht wusste, was geschehen war, denn sie war sehr, sehr erschrocken über die Vorwürfe, die wir ihrem Mann gegenüber gemacht haben.
Ich habe René M.
dann noch in der Wohnung in der Situation über seine Rechte belehrt und er hat bereits da, aber auch später im Protokoll und offiziell gesagt, dass er keinen Rechtsbeistand wünscht und auf jeden Fall eine Aussage machen will, also zur Mitarbeit bereit ist.
Und was ist ihm zufolge denn passiert?
Wir haben ihn noch am selben Tag, am 21.
August, sechs Stunden lang vernommen.
Insgesamt waren es drei Vernehmungsansätze.
Zwischendurch waren dann auch mal mehrere Pausen.
Herr M.
war unter anderem Raucher, das haben wir dann damit ausgenutzt.
Seine Version, die er uns geschildert hat, war, er und Frau Sauer hätten ein sexuelles Verhältnis gehabt und dann hätte ihm Frau Sauer irgendwann sprichwörtlich die Pistole auf die Brust gesetzt.
Entweder er verlässt seine Frau oder sie würde seiner Frau von der Affäre erzählen.
Er wollte sich aber nicht von seiner Frau trennen und hat selber auch gesagt, dass Frau Sauer gar nicht sein Typ Frau war.
Er hat Angst vor einer Scheidung gehabt und dem Rausschmitz von seiner Frau.
Da sind ihm die Sicherungen durchgebrannt und er hätte Karin Sauer in ihrer Wohnung erwürgt.
Er hat so lange gewürgt, bis sie leblos war und dann noch weiter zugedrückt, um sich auch sicher zu sein.
Bemerkenswert in dem Zusammenhang war, dass er erzählte, er hätte am nächsten Tag noch Muskelkater in den Händen gehabt.
Sowas habe ich vom Täter vorher auch noch nicht gehört.
Er wusste zwar nicht mehr genau, an welchem Tag das war, aber die Rekonstruktion über die Bankabhebung ergab.
Es müsste am 22.
Juni 2018 gewesen sein, so um die Mittagszeit.
Und das hat er uns dann auf Vorhalt in der Vernehmung auch bestätigt.
Karin Sauer wurde demnach also in Berlin umgebracht.
Wie kam die Leiche denn dann nach Thüringen?
Er hat uns gesagt, dass er nach der Tat Frau Sauer erstmal in der Wohnung liegen gelassen hat und hätte ein bis zwei Tage überlegt, was er nun tun soll.
Irgendwas musste er sich ja einfallen lassen.
Irgendwann, so ihm war ihm das klar, fängt so ein Leichnam ja auch an zu stinken.
Deswegen hat er in einem nahegelegenen Gemischtwarenladen einen Rollkoffer gekauft und die Leiche dort hineingepackt.
Dann hat er gesagt, er sei nachts mit dem Rollkoffer im Auto ziellos losgefahren.
Er hatte das Gefühl, er wäre bloß eine halbe Stunde unterwegs gewesen, was aber aufgrund der 200 Kilometer entfernten Ablage des Leichennamms in Thüringen überhaupt nicht sein konnte.
Da sind seine Erinnerungen und seine Angaben natürlich verschwommen.
Er hat es gar nicht so richtig mitgekriegt.
Laut seinen Infos war er auf den ganzen Transport der Leiche zuvor gar nicht richtig gut vorbereitet.
Er hat sich nicht mal ein Spaten oder ähnliches zum Vergraben mitgenommen.
Deswegen war die Leiche auch nur mit wenig Erde bedeckt.
Er hat gesagt, er hat tatsächlich das Erdreich mit den Händen weggekratzt.
Das hat für uns dann auf eine eher spontane Aktion der Leichenverbringung hingedeutet.
Den Rollkoffer hat er nach seinen Angaben auf einem Rastplatz bei der Rückfahrt mit einer Schere zerschnitten und dort das kaputte Ding weggeworfen, weil den hätte er nirgendwo mehr vorzeigen können.
