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Das Klima

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DK148: Windrad statt Gipfelkreuz: Die Alpen in der Klimakrise

July 28
56 mins

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Und: Wie leben wir in Zukunft in den Bergen?

DK148: Die Alpen in der Klimakrise

Und: Gibt es bald Alpenrüben?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lesen und erklären den aktuellen Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel.

In Folge 148 geht es in die Berge! Wir schauen uns die Alpen an, die ganz besonders wichtig für Österreich sind. Für das Land insgesamt aber natürlich auch angesichts der Klimakrise. Wir diskutieren, was sich dort in der Natur verändert, aber auch die Auswirkungen auf die Alpen als Wirtschafts- und Lebensraum.

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Hier ist der Link zum siebten Kapitel des Sachstandsberichts.
Die Alpen im Klimawandel: Ein umfassender Überblick Kapitel 7 des österreichischen Sachstandsberichts zum Klimawandel beleuchtet die alpinen Regionen unter verschiedenen Aspekten – als Naturraum, Wirtschafts- und Versorgungsraum sowie als Lebensraum für Menschen. Wie gehen auf die klimatischen, ökologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen ein, die sich in den Alpenregionen durch den Klimawandel ergeben. Österreich und die Alpen

Österreich besitzt mit 29 % den größten Flächenanteil der Alpen, rund 65 % der Landesfläche sind alpin geprägt. Dennoch leben dort nur etwa 40 % der Bevölkerung – mit regionalen Unterschieden: Während die Westregionen wie Tirol und Vorarlberg wachsen, sind viele östliche Seitentäler von Abwanderung betroffen. Die räumliche Enge, hohe Grundstückspreise und Herausforderungen bei der Infrastrukturplanung machen die alpine Siedlungsentwicklung besonders komplex. Der Begriff „Dauersiedlungsraum“ (DSR) hilft dabei, jene Gebiete zu beschreiben, die ganzjährig bewohnt und bewohnbar sind – ein wichtiger sozioökonomischer Faktor.

Dreifacher Blick auf die Alpen: Natur, Wirtschaft, Lebensraum

Die Betrachtung der Alpen erfolgt aus drei Perspektiven:

  1. Naturraum – mit Fokus auf Ökosysteme, Artenvielfalt und Naturgefahren.
  2. Wirtschafts- und Versorgungsraum – etwa durch Tourismus, Energie und Landwirtschaft.
  3. Lebensraum für Menschen – inklusive Mobilität und Siedlungsstrukturen.

Die Alpen sind ein Biodiversitäts-Hotspot: 40 % der europäischen Flora sind hier beheimatet, darunter viele endemische Arten. Ihre besondere Geografie mit starken Temperatur- und Höhenunterschieden auf engem Raum macht sie besonders anfällig für klimatische Veränderungen.

Klimatische Entwicklungen: Mehr als Gletscherverlust

Die durchschnittliche Temperatur in den Alpen ist bereits um 3,1 °C gestiegen – doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt. Die Null-Grad-Grenze verschiebt sich derzeit um rund 130 Meter pro Jahrzehnt nach oben, was weitreichende Folgen für Schnee, Niederschlag und Gletscher hat. Auch die Schneefallgrenze steigt: Im Süden um bis zu 88 Meter pro Jahrzehnt. Die Folge sind verkürzte Schneedeckendauern und eine deutliche Reduktion der Skisaisonen, wie man in Abbildung 7.3 sehen kann: Abbildung 7.3 – Temperatur- und Schneeveränderungen in den Alpen Schon bei 4 °C globaler Erwärmung verschwinden die Gletscher nahezu vollständig. In Regionen wie Obergurgl könnte sich die Skisaison bis 2100 um bis zu 80 % verkürzen – ohne Kunstschnee.

Auswirkungen auf Wasser, Biodiversität und Naturgefahren

Der Rückgang der Gletscher hat weitreichende Konsequenzen für die Wasserversorgung Mitteleuropas. Frühere Hochwässer im Winter, längere Niedrigwasserphasen im Sommer und zunehmende Felsinstabilität durch tauenden Permafrost gefährden sowohl Ökologie als auch Infrastruktur. In den Alpen wird man sich an den Begriff: „GLOF“ – Glacial Lake Outburst Floods gewöhnen müssen. Solche Gletscherseeausbrüche, stellen eine wachsende Bedrohung dar.