Welchen Eindruck hatten Sie denn von René M.?
Also wie war die Stimmung in der Vernehmung?
Die erste Vernehmung hat ziemlich genau 60 Minuten gedauert und wir haben in dieser Zeit genau drei Fragen gestellt.
Er hat nach der ersten Frage praktisch von sich aus ohne Punkt und Komma gesprochen.
Er hat sich alles von der Seele geredet.
So von der Atmosphäre und vom Gespräch und wie wir miteinander umgegangen sind, war es echt ein angenehmer Gesprächspartner.
Er hat die ganze Zeit seine Sicht der Dinge dargestellt und nicht versucht, irgendwas zu beschönigen.
Er selber war von der Tat sehr erschrocken und hat auch durchblicken lassen, dass er damit gar nicht so richtig klarkommt.
René war sehr kooperativ.
Ich habe die Vernehmung zusammen mit dem Kollegen Marquardt aus Jena gemacht und es gab in der gesamten Vernehmung keine Probleme zwischen den Vernehmenden und dem Beschuldigten.
Und nach dem Ergebnis, was wir erzielt haben, konnte dann einen Tag später, am 22.
August 2018, ein Haftbefehl vom Gericht ausgestellt werden und René M.
Kam dann in Untersuchungshaft.
Sie haben ja nach der Festnahme auch gleich die Wohnung von René M.
Durchsucht.
Welche Erkenntnisse haben sich daraus für Sie ergeben?
Wir hatten ihn, bevor er dann aus der Wohnung geführt wurde, noch gefragt, wo die ganzen Unterlagen und die Kontokarten seiner Nachbarin sind.
Da hat er einfach auf die Tür gezeigt.
Da an der Klinke, an der Wohnzimmertür war eine Tasche und er sagte, da ist alles drin.
Die haben wir dann natürlich uns angeguckt.
Da war die IC-Karte, die Kreditkarte, die Ausdrucke der Bankunterlagen, die PIN und die Unterlagen, die er freigerubbelt hat, um an die PIN ranzukommen.
Alles in der Tasche, völlig offen da an dem Türgriff und auch für jeden eigentlich zugänglich.
In der Tasche war auch der Schlüssel von Frau Sauer, mit dem wir dann später in die Wohnung gehen konnten.
In der Wohnung von dem René M.
haben wir 4000 Euro in Bargeld gefunden.
Dieses Geld wurde beschlagnahmt, weil wir davon ausgegangen sind, dass dies nur von Frau Sauers Konten stammen kann.
Er war ja arbeitslos, überschuldet und der Fund des Geldes stimmte aber auch mit den Angaben in der Beschuldigtenvernehmung überein, die er uns dann später gemacht hat.
Was können Sie uns an dieser Stelle über die Wohnung von Frau Sauer sagen?
Die Wohnung war eine zweckmäßig eingerichtete Zwei-Zimmer-Wohnung, keine besonderen Reichtümer, keine besonderen Gegenstände von Wert.
Die Wohnungseinrichtung war so 15, 16 Jahre Stil, alte Schränke, alte Möbel, alte Utensilien generell.
In der Wohnung haben wir noch zwei Katzen gefunden, die, wie wir dann festgestellt haben, von Ende Juni bis Mitte August, tja, irgendwie die Zeit überlebt hatten.
René M.
hatte mal gesagt, er wäre in der Wohnung gewesen, hätte die Katzen gefüttert.
Offensichtlich war er mehr als einmal da, ansonsten hätten die das wahrscheinlich nicht überlebt.
Die waren aber schon sehr stark abgemagert und als dann die Möglichkeit bestand, die zu füttern, haben die auch sofort sich an die Näpfe begeben.
In der Wohnung haben wir keine tatbezogenen Spuren gefunden.
Es war halt auch keine blutige Tat.
Es war ja ein Erwürgen.
Er hat gesagt, die eigentliche Tötungshandlung hätte im Wohnzimmer stattgefunden.
Wir haben nicht viel gefunden, also haben wir uns auf die Aussage von René M.
Verlassen und vertraut.
Music.
Herr Isenberg, da sind wir jetzt ganz grundsätzlich an einem spannenden Punkt.
Wir kennen nur die Version von René M., wie die Tat abgelaufen sein soll, nämlich im Affekt.
Und auch dazu, was das Motiv gewesen sein soll.
Eine angebliche Affäre, die aufzufliegen drohte.
Es konnte ja auch sein, dass er sich nur eine Variante zurechtgelegt hat, die für ihn im Prozess strafmildernd aussieht.
Also trotz seines Geständnisses mussten Sie die Aussage von René M.
Ja noch im Nachgang beweisen.
Hat das geklappt?
Ja, Herr Zerne, das ist das Wichtigste unserer Arbeit, nämlich die Ermittlungsergebnisse und Vernehmungsergebnisse abzugleichen.
Wir versuchen dann auch den Tatablauf zu rekonstruieren und dazu nehmen wir alle Ergebnisse, insbesondere hier auch die Finanzermittlungen.
Wir haben auch gesagt, dass die Tat hätte theoretisch auch an einem anderen Ort passiert sein können.
Er selber hat gesagt, es war in der Wohnung von Frau Sauer, was den möglichen Tatzeitpunkt angeht.
Wir waren uns sehr sicher, dass es am 22.
Juni mittags passiert sein muss.
Und zwar aus dem Grunde, dass wir feststellen konnten aufgrund dieser Kontoauszüge, dass Frau Sauer am Vormittag des 22.
Juni noch in verschiedenen Geschäften eingekauft hat, unter anderem Zeitschriften, aber auch Katzenfutter.
Wir waren natürlich auch in diesen Geschäften und haben diese Angaben überprüft, wo man sich auch an sie erinnern konnte.
Wir haben ein markantes Datum, nämlich eine Uhrzeit am 22.
Juni um 10.23 Uhr.
Da wurden 90 Euro vom Konto von Frau Sauer abgehoben.
Das konnten wir auch feststellen, war in den vergangenen Wochen und Monaten auch so.
Das bedeutet eine gewisse Regelmäßigkeit und ein typischer Betrag, den Frau Sauer auch abhob.
Um 12.30 Uhr dann wurde mit ihrer IC-Karte plötzlich ein Betrag von 600 Euro abgehoben.
Das gab es noch nie.
Wir gingen davon aus, dass das René M.
gewesen sein dürfte und gingen auch davon aus, dass die Tat zwischen diesen beiden Abhebungen gegen Mittag verübt wurde.
Außerdem war die Fernsehzeitung in der Wohnung von Frau Sauer mit dem Datum 22.
Juni aufgeschlagen.
Bei jemandem, der so zurückgezogen gelebt hat wie Frau Sauer.
Wäre die Fernsehzeitung wahrscheinlich auch tatsächlich auf den aktuellen Tag aufgeschlagen.
Wenn man jetzt von diesem 22.
Juni ausgeht, dann war es ja doch nur eine recht kurze Zeit, die die Leiche in Thüringen vergraben war.
Weil knapp zwei Wochen später, am 5.
Juli 2018, wurde sie ja von dem Spaziergänger mit dem Hund schon gefunden.
Ja, das ist richtig.
Und trotzdem, gerade in diesem sehr heißen Sommer war der Verwesungsprozess beschleunigt.
Sie war ja auch nicht vollständig vergraben.
Das heißt, sie war an der Luft, am Sauerstoff, weshalb der Verwesungsprozess auch schneller geht als bei einer komplett vergrabenen, einer gewissen Tiefe vergrabenen Leiche.
Und deswegen war sie auch nicht zu identifizieren.
Was ist mit dem Transportfahrzeug und dem Rollkoffer?
Das Auto, mit dem er die Leiche weggebracht haben will, wir haben da natürlich auch viele Recherchen durchgeführt.