Wärmeliebende Arten verdrängen kälteangepasste wie das Schneehuhn. Gleichzeitig verschiebt sich die Baumgrenze nach oben, wodurch ein „Greening“ in 77 % der Alpen über der bisherigen Waldgrenze beobachtet wird. Ob kälteresistente Arten in sogenannten „Kälterefugien“ überleben können, ist Gegenstand aktueller Forschung.

Tourismus und Wirtschaft im Wandel

Der Alpenraum ist überdurchschnittlich vom Tourismus abhängig – in Tirol machen tourismusnahe Einnahmen bis zu 20 % des BIP aus. Mit dem Verlust der Schneesicherheit ist der klassische Wintertourismus gefährdet. Alternativen wie Ganzjahrestourismus (Wandern, Radfahren) gewinnen an Bedeutung, setzen aber ehrenamtliche Strukturen – z. B. im Alpenverein – unter zunehmenden Druck.

Auch die Landwirtschaft wird sich verändern: Weideland schrumpft, Möglichkeiten für Ackerbau nehmen theoretisch zu. In der Forstwirtschaft drohen vermehrte Schäden durch Borkenkäfer, Stürme und Nährstoffmangel – mit negativen Folgen für die Schutzfunktion der Wälder gegen Erosion und Lawinen.

Im Bereich Energie liegt großes Potenzial in Photovoltaik (hohe Strahlung in Höhenlagen) und Windkraft (vor allem im Westen). Doch auch hier stehen gesellschaftliche Widerstände im Raum. Wasserkraft wird durch sich ändernde Abflussmuster eingeschränkt.

Lebensraum Alpen: Resilienz, Mobilität und Infrastruktur

Die steigenden Naturgefahren, wirtschaftlichen Unsicherheiten und touristischen Umwälzungen erhöhen die Verwundbarkeit vieler alpiner Regionen. Abwanderung, saisonale Übernutzung und unzureichende Infrastruktur verschärfen die Situation. Besonders die Mobilität stellt eine Herausforderung dar: Durch die Topografie sind viele Orte auf das Auto angewiesen. Öffentlicher Verkehr muss gezielt mit E-Mobilität und besserer Planung ergänzt werden.

Straßen und Bahntrassen, oft für Kälte konzipiert, müssen an neue Hitzeverhältnisse angepasst werden. Frühwarnsysteme, Monitoring und Notfallpläne sind essenziell, um Risiken wie GLOFs, Muren und Hangrutschungen besser begegnen zu können.

Empfehlungen und Transformationsbedarf

Das Kapitel endet mit einem Blick auf notwendige Maßnahmen und Transformationen. Besonders hervorgehoben wird die Bedeutung naturbasierter Lösungen wie dem Erhalt von Schutzwäldern oder angepasstem Hochwasserschutz durch Begrünung und Retentionsflächen. Auch soziale Maßnahmen – etwa Versicherungen und Bewusstseinsarbeit – sind notwendig. Alle Details findet man in Tabelle 7.1 – Vermeidbare Risiken, notwendige Anpassungen und Verbesserungen

Fazit: Früh handeln, gezielt unterstützen

Die Alpen sind vom Klimawandel überdurchschnittlich betroffen. Aufgrund der enormen regionalen Unterschiede ist differenzierte Planung entscheidend. Frühzeitige Investitionen in Infrastruktur, Natur- und Katastrophenschutz, soziale Netze sowie Transformation der Tourismus- und Energiewirtschaft sind essenziell, um langfristige Schäden und Kosten zu vermeiden. Das Kapitel bietet eine ausgezeichnete Synthese der Herausforderungen und Chancen für den Alpenraum – auch über Österreich hinaus relevant.

Transparenz-Hinweis Die Podcastfolgen zum Zweiten Österreichischen Sachstandsbericht zum Klimawandel sind in Zusammenarbeit mit dem Koordinationsteam des AAR2 entstanden und wurde vom Klima- und Energiefonds finanziell unterstützt. Live Shows Tickets für die Sternengeschichten Live Tour 2025 von Florian gibt es unter sternengeschichten.live.

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Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.

Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.

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