Das war ein silberner Kleinwagen.
Den hatte er aber in der Zwischenzeit verkauft, was für uns natürlich auch verdächtig war.
Und dazu gab es noch einen Kaufvertrag vom 28.
Juni.
Also im Prinzip sechs Tage nach der Tat hat er das Auto verkauft, mit dem er die Leiche weggebracht haben will.
Das Auto selbst konnten wir nicht mehr auffinden.
Und auch zum Rollkoffer haben wir diverse Ermittlungen durchgeführt.
Also das Geschäft, das René M.
angab, wo er diesen Koffer gekauft haben will, führte tatsächlich solche Rollkoffer im Sortiment.
Wir gehen davon aus, dass die wesentlichen Teile seiner Geschichte stimmen und er den Koffer nach dem Transport auch zerstört hat, möglicherweise dann auch weggeworfen hat.
Es lässt sich aber nicht endgültig beweisen, weil wir diesen Koffer oder Teile nicht gefunden haben.
Haben Sie ihm denn das Motiv abgenommen, also eine Tat im Affekt, um eine Affäre mit Karin Sauer zu vertuschen?
Das war ein wesentlicher Punkt unserer Diskussion im Team und auch mit der Staatsanwaltschaft.
Wir im Ermittlerteam haben in diese Geschichte ehrlich gesagt nicht geglaubt.
Wir konnten keine Anhaltspunkte ermitteln, dass die beiden eine Liebesbeziehung geführt hätten.
Weder in der Wohnung haben wir Anhaltspunkte gefunden, noch in den vorhandenen Unterlagen.
Es gab zum Beispiel keine romantischen SMS- oder WhatsApp-Nachrichten mit Küsschen und Herzchen.
Oder auch nur Austausch von Infos, der auf ein engeres oder intimes Verhältnis hätte schließen lassen können.
Wenn ich da mal was zu sagen darf.
Also Persönliches hat zwischen den beiden in der Vernehmung überhaupt nicht stattgefunden.
Und er hat darüber auch nie gesprochen.
Er hat teilweise gesagt, meine Nachbarin oder er hat sogar Frau Sauer gesagt.
In den gesamten sechs Stunden der Vernehmung hat René M.
Die Tote nicht ein einziges Mal beim Vornamen genannt.
Das war echt auffällig zu der persönlichen Situation.
Gab es denn andere Zeuginnen oder Zeugen, die etwas zum Verhältnis von Täter und Opfer sagen konnten?
Wir hatten ja wenig Kontaktpersonen, da sie ja keine Familie hatte und keinen engen Freundeskreis.
Aber ihre direkte Nachbarin war auch so eine Art Vertrauensperson.
Sie hatte auch einen Schlüssel für die Wohnung von Frau Sauer für kleinere Nachbarschaftsdienste.
Also tatsächlich vielleicht auch mal nach den Katzen gucken oder Briefkasten lehren.
Deswegen war sie auch eine Kandidatin natürlich im Nachhinein, die den Briefkasten hätte lehren können.
Sie hat auch gerade am Briefkasten, weil sie die direkte Nachbarin war, diesen Nachbarn, den sie auch kannte, René M., am Briefkasten von Frau Sauer erwischt und ihn dann auch angesprochen.
Und er hat ihr erzählt, dass Frau Sauer nach einem Krankenhausaufenthalt wegen Nierenproblemen auf unbestimmte Zeit in einer Reha-Einrichtung sei.
Karin Sauer habe ihm einen Schlüssel gegeben, um auf die Wohnung und den Briefkasten aufzupassen.
Und unsere Überprüfungen haben ergeben, dass es einen Krankenhausaufenthalt tatsächlich vorgegeben hatte.
Deswegen war die Nachbarin auch mit dieser Erklärung zufrieden.
Ja, ich erinnere mich auch daran, dass Frau Sauer im Vorfeld der Nachbarin erzählt habe, dass sie im September diesen Jahres mit einem Nachbarn in die USA reisen wollte.
Urlaubsziel war wohl Florida.
Der Nachbar, so hatte sie erzählt, hätte dort Verwandtschaft.
Die Frau des Nachbarn wollte aber aufgrund ihrer Flugangst nicht mitreisen.
In einer beschuldigten Vernehmung hatte René M.
damals zu uns gesagt, er hätte nie vorgehabt, mit Frau Sauer in die USA zu reisen.
Sie hätte ihn dazu gedrängt.
Er hatte wahrscheinlich auch einfach nur in Aussicht gestellt, damit sie sich möglicherweise die Kreditkarte besorgt.
Denn die hätte sie ja dort auf jeden Fall gebraucht.
Also Herr Isenberg, Ihrem Eindruck nach hatte Rene M.
für die Tat ein anderes Motiv?
Für uns war augenscheinlicher das Motiv der Habgier, das heißt eine Tötung, um an ihr Geld zu kommen.
Er hatte ja auch zwischen 15.000 und 20.000 Euro Schulden, wie wir dann feststellten.
Und er hat sich ja nach der Tat direkt daran gemacht, sich das Geld von ihrem Konto zu holen.
Also eben diese 600 Euro, die ich schon erwähnt habe, um 12.30 Uhr in einem kurzen Zeitraum nach der Tat.
Wir haben uns deshalb natürlich auch gefragt, wenn man jemanden nach einem Streit im Affekt erwirkt, so wie er das geschildert hat.
Sucht man dann gleich danach die Bankunterlagen und geht los, um 600 Euro abzuheben?
Oder vielleicht einen anderen Betrag?
Oder ist man erst nicht mal von sich selbst total geschockt von dieser Situation und muss das erst mal verarbeiten?
Dass man vielleicht nach ein paar Tagen sagt, Mensch, jetzt ist sie sowieso tot.
Jetzt kann ich auch ans Konto gehen.
Das Geld braucht sie nicht mehr.
Aber eine Stunde später, das war uns zu früh.
Naja, und René M.
hat ja auch lange darauf gewartet, dass die Polizei irgendwann zu ihm kommt und hatte ja auch Möglichkeiten, sich zu überlegen, was er uns denn irgendwann erzählt.
Ich hätte mich wahrscheinlich auch darauf bezogen, dass ich gesagt habe, nach der Tat hätte ich die Situation einfach ausgenutzt.
Die braucht das Geld ja nicht mehr, erben hätte sie nicht, keine Familie.
Er hat ja auch im Vorfeld, so wie er gesagt hat, immer wieder Geld von ihr bekommen.
Sie hätte ihm auch mal einen Computer geschenkt.
Der René M.
hat nämlich sehr viel Computer gespielt, also gezockt.
Online-Spiele, offensichtlich hat er dafür auch Geld gebraucht, weil er sich da irgendwelche Teile für gekauft hat, die ihn dann im Spiel weiterbringen.
Und ein guter Teil des Geldes, was er erbeutet hat, ist ja dafür auch draufgegangen.
Er hat es auch so dargestellt, sie hätte ihm sowieso Geld gegeben, wenn er sie darum gebeten hätte.
Dafür hätte er sie nicht töten müssen.
In der Diskussion war das für uns nur bedingt glaubhaft.
Auch die Staatsanwaltschaft ist von dieser Erklärung nicht überzeugt.
Sie klagt René M.
wegen Mordes an.
Er habe Karin Sauer umgebracht, um sich zu bereichern.
Anfang April 2019, also etwa ein Dreivierteljahr nach der Tat, beginnt vor dem Landgericht Berlin der Prozess gegen René M.
René M.
Lässt sich schriftlich vor Gericht ein und gesteht gleich im ersten Satz erneut, Karin Sauer umgebracht zu haben.
Zitat Das gebe ich ohne jede Beschönigung zu.
Dass ich das getan habe, tut mir unendlich leid.
Nicht aus Selbstmitleid, sondern weil ich meine Tat ehrlich bereue und am liebsten ungeschehen machen würde.
Ich bin aber kein Mörder.
René M.
Bleibt dabei, dass er Karin Sauer im Streit erwürgt habe, weil sie seiner Frau von der gemeinsamen Affäre erzählen wollte.
Anders als die Staatsanwaltschaft ist das Gericht in seinem Urteil davon überzeugt, dass es tatsächlich eine intime Beziehung zwischen Täter und Opfer gegeben hatte.
Außerdem glaubt das Gericht René M., dass er seine Tat aufrichtig bereut.
Mordmerkmale lassen sich laut Gericht nicht feststellen.
Nach fünf Verhandlungstagen verurteilt das Landgericht Berlin René M.
Wegen Totschlags und gewerbsmäßigem Computerbetrug, – damit ist die Plünderung des Kontos gemeint – zu insgesamt elf Jahren Haft.
Herr Holländer, Herr Isenberg, was sagen Sie zu dem Urteil?
Ja, es war kein besonders schwieriges Gerichtsverfahren, insbesondere wegen des Geständnisses des Beschuldigten bzw.
Angeklagten.
Es ging in erster Linie tatsächlich um die Frage, ob es sich um einen Mord oder einen Totschlag handelte und danach natürlich um die Strafzumessung.
Aber da sage ich immer wieder und bleibe auch dabei, wir machen hier unsere Arbeit, wir sorgen für die Fakten.
Wir arbeiten der Staatsanwaltschaft zu.
Die klagt entsprechend an.
Die Anklage war wegen Mordes aus Habgier.
Das Gericht war davon nicht überzeugt.
Das nehmen wir natürlich so hin.
Da muss man auch nicht enttäuscht sein, auch wenn man persönlich vielleicht einen anderen Eindruck hatte.
Wenn man sich das alles anguckt, ist es einfach so, dass es für uns zu schnell ging mit den Geldabhebungen.
Das war viel zu auffällig.
Heißt aber für uns nichts und auch nichts fürs Urteil.
Es kann ja trotzdem so gewesen sein, wie René M.
vor Gericht ausgesagt hat.
Und er hat ja immer die Trennung als Motiv hingestellt.
Elf Jahre sind für einen Totschlag ja auch eine recht hohe Haftstrafe.
Also am Ende kann man sagen, ein recht eindeutiger Gerichtsprozess, den es aber vielleicht nie gegeben hätte, wenn die Tote am Feldweg für immer anonym geblieben wäre und man eben nicht über die Zahnimplantate herausgefunden hätte, dass es sich bei ihr um Karin Sauer handelt.
Damit sind wir jetzt am Ende dieser Folge.
Wir verabschieden und bedanken uns ganz besonders bei Ihnen beiden, Herr Isenberg, Herr Holländer, für die Einblicke in Ihre Ermittlungsarbeit.
Danke für Ihre Ausführungen.
Vielen Dank auch für Ihr Interesse und vielleicht bis zum nächsten Mal.
Ja, Sie sind wirklich alle ein super Team.
Es hat viel Spaß gemacht.
Danke sehr.
Schön, das freut uns zu hören.
Kommen Sie gut nach Hause.
Außerdem bedanken wir uns auch bei Prof.
Rüdiger Lässig für seine Expertise zur forensischen Zahnmedizin.
Ein weiterer besonderer Dank gilt dem Autor dieser Folge, Jonas Wengert.
Das war's, bis zum nächsten Mal.
Wenn euch die Folge gefallen hat, dann abonniert unseren Podcast gerne, damit ihr auch die nächste Folge nicht verpasst.
Die nächste gibt's wie immer in zwei Wochen.
Und etwa einmal im Monat gibt es die Fahndungssendung Aktenzeichen XY ungelöst, mit mir als Moderator.
Ihr findet alles Weitere unter aktenzeichenxy.zdf.de.
Und mein Wunsch wie immer auch, bleibt sicher.
Music.